Filmfest 1312 Cinema – Werkschau Fred Astaire und Ginger Rogers (6)
Swing Time ist ein US-amerikanisches Filmmusical mit Fred Astaire und Ginger Rogers aus dem Jahr 1936. Als Vorlage diente die Geschichte Portrait of John Garnett von Erwin S. Gelsey. In Österreich wurde der Film unter dem Titel Walzer aus Amerika veröffentlicht.
Die IMDb gibt dem Film den deutschen Titel „Ein Walzer aus Amerika“. Er lief aber nie in deutschen Kinos, wie die meisten US-Produktionen, die während der Nazizeit entstanden, sondern wurde 1972 erstmals im deutschen Fernsehen gezeigt. Der deutschsprachige Titel stammt hingegen aus dem Walzerland Österreich, das 1936 noch unabhängig war.
Zuletzt haben wir „Top Hat“ (1935) und „Follow the Fleet“ gesehen, wir folgen nun weiter den Filmen, die Fred Astaire und Ginger Rogers zum berühmtesten Leinwand-Tanzpaar aller bisherigen Zeiten gemacht haben. Da die Zeiten mittlerweile anders sind, glauben wir diese Zuschreibung wird noch lange gelten; vielleicht für immer. „Swing Time“ weit viele Gemeinsamkeiten mit den Vorgängerfilmen, aber auch ein paar Unterschiede zu ihnen auf, die vor allem mit Musik und Inszenierung zusammenhängen. Darauf und auf weitere Aspekte gehen wir in der -> Rezension ein.
Handlung[1]
Lucky Garnett, ein Tänzer, der dem Glücksspiel nicht abgeneigt ist, will endlich seine wohlhabende Verlobte Margaret heiraten und das Tanzen an den Nagel hängen. Auf dem Weg zum Traualtar wird er jedoch von seinen Background-Tänzern aufgehalten, sodass er zu spät bei seiner eigenen Hochzeit erscheint. Als Margarets Vater die Hochzeit komplett abblasen will, gibt er Lucky eine letzte Chance. Dieser soll 25.000 Dollar auf ehrliche Art verdienen, um seine guten Absichten unter Beweis zu stellen.
Zusammen mit seinem Freund Pop Cardetti geht Lucky nach New York, wo er die Tanzlehrerin Penny Carroll kennenlernt. Durch ein Missverständnis wird Penny auf ihn wütend. Entschlossen sich bei ihr zu entschuldigen, will Lucky bei Penny Tanzstunden nehmen. Diese ist weiterhin verärgert und zudem überzeugt, dass Lucky keinerlei Tanztalent besitzt. Als ihrem Boss Mr. Gordon dies zu Ohren kommt, wird Penny kurzerhand entlassen. Mit Luckys Hilfe bekommt sie jedoch ihren Job zurück. Nun sollen beide in einem örtlichen Club auftreten. Da Lucky keinen Smoking besitzt und er es nicht schafft, sich einen zu besorgen, verpassen er und Penny das Vortanzen, weshalb Penny erneut wütend auf ihn wird.
Um ein neues Vortanzen mit dem nötigen Kleingeld zu arrangieren, geht Lucky in ein Casino, wo er die Chance erhält, die 25.000 Dollar zu gewinnen, die Margarets Vater von ihm verlangt hat. Doch Lucky gibt sich letztlich mit weniger zufrieden, weil er sich in Penny verliebt hat. Beide dürfen schließlich doch im Club auftreten. Aus Schuldgefühlen geht Lucky Penny zunehmend aus dem Weg, hat er ihr doch bisher nichts von seiner Verlobten erzählt. Zusammen mit ihrer Freundin Mabel lädt Penny Lucky und Pop aufs Land ein, wo Pop ihr prompt von Luckys Verlobung mit Margaret erzählt. Dennoch lässt sich Penny auf eine Romanze mit Lucky ein. Als Margaret unverhofft bei ihnen eintrifft, will Penny doch lieber den Bandleader Ricky Romero heiraten. Nachdem Margaret ihre Verlobung mit Lucky aufgelöst hat, gelingt es diesem, die Hochzeit von Penny und Ricky zu verhindern. Lucky und Penny finden schließlich wieder zueinander.
Rezension
Ausgerechnet bei „Top Hat“, der vielen als bester Film der Reihe gilt, gab es nicht den Berührungsmoment wie zum Beispiel im Vorgänger „The Gay Divorcee“, das hat ihn letztlich ein paar Punkte gekostet, wiewohl der Film zweifelsohne brillant ist. Das zeigte sich im Vergleich zu „Follow the Fleet“, dem direkten Nachfolger, der zu langatmig geworden ist, aber ausgerechnet er hatte am Schluss das Lied, das für mich das schönste von allen ist: „Let’s Face the Music and Dance“. Vielleicht hat es nicht die beste Tanzgeografie von allen, aber als Lied und wie Fred Astaire es vorträgt, das ist schon sehr besonders. Warum diese Einführung? Weil ich bisher dachte, das Lied sei in „Swing Time“ enthalten. In „Follow the Fleet“ wirkt es wie ein Diamant, der in einen Eimer mit Fischen plumpst, nicht nur, weil der Film so naval ist, ohne wirklich maritimes Feeling zu erzeugen. Das Dekor, vor dem Astaire in dem Lied tanzte, konnte unmöglich auf dem kleinen Schiff aufgebaut worden sein, auf dem am Ende eine Benefizveranstaltung zwecks vollständiger Bezahlung seiner Bergung und Restaurierung stattfindet. Das Lied und das Dekor hätten viel besser zu „Top Hat“, aber auch zu „Swing Time“ gepasst. Es war aber Irving Berlin, der es verfasst hat, während die Musik zu „Swing Time“ von Jerome Kern stammt. Von jenem Jerome Kern, der mit Oscar Hammerstein II als Texter das weltberühmte „Showboat“ verfasst hat, und viele weitere berühmte Musicals.
Den Unterschied zwischen der Ausrichtung der beiden Komponisten merkt man den Filmen an. Während Irving Berlins Lieder wie für Astaire geschrieben zu sein scheinen, einige waren dies ja auch, und die beiden sich nahestanden, Irving Berlin und Astaire dafür gesorgt haben, dass die USA sich aus der Depression herausswingen konnten, musikalisch Flagge zeigten, wenn man so will, war Jerome Kern einer der Begründer des „Musical Play“, für das „Showboat“ ein frühes Beispiel ist und das in den 1950ern nach Jerome Kerns Tod von Oscar Hammerstein II und seinem neuen Partner Richard Rodgers zu neuen Höhen geführt wurde. Das Musical Play ist aber eine ernstere Version von Musical, das sich mehr echte Konflikte von der Musical Comedy abheben wollte, zu der zweifelsohne die Tanzfilme von Rogers und Astaire zu zählen sind. So gesehen, hätte „Swing Time“ ein ernsterer Film werden können als die anderen (was von den bis dahin entstandenen Astaire-Rogers-Kooperationen nur auf „Roberta“ zutrifft, in dem sie aber nicht die Hauptrollen spielen).
Aber es gibt ja noch die Handlung, und die folgt dem bisherigen Muster, variiert natürlich, und zwar recht nett, das muss man sagen. Nicht so deutlich an die früheren Filme angelehnt, wie das bei „Top Hat“ gegenüber „The Gay Divorcee“ der Fall war. Dass es ein wenig anders wirkt, hat auch mit der Regie zu tun. Mark Sandrich, der „Top Hat“ und „Follow The Fleet“ inszeniert hat, war nicht nur für Astaire-Rogers-Filme ein guter, erfolgreicher und sicher auch smarter Regisseur, aber „Swing Time“ ist ein „Frühwerk“ des späteren zweifachen Oscarpreisträgers George Stevens. Von ihm stammt meine Lieblings-Americana „Giganten“. Für sie und für „A Place in the Sun“ erhielt er den Regie-Oscar und „A Place in the Sun“ wurde zusätzlich mit der allerhöchsten Auszeichnung „Bester Film des Jahres“ prämiert.
Das heißt aber nicht, dass Stevens Astaire und Rogers besser inszeniert hat als Sandrich. Anders eben, wenn man etwas genauer hinschaut: Sandrichs Regie wirkt leicht, flüssig, machmal sogar ein wenig nonchalant. Stevens‘ Schauspielerführung fällt hingegen durch hohe Präzision bis ins Detail auf. Die Szenen sind sicher fast alle mehrfach „getaked“ worden, bis sie endgültig waren. Belegt ist jedenfalls, dass Stevens zu den Maniacs zählte, die Schauspieler:innen in die Verzweifelung treiben konnten mit unendlich vielen Wiederholen derselben Szene, bis sie zufrieden waren. Andere Vertreter dieser Gattung waren Billy Wilder und William Wilder. Was sagt uns das? Die Regisseure, die sich selbst und ihre Darsteller:innen zu den meisten Oscars führten, verlangten ihnen auch einiges ab, damit das geschehen konnte. Diese Etüde in Akribie hat sich aber nicht durch Unterschiede in den Tanzszenen ausgewirkt: Da sie ohnehin von Astaire selbst und dem Choreografen seines Vertrauens, Hermes Pan, ausgearbeitet wurden, der später Chefchoreograf bei MGM wurde, gibt es da kaum Unterschiede. Man höchstens sagen, dass die Perfektion, von „Top Hat“ nicht noch einmal wesentlich getoppt werden konnte.
Aber die Lieder von Jerome Kern mussten nach meiner Ansicht eher „tanzbar“ gemacht werden als die von Irving Berlin. Auffällig war daher zunächst, dass es recht lange dauert, bis es mit „Never Gonna Dance“ überhaupt zu ersten Nummer von Astaire und Rogers kommt. Vor allem wird der Film, anders als die bisherigen seit „The Gay Divorcee“ auch nicht durch ein Solo von Astaire tänzerisch eingeleitet. Die Erklärung: Die ursprünglich vorgesehene erste Nummer wurde nach dem Vorpremieren-Lauf des Films gestrichen, weil sie als zu schwach empfunden wurde. Dadurch müssen Fans gut 15 Minuten warten, bis sich musikalisch etwas tut. Das, was wir sehen, ist dann, wie immer, großartig, auch wenn „Never Gonna Dance“ für mich fast überhastet wirkt. Vom Nerd zum Meister, das ging mir etwas zu schnell und vor allem fand ich Rogers‘ Reaktion darauf, dass Astaire sie geframed hat und ihr beinahe den Job ruinierte, den er ihr dann großzügig und in Form einer Selbstinszenierung rettet, zu schwach. Daraus hätte man im Sinne der üblichen Zunächst-Abneigung, die sich in Liebe wandelt, mehr machen könnten. In früheren Filmen hätte es dafür vielleicht noch einen herzhaften Smack ins Gesicht des Schlaumeiers gesetzt.
Der Schlaumeier zeigt in Swing Time allerdings auch etwas, was mir bisher nicht so deutlich aufgefallen ist: Eine Ähnlichkeit mit Stan Laurel, in den komischen Szenen, die durchaus gut gespielt sind. Das Grinsen in diesen Momenten könnte vielleicht sogar eine unterschwellige Hommage gewesen sein an den Komiker, der zu jener Zeit auf dem Höhepunkt seiner Karriere war, zusammen mit seinem Filmpartner Oliver Hardy. Eine ganz eindeutige Hommage gibt es aber auch, und ich hatte zunächst Probleme, mich dazu richtig auf- und einzustellen. Wir haben gelernt, dass Blackfacing gar nicht geht, und ausgerechnet der elegante Fred Astaire, dem ich so etwas nicht zugetraut hätte, macht es hier. Dann dachte ich: Wir sind in den 1930ern! Kann man einen Film aus jenen Jahren für eine solche Szene abwerten? Bei „Gone With The Wind“, der drei Jahre später entstand, haben wir deutliche Abzüge für den darin enthaltenen Rassismus vorgenommen. Aber ich meine, hier ist es etwas anderes. Billy „Bojangles“ Robinson wird nicht auf die Schippe genommen, sondern wirklich durch Fred Astaire geehrt. Er hat dem Mann, der den modernen Stepptanz miterfunden hat, eine technisch herausragend gemacht Reverenz erwiesen, die künstlerisch sogar das Highlight von „Swing Time“ bildet, nicht die Nummern von Astaire und Rogers. Das kommt auch daher, dass Astaire und Hermes Pan hier erstmals in Astaires Karriere Tricktechnik einsetzten. Die getanzten drei Schatten an der Wand, davor ein kleiner Fred Astaire im Bojangles-Kostüm, die sich zunächst synchron mit ihm, dann aber von ihm abweichend bewegen und ihn am Schluss sogar beurteilen, sind das Größte an technischem Kino, was die Astaire-Rogers-Filme bis dahin zu bieten hatten.
Man hätte das Blackfacing weglassen können, aber wäre es dann nicht immer noch eine Übernahme gewesen? Am Ende läuft es auf den berüchtigten Faschings-Streit hinaus: Sind Kinder, die in Kostüme der Native Americans schlüpfen, Aneigner fremder Kultur oder ehren sie damit diese Menschen, identifizieren sich in hohem Maße mit ihnen? In diesem Fall stellen wir uns neutral. Wir sind uns ziemlich sicher, dass Mr. Robinson diese Nummer gefallen hat. Er lebte ja damals nicht nur noch, sondern hatte gerade eine berühmte Performance im Film an der Seite von Shirley Temple, zumindest in einem ihrer Filme:
Seine [Astaires] Tanzeinlage zu Bojangles of Harlem, bei der er mit Blackface auftrat, war eine Hommage an den schwarzen Stepptänzer Bill Robinson, dessen Spitzname „Bojangles of Harlem“ war. Aufgrund der technischen Komplexität dieser Tanzeinlage, die Astaire von allen zuletzt drehte, zogen sich die Dreharbeiten mehrere Wochen länger hin als die seiner zuvor veröffentlichten Filme.
Erstmals in seiner Karriere nutzte Astaire dabei auch Tricktechnik, für die Hermes Pan die Idee geliefert hatte. Um zu erreichen, dass er synchron vor drei überlebensgroßen Schatten seiner selbst tanzt, vollführte Astaire den Tanz zunächst vor einer weißen Leinwand, auf die ein Scheinwerfer mit besonders starker Leuchtkraft seinen Schatten warf. Daraufhin tanzte er die Choreografie bei normaler Beleuchtung vor einer weiteren Leinwand. Diese Aufnahme wurde optisch mit der des im Studiolabor verdreifachten Schattens kombiniert. Damit Astaire seinen zweiten Tanz synchron zu seinem Schatten tanzen konnte, projizierte man die Aufnahme des Schattens auch im Blickfeld von Astaire. Der Dreh dieser Szene nahm drei Tage in Anspruch.[1]
Wie oben geschrieben: Diese Synchronität wird dann sogar bewusst aufgehoben, das ist für mich das Sahnehäubchen gewesen, weil mit den damaligen Mitteln sicher alles andere als einfach zu filmen. Drei Drehtage für diese Szene finde ich eher wenig, zumal der technische Teil nicht vorher wochen- und monatelang geprobt werden konnte, wie es Astaire bei seinen Nummern allgemein zu tun pflegte. Es wird also nicht wegen dieser Szene zu einer Abwertung von „Swing Time“ kommen, und wenn wir uns so entscheiden, müssen wir auch den ganzen Weg gehen und sie als Highlight bezeichnen, das dem Film sogar Punkte einbringt. Für uns ist er, auch durch diese Szene, durch den fancy Nachtclub mit seiner superben Architektur und der tänzerischen Darbietung von „The Way You Look Tonight“ durch Rogers und Astaire, alles in allem, etwa auf dem Niveau von „Top Hat“.
Finale
Das Lexikon des internationalen Films bezeichnete Swing Time als eines „der bekanntesten und besten Musicals mit dem tanzenden Traumpaar der 30er Jahre, Fred Astaire und Ginger Rogers“.[3] Cinema lobte schlicht die „[t]olle Choreografie“.[4] Prisma sprach von „einem der schönsten Musicals der goldenen Ära Hollywoods“. Herausgekommen sei ein Film, in dem neben „der großartigen Choreografie und jeder Menge einfallsreicher Gags“ auch das Lied The Way You Look Tonight bezaubere.[5]
Variety sah in dem Film seinerzeit einen „weiteren Erfolg für das Team Fred Astaire und Ginger Rogers“. Der Film sei „smart, modern und in jeder Hinsicht beeindruckend“. Die Songs hätten „wie immer Substanz und Qualität“. The Way You Look Tonight steche dabei heraus.[6] Frank S. Nugent von der New York Times fand den Film „natürlich gut“. Doch nach Filmen wie Ich tanz’ mich in dein Herz hinein, Marine gegen Liebeskummer und den anderen sei er „eine Enttäuschung“, woran hauptsächlich die Musik Schuld habe.[7] Auch die New York Herald Tribune meinte, dass zwar die beiden Hauptdarsteller „in ihrer Ausführung noch nie vorzüglicher“ gewesen seien, aber die Produktion an sich „uneinheitlich und zum Ende auf jeden Fall enttäuschend“ sei.[8]
Roger Ebert von der Chicago Sun-Times hielt Swing Time wiederum für den „besten Astaire-Rogers-Film“. Die Handlung „mit ihren routinierten Späßen“ sei zwar wie die von Ich tanz’ mich in dein Herz hinein, doch sei sie „witziger und cleverer geschrieben“. Die Nummer zu Never Gonna Dance bilde „vielleicht den Höhepunkt“ in der Schaffenszeit des Astaire-Rogers-Teams. Ein weiteres Highlight sei Astaires Solo zu Bojangles of Harlem.[9] Für den Filmkritiker Leonard Maltin war Swing Time „einer der besten Astaire-Rogers-Filme“. Victor Moore und Helen Broderick seien „gut“ in ihren Nebenrollen und die Songs von Jerome Kern und Dorothy Fields „unvergesslich“. Astaires Bojangles-Nummer sei schlichtweg ein „Leinwandklassiker“.[10]
Schau mal bei Ebert nach, ist ein Motto, dem ich immer mal wieder gerne folge, aber in dem Fall finde ich mich in der Mitte. Die Musik reicht, alles über alles, nicht ganz an diese schmissigen Stücke heran, die Irving Berlin für Astaire-Rogers zu schreiben pflegte und die auch im American Songbook die größeren Nummern sind, aber ich habe oben bereits ausgeführt, woran das meiner Meinung liegt: Nicht daran, dass Kerns Musik schlechter wäre, sondern dass sie eben nicht so passgenau auf den schwungvollen Stil von Astaire und Rogers abgestimmt ist. Sie kommt ein einem Musical Play besser zum Tragen, in dem es etwas mehr opernhaft zugeht. Das tut es glücklicherweise in „Swing Time“ nicht. Der einzige Filme der Rogers-Astaire-Reihe, den ich bisher gesehen habe, auf „Roberta“ als Ausnahme habe ich oben kurz Bezug genommen, wo die beiden sich den Starruhm mit Irene Dunne teilen, die in dem Film wahrhaft gezeigt hat, wie man einen Tränendrüsendrücker-Song von Jerome Kern wie „Smoke Gets in Your Eyes“ so singen muss, dass das Publikum geschüttelt und gerührt ist. Dieser gehört zu Recht zu den ganz großen Pop Standards und zeigt, wo Kern seine Stärken hatte: Jeder an seinem Platz, der schwungvolle Berlin, der sophistische Cole Porter oder die der europäischen Klassik am nächsten stehende Musik von George Gershwin.
Dennoch, Ehre, wem Ehre gebührt: Wieder einmal gewann ein Song aus einem Astaire-Rogers-Film den Oscar für den besten Song: Nach 1935 „The Continental“ aus „The Gay Divorcee“ und der Nominierung von „Cheek to Cheek“ aus „Top Hat“ war es wieder so weit und es war „The Way You Look Tonight“, für den Jerome Kern die Statuette bekam. Es ist bemerkenswert, wie RKO damit u. a.Musical-Giganten wie MGM und auch Paramount, 20th Century Fox und Warner in Sachen Oscars für den besten Song ausplatzieren konnte.
Zum Spiel haben wir uns bisher nur in Bezug auf Fred Astaire geäußert, der auch mit Stevens schauspielerisch gut klarzukommen schien und bei den Tanznummern unabhängig agieren konnte – Ginger Rogers wirkt einen Tick zurückgenommener, vielleicht hat man in ihr Spiel, das von natürlichem Charme und natürlicher Komik geprägt ist, etwas zu viel eingegriffen, aber das ist schon eine sehr weitgehende Interpretation. Die Sidekicks, es ist ja immer ein weiteres Paar: Die weibliche Rolle ist etwa so gut besetzt wie in „Top Hat“ – klar, ich habe gerade nachgeschaut, es ist ja auch dieselbe Schauspielerin am Werk, Helen Broderick. Doch anders als manche Kritiker habe ich Edward Everett Horton vermisst, auch wenn es bei der immer selben Besetzung auch mal per se hätte längeweiliger werden können. Die lispelnde, leise, für mich schwer verständliche Aussprache von Victor Moore beinhaltete vor allem zu Beginn einige Sätze, die ich gehen lassen musste, ausgerechnet in dem Moment, als die wichtige Einführung der Figuren stattfand. Dies, obwohl die Kopie, die ich mir angeschaut habe, in Ton und Bild restauriert und in HD war, somit die beste eines Astaire-Rogers-Films, die ich bisher gesichtet habe. Sicherlich hat diese Ausführung das Vergnügen gesteigert, die Bewertung sollte es nicht beeinflussen.
Daher kommen wir unter Aufrechnung aller Vor- und Nachteile auf dieselbe Punktzahl wie bei „Top Hat“, die von der IMDb-Community mit 7,7/10 respektive 7,5/10 erhalten; bei „Rotten Tomatoes“ gibt es 93 Prozent positive Kritiken und der Metascore erreicht beachtliche 91/100. Wir geben
76/100.
2025 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2023)
| Regie | George Stevens |
|---|---|
| Drehbuch | Howard Lindsay, Allan Scott |
| Produktion | Pandro S. Berman |
| Musik | Jerome Kern |
| Kamera | David Abel |
| Schnitt | Henry Berman |
| Besetzung | |
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