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Briefing PPP Politik, Personen, Parteien, Bundestagswahl 2025

Heute beginnen wir mit einer Darstellung von Statista zum Wahlverhalten der Erst- und Zweiwähler:innen (im Alter von 18 bis 24 Jahren). Dabei sehen manche Parteien sehr jung aus, andere richtig alt. Das muss zu Konsequenzen für die künftige Politik führen.

Infografik: Junge favorisieren AfD und Linke, Alte die Union | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Viele junge Wähler:innen haben bei der Bundestagswahl 2025 ihr Kreuz bei der Partei Die Linke gemacht. Ihr Zweitstimmenanteil liegt nach vorläufigen Daten bei 25 Prozent. An zweiter Stelle folgt die AfD mit 21 Prozent. Bei den Menschen ab 60 Jahren schneiden die beiden genannten Parteien deutlich schlechter ab: Die Linke erreicht nur 5 Prozent, die AfD hingegen 15 Prozent. Vorne liegt hier hingegen die Union mit 37 Prozent, die SPD erreicht 23 Prozent. Das zeigt die Statista-Infografik mit Daten von Infratest Dimap.

Das Jüngere Wähler:innen eher zu den politischen Rändern und Ältere zur Mitte neigen, ist auch das Ergebnis einer Umfrage der Statista Consumer Insights. Menschen der Generation Baby Boomer (Jahrgänge 1946-1964) verorten sich demzufolge auf einer politischen Skala von rechts bis links eher in der Mitte als Angehörige der deutlich jüngeren Generation Z (Jahrgänge 1997 bis 2012). Das Bild setzt sich an den Rändern der Skala mit umgekehrten Vorzeichen fort: hier ist die Generation Z stärker vertreten als die Baby Boomer.

Auch bei der U-18-Wahl hat die Linke herausragend abgeschnitten, noch etwas besser als bei den 18- bis 24-Jährigen. Junge Menschen ändern noch häufiger ihre Meinung. Deswegen kann jetzt nicht nur Politik für Jugendliche und Menschen bis 25 Jahren gemacht werden. Aber sie sind natürlich die Zukunft und ihre politischen Ansichten gehen, wie man oben sieht, weit auseinander.

Die Mehrzahl der Parteien verzeichnet viele jüngere Wähler, wenn auch nicht überproportional in dem Maße wie die Linke. Der AfD-Vorsprung bei den Jungen wirkt auf den ersten Blick nicht so dramatisch, 21 zu 15 gegenüber jenen Wähler:innen ab 60. Aber es könnte auch bedeuten, dass in Ost-Bundesländern die Hälfte der Erstwähler:innen und jener, die zum zweiten Mal dabei sind, für diese Partei gestimmt haben.

Eines hat sich bisher noch immer gezeigt: Im Laufe ihres Lebens werden Menschen eher konservativer als progressiver. Deswegen ist es wichtig, dass immer wieder junge Menschen an den Fortschritt glauben und damit etwas Bleibendes hinterlassen – wenn eben doch Politik überwiegend in ihrem Sinne gemacht wird.

Sorgen müssen sich die SPD und die CDU/CSU machen. Sicher hat der äußerst geringe Zuspruch zu diesen Parteien bei den Jungwähler:innen auch mit den betagten und von ihrer Art für Jüngere nicht besonders attraktiven Kandidaten Scholz und Merz gelegen. Aber dass die CDU bei den Jungen keine Volkspartei mehr ist, sollte ihr unabhängig davon zu denken geben. Diejenigen Jungen, die für Hetze empfänglich sind, haben AfD gewählt, die anderen wurden vom rechten Populismus der neuen Merz-Union eindeutig abgeschreckt – und haben eine Chance ergriffen, die sie bewahren sollten.

Wie alle anderen hat auch Merz keine Zukunftsvision eröffnet oder wenigstens eine offene Diskussion angestoßen, wie eine solche Vision aussehen könnte, sondern blieb in dem Frontalmodus, der in seiner Altersgruppe dominiert, aber von Jüngeren eben nicht gleichermaßen geschätzt wird. Er ist eben nicht nur von den Positionen her ziemlich rechts, sondern auch strukturell der Vertreter einer  Union, die vom Gepräge älter wirkt als zur Zeit von Angela Merkel.

Junge Menschen hätten es gerne etwas eindeutiger. Das Ausfitzeln, ewige Abwägen und Kompromisse machen ist trotz einer viel mehr als früher auf Referat und Diskussion ausgelegten Bildung politisch keine Alternative, wenn es um verständliche Politik geht.

Das führt automatisch zu der Frage, wie die Linke junge Menschen, die ihnen jetzt in Scharen zugelaufen sind, bei der Stange halten kann. Und die jungen Menschen müssen sich über die  Hintergründe dieser Partei informieren und darüber, wie kompliziert dieses Konstrukt auch nach Sahra Wagenknechts Austritt immer noch ist – und dann versuchen, dieses Gebilde in eine zukunftsfähige Richtung zu beeinflussen. Das gilt vor allem für die vielen Personen, die jetzt nicht nur die Linke gewählt haben, sondern auch in sie eingetreten sind. Sie selbst sind ein Teil der Gegenmacht, die dadurch entstehen kann.

Alles kann noch gut werden, aber die eigentliche Wachsamkeit beginnt, nachdem man durch den aktuellen Rechtsdrall aufgerüttelt wurde. Dann wird es wieder komplizierter, erfordert einen langen Atem und ein zunehmendes Verständnis der ideologischen Hinterlegung von Positionen und der politischen Mechanismen. Das kann sehr spannend sein, wie wir aus eigener Erfahrung wissen, aber auch frustrierend, weil der Idealismus immer wieder von einer Realität angegriffen wird, die die Rechten nicht erst seit dem Aufkommen der AfD geschaffen haben und die von links nicht verhindert wurde. Daran etwas zu ändern, ist eine Generationenaufgabe. Die kann am besten von der jungen Generation geleistet werden.

Wir haben es nämlich nicht geschafft, weil wir vielleicht lange Zeit falsch unterwegs waren und dann zu wenige, um das Ruder herumreißen zu können.

Ihr Jungen macht es jetzt vom Ansatz her richtig. Bleibt dabei, lasst euch nicht kleinkriegen, werdet Botschafter einer Generation, die verstanden hat. Diese Generation wird dann sicher einen super Beinahmen bekommen. Eine Bezeichnung für eine Generation, die mit deren Verhalten zu tun hat, gab es erst einmal. Bei der stillen Generation, den Menschen, die im Krieg oder kurz danach jung waren. Es wäre Zeit für eine große Brücke zu bauen, die Generationen verbindet, die noch tiefes Leid gekannt haben und jenen, die sich nur selbst vor einem ähnlichen Schicksal bewahren können.

Wir dazwischen müssen uns hingegen fragen lassen, was wir eigentlich zustande gebracht haben und wie wir mit der Vergangenheit und mit der Zukunft umgehen. Mit etwas Glück kann man uns noch integrieren und mitnehmen, aber wir hatten unsere Chancen und haben es nicht besser gemacht. Nicht die Politiker, nicht diejenigen, die diese Politiker gewählt haben. Dass jetzt so viele Jungen Panik vor dem Sterben der Demokratie haben müssen, das haben wir zu verantworten, die die Demokratie nicht hinreichend geschützt haben, mit guter, ehrlicher Politik oder zivilgesellschaftlichem Engagement.

Die sehr hohe Wahlbeteiligung lässt ebenfalls hoffen. Die Menschen sind wieder mehr politisch geworden, und das ist gut so. Wir möchten diese Entwicklung noch ein wenig begleiten, mit Sympathie für jene, die es vielleicht, tatsächlich, endlich besser machen. Sie würden in der Tradition der Arbeiterbewegung stehen, die sich unter großen Opfern einen Platz an der Sonne erkämpft hat.

Wir haben diesen Platz im Grund nicht verteidigt. Wir sollten nun wenigstens so viel Anstand haben, den Kampf anderer nicht zu torpedieren, sondern für eine gerechte, linke Politik zu werben.

Beim Wahlberliner ist es nicht so, dass wir gar nichts getan hätten. Wir haben die Rechtsverschiebung hinreichend analysiert und kritisiert. Wir haben auch vieles, was jetzt aufpoppt, vor Jahren kommen sehen. Aber wir haben zu selten die Konsequenz gezogen, uns dafür aktiv einzusetzen.

Unseren mangelnden Einsatz, der zu diesen Verhältnissen geführt hat, bekommen die Jungen quasi zusätzlich als Bürde auferlegt. Jede junge Generation muss ihre eigenen Kämpfe führen, aber diese, die zudem noch ziemlich klein ist, im Vergleich zu den Jahrgängen der Babyboomer, muss mehr leisten, als wir geleistet haben. Leider. Sie müssen nicht nur ihre eigenen Ziele verfolgen, sondern auch noch alles geradebiegen, was wir haben verkümmern lassen und krumm gemacht haben. Wir haben Menschenverächtern in der Politik freie Bahn gegeben, wir waren nicht in der Lage, richtig und falsch zu trennen.

Das darf man eigentlich gar nicht schreiben, es ist psychologisch schwierig, das zu tun und an jene zu adressieren, die jetzt mit den Ergebnissen unseres Handelns leben müssen, und dies noch für viele Jahre. Und die nun auch noch so viele, die gerade falsch liegen, davon überzeugen müssen, dass das so ist. Hinzu kommt noch, dass viele von uns auf persönlicher Ebene komplett blank sind, wenn es um die Stärkung der Jugend geht. Schlicht, weil sie keine Kinder haben. Umso mehr sollten gerade sie sich persönlich einsetzen, wenn es um den Schutz und die Belange junger Menschen geht.

Und ihnen die Demokratie erhalten. Parteien wählen, bei denen man noch halbwegs sicher sein kann, dass sie nicht schon bald dafür sorgen werden, dass junge Menschen gar keine Wahl mehr haben.

TH


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