Briefing Geopolitik USA, Donald Trump, Republikaner, Demokraten, Bernie Sanders, Alexandria Ocasio-Cortez, Gavin Newsom
27.03.2025 USA: Trump demoliert das Land – Demokraten bleiben unsichtbar (T-Online)
Den obigen Artikel haben wir beispielhaft für viele andere verlinkt, die sich mit dem Thema befassen, wer unter den Demokraten nun eigentlich Donald Trump herausfordern soll. Es sei wie bei Huhn und Ei, heißt es: Die Demokraten müssen Gesichter und Richtung miteinander austarieren. Wir weisen vorsorglich darauf hin: das Ei war zuerst da. In dem Ei wurden die Programme ausgebrütet. Zunächst von Tieren, die lange vor dem Huhn auf der Erde lebten, das jetzt politisch herumgackert.
Zunächst eine knappe Recherche:
Strömungen innerhalb der Demokratischen Partei
- Progressive Linke
Diese Strömung, vertreten durch Politiker wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez, setzt auf soziale und ökologische Großprojekte wie den Green New Deal und Medicare for All. Unterstützt wird sie von Think Tanks wie dem Roosevelt Institute und Medien wie Jacobin4.
- Vorteile: Mobilisierung junger Wähler, klare Agenda gegen soziale Ungleichheit.
- Nachteile: Risiko der Polarisierung, da viele Maßnahmen als „zu links“ wahrgenommen werden könnten14.
- Gemäßigte Zentristen
Angeführt von Figuren wie Hakeem Jeffries, konzentriert sich diese Gruppe auf wirtschaftliche Themen wie Arbeitsplätze und Inflation, um die Mittelklasse zurückzugewinnen6.
- Vorteile: Breitere Wählerschaft, weniger polarisierend.
- Nachteile: Kann als zu zurückhaltend wirken, während Trump radikale Maßnahmen ergreift6.
- State-Level-Strategen
Organisationen wie die Democratic Legislative Campaign Committee (DLCC) fokussieren sich auf Landesparlamente, um republikanische Vorstöße zu blockieren und progressive Politik lokal umzusetzen3.
- Vorteile: Konkrete Erfolge in Bundesstaaten, Schutz von Abtreibungsrechten und Wahlgesetzen.
- Nachteile: Begrenzter Einfluss auf nationale Politik3.
- Juristischer Widerstand
Eine Koalition von 280 Gruppen, darunter Democracy Forward, bereitet Klagen gegen Trumps Exekutivmaßnahmen vor, ähnlich wie in seiner ersten Amtszeit5.
- Vorteile: Effektive Blockade von Verfassungsbrüchen (z. B. Angriffe auf Beamtentum oder Bürgerrechte).
- Nachteile: Langsame Prozesse, während Trump Fakten schafft56.
Risiken und Chancen
- Setzt sich die progressive Linie durch, könnte sie junge Wähler mobilisieren, aber konservative Hispanics und Arbeiter weiter verlieren14.
- Die zentristische Wirtschaftsagenda könnte gemäßigte Wähler zurückholen, wirkt aber oft uninspiriert gegen Trumps Populismus6.
- State-Level- und juristische Strategien bieten kurzfristigen Schutz, ändern aber wenig am nationalen Machtgefälle35.
Die Partei steht vor der Herausforderung, eine Balance zwischen Mobilisierung ihrer Basis und der Rückgewinnung verlorener Wählergruppen zu finden – während Trumps Autoritarismus wenig Zeit lässt16.
Kommentar
Nach der Recherche zeigt es sich als sinnvoll, dass wir den obigen Artikel verlinkt haben, denn Gavin Newsom wird Cortez und Sanders gegenübergestellt als jemand, der die Mitte Amerikas erreichen soll – er ist derzeit Gouverneur von Kalifornien. Er wird in der Recherche gar nicht erwähnt, obwohl er die „präsidialste“ Figur unter den Demokraten ist, die noch nicht 80 Jahre oder älter sind. Das Beispiel Transfrauen im Sport ist nach unserer Ansicht schwierig, um die Positionsverschiebung von Newsom nach rechts zu dokumentieren, aber tatsächlich stellt er sich damit gegen die Linie seiner Partei.
Leider zeigt sich wieder, was auch in Deutschland die Mitte-Parteien falsch machen: Sie passen sich den Rechten an. Wir geben hier zu diesem Sonderthema nicht unsere Meinung kund, an dem Newsoms neue Ansichten aufgehängt werden, aber die Demokraten verpassen gerade eine riesige Chance, wenn sie tatsächlich dorthin wandern, wo die Republikaner schon sind. Wir haben gerade einen Artikel über die Grünen im Osten Deutschland in Arbeit, der uns ebenfalls Argumente geliefert hat: Finger weg von Wählern, die niemals demokratisch oder grün wählen werden. Oder links. Damit zerstört man sich bloß die eigene Identität.
Sanders und Cortez hingegen tun das richtige: Ein echtes Gegenmodell zum Trumpismus aufbauen, gerne auch mit einer gehörigen Portion „Populismus“. Es gibt ja nicht einfach „den“ Populismus, man kann ihn sehr wohl auch für gute Zwecke einsetzen, wenn der Gegner den Ton für schlechte Zwecke vorgibt. Wenn sie niedriger gehen, gehen wir höher, war Barack Obamas Motto. Und es war damals richtig, wie man an seinen Wahlerfolgen sieht. Aber wir haben eine Zeitenwende erlebt, seitdem, und heute müssen Positionen, die nach europäischem Muster so links nun auch wieder nicht sind, mit derselben scharfen Rhetorik vertreten werden wir rechte Positionen, sonst gehen sie einfach unter. Güte wird in diesen Zeiten schlicht als Schwäche ausgelegt, und diese Entwicklung ist nicht neu, sie hat sich im Grunde schon mit dem Start des neoliberalen Zeitalters Anfang der 1980er durchgesetzt. Alles, was es danach an „links“ gab, waren allenfalls Korrekturen auf Zeit.
Daraus können die Demokraten in den USA nun aber nicht schließen, dass sie sich selbst immer weiter nach rechts ziehen lassen müssen. Sie sollten mal nach Deutschland schauen, wo die vorgebliche Mitte-Partei CDU sich gerade von der AfD zerlegen lässt, weil sie ihre Positionen zu weit nach rechts verschoben hat. Es gibt noch andere Gründe, warum gerade eine so rasante Bewegung in den hiesigen Umfragen ist, aber auch vor dem „Brechen von Wahlversprechen“ kam die Union, wie wir wissen, nur auf schlappe 28,6 Prozent, nämlich am 23.02.2025.
Die Rechten rechts überholen zu wollen, kann nie funktionieren. Links ist nämlich die Überholspur. Das heißt, es muss ein klares linkes Gegenkonzept her.
Es wird viel zu leichtfertig, auch von deutschen Journalisten, die durchaus rechte Positionen offenbaren, dahergeredet, man muss nach rechts, um die Arbeiter zu erreichen. Seit wann sind Arbeiter rechts? Was hat man ihnen eingeredet, dass sie gegen ihre eigenen Interessen und für das Kapital abstimmen? Da fängt die Analyse an und da muss man nach dem Ergebnis durch: Den Menschen wieder klarzumachen, dass sie sich selbstschädigend verhalten, wenn sie rechte Parteien wählen.
Dazu müssen linke Parteien natürlich auch wirklich linke Politik machen, nicht wie die SPD, die für uns allenfalls noch eine Mitte-Partei darstellt. Ob sie gesellschaftspolitisch in den Rückwärtsgang schalten müssen? Sind Arbeiter zu blöd, um den Sinn gesellschaftlichen Fortschritts zu erkennen? Mittlerweile hat man diesen Eindruck, aber das war nicht immer so.
Zwar haben immer Intellektuelle die Arbeiterbewegungen geführt, die ihren Wähler:innen voraus waren. Aber schwierig wird es erst dann, wenn moderne Gesellschaftspolitk nicht mehr mit Vorteilen für die Mehrheit der Bevölkerung einhergeht. Viele Menschen sind nicht vom Grundsatz her tolerant, sondern dann, wenn sie sehen, dass sie selbst noch gesehen werden. Wenn sie das wollen, dürften sie zwar nicht die Union oder die AfD wählen, aber es gibt auch keine linken Parteien, die ihnen das richtig klarmachen könnten.
Gerade gestern haben wir wieder erleben müssen, wie die Linke in Deutschland sich von der falschen Seite zeigt, siehe unseren gestrigen Ticker Bremst Gysis Geschichtsklitterung den Aufstieg der Linken? – Zur Rede des Alterspräsidenten am 25. März 2025 – DER WAHLBERLINER).
Dieses Problem haben demokratische Linke wie Sanders und Cortez in den USA jedoch nicht, mit dem sich die Linke in Deutschland immer wieder selbst ein Bein stellt. Im Gegenteil. Sie können für mehr Freiheit werben und sie mit sozialem Fortschritt verbinden. Sie können für die Freiheit werben und für mehr Gerechtigkeit, ohne sich dabei zu verheddern in einer unguten Vergangenheit.
Gehen wir in der US-Geschichte ein wenig zurück. Die wirklich großen Siege haben die Demokraten eingefahren, als sie klare Gegenkonzepte zum laxen Kapitalismus erstellten, die das Land im Begriff waren zu ruinieren. F. D. Roosevelt gewann 1932 die Wahlen gegen die Republikaner nicht mit ein paar Korrekturen, mitten in der Weltwirtschaftskrise, sondern mit dem Versprechen und der Durchsetzung des New Deal. Das war das am meisten linke Konzept, das je in den USA umgesetzt wurde. Roosevelt war ein Dekrete-Präsident, wie Trump, nur gingen die Dekrete in eine ganz andere Richtung.
Die Kennedy-Kampagne gewann 1960 nicht mit ein paar kleinen Korrekturen an der bräsig-satten Republikaner-Ära der 1950er, sondern mit dem Versprechen, das Land endlich für alle frei und gleich zu machen. Das hat gewiss vielen weißen „Mitte-Wählern“ nicht gefallen. Aber es hat die USA auf epische Weise zum Guten verändert und deswegen hat der Weg bis zur Zerstörung aller Errungenschaften jener Zeit auch so lange gedauert. Weil sie vergleichsweise fest verankert waren und durch bisherige neoliberale Wellen hindurch zumindest im gesellschaftspolitischen Teil erhalten blieben. Nicht im ökonomischen, leider, darauf haben auch die Demokraten zu wenig geachtet.
Wir haben es oben geschrieben: Demokratie muss sich Akzeptanz auch erkaufen, das geht nicht anders, weil viele Menschen die Welt vom Geldbeutel aus und nicht von einem ethischen Podest aus betrachten. Es ist ein Deal für richtig gute Dealmaker: Ein Plus für die Mehrheit geht einher mit mehr Minderheitenrechten. Den Deal haben die Demokraten in den USA im Grunde viel besser eingehalten als die Mitte-Parteien in Deutschland während der GroKoen unter Angela Merkel und während der Ampel-Zeit. Deswegen muss man sich natürlich die Frage stellen, ob in den USA sich nicht einfach der Rassismus immer mehr durchsetzt, jenseits aller ökonomischen Aspekte. Diese mögliche Erkenntnis verleitet wohl auch Demokraten dazu, weiter nach rechts zu gehen. Zumal es immer schwieriger wird, grundsätzliche Korrekturen auf der anderen Seite, am Kapitalismus, vorzunehmen. Vielleicht muss dazu tatsächlich eine Wirtschaftskrise kommen, die eine Situation hervorbringt, wie sie seinerseits F. D. Roosevelt vorfand.
Tatsächlich hängt für die Demokraten vieles davon ab, was die Trump-Administration in den nächsten Monaten anrichtet. Eine blöde Lage, denn der Ball liegt nun einmal für die Demokraten im falschen Spielfeld, und dort wird auf eine Weise gespielt, die komplett unberechenbar ist, inklusive der Möglichkeit, dass der Ball ungewollt das Feld wechselt. Je schlimmer es Trump & Co. treiben, desto besser für die linken unter den Demokraten. Gegenwärtig spricht nichts dafür, dass Trump in seiner Zerstörungswut nachlässt. Also sagen wir, schon aus diesem Grund, aber auch wegen unserer generellen Positionierung: Cortez und Sanders sollen die Demokraten jetzt anschieben, denn sie sind die einzigen, die überhaupt einen Schub zu entwickeln scheinen und sich nicht kleinmütig den Rechten mehr oder weniger ergeben. Wer sich dann mit „mittigeren“ Position noch beigesellen wird, wird sich zeigen.
Es gibt derzeit angesichts dessen, was sich im Weißen Haus und drumherum abspielt, kein besseres Motto als #FightOligarchy. Neu ist es im Grunde nicht, die bisherigen Wirtschaftsmächtigen haben sich nur nicht so wichtig getan wie Elon Musk. Sanders kann man zugutehalten, dass er das Oligarchieproblem in den USA schon benannt hat, da gab es diese ganze furchtbar MAGA-Bewegung noch gar nicht und kein Mensch hätte sich damals denken können, dass ein nicht demokratisch gewählter einzelner Typ so freidrehen darf, wie Trump das nun Elon Musk erlaubt.
Damit ist im Grunde die Fassade gefallen, die die Superreichen, die US-Oligarchen, lange Zeit gewahrt haben. Das muss nicht nur schlecht sein. Disruption anders herum gedacht. Als Gegendisruption.
Trump ist immer dabei, aber heute werfen wir vor allem einen Blick auf die Opposition in den USA. Stellt sie sich tot, was ja tatsächlich eine von mehreren Handlungsempfehlungen ist, um den ersten Sturm zu überstehen? Wir meinen, das kann man so nicht sagen, es gibt bereits eine Gegenbewegung. Oben unser Artikel dazu.
Quellen
- https://www.axios.com/2025/03/24/democrats-popularity-crisis-trump-elections
- https://en.wikipedia.org/wiki/Political_positions_of_the_Democratic_Party_(United_States)
- https://www.motherjones.com/politics/2025/02/democrats-have-a-plan-to-counter-trump-at-the-state-level/
- https://nationalaffairs.com/publications/detail/the-future-is-faction
- https://democracyforward.org/updates/280-organization-coalition-launches-multimillion-dollar-legal-effort-to-combat-threats-to-people-democracy-expected-in-trump-vance-administration/
- https://www.cnn.com/2025/02/16/politics/democrats-strategy-powerless-trump/index.html
- https://www.npr.org/2025/03/24/nx-s1-5330827/democrats-in-trump-won-districts-call-on-party-to-rebrand
- https://www.nytimes.com/2025/02/25/opinion/democrats-trump-congress.html
- https://www.commoncause.org/actions/stop-trumps-anti-democracy-project-2025-agenda-2/
- https://www.pbs.org/newshour/politics/democrats-clashed-over-shutdown-strategy-but-partys-crisis-runs-far-deeper
- https://www.brookings.edu/articles/democracy-playbook-2025/
- https://www.usatoday.com/story/news/politics/elections/2025/01/14/democratic-party-leadership-crisis/77680714007/
- https://www.lemonde.fr/en/international/article/2025/03/18/unpopular-and-lost-us-democrats-are-counting-on-trump-s-chaos-for-revival_6739268_4.html
- https://www.shivajicollege.ac.in/sPanel/uploads/econtent/2bf91b0270b44893ad98060beda18692.pdf
- https://www.nytimes.com/2025/03/21/opinion/democrats-trump-resistance.html
- https://www.democracy2025.org
- https://dk.usembassy.gov/usa-i-skolen/presidential-elections-and-the-american-political-system/
- https://democrats.org/news/in-the-states-democrats-fight-back-against-trump-and-maga-republicans-plans-to-make-americans-lives-harder/
- https://theconversation.com/why-isnt-there-an-opposition-leader-to-unite-democrats-in-the-us-252384
- https://www.frc.org/op-eds/a-comparison-of-the-2024-republican-and-democratic-party-platforms
- https://www.vox.com/politics/401247/american-democracy-resilient-trump-authoritarian
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