Filmfest 1274 Cinema
Ein Solofilm in der DDR
Solo Sunny ist ein vom DEFA-Studio für Spielfilme, Herstellungsgruppe „Babelsberg“, produziertes Filmdrama des Regisseurs Konrad Wolf aus dem Jahr 1980.
Von Regisseur Konrad Wolf haben wir bisher „Der geteilte Himmel“ (1964) rezensiert (Text auf dem Filmfest des „neuen“ Wahlberliners noch nicht gezeigt) und (kürzlich veröffentlicht) „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“ (1974), wobei Ersterer nach wie vor als am der am höchsten bewertete deutsche Film innerhalb der Wahlberliner-Filmanthologie hält (Stand 2013, trifft auf deutsche Filme im Jahr 2025 auf dem Filmfest immer noch zu). Auch „Sterne“ (1959) haben wir mittlerweile gesichtet, klammern diesen vielleicht besten Film des ersten DEFA-Jahrzehnts nach der Gründung der DDR aber aus der folgenden Betrachtung aus.
Die epische Wucht von „Der geteilte Himmel“, das Pathos, das sich in einer hochmotivierten formalen Gestaltung ausdrückt, die hat „Solo Sunny“ nicht. Er ist auch nicht so liebevoll satirisch wie „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“. Damit sind wir mitten im Thema. 1980 war nicht 1964 und wohl auch nicht 1974. Während der Film mit dem Teilungsthema die Systemfrage dialektisch behandelt und ein Bekenntnis zum Sozialismus beinhaltet, trotz aller Schwierigkeiten in der Realität an ein gemeinsames Morgen aller Werktätigen glaubt, das wird unter anderem symbolisiert in der Hauptfigur Rita (gespielt von Renate Blum), die sich für einen Verbleib in der DDR entscheidet, nachdem ihr Freund in den Westen emigriert ist.
In Solo Sunny findet hingegen eine weitgehende innere Emigration von jungen, unangepassten Menschen statt – die starke Hauptfigur ist hier die von der Fabrikarbeiterin zur Schlagersängerin mutierte Ingrid Sommer, genannt Sunny (dargestellt von Renate Kößner). Ein Film der inneren Emigration, der zudem die DDR von ihrer verfallensten Seite zeigt (1). Einer Seite, in der sich vor allem Aus- und Umsteiger, Philosophen und alte, verbitterte Leute angesammelt haben. Letztere bespitzeln erstere und zeigen sie an ob nichtkonformen Lebenswandels und beiden ist gemeinsam: Normplattenbau, No!
In „Solo Sunny“ ist – bis auf eine Szene von einer Ostberliner Platten-Großbaustelle – kein Aufbau mehr zu erkennen, vielmehr geht es um Rückzug, Vereinzelung, Einsamkeit. Dies alles auf eine Weise, die so witzig gemacht ist, dass der Film keine Elegie wurde, sondern eine Tragikomödie mit einem, sagen wir, offenen Ende. Die Waise Sunny, für deren Figur die Künstlerin Sanije Torka Patin stand (2), wird ihr Ding machen oder nicht.
Handlung
Die frühere Arbeiterin Ingrid, „Sunny“, hat es – so scheint es – geschafft. Sie tourt als Schlagersängerin mit einer Band und anderen Künstlern über die Dörfer und tritt in Klubhäusern und auf Festen auf. Jedoch befriedigt sie das nicht und mit ihrem Privatleben kommt sie nicht klar. Der Taxifahrer Harry vergöttert sie, möchte sie am liebsten heiraten. Doch seine Einstellung, „eine schnelle Mark“ zu machen, sagt ihr nicht zu. Sie hat eine Affäre mit dem Philosophen Ralph, der neben Sunny jedoch eine weitere Affäre mit einer anderen Frau hat. Bei ihrem Kollegen Norbert muss sie sich gegen Nachstellungen erwehren. Die Einzige, die zu ihr steht, ist ihre Freundin und frühere Kollegin Christine.
Als ein Streit mit Norbert eskaliert und der dummdreiste Conferencier und Chef der Gruppe Sunny auf der Bühne beleidigt, fliegt Sunny aus der Band. Sie kehrt in ihren alten Beruf zurück, kündigt jedoch schon bald wieder. Sunny gibt nicht auf und beginnt, mit einer neuen, jungen Band zu proben.
Rezension
Für „Solo Sunny“ erhielt die Hauptdarstellerin Renate Kößner auf der 1980er Berlinale den Silbernen Bären. Teilweise wird diese Auszeichnung als Grund dafür angenommen, dass der Film in der DDR problemlos laufen konnte, trotz seiner deutlichen Kritik – jetzt auch am System, nicht, wie in „Der geteilte Himmel“ überwiegend an den systemschädlichen Verhaltensweisen Einzelner. Wenn man genau hinschaut, ist dies eine komplette Wende. Und damit ein Dokument großer, bitterer Enttäuschung, die man allenfalls mit leisem Humor nehmen kann, wenn man nicht daran verzweifeln will.
Wenn der amtierende Präsident der Akademie der Künste der DDR (diese Funktion hatte Konrad Wolf von 1965 bis zu seinem viel zu frühen Tod 1982 inne) einen Film dreht, in dem das Land und seine Künstler so dargestellt werden wie in „Solo Sunny“, dann hat das Gewicht. Der Vorzeigeintellektuelle konnte nicht ignoriert oder mundtot gemacht werden, auch nicht einfach ausgesperrt – und er nutzte seine Position, um, genau wie die Filmfigur Sunny, die Dinge beim Namen zu nennen. (Relativer) Klartext anstatt (vorgeblich) sozialistischem Propagandasprech im degenerierenden Honecker-Staat.
Angesichts der Verhältniss konnte ein intelligenter und vermutlich sehr empathischer Künstler wie Wolf kaum anders, als sein Herz für die Außenseiter zu entdecken, die sich auf mehr oder weniger geschickte Weise der Normierung entzogen. Die einfach wirkende, aber vielschichtige Figur Sunny hat zudem inneren Kämpfe durchzustehen, die in ihrer persönlichen Biografie als Waise begründet sind, und die sogar ein DDR-Krankenhauspsychologe versteht.
Die Symbolik der Bildsprache, die „Der geteilte Himmel“ geradezu dominiert, ist auch in „Solo Sunny“ nicht verschwunden, doch es ist alles bescheiden geworden und vor allem dient das Formale anderen Zwecken. Die eigentliche Bezüglichkeit liegt aber in der weiblichen Hauptfigur. Es kommt nicht von ungefähr, dass Sunny früh ihre Mutter verlor, den Vater nie kennen gelernt hat. Sie ist ein Kind ohne Herkunft, eine Person die nur den Wunsch hat, sie selbst sein zu dürfen. Sie steht für die Verwaisung der einst von hohen Idealen begleiteten Idee von einer gerechteren Gesellschaftsordnung, die in der Wirklichkeit so oft verraten wurde, dass sie aus den Herzen der Menschen verschwand. Dass am Ende für die Person eine Hoffnung aufschimmert, als sie sich trotzig und selbstbewusst – nach einigen Solo-Auftritten – eine neue Band sucht, sollte man nicht als Hoffnung auf Besserung im System interpretieren, sondern als Funktionabilität (in) der Nische.
Man kann vielleicht sagen, Wolf hätte Kritik aus dem Staatsapparat damit kontern können, dass er hier einige besondere Typen zeige, die erkennbar unter der Tatsache leiden, dass sie sich nicht ins Kollektiv der Werktätigen einreihen wollen, und immerhin habe er ja den Prenzlberg, Zustand 1980, nicht verallgemeinern wollen. Deswegen das Bild von der Sprengung eines Altbaues und von Haralds Taxi, wie es auf die Baustelle für die modernen Wohnbauten fährt. Falls das überhaupt intendiert war, dann hat es Alibifunktion, denn man kann es auch als Gefährdung der letzten Rückzugsgebiete der Sonderlinge durch den K70-Einheitsbrei. Die Normbauplatte nicht als kluge Standardisierung, sondern als Ausdruck eines starren Konformismus. In der DDR hat der Künstler im Verlauf repressiver Jahrzehnte nach dem Ende der Kulturblüte zu Beginn der 1960er gelernt, sein Werk vielseitig deutbar zu gestalten, damit Differenziertes und Kritisches überhaupt ans Publikum gelangen konnte. Nicht alle wollten sich so auf Zehenspitzen bewegen. Manche verließen das Land, andere wurden von der Heimat der Werktätigen deportiert (3).
Die DDR von 1980 war in einem traurigen Zustand angekommen und „Solo Sunny“ war der letzte große Film der alten DEFA, der letzte, der international hohes Ansehen erlangte. Es ist ohnehin bezeichnend, dass etwa die Hälfte aller bleibend wertvollen Filme aus der DDR von einem einzigen Regisseur stammte, allerdings hat dieser solche auch in jenen Jahren zustande gebracht, als die Bundesrepublik filmkunstmäßig quasi ein Totalausfall war (ca. 1960-1965), sodass er im deutschsprachigen Raum ein ziemlich einsames Dasein als Filmemacher der ersten Reihe führte.
So blieb etwa „Der geteilte Himmel“ ein herausragendes deutsches Einzelstück in filmkünstlerischer Dürreperiode, während „Solo Sunny“ in einer Zeit entstand, in welcher er formal auch (beinahe) als westdeutscher Autorenfilm hätte durchgehen können und aus dem kapitalistischen Deutschland eine Welle der Erneuerung ausging und von sich reden machte. Im Jahr 1979, etwa zeitgleich mit „Solo Sunny“, entstand in der BRD (u. a.) als Frucht des Neuen Deutschen Films die Verfilmung von „Die Blechtrommel“ von Günter Grass (Regie: Volker Schlöndorff), der in diesem bzw. im folgenden Jahr die Goldene Palme von Cannes und den Auslands-Oscar gewann. Hatte sich Konrad Wolf über diesen Erfolg für einen deutschen Film gefreut oder war er verbittert, dass derlei unter DDR-Bedingungen kaum noch denkbar erschien? Eine hypothetische Frage, schon wegen des erheblichen Aufwandes für die kongeniale Grass-Verfilmung, der in der DDR nicht mehr möglich war.
„Solo Sunny“ ist aber nicht nur in diesem größeren Kontext noch heute sehenswert. Der Film bietet neben der Sinnsuche der nicht einfachen, aber dennoch sympathischen Hauptfigur eine Menge einiges mehr. Zum Beispiel eine ganz eigene Mischung von Charakteren, die sowohl Urberliner, unmissverständlich Sachsen als auch DDR-Bürger waren. Der Witz dieser Menschen kommt immer wieder zum Vorschein, trocken und ansatzlos, da ist „Solo Sunny“ modern und skurril gleichermaßen, auch oder gerade, weil die Charaktere aus einer naiv-eskapistisch wirkenden, versunkenen Welt zu stammen scheinen. Ob es sie wirklich nicht mehr gibt? Draußen in Brandenburg, so munkelt man, haben sich rudimentäre Formen erhalten und werden auf die wenigen jungen Menschen tradiert, die dort verblieben sind. Wir meinen damit nicht den Speckgürtel von Berlin, der ist beinahe so gentrifiziert wie das Symbolviertel Prenzlauer Berg, sondern das Draußen etwas weiter weg.
Die komischste Figur in „Solo Sunny“ ist wohl der treue Harry, der für Sunny nicht nur den Wagen holt, um mit ihr spazieren und hoffnungsvoll in ein teures Hotel in Berlin zu fahren, sondern dem die widerspenstige junge Frau auch immer alles kaputt macht, was er sich so schön mit ihr vorstellt. Diese herzige Form von ungefährlicher Anhänglichkeit können nur Menschen von schlichtem und warmem Gemüt zeigen. Er sorgt auch dafür, dass wir Sunny nie gänzlich vereinsamt sehen, er sorgt dafür, dass sie mit Noten zu Texten des Philosophen Ralph versorgt wird und für die Erkenntnis, dass nett sein nicht attraktiv macht.
Nachdem ihre Band sie rausgeschmissen hat, versucht Sunny es ja mit dem normalen Leben, geht wieder in die Fabrik, will sich auf Harry einlassen. Aber et jeht nüscht. Das muss Harry kummervoll feststellen (in einer Art von ironischer Brechung auf Sächsisch) und Sunny bestätigt es, beinahe erleichtert erleichtert. Er ist einfach zu normal, zu angepasst. Der Philosoph Ralph hingegen ist für Sunny attraktiv, aber dann doch zu intellektuell oder hält sich dafür. Er hat so ein die Weltfragen einschließendes, wohlfeiles Scheinbewusstsein, das offenbar typisch für Geistesmenschen in einer sich auflösenden Gesellschaft ist. Er überfliegt die vielen Bücher mehr oder weniger, während Sunny alles behält, was sie liest. Daten erwachen zu Leben durch besondere Situationen ihres Lebens, die Erinnerung stirbt nie, sondern wird immer mächtiger. Wer nicht vergisst, verarbeitet nicht, sagt Ralph ihr. Das ist ein klares Statement gegen das Vergessen, geäußert vom Filmemacher Konrad Wolf, der um die im banalen Alltags-Scheinsozialismus dem Vergessen anheimgefallenen Ideale weiß.
Sunny erhält sich zwar keine hochtrabenden Ideale, aber ihre Freiheit. Die Schlussszene: Sie geht in einem recht rockigen Outfit zur Vorstellung bei einer neuen Band, stellt sich als diejenige vor, die bei den Tornados rausgeflogen ist und als Sunny. Das ist aber kein Happy End. Nicht umsonst werden diese Jungs als eine unerfahrene Schülerband gezeigt, überbesetzt und musikalisch vermutlich unterentwickelt. Ein Urschleim von Künstlertum. Neue Auseinandersetzungen sind vorprogrammiert, künstlerisch und kommerziell, es wird für Sunny nicht leicht sein, die innere Freiheit zu verteidigen. Trotzdem ist dieses Ende ein Bekenntnis zu ihr.
Das Bekenntnis des großen Regisseurs Konrad Wolf zur Abkehr von sozialistischen Träumen, hin zu persönlichen Lebensträumen, die man vielleicht, mit viel Energie und dem Trotz und der Lebensgier eines Menschen, der schon als Kind um seine Identität kämpfen musste, so halb und halb verwirklichen kann.
Finale
Dreißig Jahre alt wurde die DDR in dem Jahr, in dem „Solo Sunny“ entstand, und natürlich wurde das mit bunten Fahnen und Aufmärschen der FDJ gefeiert. Doch das östliche Deutschland war bereits von innen hohl und in etwa so verrottet, wie der Prenzlauer Berg hier gezeigt wird – und rettete sich noch irgendwie über die nächsten zehn Jahre. Dann fiel diese leere Hülle zwar unerwartet, aber mit ein wenig Fassadenstaub in sich zusammen, hinterließ viele Probleme und hat, wie alle vorgeblich sozialistischen Systeme, vor allem diejenigen verraten, die im Kapitalismus heutiger Prägung leben. Die DDR hat jene schon vor vielen Jahren betrogen, die heute sehen, dass es auch im überdehnten Kapitalismus immer mehr Anzeichen von Untergang gibt, aber nichts an der Hand haben, das sich in der wirklichen Welt als taugliche, umsetzbare Alternative erwiesen hätte. Niemand traut sich mehr, ein neues Modell zu denken, anstatt einfach weiter auf den Abgrund hinzuwurschteln, und daran sind alle diejenigen schuld, die den Realsozialismus haben scheitern lassen. Mithin die Menschen, wie sie eben sind.
Der hellsichtige Konrad Wolf hatte bereits 1980 abgeschenkt, und er wusste als voll integrierte Person, nicht als abseits stehender Charakter wie Sunny, wovon er sprach. Man kann ihm nicht unterstellen, dass er an mangelnder Sympathie für den Sozialismus als theoretische Basis für eine bessere Welt litt.
„Solo Sunny“ ist einer der wenigen hervorragenden Filme aus dem letzten DDR-Jahrzehnt, hat dokumentarischen Charakter, schöne Figuren und eine Geschichte, die zwar nicht neu oder außergewöhnlich ist, aber originell wirkt aufgrund der besonderen Umstände, in denen sie spielt. Schon in der DDR wurde dieses Werk zum Kultfilm, und das ist er, im Gegensatz zum u. E. künstlerisch höher anzusiedelnden „Der geteilte Himmel“ heute noch. Wir bewerten „Solo Sunny“ mit 8,2/10.
Ergänzung anlässlich der Republikation des Textes im Jahr 2025: Wir haben nur die Einleitung angepasst, wegen eines weiteren Films von Konrad Wolf, über den wir für das Filmfest geschrieen haben, der übrige Text erscheint uns erstaunlich zeitlos. Auch unsere intensivere Befassung mit der DDR-Kultur, u. a. durch die Sichtung aller erhältlichen Polizeirufe aus der Zeit vor der Wende in den Jahren ab 2019, hat nicht zu Korrekturbedarf geführt. Aber eine Erweiterung müssen wir noch beifügen:
„Im Jahr 1980 spielte sie die Hauptrolle der Schlagersängerin Ingrid Sommer, genannt Sunny, in dem DEFA-Film Solo Sunny von Konrad Wolf. Den Gesangspart der Rolle hatte die Jazzsängerin Regine Dobberschütz übernommen. Krößner schaffte es, den erst zwei Tage vor den Dreharbeiten bei ihr gelandeten Text vollkommen lippensynchron zum Playback hinzubekommen. Der realistische, intensive Film brachte sowohl in der DDR wie auch im Westen viele Wochen lang volle Kinos. Für diese Rolle erhielt Krößner im Februar 1980 auf der Berlinale in West-Berlin den Filmpreis Silberner Bär. Die große Popularität und Eigenwilligkeit der Schauspielerin missfiel den DDR-Behörden, sodass sie fortan keine Filmangebote mehr bekam und nach fünf Jahren beschloss, die DDR zu verlassen.[1] Am 27. Juli 1985 konnte Krößner nach mehreren Ausreiseanträgen gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, dem Schauspieler Bernd Stegemann, und ihrem Sohn Eugen aus ihrer früheren Beziehung mit Hermann Beyer die DDR verlassen.“ (1)
Wie hätte Konrad Wolf über diese Entwicklung gedacht, der in Krößner seine Idealbesetzung gefunden hatte? Vielleicht war es nicht nur Krößners Person, sondern, dass man sehr wohl bemerkte, was Wolf mit dem Film aussagen wollte, was ihr Schwierigkeiten machte, und sie war eher als Bauernopfer geeignet. als dass man den größten Filmkünstler des Landes, der sich über Jahrzehnte Ruhm erworben hatte, über den Schutzwall hinweg in die Freiheit geschickt hätte. Wäre er auch gegangen, obwohl er 1976 noch systemtreu die Ausweisung von Wolf Biermann guthieß? Während „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“ 1974 noch eine gewisse Ambiguität aufwies, wirkte „Solo Sunny“ sechs Jahre später, als lebe Wolf in seiner offiziellen Funktion nur noch eine diktatur-typische Fassadenexistenz, welche er mit seinem Werk kommentiert.
Was weiterhin auffällt: Wolf hat den Film nicht mit bekannten DDR-Schauspielgrößen besetzt, die sich mit dem System identifizierten und die man mit dem System identifizieren konnte. Wir haben keinen der vielen Namen entdeckt, die u. a. die Reihe Polizeiruf 110 populär gemacht hatten und in anderen DEFA-Kinofilmen der Zeit sehr wohl mitspielten.
82/100
2025, 2013 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia
| Regie |
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| Drehbuch | |
| Musik | Günther Fischer |
| Kamera | Eberhard Geick |
| Schnitt | Evelyn Carow |
| Besetzung | |
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(1) Konrad Wolf konnte nicht wissen, wie der als Kulisse dienende Kiez am Prenzlauer Berg heute zum Symbol eines Wandels geworden ist, den auch wieder nicht alle gutheißen -> „Wolfgang Thierse und die Schwaben“ und zu einem Ort teilweise belustigender Auseinandersetzungen.
(2) Sanije Torka wurde in Brandenburg geboren und wuchs in DDR-Kinderheimen auf. Sie begann eine Lehre als Schlosserin und machte später eine Schauspielausbildung. Über Künstlerkreise war sie auch mit dem Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase bekannt. Basierend auf ihrer Lebensgeschichte entstand der DEFA-Film Solo Sunny, welcher der letzte Spielfilm des Regisseurs Konrad Wolf war. Grundlage war ein 1976 geführtes, unveröffentlichtes Interview mit der Journalistin Jutta Voigt, die Wolfgang Kohlhaase das Interview zur Verfügung stellte, dem es wiederum als reale Grundlage für das Drehbuch des Films diente. Sanije Torka wird in dem Film nicht erwähnt, aber Jutta Voigt ist im Vorspann als Beraterin genannt. Der Spielfilm erhielt mehrere Auszeichnungen, unter anderem bei der Berlinale 1980. Die Schlagersängerin „Sunny“, gespielt von Renate Krößner, erhielt hierfür einen Silbernen Bären als beste Darstellerin. Nach dem Mauerfall kam Sanije Torka wegen vielfacher Ladendiebstähle mit dem Gesetz in Konflikt. Die Lebensgeschichte von Sanije Torka wurde 2007 als Dokuporträt von Alexandra Czok unter dem Titel Solo für Sanije für den MDR verfilmt. (Quelle: WIKIPEDIA).
(3) Exemplarisch: Wolf Biermann, 1976 (zur Person in der WIKIPEDIA).
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