Wirken Trumps Zölle? (Statista + Kurzkommentar)

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US-Präsident Trumps Pingpong mit den Zöllen kann nicht ohne Wirkung bleiben, es war also vorauszusehen, dass sie sich auf die US-Wirtschaft auswirken werden – und natürlich auf die Ökonomien der Länder, die von den Zöllen betroffen sind. 

Im Grunde gehen die Zölle aufgrund der weltweit vernetzten Lieferketten alle an, und die Bewertung von Trumps Politik fiel sehr unterschiedlich aus, soweit sie ganz neu war und man nur Prognosen abgeben konnte, bei denen Wechselwirkungen eine wichtige Rolle spielen, die man nicht ohne Weiteres vorher simulieren kann. Statista hat die neueste Entwicklung in einer Grafik dargestellt.

Begleittext von Statista

Die aggressive Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump hinterlässt sichtbare Spuren im amerikanischen Außenhandel. Im April 2025 gingen die Warenimporte der USA im Vergleich zum Vormonat um fast 20 Prozent zurück – ein Rückgang von 68,4 Milliarden US-Dollar, wie vorläufige Daten des U.S. Census Bureau zeigen. Damit summierten sich die Importe auf 276,1 Milliarden Dollar, nachdem sie im März mit 344 Milliarden Dollar ein Rekordniveau erreicht hatten.

Hintergrund dieses drastischen Rückgangs ist eine Phase intensiver wirtschaftspolitischer Unsicherheit: Im März hatten viele Unternehmen in Erwartung neuer Importzölle ihre Lager noch gefüllt – insbesondere vor dem sogenannten „Liberation Day“, an dem die US-Regierung hohe Strafzölle auf chinesische Waren angekündigt hatte. Zwar wurden die reziproken Zölle zunächst für 90 Tage ausgesetzt, dennoch blieb ein Basistarif von 10 Prozent auf sämtliche Importe bestehen, ergänzt durch besonders hohe Abgaben auf Produkte aus China. Das führte zu einem historischen Höchststand der durchschnittlichen US-Zollsätze.

Als unmittelbare Folge sank das US-Warenhandelsdefizit im April deutlich – von 163 Milliarden Dollar im März auf 87,6 Milliarden. Das ist der niedrigste Stand seit Dezember 2023. Doch auch wenn das Defizit fast halbiert wurde, handelt es sich weniger um eine strukturelle Korrektur als um eine kurzfristige Marktreaktion auf politische Eingriffe.

Langfristig betrachtet gleicht der April vielmehr einer Rückkehr zur Normalität nach dem importgetriebenen Ausreißer im März, der bereits das BIP-Wachstum im ersten Quartal belastet hatte. Für die kommenden Monate wird mit erhöhter Volatilität im Außenhandel gerechnet – je nachdem, ob es gelingt, neue Handelsabkommen zu schließen, bevor die 90-tägige Zollpause endet. Sollte dies nicht der Fall sein, dürfte bereits im Juni erneut ein Anstieg der Importe erfolgen – ein weiteres Beispiel dafür, wie politische Entscheidungen kurzfristig den globalen Handel beeinflussen.

Der Text von Statista drückt es sehr gut aus: Trump wird noch eine Zeitlang daran arbeiten müssen, alleine den negativen Effekt des rasanten Importanstiegs „vor den Zöllen“ auszugleichen, den wir „Zollerwartungs-Importboom“ nennen möchten. Je nachdem, wie erratisch seine weitere Politik verlaufen wird, könnte es zu weiteren Spitzen dieser Art kommen. Es gibt aber eine weniger auffällige Bewegung, die wir nicht unerwähnt lassen möchten: den neuesten Exportanstieg der USA. Bei ihm könnte durchaus eine Rolle spielen, dass Trumps „Handelsdeals“ andere Staaten geradezu zwingen, ihrerseits mehr aus den USA zu importieren, obwohl das für ihre eigenen Volkswirtschaften möglicherweise nicht die sinnvollste Lösung ist.

Besonders dürfte es dabei um Rohstoffe und Rüstungstechnik gehen, also um Güter, die von Staaten, nicht von Privatverbrauchern bezogen werden. Bei Letzteren dürfte es sogar eher zu einer Gegenbewegung gekommen sein, weil US-Produkte derzeit wegen Trump und Musk ethisch infrage gestellt werden. Dies wiederum würde bedeuten, die Exportanstiege in den zuvor genannten zwei Bereichen wären signifikant und vieles, was Trump mit anderen Staaten dealt, wird seine Wirkung erst in der Zukunft entfalten. Die Idee, sich als oberster Verkäufer der Nation zu betätigen, könnte durchaus kurz- und mittelfristig funktionieren.

Langfristig eher nicht, denn wenn jetzt andere Staaten nicht endlich die Initiative ergreifen, unabhängiger von US-Technik und -Rohstoffen zu werden, ohne dass Trump ihnen den Hals mit Zöllen abschnüren kann, wann dann? Nach unserer Ansicht wird dieses Gebaren nur unter einer Voraussetzung zum Erfolg führen: Die USA halten aur allen relevanten Gebieten eine Form von Technologieführerschaft aufrecht oder gewinnen sie zurück, die es für andere höher entwickelte Länder unabdingbar macht, in den USA einzukaufen. So, wie es im Prinzip bei den Internetdienstleitungen der Fall ist, die aber nicht in die Handelsbilanz einfließen.

Und damit zu einem Grundproblem dieser Bilanz: Wenn man das, was die Internetkonzerne, die aus den USA stammen und was sie nicht als Waren exportieren, sondern als Dienstleistungen woanders anbieten, mitrechnen würde, hätten die USA vermutlich gar kein Defizit. Trumps Zollpolitik beruht im Grunde auf einem Narrativ, das im Zeitalter der globalisierten Dienstleistungen veraltet ist. Die EU hat das zumindest erkannt und als Gegenmaßnahme für US-Zölle Digitalabgaben im Paket der Gegenmaßnahmen. Aber bei ihnen wie auch bei den Zöllen werden die Verbraucher die Leidtragenden sein und der Waren- und Dienstleistungsverkehr wird noch mehr Ungleichheit hervorbringen, als er das ohnehin auf dem Weg der Kapitalakkumulation schon tut. 

Ein Handelsbilanzdefizit ist nicht prinzipiell etwas Schreckliches, wie gerade die USA beweisen, die seit Jahren europäische Staaten im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum zurücklassen. Außerdem hat die US-Politik wissentlich und willentlich dazu beigetragen, dass die Vereinigten Staaten sich in den 1970ern und 1980ern vom Industrieland zum Antreiber des Finanzkapitalismus wandelten

Dass Trumps Weg egoistisch ist, ist eine Binsenweisheit – ob dieser brutale Egoismus erfolgreich sein kann, werden wir sehen. Wir haben in VWL noch gelernt, dass der wahre Egoist kooperiert, und auf den ersten Blick tut Trumps mit seinen Deals das ja auch, denn der Deal klingt grundsätzlich nach einem Vorteil für beide Seiten. Im Grunde erpresst er aber andere, sofern sie keine großen Diktaturen mit atomar unterlegter Widerstandsfähigkeit sind, und das wird Abwehrreaktionen hervorrufen. Das muss es sogar, wenn man es aus europäischer Sicht betrachtet.

TH


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