2 Tage vor der Wahl, UPDATE: #Wahlplakate (überwiegend) des Grauens, Teil 1 #btw2025 #Bundestagswahl2025 #CSU #AfD #SPD #Grüne #DieLinke #BSW #FDP

Briefing PPP, Personen, Parteien, Bundestagswahl 2025

Zwei Tage bis zur Bundestagswahl am 23.02.2025. Seit vorgestern erscheinen unsere Artikel als Updates, damit die bisherigen Informationen erhalten bleiben, nachdem wir die fünf „X Tage vor der Wahl“-Artikel  zusammengefasst haben, und das Ganze entwickelt sich langsam zu einem kleinen Dossier.

Bei den Umfragen hat sich seit gestern nicht so viel getan, dass wir ihre Besprechung nach vorne stellen müssten.

I. Wahlplakate des Grauens

Heute haben wir eine besondere Kommentierung für Sie: Was uns anhand der Wahlplakate aus unserem Berliner Bezirk, die wir fotografiert haben, zu den Parteien einfällt. Fangen wir mit den Grünen an. Denn Grün ist bekanntlich die Hoffnung. Darauf, dass es mal wieder besser wird. 

Nebenstehend eines der bekanntesten Plakate dieser Wahl. Sorry für die etwas schlechte Fotografie, das Foto haben wir nachgeholt, weil wir das Plakat unbedingt dabei haben wollten, an dem Tag war es trüb. In etwa so trüb wie die Aussichten, die die meisten von uns nach der Wahl zu erwarten haben. 

Wir hätten uns ein paar freche, originelle Plakate gewünscht, aber wohl sind die Zeiten nicht danach. Dreistigkeit hingegen gibt es durchaus. Zum Beispiel bei den Grünen. Wir halten es für sehr kritisch, dass die Grünen mit keinem Wort etwas wie Besserung geloben, sondern so tun, als sei der Kanzlerkandidat die personifzierte Zuverischt.

Das ist er nicht, wie alle wissen, die drei Jahre lang die Ampel miterlebt und unter ihr gelitten haben. Der ernste Blick ist angebracht, dass der Spruch noch durch „Ein Mensch. Ein Wort“ verstärkt werden soll, ziemlich harter Tobak für alle, die nicht zu den Privilegierten im Land gehören. Wie viele Wahlversprechen aus dem Jahr 2021 wurden gebrochen. Waren es mehr als Dinge umgesetzt wurden? Und wie wirkte sich die Umsetzung auf unser Leben aus? Wir hätten den Grünen geraten, auf eine Kanzlerkandidatur zu verzichten. Seit die Duelle der Kanzlerkandidaten laufen verlieren die Grünen in den Umfragen. Habeck: sympathisch, aber nicht überzeugend, das ist der Tenor. Aber auf das Wahlplakat ist etwas aufgeklebt worden. Schauen wir, was es ist.

Die Linke hat es für angezeigt gehalten, Habeck einen kleinen Denkzettel aufs Plakat zu tun. Die Bundesregierung hat dem jahrzehntelangen Kampf der Mietenden in Berlin um einen Stopp des #Mietenwahnsinns den verlängerten Rücken gezeigt. Wir wissen nicht, was die Grünen in Berlin davon halten, die sich konkret für viele von uns eingesetzt haben, aber die Bundespartei hat hier ebenso komplett versagt wie die SPD. Die Lage wird immer bedrängender und immer weniger liefert die Politik. Das ist demokratiegefährdend und die Grünen gehören insofern zu den Gefährdern der Demokratie. 

Unsere Fotos stammen überwiegend vom 18. Januar, seitdem ist der Denkzettel, den die Linke den Ampelparteien verpassen wird, bekanntlich ein wenig angewachsen. Und bleiben wir doch beim Thema. Wir tun das auch als Verbeugung vor allen, die in der Mietenbewegung kämpfen und als Rückblende auf unser eigenes Engagement mit vielen Artikeln, Recherchen und Begegnungen, die uns einen tieferen Einblick in das Thema verschafft haben – insbesondere in der Zeit von September 2018 bis zu den Corona-Lockdowns, die auch die Proteste erst einmal kalt erwischt hatten, so musste z. B. der für April 2020 geplante Housing Action Day abgesagt werden.

Nun denken Sie sich die Situatiion nach der Wahl: Habeck wird, falls er überhaupt mitmachen darf, mit einer dominierenden Union zusammen regieren. Glauben Sie, dass er da ernsthaft eine Chance hat, es besser zu machen als beim letzten Mal?

Wir bleiben im Thema. Der CDU-Direktkandidat für unseren Bezirk zählt zu den Personen, gegen deren Art von Politik wir gekämpft haben. Er ist typisch für die heutige CDU mit ihren unzähligen Lobbyberbindungen, er hat den Mietern auch durch das Verhalten der CDU im Bundestag massiv geschadet und betrieb die Spaltungspolitik durch faktisches Agieren gegen die Mehrheit in Berlin, als die CDU insgesamt noch nicht ihr rechswärts gerichtetes Gepräge so deutlich gezeigt hat wie jetzt. 

Leider müssen wir damit rechnen, dass er den Wahlkreis übermorgen gewinnt, denn dieses Mal ist kein Kevin Kühnert da, um ihn aufzuhalten, und er wird getragen von den Kleinhäuslebesitzern im sehr konservativen Süden unseres Bezirks, in dem auch die AfD mit Sicherheit zweistellig werden wird.

Natürlich tragen ihn diese Rechten nicht zu einer absoluten Mehrheit, aber dank der Tatsache, dass es keine mehr gemeinschafltiche Bezirksprägung  wie im benachbarten Friedrichshain-Kreuzberg gibt, weil der junge Grünen-Kandidat und die SPD-Kandidatin, die für Kühnert übernommen hat, relativ unbekannt sind, reichen wohl auch 30 Prozent der Stimmen für ein Direktmandat. Und wie man 2021 gesehen hat: Die Kapitallobby-Verbindungsleute, die gegen die Mehrheit in Berlin arbeiten, sind für die CDU viel zu wichtig, um  ihnen nicht wenigstens einen sicheren Listenplatz zukommen zu lassen, da saß er nämlich schon wieder im Bundestag, obwol er den Wahlkreis an Kühnert verloren hatte.

Darunter der Konter der Linken, die natürlich weiß, mit wem sie es bei Luczak zu tun hat, der für eine Anwaltskanzlei arbeitet(e), die jene üblen Share Deals organisiert, mit denen sogar der Milieuschutz augehebelt werden kann, wenn es zu Immobilienverkäufen kommt.

Die Heizkosten gehen zwar nicht wirklich an die Vermieter, aber diese steuern den Einkauf der Brennstoffe und sind verantwortlich für die oft noch immer veraltete Heizungstechnik in den Altbauten, die in unserem Teil des Bezirks nach wie vor einen hohen Anteil des Baubestands ausmachen. Oft wurde bei Sanierungen eine zeitgemäße Heizung schlicht „vergessen“ oder die billigstmögliche Lösung gewählt, wenn es gar nicht anders ging, ansonsten alles wurde weitgehend auf Optik gemacht und wenn es Standarderhöhungen gab, dann solche, die geeignet dafür waren, dass man damit Mieterhöhrungen durchdrücken konnte. Damals gab es  noch kein Heizungsgesetz, und hier ergibt es auch Sinn.

Das untere der beiden direkt nacheinander gezeigten Plakate stellt den direkten Bezug her: Die CDU tut alles, um den Mietenden das Leben so schwer wie möglich zu machen, sie war sich auch  nicht zu schade dafür, zum Bundesverfassungericht zu gehen, um den Berliner Mietendeckel zu kippen. Luczak war dabei als Immobilienexperte bzw. Vermietervertreter führend. Das vergessen wir nicht,  und sein Ausdruck auf diesem Plakat spiegelt die Haltung von jemandem, der die Frechheit besitzt, uns in diesem Teil des Bezirks noch einmal mit der ständigen Anwesenheit seines Konterfeis zu ärgern.

Eine Wahrheit zur Linken, weil deren Plakate nun schon zwei Mal als Kontra-Symbol zusammen mit dem des CDU-Kandidaten zu sehen waren: Die Linke macht in Berlin viel weniger auf Gesellschafts- als auf Sozialpolitik mit ähnlichen Plakaten wie dem obigen seit vielen Jahren. Damit hätte sie dieses Mal nichts reißen können, es war die Demokratieverteidigung ihrer Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, die den aktuellen Hype ausgelöst hat. 

Dieser Mensch von der CDU st im Moment wirklich allgegenwärtig, auch deswegen sind wir froh, wenn die Wahl vorbei ist. Aber die CDU kann es sich halt leisten, dank massiver Zuwendungen von den Lobbys der Reichen. Doch nich nur aller schlechten Dinge sind drei, sonder ebenso aller guten:

Auch auf dem Plakat darunter wird gegrinst. Was ist der Unterschied? Können Sie Gesichter lesen? Dann wissen Sie es. Die drei sind  mit die sympathischsten Politiker, die die Linke in Jahrzehnten hatte. Ein bisschen Ironie ist bei der Silberlocken-Combo auch drin, besonders, wenn man auf den Herrn in der Mitte blickt, der in Berlin antritt, um noch einmal sein Direktmandat in Pankow zu verteidigen. Wir freuen uns sehr darauf, die drei im nächsten Bundestag wiederzusehen. Ach ja: Von links nach rechts: Bodo Ramelow, Gregor Gysi, Dietmar Bartsch. Letzteren kennen nicht alle, er hat aber als Fraktionschef im Bundestag und in anderen Funktionen die Linke über viele Jahre zusammengehalten – bis Wagenknecht dann doch den Abgang machte. In zweiter Linie nach Heidi Reichinnek, dem neuen Medienstar der Linken, sind die drei älteren Herrschaften dafür verantwortlich, dass es jetzt besser läuft mit dem Wahlkampf. Oder: Durch deren Auftritt und Social-Media-Kompetenz wurde der Fokus auch auf die drei gelenkt.

Eine Gefahr sehen wir allerdings: Dass der gegenwärtige Umfragen-Auftrieb, beflügelt durch den Medien-Auftrieb, die Umfrageergebnisse zu sehr antreibt und die Wahlergebnisse dahinter zurückbleiben, die kurzfristige Begeisterung also nicht für eine entsprechende Wahlentscheidung ausreichen wird. 

Und links die Person aus der Linken, von der wir noch kaum etwas wussten, als wir das Plakat fotografiert hatten und die das neue Gesicht der Partei darstellt.

Hier ein Auszug aus ihrem Kandidatenprofil, der zu dem Plakat passt:

Soziale Gerechtigkeit ist keine Träumerei, sondern Maßstab guter Politik. Dass Einzelne perversen Reichtum anhäufen, während Millionen in Armut leben, ist kein Naturgesetz und muss sich ändern!

In der Jugendhilfe habe ich täglich gesehen, was schiefläuft: Hungrige Kinder, die bis nachmittags nichts gegessen hatten. Chancenlosigkeit, der Armut zu entkommen, weil gleicher Bildungszugang nur auf dem Papier existiert.

Über Kinder, Jugendliche und Familien wird im Wahlkampf gerne gesprochen, aber danach werden sie wieder vergessen, weil sie keine finanzstarke Lobby haben. Wir als Linke kämpfen auch nach der Wahl für genau die, deren Stimme niemand hört. Macht ja sonst keiner!

Uns ist nicht aufgefallen, dass die christliche Union wenigstens im Wahlkampf über diese unsäglichen und für dieses Land unwürdigen Zustände gesprochen hätte. Hetze gegen Ärmere ist das Panier der CDU in dieser Zeit des rasch anwachsenden Grauens.

ir dachten zu dem Zeitpunkt, als wir die Plakate abgelichtet hat, sie will für die Linke als Direktkandidatin in unserem Bezirk antreten antreten, denn der Kandidat von 2021 ist, wie  viele Funktionäre der Linken im Bezirk, zum BSW gewechselt. Mit guten Chancen, jetzt nicht in den Bundestag einzuziehen, falls er dafür antritt,  plaktatiert ist er jedenfalls nicht. Dafür aber seine Chefin:

Wir schwören, dass wir nicht an Sahra Wagenknechts Konterfei gearbeitet haben. Wir wären deutlicher geworden. Spaß beiseite, aber so drücken sich manchmal Menschen aus, die damals schon ahnten, was gerade voll durchbricht: Die Liebe zu den Autokraten und Faschisten dieser Welt, die sich nun auch anschicken, „Deals“ miteinander auf Kosten aller anderen zu machen. Neben dem Rechtsdrall der Union ist das, was vom BSW kommt, derzeit das größte Ärgernis für uns in diesem an Ärgernissen nicht gerade armen Wahlkampf. Besorgeniserregender ist freilich, dass die Nummer eins unter den politischen Kräften dermaßen antidemokratisch zu werden droht, wie es sich gerade abzeichnet. Natürlich ist auch deren Vertreter wieder dabei.

Zum Glück gibt es keine Pflicht, die Person zu wählen, die am häufigsten plakatiert wird und im Internet Werbung macht. Wir müssen nur die Hauptseite unseres Mailproviders öffnen, schon grinst er uns auch da von unten links entgegen. Es ist furchtbar. Auch das Datentracking, das uns als Zielpublikum qua Wohnort ausweist. Mittendrin, im populistisch-lobbyistischen Sandwich die Grünen, die uns in den letzten drei Jahren als Regierungspartei eindeutig demonstriert haben, wie man das Leben nicht bezahlbar macht, sondern das genaue Gegenteil nach Kräften fördert.  Ja, es gab die Strompreisbremse, sie hat uns sogar ein paar Monate lang geholfen. Aber a.) woher kam das, und b.) ab welchem astronomischen Preis hat sie eingegriffen? Wir wissen es noch gut. 

An dieser Stelle unterbrechen wir und machen morgen weiter. Die Zeit läuft uns buchstäblich davon und allen durch die obige Beschreibung hat dieser Artikel wieder 2.000 zusätzliche Wörter verkraften müssen, durch die Sie durchmüssen um zu weiteren Kapiteln zu gelangen. Sie können auch daran vorbeiscrollen. Mit der SPD, der FDP und weiteren Parteien haben wir uns noch gar nicht befasst. Kommt noch. Morgen.

Vorgestern Abend wurde das letzte Duell zwischen Friedrich Merz und Olaf Scholz ausgestrahlt, gestern kam es zur Schlussrunde aller Spitzenkandidat:innen der im Bundestag vertretenen Parteien.  

Im Folgenden einige neue Gedanken zu r CDU. Was eigentlich los mit dieser Partei? Wieso tendiert sie so hart und schnell nach rechtsaußen? Dazu hat Correctiv vor neun Tagen einen sehr insturktiven Artikel geschrieben, den wir hier für Sie zusammenfassen. Auf Englisch, weil wir vergessen haben, die Frage in Deutsch darüberzusetzen.

II. Wie generiert sich der rasante Rechtstrend der CDU, wer sind die Treiber?

The article from CORRECTIV, published on February 11, 2025, discusses the recent rightward shift of Germany’s Christian Democratic Union (CDU) party, focusing on the hardliners pushing for this change. Here are the key points:

CDU’s Rightward Shift

The CDU, under the leadership of Friedrich Merz, has taken a more conservative stance on migration policy. This shift culminated in a controversial five-point plan that Merz pushed through the Bundestag with support from the far-right Alternative for Germany (AfD) party1. This move broke a long-standing taboo in German politics of not cooperating with the AfD.

Key Figures Driving the Change

Several individuals and groups are identified as driving forces behind the CDU’s rightward shift:

  • Carsten Linnemann: The CDU General Secretary, known for his conservative views, has been pushing for stricter migration policies1.

  • Thorsten Alsleben: The CEO of the Initiative for a New Social Market Economy (INSM), a lobbying group, has been vocal about tightening migration policies and has suggested the possibility of a CDU-led minority government1.

  • Armin Petschner-Multari: Founder of the campaign agency The Republic, he has been promoting conservative views and criticizing what he perceives as a leftward drift in politics.

Controversial Proposals

The article mentions discussions about potentially forming a minority government, which would require the CDU to seek majorities for each piece of legislation – potentially including AfD support. This idea has been floated by some hardliners, despite Merz publicly rejecting such cooperation.

Internal Party Tensions

The rightward shift has caused tensions within the CDU. Some members are concerned about the party’s direction and the potential for „Austrian conditions“ – referring to the normalization of far-right influence in politics.

Broader Implications

Political scientist Claus Leggewie warns that the CDU risks being consumed by ultra-right elements, potentially weakening its role as a bulwark against right-wing extremism1. The article suggests that this shift, combined with aggressive rhetoric against left-leaning parties, could reshape German politics and potentially benefit the AfD.

Quellen:

  1. / 2. https://correctiv.org/aktuelles/parteien/2025/02/11/die-rechtstreiber-welche-hardliner-die-cdu-nach-rechts-ziehen/ 

 Diese Zusammenfassung ist nur für den Fall gedacht, dass Sie keine Zeit finden, um das Original zu lesen. Wir emfpehlen den Artikel von Correctiv herzlichst, denn aus der Zusammenfassung gehen die Zusammenhänge nicht mehr hervor. Wer kollaboriert mit wem im rechten Netzwerk der CDU, um den Kulturkampf von rechts à la Trump auch hierzulande zu organiseren, und vor allem: der Zusammenhang mit den Interessen des Kapitals ist in der Zusammenfassung nicht mehr sichtbar.

Die oben erwähnten Namen sollten Sie auf jeden Fall behalten, weil sie Schlüsselfiguren in diesem Rechts-Netzwerk der CDU sind. Carsten Linnemann sitzt nicht zufällig auf dem Posten des Generalsekretärs der CDU und gibt dort den Scharfmacher. Wenn wir Verschwörungstheoretiker wären, würden wir sagen: Leute wie er sind dort platziert worden, um die Union von allen mittigen Ansätzen zu befreien, alle ihre Werte zu zerstören, sie auszuhöhlen und der AfD zum Fraß vorzuwerfen. Und natürlich die Gesellschaft weiter zu spalten, das geht in einem Aufwasch.

Genau das passiert nämlich, in kleinen Schritten, gerade wieder. Merz und Linnemann hetzen, die CDU verliert in den Umfragen, die AfD gewinnt. Selten war das je so deutlich zu sehen, wie jetzt in diesem Wahlkampf-Endspurt. Und wir können uns nicht vorstellen, dass das den Strategen der Spaltung im Hauptquartier der CDU nicht auffällt. Was also geht vor sich? Grübeln Sie selbst darüber nach. 

III. Aktuellste Umfrage-Tendenzen

Unter anderem haben wir eine schöne Laufgrafikdarstellung  zur Entwicklung der einzelnen Parteien in Umfragen seit dem Ampel-Bruch zu empfehlen: Umfragen Bundestagswahl: 3 große Gewinner seit dem Ampel-Aus – Business Insider. Sie ergänzt das Zeit-Panel, das wir jeden Tag sichten (Bundestagswahl: Wer führt in der aktuellen Sonntagsfrage? | ZEIT ONLINE) und den Civey-Seismographen (Civey-Umfrage: Wen würden Sie wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre?). Die Darstellung der einzelnen Parteien in ihrer Umfrage-Entwicklung seit dem Ampel-Aus am 6. November 2024 ist sehr instruktiv und macht noch einmal deutlich, was bei den Wähler:innen verfängt – und was nicht. Den Vergleich mit der Lage vor sieben Tagen können Sie hier ziehen: 9 Tage vor der #Wahl: 3 gewinnen, 2 verlieren. Civey hat früh am heutigen Tag einen Hinweis angebracht, dass die Echtzeitbalken erst wieder kurz vor der Wahl sichtbar sein werden, das vorerst „Einfrieren“ fand wohl zu dem Zeitpunkt statt, jedenfalls sehen wir jetzt im Vergleich zu  heute Morgen keine Veränderungen mehr. Wir vermuten, dass diese Maßnahme dazu dienen soll, dass sich Trends nicht quasi selbst verstärken, durch Kommentierung verstärkt werden und es vielleicht auch zu Manipulationen kommen könnte.  Wir geben die letzten geupdateten Werte wieder, in Klammern die von (gestern / vorgestern) und die Veränderung gegenüber vorgestern. Dahinter zum Vergleich die aktuellen Werte des  Zeit-Panels und die Tendenz der letzten Tage für die Parteien:

– CDU/CSU: 29,7 (29,8 / 30,1), -0,4 +++ 30,2 gleichbleibend
– AfD 21,1 (21,1 / 20,7) +0,4 +++ 20,5 leicht sinkend
– SPD 15,4 (15,7 / 15,2) +0,2 +++ 15,4 gleichbleibend
– Grüne 13,6 (13,4 / 13,7) -0,1 +++ 13,3 leicht sinkend
– Linke 7,0 (6,9 / 6,5) +0,5 +++  6,4 stark steigend
– FDP 4,6 (4,7 / 4,2) +0,4 +++ 4,3 leicht steigend
– BSW 4,2 (4,3 / 4,4) -0,2 +++ 4,4 leicht sinkend.

 Mit zwei Parteien haben wir uns vertieft auseinandergesetzt, mit dem BSW und der Linken, außerdem den Fünf-Punkte-Plan der Union kritisch beleuchtet. Heute haben wir die vorgesehene Darstellung zu den Rechtstreibern in der CDU veröffentlicht, aber in verkürzter Form, für eine vertiefte Kommentierung auf Basis der der Correctiv-Recherche fehlte leider die Zeit. Lesen sie dazu auch unsere Wahlempfehlung: 6 Tage vor der Wahl: Quadriell ohne viel Wirkung, aktueller Trend – und heute unsere Wahlempfehlung. Gestern hatten wir aber auch über etewas Hoffnugnsvolles berichtet: Kürzlich fand die Bundesjugendwahl statt. Wie haben die Jugendlichen gewählt? Danach die Umfragentendenzen, gefolgt von den Darstellungen zu den einzelnen Parteien im Bundestag.

IV. Die U18-Bundestagswahl, Thema des Tages vom 19.02.2023

Die Linke gewinnt U18-Bundestagswahl

Bei der Bundestagswahl am kommenden Sonntag werden schätzungsweise 2,3 Millionen junge Deutsche zum ersten Mal ihre Stimme abgeben. Sie sind mit Vollendung ihres 18. Lebensjahres wahlberechtigt. Für alle die zum Zeitpunkt der Wahl noch nicht volljährig sind, gibt es die Möglichkeit an der sogenannten U18-Bundestagswahl teilzunehmen. Die Statista-Grafik veranschaulicht die Ergebnisse des diesjährigen Votums.

Bereits auf den ersten Blick fällt hier ein deutlicher Unterschied zur aktuellen Sonntagsfrage auf. Klarer Gewinner bei den Unter-18-Jährigen ist Linkspartei mit 20,8 Prozent der Stimmen. Diese bekommt zwar in den letzten Wochen immer mehr Zuspruch aus der Bevölkerung und registriert wachsende Mitgliedszahlen, die meisten Meinungsforschungsinstitute sehen sie jedoch zwischen vier und sieben Prozent. Zweitstärkste Kraft bei der U18-Wahl wird die SPD (17,9 Prozent) vor den Unionsparteien (15,7 Prozent). Letztere werden in den Sonntagsfragen schon seit Monaten mit um die 30 Prozent der Stimmen als Favorit gehandelt, bei Kindern und Jugendlichen scheinen sie jedoch weniger Anklang zu finden. Die AfD erzielt mit 15,5 Prozent ein ähnlich gutes Ergebnis wie die CDU/CSU und steht damit noch vor den Grünen (12,5 Prozent) Weitere Parteien würden es nicht in das U18-Parlament schaffen; die Tierschutzpartei (3,8 Prozent), die FDP (3,4 Prozent) und das BSW (3,4 Prozent) scheitern alle an der Fünf-Prozent-Hürde.

Die U18-Bundetagswahl hat zwar eher einen symbolischen Charakter, dennoch sind die Ergebnisse ein Gradmesser für die politische Einstellung der Jungend in Deutschland. Insgesamt wurden beim diesjährigen Votum in der Woche vom 07. bis 14. Februar rund 166.443 gültige Stimmen in etwa 1.812 selbstorganisierten Wahllokalen abgegeben.

Stellen Sie sich vor, die Bundestagswahl am 23.02. würde so ausgehen. Noch 2017 war die tatsächliche Lage gar nicht so viel anders, es hätte für eine rot-grün-rote Koalition gereicht. Leider hat die SPD sich in die GroKo-Falle der Union  locken lassen. Wichtig ist: Die 166.000 jungen Menschen, die abgestimmt haben, sind nicht repräsentativ. Sie dürften überdurchschnittlich gut gebildet, politisch informiert und engagiert sein. Diese Aufstellung bevorzugt eher das linke Spektrum. Trotzdem sehen wir hier, was möglich wäre, wenn alle im Land den Idealismus junger Menschen hätten. Sogar die Abfolge ist absolut logisch, denn die Linke hat derzeit das kohärenteste Demokratie-, Sozial- und sogar Umweltangebot aller im Bundestag vertretenen Parteien.

Wir haben uns gestern die Biografien der linken Spitzenkandidaten Jan van Aken und Heidi Reichinnek sowie der neuen Linken-Co-Vorsitzenden Ines Schwerdtner angeschaut. Klare, richtige Haltungen, keine unangenehmen Verflechtungen mit kapitalistischen Interessengruppen und keine Skandale. Wenn es um die Wirtschaft geht, was ja auch wichtig ist:

Dieses Land kann nicht durch einen freidrehenden Haudrauf-Kapitalismus à la Trump, Merz oder Lindner gerettet werden, bei dem wir gegen die USA und China keine Chance haben zu bestehen, weil dort die viel größeren Ressourcen vorhanden sind. Wichtig sind vielmehr vertiefte Wissensbildung, Partizipation der Arbeitenden, langfristig zukunftsfähige Branchen, mehr demokratische Strukturen in der Wirtschaft und eine Zusammenführung derer, die von den Rechten aus eigennützigen Gründen jeden Tag ein Stück mehr gespalten werden. 

Bei den Erstwähler:innen sieht es tendenziell ähnlich aus wie bei den Jugendlichen, wenn auch nicht in diesem starken Ausmaß, nämlich, dass die Rechten bei ihnen nicht so gut ankommen. Wir wollen also hoffen, dass die nächste Generation, die ins Wahlalter eintritt, diesen Schwung mitnimmt und versteht, warum ihr noch viel stärker als bei Älteren ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl sie nicht trügt, und sich das vor allem in dem Job, den sie annehmen werden, um die Reichen noch reicher zu machen und untereinander in Konkurrenz zu treten, nicht wegmanipulieren lässt. Macht hat kann auch durch Selbstermächtigung entstehen, man ist diesem Furor von reich und rechts nicht hilflos ausgeliefert, der die Zivilisation derzeit zu zerstören droht, die so mühevoll und unter großen Opfern aufgebaut wurde.

Wenn man sieht, welcher Rechts-Indoktrinierung schon junge Menschen ausgesetzt sind, sozusagen von Kindesbeinen an, ist das Ergebnis wirklich beeindruckend. Aber es geht ja weiter: Wir haben heute die CDU-Manipulatoren wenigstens etwas gestreift. Sie tun, was (echte) linke Parteien heute in Demokratien nicht mehr tun: Sie bauen ein riesiges Lügengebäude auf, in diesem Fall über die Vorteile des Rechtsradikalismus-Marktradikalismus für die Mehrheit der Bevölkerung. Dagegen hilft nur viel Nachdenken, Eigeninitiative, freiwillige Information und daraus folgender Erkenntnisgewinn. Die Propaganda ist rechts, in diesem Land, wie schon einmal zu Zeiten, die zumindest wir niemals wiederhaben wollen, denn sie hat Millionen junger Menschen in aller Welt das Leben gekostet. Gerade in Deutschland, wo so viele junge Menschen damals den  Heilsverprechen der Rechtsextremen gefolgt sind. 

V. Die Parteien, die derzeit im Bundestag vertreten sind (Ergänzungen bei sechs von sieben Fraktionen / Gruppen)

 CDU/CSU

  • Dank eines in weiten Teilen der Bevölkerung unbeliebten Kanzlerkandidatenund aufgrund ihres freidrehenden Rechtspopulismus hat sich die Union selbst geschadet. Anstatt die verfahrene Situation zu nutzen und ein Angebot für die Zusammenführung eines zerstrittenen Landes zu machen, greift sie immer weiter nach rechts aus und liefert der AfD damit Steilvorlagen. Jüngste Umfragewerte, die die Union teilweise unter 30 Prozent sehen, bestätigen diese Einschätzung (Ergänzung vom 19.02.). Dieser Trend scheint sich  zu verfestigen und wir haben heute eine Recherche von Correctiv zusammengefasst, die enthält, von wem die Union von allen mittigen Positionen entkernt wird – und möglicherweise ergibt sich daraus, warum die CDU von innen heraus ausgehöhlt wird (Ergänzung vom 20.02.).
  • Erst reißt Merz die Brandmauer ein, dann behauptet er, wie in der ARD-Wahlarena wieder, er würde auf gar keinen Fall mit der AfD koalieren. Glauben Sie dem Mann nicht, er redet viel, wenn der Tag lang ist. In diese Kategorie fällt auch, dass er gestern wieder Menschen Angst gemacht hat und das Land spalten will.
  • Den Fünf-Punkte-Plan der CDU zur Migration haben wir uns in diesem Beitrag etwas näher angeschaut: 8 Tage bis zur Wahl: Der 5-Punkte-Plan, die Grenzsicherung, die Logik. Schon nach der intensiveren Befassung mit dem Punkt Grenzsicherung und dem Punkt Abschiebung war festzustellen: Die CDU macht auch hier eine populistische Tünkram-Rallye, die weit von den faktischen und rechtlichen Realitäten entfernt ist. Hätten wir die drei übrigen Punkte auch näher analysiert, so unser Eindruck beim schnellen Durchdenken, hätten wir den Plan mithilfe des einen oder anderen Recherche-Tools komplett auseinandergenommen.
  • Glauben Sie Merz‘ Ausführungen zum Bürgergeld nicht, sie sind komplett verfassungswidrig, und noch ist Deutschland nicht die USA, wo sich rechtes Kesseltreiben einfach über die Verfassung hinwegsetzen kann.
  • Ein Koalitionspartner der Union, wenn es nicht die AfD ist, hat deshalb dringlichst die Aufgabe, zu verhindern, dass die Partei sich endgültig von der Demokratie verabschiedet. Gegenwärtig, auch, weil die Union immer mehr potenzielle Wähler:innen abstößt mit ihrer Hetze und nicht richtig performt und weil möglicherweise der nächste Bundestag eine Partei mehr sehen wird als noch vor wenigen Wochen angenommen, wird die Union vielleicht sogar auf die SPD und die Grünen zusammen angewiesen sein. Oder es kommt zu einer Union-SPD-FDP-Koalition, wovor uns ein noch halbwegs gütiges Schicksal bewahren möge (Ergänzung am 20.02.).

AfD

  • Die Union päppelt die AfD hoch, im Verein mit den neuen Antidemokraten im Weißen Haus von Washington. Alles, was wir oben zu Merz geschrieben haben, ist Wasser auf die Mühlen der AfD. Offenbar will die Union sich selbst klein machen, deswegen kommt sie auch nicht mehr über 30 Prozent in den Umfragen. Die AfD gewinnt exakt so viel hinzu, wie die Union verliert, Stand heute. Zwar darf man keinen Eins-zu-Eins-Wähleraustausch annehmen, aber zwischen diesen beiden Parteien ist Einstellung der Wähler:innen nun einmal am durchlässigsten.
  • Der neueste vermutlich islamistische Anschlag von München hat der AfD hingegen keine Wähler:innen mehr zugeführt, ihre Ergebnisse sind dadurch nicht angestiegen.
  • Die AfD ist an der Obergrenze ihrer gegenwärtigen Möglichkeiten angekommen. Das könnte auch damit zu tun haben, dass immer mehr Menschen merken, wie inkohärent die Partei geopolitisch aufgestellt ist: Will Weidel nun den Rechten in den USA hinterherlaufen oder die nationalistische, prorussische, antiamerikanische Karte spielen? Will sie mehr oder weniger Rüstung und Letzteres zu welchem Zweck, wenn doch aus Russland keine Gefahr droht? So ist das, wenn man Imperialisten super findet, man landet in einer argumentativen Sackgasse, wenn die Imperien unterschiedliche Interessen haben, was ja meistens der Fall ist. Deren Wesen ist es, sich gegen die imperialistische Konkurrenz aufzustellen. Im Großen genau das Gleiche wie das Spaltungsdenken, das die AfD hoffähig machen will und dessen Verbreitung in der Bevölkerung sie hoffähig macht. Es wird nichts Gutes dabei herauskommen. Leider zeigt zumindest der Civey-Seismograph jetzt doch weiter nach oben, weil vor allem die Union es der AfD so unfassbar leicht macht, sich als das Original zu verkaufen, von dem die anderen ihre neurechte Programmatikk abschreiben (Ergänzung vom 20.02.2025).
  • Was wir besonders erschreckend finden: Nicht nur tendiert die AfD im Wege ihres Wachstums der letzten Jahre nicht, wie andere Rechtsparteien in Europa, etwas mehr zur Mitte, sondern ins Gegenteil, und ihren Anhängern scheint es auch nichts auszumachen, dass sie alles andere als sauber ist. Wenn der im Link beschriebene Verdacht sich bewahrheiten sollte, dann zeigt sich vor allem, nicht zum ersten Mal, eines: Die AfD ist bereits stark mit jener Form von Kapital verwoben, die komplett schädlich gerade für die „arbeitenden Menschenist“, die angeblich das Zielpublikum der AfD sind.

SPD

  • Kanzler Olaf Scholz hat am 13.02. verkündet, er sehe einen Siegwahrscheinlichkeit für sich von 60 Prozent. Dafür müsste die SPD innerhalb von nun drei Tagen noch mindestens um 60 Prozent auf etwa 25 Prozent zulegen, die Annahme vorausgesetzt, dass die CDU einige Prozentpunkte an die SPD verlieren würde. Er kann aber auch nicht sagen, ich lasse den Wahlkampf sein, wir schaffen es sowieso nicht. Jedenfalls ist von einer Aufholjagd der SPD nichts zu verspüren. Scholz kann sich schon ein wenig anpassen, wie die Diskussionen der letzten Tage gezeigt haben, wo er so öffentlich sichtbar war wie selten zuvor, aber eben nicht genug, um den Menschen Vertrauen zurückzugeben, das er als Chef der Ampel mit verspielt hat. Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, dass er 2021 nur Kanzler wurde, weil in der Union wahlkampfmäßig schieflief, was schieflaufen konnte. Die Herzen hat er nach dieser sehr glücklichen Kanzlerschaft nie erobern können. Er hat seine unverhoffte Chance insofern nicht genutzt.
  • Ein weiteres Problem ist das Ambivalenzdilemma. Scholz ist vielfach in schwierigen Abwägungen gefangen, dafür kann er nichts. Er kommuniziert sie aber nicht so, dass er, oder, auf internationaler Bühne, Deutschland dabei gut wegkommt. Das hat man zuletzt wieder in Paris gesehen, als es um die Sicherstellung eines möglichen Ukraine-Friedens ging. Er ist ehrlicher als die anderen, weil er keinen Quatsch verspricht und nicht vorprescht, ohne Ergebnisse zu kennen, auf deren Basis Sicherheit organisiert werden kann, weil das nun einmal nicht seine Art ist. Gleichzeitig tut Deutschland weit mehr für die Ukraine als jedes andere europäische Land, während die anderen mit ihren möglicherweise undurchführbaren und bisher luftblasenhaften Ideen sich als Macher präsentieren. Scholz ist der Anti-Macron, wenn man so will. Mehr Substanz, aber weniger Repräsentanz und dadurch weniger Relevanz, am Ende des Tages. Das Vorstehende ist ein sehr guter Kommentar, da müssen wir uns mal selbst loben, denn wir sehen gerade, wie die anderen Europäer nun auch wieder zurückrudern – quasi auf die Scholz-Position. Aber es nützt Scholz nichts, es ist zu abstrakt, und er selbst konkretisiert es nicht als Wahlkampf-Werbung für sich. Das mag ihn ehren, ist aber im Moment falsch (Ergänzung vom 20.02.2023).
  • Die Abgrenzung der SPD von der Union ist nicht deutlich genug, auch das war in den  letzten Tagen mehrfach zu verspüren. Wo ist die Ansage, dass Scholz nicht mit Merz persönlich koalisieren wird, weil dieser die Brandmauer beschädigt hat? Das wäre doch für ihn relativ einfach, weil er unter Merz nicht Minister sein will (und damit nicht den Weg seiner Parteikollegin Giffey in Berlin gehen will, die von der Regierenden Bürgermeisterin durch eine Wahlniederlage von der CDU zur Senatorin herabgestuft wurde, aber so an der Macht klebt, dass sie das mitgemacht hat). Ist es aber anscheinend nicht. Scholz ist eben doch Scholz. Mit allen Vor- und Nachteilen, und in dieser Zeit, in dieser Lage, bei dieser Wahl, überwiegen die Nachteile. Es sieht vielmehr im Moment so aus, als ob Merz und Scholz sich schon wieder aufeinander  zu bewegen. Dass Scholz gestern im Springerpresse-Duell gesagt hat, er vertraut Merz persönlich, ist angesichts der Brandmauerbeschädigung durch Merz trotz gegenteiliger Aussagen kurz zuvor wohl als Witz gemeint gewesen. Die Wähler:innen verstehen es aber so nicht, die SPD verliert wieder in deren Gunst (Ergänzung vom 20.02.).
  • Außerdem liegt der Verdacht nah, dass Scholz vor dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss nicht die Wahrheit gesagt hat. Uns würde das keinesfalls überraschen,  und hinter der Verneinung von Treffen mit den in den Skandal verwickelten Bankern, obwohl das Gegenteil so gut wie bewiesen ist, kann nur stecken, dass man Angst davor hat, die Inhalte dieser Gespräche könnten nachgefragt werden und für Zündstoff sorgen. Scholz‘ Verstrickung in mindestens zwei der größten Wirtschaftsskandale der BRD war für uns vor seiner Kanzlerschaft schon ein Grund, ihn nicht für wählbar zu halten. Angesichts der jüngsten Umfragen-Trendenzen müssen wir das zum Glück auch nicht aus taktischen Gründen tun.

Die Grünen

  • Für die Grünen ist der Ausstieg aus der Ampel und die gegenwärtige Situation, Teil einer Minderheitsregierung mit der SPD zu sein und dies in einigermaßen Harmonie, eine Erholung, das ist deutlich zu sehen. Keine andere Partei außer der Linken und der AfD hat seit dem 5. November so viel zugelegt (in Wählerprozenten, nicht prozentual gegenüber dem Ergebnis am 5. November). Dabei kommt ihnen zugute, dass Kanzlerkandidat Robert Habeck wenig aneckt, beliebter ist als die anderen, überragende Werte diesbezüglich hat aber auch er nicht vorzuweisen.
  • In der Ampelkoalition haben die Grünen immerhin maßgeblich für ein paar gesellschaftspolitische Fortschritte gesorgt, aber bei dem aktuellen Rechtsdrall ist das nur für eine Minderheit ein Grund, sie zu wählen. Wir sind außerdem gespannt darauf, was passiert, wenn die Grünen demnächst vielleicht mit Rückschritt-Merz koalieren.
  • Die Auswertung neuester Diskussionsrunden offenbart bei Habeck ein anderes Dilemma als bei Scholz. Er wird zwar als relativ sympathisch angesehen, aber man traut weder seiner Fachkompetenz noch seiner Führungsfähigkeit. Das heißt, man spricht ihm Kanzlerformat ab, und das ist schlecht für einen Kanzlerkandidaten.
  • Das längerfristige Momentum ist eindeutig gegen die Grünen und ihre Themen gerichtet. Wenn man das bedenkt, sind die fast 14 Prozent, die sie aktuell erreichen könnten, sehr gut. Und Habeck hat sich annehmbar in Sachen Klima positioniert (in der Wahlarena vom 16.02.), für uns war er da schlüssig, wenn auch nicht komplett logisch. Wir meinen, wie die Klimaziele erreicht werden, ist Sachfrage, solange es nachhaltig ist, und wenn „Technologieoffenheit“ bedeuten könnte, dass die Ziele dadurch schneller zu erreichen sind, dann muss man darüber reden. Alles andere ist in Zeiten, in denen viele den Klimaschutz lieber ganz kippen würden, für später, wenn sie erreicht sind und weitergedacht werden kann, sogar über die komplette CO2-Neutralität hinaus. Transformation ist kein Ponyhof und es gilt, unzählige Interdependenzen zu bedenken. Gerade Habeck mit seiner Affinität zur „Kontextualisierung“ sollte das wissen, es wirkt aber häufig nicht so.
  • Es ist bei der Stimmung im Land unrealistisch, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen und dabei viele wirksame Maßnahmen auszuschließen, die ein gleich gutes Ergebnis bringen könnten, außerdem ist die Ampelpolitik in der Hinsicht total inkohärent gewesen: Die CO2-Preise steigen, das Klimageld als Ausgleich für Ärmere kommt nicht, die E-Auto-Förderung für den Mittelstand wurde eingestellt, die Wärmepumpenverbreitung mit viel Druck durchgesetzt, der Gebäudesektor hinkt trotzdem total hinter den Zielen her und die lassen sich so auch nicht erreichen. Die Solarenergie boomt dank Kleinförderung, bei der aufwendigeren Windkraft geht es nicht richtig voran, auch bei der Energiewende ist insgesamt ein Soll zu verzeichnen. Der Verkehrs- und Gebäudesektor sind weit von ihren Zielen für 2030 entfernt, und dass sie diese verfehlen werden, hätte man schon bei der Festlegung sehen müssen, weil wie schlicht unrealistisch sind. Um das zu ändern, müsste man mit ebenso massiven Verboten wie Förderungen das Land auf eine Weise umkrempeln, die trotzdem und in normalen Zeiten vermutlich nicht die gewünschten Ergebnisse in einem so kurzen Zeitraum erbracht hätte. Es hilft auch nichts, auf die Kosten der Verzögerung zu verweisen, die uns noch einholen werden. Die Krisensituationen haben die Prioritäten verschoben, ob man das gut findet oder nicht. Wir finden es nicht gut, aber wir sehen es als Tatsache an.
  • Dass dieses Thema Frust macht, weil zu wenig getan wird, trotz vieler notabene inkohärenter Eingriffe, die teilweise wieder zurückgenommen werden, weil die Richtung nicht eindeutig ist, fällt vor allem den Grünen auf den Kopf. Auch in dem Sinne: In Relation zur Performance kommen sie im Moment wirklich gut weg, in den Umfragen.
  • Außerdem haben viele Zweifel an der deutschen Außenpolitik à la Baerbock, auch wir. Sie symbolisiert das vermutliche Scheitern des teuren Ukraine-Engagements und Belehrungen ohne Druckmittel in aller Welt, die nur Unmut erzeugen, aber Luftblasen sind. Auch Donald Trump erzeugt Unmut, in einem ganz anderen Ausmaß, aber in die genau entgegengesetzte Stoßrichtung, und wer wird sich da wohl durchsetzen, bei nicht vorhandener Waffengleichheit? Letztlich kommt es auf Wirksamkeit an, und Deutschland wirkt immer mehr wie ein Land, das immer weniger geschätzt wird, weil Politiker sich immer mehr selbst überschätzen, dies auf und alle zurückfällt, und dass sie auf keine Weise auf die tatsächliche Zeitenwende vorbereitet wirken, die wir jetzt sehen. Die Außenpolitik war einst dezent, aber inhaltsreich, jetzt ist sie das genaue Gegenteil, weit ausgreifend, aber letztlich substanzlos bezüglich der Möglichkeit, sie wirksam zu machen, und ein Symbol der Politik unserer Zeit. Und immer noch gibt es Kommentator:innen, die diese Worthülsenpolitik super finden.
  • Die Grünen profitieren nach unserer Ansicht davon, dass ihr Wähler:innen sehr segregiert denken und die Zusammenhänge nicht in den Blick nehmen, weil sie ideologisch und bildungsseitig auf Einzelthemen fixiert sind. Man sagt, die Grünen haben ein überwiegend akademisches Publikum. Wenn das stimmt, dann profitieren die Grünen davon, dass die heutige Akademisierung sich fundamental von der bis zur Implementierung des Bologna-Prozesses unterscheidet. Sie ist nicht mehr (auch) auf Universalwissen gerichtet, und das fördert ein fachthematisch eingeengtes Denken ohne Blick über den Tellerrand. Wenn man so will, hat das Kapital mit seiner Konfektionierungs-Akademisierung im Sinne der Wirtschaft riesige Flurschäden beim Analysevermögen von Akademikern angerichtet, die den Grünen dazu verhelfen, dass sie wieder zweistellig abschneiden werden. Um auch dies klarzsutellen: Von jenem Publikum erwarten wir grundsätzlich, dass es politische Entscheidungen nicht nur davon abhängig macht, ob Habeck knuffig ist und Annalena Baerbock feministische Außenpolitik – nun ja, fingiert, aber da sind wir schon wieder bei der Analyse (ergänzt nachträglich am 20.02.).

Die Linke

  • Dass wir die Linke an fünfter Position nennen und nicht ganz am Ende oder gar nicht, ist ein kleines Wunder. Falls nichts mehr schiefgeht, müsste sie den Wiedereinzug in den Bundestag schaffen. Der Trend zeigt weiter aufwärts. Außerdem baut er stark auf einem einzelnen Ereignis auf, der Rede von Hedi Reichinnek im Bundestag am 31.01.2024, wo sie als einzige die Brandmauer wirklich gelebt hat.
  • Das heißt, es muss jetzt nachgeliefert werden, und ein so starkes Statement wird es vorerst nicht mehr geben können, denn die Linke hat bis zur Wahl kein Forum mehr, in dem sie sich so wirksam präsentieren kann. Das ist die Kehrseite eines Social-Media-Hypes, er altert beinahe so schnell wie die Zeitung von gestern. Neueste Umfragetendenzen zeigen wieder ansteigende Werte für die Linke, zwischendurch sah es nach einer kleinen Delle aus (Ergänzung vom 20.02.2023).
  • Nicht umsonst haben gerade bei einer „Bundesjugendwahl“ mehr als 20 Prozent der Jugendlichen die Linke zur stärksten Partei gemacht, siehe unser Thema des Tages vom 19.02.
  • Wichtig ist aber auch das Gegenteil. Das ziemlich analog wirkende Projekt „Silberlocke“, in dem sich die beliebtesten langjährigen Politiker der Linken zusammengefunden haben, um es noch einmal zu reißen für ihre Partei: Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch. Sie werden versuchen, ihre Wahlkreise direkt zu gewinnen. Mindestens bei Gysi könnten wir uns vorstellen, dass das in Berlin-Pankow noch einmal klappt, weil der Wind insgesamt günstiger für die Linke geworden ist.
  • Zu mehr Stoff bezüglich der Linken verweisen wir noch einmal auf unseren Artikel 6 Tage vor der Wahl: Quadriell ohne viel Wirkung, aktueller Trend – und heute unsere Wahlempfehlung .

BSW

  • Noch ein paar Tage Fortschreibung der aktuellen Tendenz, und wir können das BSW ans Ende hinter die FDP setzen. Die Bewegungen sind, siehe oben, derzeit nicht sehr stark, aber nur noch 0,2 Punkte trennen nach dieser Darstellung das BSW von den rechten Disruptionsfans. Das ergibt auch Sinn, denn auf unterschiedliche Weise wollen beide Parteien das Land aus der Demokratie kippen. Die einen in Richtung einer Diktatur der radikalen Rechten und Tech-Milliardäre in den USA, die anderen in Richtung Putin-Oligarchismus. Diese Art von Propaganda kommt nicht besonders gut an im Moment, trotz der berechtigten Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Etwas gefällt den Anständigen in diesem Land an diesem narzisstischen Zynismus nicht, der ein Spiegel des narzisstischen Zynismus von Putin, Trump und anderen puren Machtmenschen ist, die derzeit wie die Pilze aus dem vom Neoliberalismus vieler Jahrzehnte kontaminierten politischen Boden schießen.
  • Zum BSW haben wir uns hier näher geäußert: 7 Tage vor der Wahl: Wen Sie nicht wählen sollten #BSW #AfD #CDU #CSU #FDP, oder knapp doch #SPD #Grüne oder eher #DieLinke.
  • Stand 19.02. ist das BSW in Umfragen hinter die FDP zurückgefallen (Civey) oder liegt nur noch 0,1 Prozent vor ihr (Zeit-Umfragenpanel Die Zeit), deshalb haben wir es jetzt tatsächlich an die letzte Stellte bei der Liste „Umfragen-Trends“ gesetzt.

FDP

  • Unser einziger Wunsch ist: Möge dieser Club von Menschenverächtern, zu dem die Liberalen sich mittlerweile selbst degradiert haben, für immer in der politischen Versenkung verschwinden. Das ist natürlich ein sehr frommer Wunsch, denn in einem Land, in dem so viele Menschenverächter wohnen, ist immer Raum für mehr als nur eine Partei dieser Art. Wir beziehen uns dabei vor allem auf die mittlerweile offene „Disruptionsfreundlichkeit“, denn unabhängig von ihren Umfragewerten sehen Lindner & Co. die Zeit dafür gekommen, ihre undemokratischen Ideen nun ganz unbemäntelt darzustellen, indem sie den Ideen bereits im Amt ohne Würde befindlichen Typen dieser Art applaudieren.
  • Dass auch sie mit der AfD stimmen, wo immer es zu Mehrheiten für rechte Politik führt, wird schon gar nicht mehr thematisiert, sondern als mehr oder weniger selbstverständlich angesehen. Die sogenannten Freiheitlichen sind ausschließlich an der Freiheit des Kapitals interessiert, damit es mit uns machen kann, was es will. Christian Lindner sieht sich schon als zweitgrößten Disrupteur nach Donald Trump. Damit ist, wie wir anhand der Entwicklung in den USA feststellen müssen, ein Frontalangriff auf die Demorkatie gemeint. Und in der CDU machen sich immer mehr antidemokratische Kräfte breit (unser Thema vom 20.02.2025). So leicht wie in der FDP haben es diese Rechtstreiber in der größeren und vielfältigeren Union noch nicht, aber das rechte Dreigestirn FDP, AfD, CDU/CSU wird diese Demokratie stürzen, wenn nicht alle Freund:innen der Verfassung, des Grundgesetzes, dagegenhalten
  • Befeuert wird dieses endgültige Fallenlassen der Fassade von der Entwicklung in den USA, wie angemerkt. Außenpolitisch allerdings tut sich jetzt kein Riss, sondern ein Krater zwischen den Rechten diesseits und jenseits des Atlantiks auf. Wo bleibt Strack-Zimmermanns Einspruch, angesichts von Trumps Vorgehen in Sachen Ukraine? Muss sie die sonst so große Klappe halten, weil Lindner ein Fan von Trump und vielleicht noch mehr von Musk ist? Erneut ein Widerspruch bei einer rechten Partei, der daher rührt, dass Hass, Spaltung, Menschenverachtung immer auch die Spalter und Verächter, die Antihumanisten spaltet, wenn die Interessenlage der Rechten verschiedener Länder auseinanderläuft. Dann ist keine Solidarität da, kein Humanismus, keine Kompromissbereitschaft, die das Auseinanderdriften bremsen könnte. Der Stärkere siegt, und das sind die Trumps und Putins dieser Welt, nicht die FDP,  die die Wende in diesem Sinne verpasst hat (Ergänzung vom 20.02.).

TH


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