Anfechtbarkeit der Wahl? +++ Der Neuauszählungs-Politiker +++ Die Linke mit über 100.000 Mitgliedern | Der Politicker

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Liebe Leser:innen, alles ändert sich. Selbst diejenigen, die bisher von Krisen nicht sehr betroffen waren, werden es langsam gemerkt haben. Schon lange tragen wir uns mit der Idee, einen täglichen Ticker für wichtige Nachrichten als Grundformat zu setzen und in ihm auf ausführlichere Beiträge zu einzelnen Themen zu verweisen – oder in ihm direkt zu kommentieren.

Wir lesen so viele politische Artikel und haben fast immer eine Meinung dazu, die wir gerne ausposaunen würden. Und falls nicht, ist das auch nicht schlimm, wir verweisen gerne auch rein informatorisch auf interessante Texte aus allen Richtungen. Oder fast allen; rechte „Alternativmedien“ werten wir bisher nicht aus. Wozu haben wir die vielen Newsletter, Feeds und Nachrichtenportale abonniert, wenn wir sie nicht zur Sammlung und Weitergabe von Informationen und Ansichten nutzen?

Dieser Ticker kann aber angesichts unserer begrenzten Kapazität nur selektiv sein und ist an unseren Themenschwerpunkten orientiert. Entscheidend wird sein, ob wir es schaffen, uns so kurzzufassen, dass wir nicht doch wieder auf Einzelartikel schwenken müssen.

Wir werden in der Regel vor die Überschriften eine Tagesangabe setzen, bei besonders brisanten Meldungen auch eine Uhrzeit. Der Zeitpunkt, es mit diesem Format zu versuchen, ist günstig. Am Tag der Bundestagswahl hatte sich gezeigt, dass so etwas immer noch funktioniert, wir hatten dreimal so viele Aufrufe wie im aktuellen Durchschnitt. Im allerersten Ticker bleiben wir bei der Bundestagswahl und was sich in diesem Zusammenhang seitdem ergeben hat.

26.02.2025 Ist die Bundestagswahl anfechtbar? Top-Jurist hat klare Meinung (Berliner Morgenpost)

„Im Übrigen überwiege unter Staatsrechtlern laut Battis auch die Auffassung, dass es Sache des im Ausland lebenden Wählers sei, dafür zu sorgen, dass der jeweilige Wahlzettel rechtzeitig wieder zurück in Deutschland ist und am Wahlabend gezählt werden kann.“ Soweit die in diesem Fall deutlich unterkomplexe Ansicht eines „Top-Juristen“.

Schon vor der Wahl und bevor es um das knappe BSW-Ergebnis ging, wurde in mehreren Artikeln beschrieben, dass die Wahlunterlagen an Auslandsdeutsche nicht so zeitig verschickt wurden, dass es möglich war, sie rechtzeitig zurückzusenden. Wie also sollen die Wähler:innen selbst Sorge für die Rechtzeitigkeit tragen? Gerade als Berliner, die mehrere Wahlwiederholungen wegen Unstimmigkeiten mit Ergebnissen der Nachwahlen durchgemacht haben, die wir alles andere als klasse fanden, können wir verstehen, dass man einfach Ruhe reinbringen will, aber die zitierte, banal-kontrafaktische Argumentation halten wir für eines „Top-Juristen“ unwürdig.

Was wir nicht glauben, aber wir betonen ausdrücklich, dass wir uns in dem Punkt irren können: Dass das BSW von den an der Wahl gehinderten Auslandsdeutschen profitiert hätte. Menschen, die im Ausland leben, haben in der Regel eine überdurchschnittlich stark interkulturell ausgerichtete Mentalität, die nicht gerade der Markenkern des BSW ist. Wir zweifeln daran, dass das BSW durch eine rechtzeitige Stimmabgabe aller im Wählerregister verorteten Auslandsdeutschen in den Bundestag gekommen wäre. Wir glauben eher, die AfD und das BSW hätten ein paar Promille verloren und die Grünen hätten leicht hinzugewonnen.

Gleichwohl wäre uns ein Wahltermin im März lieber gewesen, auch das haben wir schon geschrieben. Und es geht gleich weiter mit Unstimmigkeiten.

26.02.2025 Bundestagswahl in Berlin: CDU-Politiker beantragt Neuauszählung von Tempelhof-Schöneberg (Berliner Morgenpost)

Wir waren geradezu glücklich, dass dieser unsympathische CDU-Politiker in unserem Bezirk nicht das Direktmandat geholt hatte, aber dieser Neuauszählungsantrag ist typisch dafür, wie die Dinge im Moment laufen. Es gab bei dieser Wahl vieles, was uns nicht gefallen hat, und einer der für uns größten Pluspunkte steht auf der Kippe.

Anstatt sich mit dem ersten Platz auf der Landesliste zufriedenzugeben, lässt der CDU-Kandidat jetzt unseren gesamten Bezirk neu auszählen. Das finden wir signifikant. 2021 hatte er den Wahlkreis bereits an Kevin Kühnert (SPD) verloren, und zwar deutlicher als jetzt an den Kandidaten der Grünen.

Es nimmt langsam tragikomische Züge an, wie wir auf persönlicher und höherer Ebene, auch bei Wahlen, immer mehr das Gefühl haben, besonders zu sein. Als Mensch, als Berliner, als Deutscher, als Angehöriger weiterer Gruppen, nun auch als Tempelhof-Schöneberger, der sich vielleicht umsonst mal kurzzeitig freuen durfte. Unser Bezirk war übrigens auch von einer der Nachwahlen der letzten Jahre betroffen. Wie ganz Berlin von dem zusätzlichen Wahlgang zur Neubesetzung des Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2021, der 2023 noch einmal stattfinden musste, in unserem Wahlkiez wurde aber nicht die Bundestagswahl wiederholt, die gleichzeitig stattgefunden hatte, wie in einigen anderen Gegenden der Stadt.

Wir fassen also zusammen, für unseren Bezirk: Erst mussten wir mindestens zweimal wählen, weil 2021 die Wahl in Berlin eine einzige Panne war, manche von uns dreimal statt einmal, jetzt wird die neue Bundestagswahl in unserem Bezirk neu ausgezählt, erbringt ein ungutes Ergebnis. Dann dürfen wir sowieso noch einmal wählen, weil die Bundestagswahl erfolgreich angefochten wurde.  Danach kommt es natürlich mindestens zu Neuauszählungen seitens aller, denen das Ergebnis wieder nicht passt und natürlich gibt es auch bezüglich der neuen Wahl wieder Anfechtbares zu vermelden.

Wäre uns technisch gesehen egal, die paar Schritte zum Wahllokal schaffen wir auch alle paar Monate. Aber wir haben den Verdacht, dass dieser Anflug von Dysfunktionalität der Demokratie auf formaler Ebene wieder den Rechten helfen würde.

Außerdem haben wir uns bereits andernorts dazu geäußert, dass es hierzulande zu viele Wahltermine gibt und weshalb das nicht gut für eine nachhaltige Politik ist. Wir haben uns für den Vorschlag geöffnet, die Termine der 16 Landtagswahlen ganz oder gruppenweise zusammenzulegen (in Sachsen und Thüringen war das Anfang September 2024 der Fall).

26.0.2025 Fast doppelt so viele Mitglieder wie AfD – Linke auf über 100.000 angewachsen (Die Welt)

„Die Linke hat binnen zwei Wochen noch einmal rund 20.000 Mitglieder hinzugewonnen und liegt nun bei rund 102.400. Ein Parteisprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der „Frankfurter Rundschau“. Am 11. Februar hatte die Linke 81.200 Mitglieder gemeldet, damals ein Rekordwert seit der Parteigründung 2007. Seit Jahresbeginn sind nach Parteiangaben 43.250 Menschen hinzugekommen. (…) Der „Frankfurter Rundschau“ zufolge verzeichnete die AfD diesen Monat 52.000 Mitglieder. Damit kann die Linke nun fast doppelt so viele Mitglieder vorweisen wie die in Teilen rechtsextreme Partei.“

Die letzte interne Mitteilung, die wir erhalten haben, wies einen Stand von 83.000 aus, das war kurz vor der Bundestagswahl 2025. Der Boom ähnelt dem, den die Grünen vor ein paar Jahren hatten, als Habeck und Baerbock den Parteivorsitz übernahmen und die Klimakrise zu einem der wichtigsten politischen Themen wurde. Zuvor hatten die Grünen weniger Mitglieder als die Linke jetzt hat. Eine kleine Version des Zulaufs zur Linken gab es um das Jahr 2016/17 herum, als Sahra Wagenknecht für die Partei über 9 Prozent holte (BTW 2017) und die Mitgliederzahlen erstmals seit vielen Jahren wieder wuchsen, auf Zahlen über 60.000. Die AfD hatte zu dem Zeitpunkt etwa 30.000 Mitglieder.

Wir hoffen, Die Linke kann etwas daraus machen. Was sie nach unserer Ansicht nicht tun sollte, werden wir in den nächsten Tagen in einem Artikel des Wahlberliners beschreiben.

26.02.2025 Hier noch einmal zu unserer gesamten Berichterstattung im direkten Umfeld der Bundestagswahl 2025


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