Madame hat Gelüste (Madame à des envies, FR 1906) #Filmfest 1337

Filmfst 1337 Cinema

Madame hat Gelüste (Madame à des envies) ist ein französischer Stummfilm aus dem Jahr 1906, der von der Gaumont Film Company unter der Regie von Alice Guy-Blaché produziert wurde. [1]

Ich hatte mir den Film im Rahmen der Sichtung der „Female Comedies“ auf Arte angeschaut, einer kleinen Werkschau mit Filmen, die mindestens einen weiblichen Touch haben sollten und 14 Stücke umfasst. Bei mindestens einem Film bisher fand ich die Zuordnung fragwürdig, bei einigen weiteren okay, bei anderen sehr stimmig, und wie ist es hier? Dies und mehr steht in der Rezension.

Handlung[1]

Der Film zeigt eine schwangere Frau, die dem „Heißhunger“ ihrer Schwangerschaft erliegt. Wir sehen sie in Totalen, wie sie Dinge stiehlt, die sie schlucken will, und in Nahaufnahmen die Heldin, die sich Gegenstände in den Mund steckt: den Lutscher, den sie einem kleinen Mädchen gestohlen hat, das Glas Absinth, das sie gierig schluckt, das Heringsfilet, an dem sie schnuppert und verschlingt, und schließlich eine Pfeife, die sie raucht, während sie würgt und daran zieht, als könne sie nicht anders. Jede dieser Nahaufnahmen zeigt den glücklichen Ausdruck auf ihrem Gesicht, als ob dieses orale Vergnügen sie perfekt erfüllte. [2]

Handlung[2]

Ein kleines Mädchen sitzt auf einer Bank in einem öffentlichen Park und isst einen Lutscher, während ihr Vater Zeitung liest. Eine Dame wartet auf ein freudiges Ereignis, begleitet von ihrem Mann, der einen Kinderwagen schiebt, der mit dem ältesten der zukünftigen Geschwister besetzt ist. Von einem unwiderstehlichen Drang ergriffen, greift die Dame nach den Süßigkeiten des Kindes, das sofort in Tränen ausbricht, sehr zum Leidwesen ihres Vaters. Der Gentleman bietet an, den gestohlenen Lutscher zurückzugeben, aber der wütende Vater weigert sich heftig, indem er den Herrn, der ihn nicht ertragen kann, ohrfeigt.

Ein Stück weiter, auf der Terrasse eines Cafés, freut sich ein Kunde über die Idee, ein Glas Absinth zu trinken. Er ist jedoch in die Lektüre seines Tagebuchs vertieft. Pech für ihn, denn die Dame mit dem Heißhunger lässt nicht lange auf sich warten: Der Absinth ist bald getrunken. Zum Glück für den werdenden Vater ist das neue Opfer diesmal so sehr von den Nachrichten des Tages abgelenkt, dass die kleine Familie Zeit hat, wegzuziehen. Wenn der Konsument sein Glas leer vorfindet, schiebt er es auf seine Unachtsamkeit … oder übermäßigen Alkoholkonsum.

Die Wanderung geht weiter. Ein armer Mann ist im Begriff, sein Mahl aus Sauerhering zu essen. Zu seinem Unglück kommt Madame vorbei: Der Hering wechselt schnell den Besitzer. Monsieur ist gezwungen, die Hand in die Tasche zu stecken, um den Zorn des Vagabunden zu besänftigen.

Ein paar Schritte und das Paar trifft auf einen Hausierer, der eine Pfeife raucht. Madame ergreift sofort die Pfeife. Trotz ihrer Abscheu und vieler Grimassen ist sie hier und raucht!

Der Herr ist auf dem Höhepunkt seines Ärgers und beschließt, nach Hause zu gehen. Auf dem Rückweg schubst Monsieur während eines kurzen Handgemenges Madame, die in das Kohlbeet eines Gemüsegartens fällt, an dem sie entlanggehen. Die Erlösung lässt nicht lange auf sich warten, denn der Herr muss sich nur bücken, um ein Neugeborenes hochzuheben. Zuerst bestürzt: Zwei Kleinkinder sind viel! Am Ende ist Monsieur glücklich, wieder Vater zu sein und versöhnt sich sofort mit Madame.

Fremdanalyse

Wir lösen erst einmal auf, wie dieser Film im Gefüge der bisher gesichteten der „Female Comedies“ steht, denn es gibt noch viel zu tun: Er ist der vollkommenste davon. Nicht nur, dass Alice Guy (bzw. Guy-Blanchet) hier Regie geführt hat, die große französische Filmpionierin, sondern sie spielt auch die Hauptrolle. Auffallend sind ihre für damalige Verhältnisse guten Zähne und ihre Fähigkeit, Grimassen zu schneiden, bei denen man ebenjene Zähne sieht. Sie ist also die Madame mit den Gelüsten. Offenbar fanden diese Total-Einheit von Autorenschaft, Regie und Hauptrolle die Ersteller der französischen und der englischen Wikipedia so spannend, dass der Film geradezu herauragend rezipiert ist, für ein so frühes Werk.

Lassen wir zuerst die französischen Analyst:innen zu Wort kommen, gemäß dem Herkunftsland des Films. Freundlicherweise legen wir die automatische Übersetzung ins Deutsche vor, wir werden das im Anschluss gerechterweise auch für die englischsprachigen Quellen so handhaben, die wir normalerweise häufiger im Original abbilden:

Der Film wurde vor Ort gedreht, mit Ausnahme der Nahaufnahmen, in denen wir sehen, wie die Dame vor Freude ihren Begierden nachgibt.

Wie in anderen ihrer Filme (The Cabbage Fairy oder First Class Midwife) greift Alice Guy das Thema Mutterschaft auf, aber hier auf eine dezidiert burleske Art und Weise. Scheint der Platz des Kohls zentral für seine Kosmogonie zu sein, so ist die Gesellschaftskritik nie weit entfernt: Zu zahlreich sind die Stereotypen, wie Perlen aneinandergekettet (Frau-Kind, Tierfrau, sexuelle Frau), die Ambivalenz der „bösen Mutter“ und des Clowns2, und Lachen scheint die einzige Rettung zu sein.

Die Filmhistorikerin Alison McMahan stellt fest, dass der Einsatz von Nahaufnahmen in Mrs. Has Cravings äußerst innovativ ist („Die erste dramatische Nahaufnahme?“3,4, vor Griffith) und dass es gewagte Szenen hervorhebt (die an Fellatio in der Lollipop-Szene erinnern).

Iris Brey, eine Filmkritikerin und Akademikerin, merkt an, dass es wahrscheinlich der erste Film in der Geschichte des Kinos ist, der weibliches Begehren darstellt und dabei eine empathische weibliche Sichtweise einnimmt, die sie den weiblichen Blick nennt (im Gegensatz zum männlichen Blick)5. (2)

Nun die englischsprachige Wikipedia:

Der Film besteht aus 5 Szenen mit 15 Einstellungen, die durch einen Continuity-Schnitt miteinander verbunden sind. Jede der Szenen kombiniert vollständige Einstellungen mit einer mittleren Nahaufnahme der Frau, gespielt von Alice Guy, die in den Mund nimmt und genießt, was sie gerade gestohlen hat.

Richard Abel merkt an, dass dieser Film „eine frühe dramatische Verwendung der Nahaufnahme“ [4] zeigt, und Alison McMahan vermutet, dass es die Tatsache sein könnte, dass Alice Guy in ihren Phonoscènes (Vorläufern des Tonfilms) mittlere Nahaufnahmen verwendet hatte, die sie dazu veranlasste, in diesem Film eine solche Nahaufnahme zu verwenden. [5]

Iris Brey bezeichnet diesen Film als den „ersten Film mit weiblichem Blick„. Sie merkt an, dass die Verwendung von Nahaufnahmen „die Emotionen, die die Heldin empfindet, unterstreichen und erzeugen. […] Madame à des envies markiert den Beginn einer Ästhetik, die sich auf das Teilen einer Erfahrung konzentriert: des Begehrens.“ [6]

Dieser Film bleibt in ihren Augen Guys „provokativster Film, weil er seine Handlung auf die sexuellen Wünsche einer schwangeren Frau aufbaut, die bis heute mehr als tabu sind. Alice Guy versteht, dass sie den Körper und die Kamera verdrehen muss, um dieses weibliche Begehren einzufangen. Sie lotet die filmische Form aus, um ihr Ziel zu erreichen: dass die Zuschauer die Lust der Schwangeren spüren. Sie ist daher die Erste, die die Nahaufnahme nutzt, um die Dramatik der Szene zu intensivieren.“ [7]

Der Film endet damit, dass die Heldin ein Baby in einem Kohlfeld findet, eine Anspielung auf ihren ersten Film, La Fée aux Choux, der, wie Iris Brey betont, die Fortsetzung von Guys Willen zeigt, „Geschichten zu erzählen, die mit dem weiblichen Zustand und der Konstruktion des weiblichen Geschlechts zu tun haben“. [8]

Karen Ward Mahar betont, dass „der Fokus dieses Films auf einer Frau liegt, die ihr eigenes Verlangen befriedigt und nicht unbewusst den Männern im Publikum visuelles Vergnügen bereitet, wie es bei so vielen frühen Peepshow-Filmen der Fall war.“ Sie kommt zu dem Schluss, dass „für amerikanische Reformer ein solcher Film zweifellos die moralische Verderbtheit des bewegten Films und des französischen Films im Allgemeinen unterstreichen würde“. [9]

Rezension

Vielleicht bin ich der Wiedergänger eines amerikanischen Reformers des frühen 20. Jahrhunderts, ich gebe frei zu, dass ich den Film nicht besonders mochte. Natürlich ist es gut, darauf hingewiesen zu werden, wie innovativ hier die Nahaufnahme eingesetzt wird, und dass das wohl eine Premiere darstellt, immer mit Vorbehalten, denn so etwas wird oft behauptet, dann stellt sich heraus, dass es doch noch ältere Beispiele für irgendeine Filmtechnik oder auch für eine inhaltliche Idee gibt.

Zugegebenermaßen bin ich auch kein Fan von Filmen und Bildern, in bzw. auf denen Frauen Schwänze lutschen, deshalb hatte ich wohl bei der ersten Szene kein gesteigertes Vergnügen empfunden. Geradezu abstoßend fand ich die Handhabe des Mannes, den Lutscher irgendwie abzuwischen, um ihn dem Kind zurückzugeben. Schon das weibliche Kind hat ein geradezu unmäßiges Vergnügen, vielleicht war in dem Lutscher eine Substanz, die mehr darstellt als etwas klebrigen Zucker. Ich dachte bisher, Schwangere essen vor allem Saures gerne. Vielleicht aber doch auch von alle mehr, so wirkt es in diesem Film.

Nett, aber nicht sehr originell hingegen die Szene mit dem Absinth, daher hier nur dieser kurze Eintrag.

Ist die Gesellschaftskritik in der Hering-Szene angelegt? Weil dieses eher mittelständisch wirkende Paar, dessen weiblicher Teil schwanger ist und den Schwangerschaftsbauch gefährlich weit unten hängen hat, außerdem scheint das Kind etwas eckig geraten zu sein, weil also dieses Paar einem Bettler den Hering klaut? Wie sie ihn isst, das wirkt schon sehr lustvoll, einerseits. Andererseits hat ihr Mann dem Hering etwas für die abhandengekommene Mahlzeit gegeben, insofern alles okay. Trotzdem mochte ich auch diese Szene nicht besonders. Habe ich schon erwähnt, dass ich kein extremer Fan vom Abnagen von Fleisch von Knochen im Film bin? Glücklicherweise kommt derlei nicht so häufig vor wie Zähneputzen, was ich auch ich privat in Ordnung finde, aber nicht als kinematografische Darstellung, und allemal lieber ist es mir, wiewohl ungesund, wenn Charles Chaplin einen Schuh verspeist.

Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung des Textes im Jahr 2025: Anhand der frühen Chaplin-Filme, viel mehr aber der ersten Filme von Buster Keaton, die er mit Roscoe Arbuckle zusammen gedreht hat, hat sich auch erwiesen, dass ich generell nicht auf Komik stehe, die mit Lebensmitteln erzeugt wird, seien es Tortenwürfe, der unhygienische Umgang mit Fleisch oder eben mit Lutschern, wie im vorliegenden Film.

Das ist eine un-filmwissenschaftliche Haltung, aber in unseren Darstellungen geht es ja auch um meinen persönlichen Geschmack, und der zeigt in dem benannten Bereich eine engere Grenzziehung im Vergleich zu anderen komischen Elementen. Diese Haltung hat sich beim Anschauen weiterer früher Filmkomödien als verfestigt und allgemein herausgestellt.

Die Pfeifenszene hingegen finde ich ambivalent. Der Tabak scheint der Frau gar nicht zu schmecken oder erst nicht, dann doch. Man gewöhnt sich an alles? Frauen, die rauchen, gab es damals schon, üblich war es aber noch nicht und ist, wenn man so will, eine kleine Provokation in der Provokation, die der Film gemäß den Analytiker:innen darstellt.

Im Kohlfeld schließlich findet die ohnehin schwangere Frau noch ein Baby für die Sammlung. So wirkt es jedenfalls, oder sie gebiert dort das Kind, das ihren Bauch verursacht. Offenbar ist dies der Urknall des Lebens und erinnert auch ein wenig daran, wie später die Körperfresser in kohlartigen Feldern heranwachsen. Wäre es ein Bohnenfeld gewesen, hätte das, was in der Kosmogonie verhandelt wird, vermutlich eine andere Entwicklung genommen. Ein bisschen hoch gegriffen finde ich manche der analytischen Einlassungen schon, andererseits sollte man nicht die hintergründige Intellektualität europäischer, insbesondere französischer Filmemacher:innen unterschätzen, mit der sie die Tatsache kontern, dass der US-Film sich irgendwie einfach viel schneller und auf eine unwiderstehliche Art publikumsorientiert entwickelte. Das ist das eigentliche Geheimnis des Lebens, wie man es instinktiv geschafft hat, einen eigenen Kosmos von Blockbustern zu kreieren, der künstlerisch sicher erst einmal nicht federführend war, aber doch bald alles richtig machte, was man richtig machen kann, um Weltdominanz zu erlangen.

Diese kleine Filmreihe auf Arte ist ein Abenteuer. Zu manchen Exponaten ist kaum etwas zu finden, und auch das Kaum verursacht einige Mühe, bei „Madame hat Gelüste“ hingegen kann man sich selbst ziemlich kurz fassen, weil alles, was in dem Werk drinsteckt, schon gesagt wurde und auch in der Wikipedia steht. Eine weitere Quelle ist die IMDb, wo insbesondere eine positive, lange Nutzerrezension ins Auge fällt:

„Madame’s Cravings“ ist einer der amüsantesten und einer der besten Filme aus Alice Guys Œuvre, die heute verfügbar sind. Er verwendet ein paar Klammern aus früheren Filmen – eines davon deutlich aus Guys Filmografie – innerhalb einer ausgefeilteren frühen Erzählkonstruktion von 16 Einstellungen, darunter vier Nahaufnahmen und ohne Titelkarten, in einer Laufzeit von nur etwa vier Minuten. Mit einer Erzählung, die sich um eine schwangere Frau dreht, gibt es auch eine beträchtliche Menge an sexueller Symbolik in den Handlungen.

Das gebräuchlichere Grundnahrungsmittel des frühen Kinos, das hier verwendet wird, ist das Genre des Gesichtsausdrucks. Viele Filme im „Kino der Attraktionen“ waren nicht mehr als eine einzige Einstellung, in der ein Schauspieler lustige Grimassen schnitt. Guy und alle anderen prominenten Filmemacher der damaligen Zeit haben sie gemacht. Es gab auch dramatische Grimassenbilder, etwa Fahndungsfotos, wie in der frühen Verwendung einer Dolly-in-Close-up für „Photographing of a Female Crook“ (1904). In „Madame’s Cravings“ werden die Nahaufnahmen für den komödiantischen Effekt eingesetzt, eine schwangere Frau zu beobachten, die ihr Verlangen befriedigt, nachdem sie Verbrauchsgüter von anderen gestohlen hat – und wie ihr Mann unermüdlich ihr erstes Kind in einem Kinderwagen herumschiebt und versucht, die Situationen zu zerstreuen, in die ihn das schwangere Verlangen seiner Frau gebracht hat.

Das andere Thema, das hier geteilt wird, ist einzigartig für Guy, nämlich die Kohlfeld-Folklore der menschlichen Fortpflanzung. Später in ihrem Leben behauptete Guy-Blaché in Interviews und in ihren Memoiren, dass ihr erster Film aus dem Jahr 1896 von einer Kohlfee handelte, die die Geburt von Kindern im Garten überwachte. Unabhängig davon, ob das stimmt, ein Film, der gewöhnlich um 1900 datiert und Guy zugeschrieben wird, „The Cabbage-Patch Fairy“, existiert heute noch und ist ein angenehmes Beispiel für den Kino-der-Attraktionen-Modus des frühen Kinos, in dem es eine direkte Ansprache gibt, ohne eine vierte Wand, zwischen der Figur und der Präsentation auf der Leinwand und dem Zuschauer. Im Jahr 1902 verfilmte Guy dieses Szenario in narrativer Form als „Hebamme der Oberschicht“ (1902), eine Parodie des reproduktiven Märchens mit zwei Einstellungen und drei Figuren (plus die Babys). „Madame’s Cravings“ kann also als Abschluss von Guys überlieferter Trilogie von Kohlfeldfilmen angesehen werden, da dieser damit endet, dass die schwangere Protagonistin in ein Kohlbeet fällt, aus dem sie ein Neugeborenes präsentiert oder geschenkt bekommt. Es enthält sowohl Story als auch Close-up-Spektakel und ist das Beste aus den beiden filmischen Welten der Attraktionen und der Erzählung.

Der laszive Teil liegt in der Zurschaustellung der Gelüste der Madame, die zu ihrer Geburt führen. Wie Alison McMahan (Autorin von „Alice Guy Blaché: Lost Visionary of the Cinema“) zum Beispiel hervorhebt, stiehlt und erfreut sich die Figur an solchen phallischen Objekten wie einem Lutscher und einer Pfeife und genießt alles über den Mund, was laut McMahan auf Fellatio anspielt, wie durch die emblematischen Nahaufnahmen hervorgehoben wird Der Landstreicher, dem sie den Hering stiehlt, scheint auch übermäßig energisch zu sein, wenn seine Hand in seine Taschen greift, als Madame vorbeikommt die Ecke. Folglich scheint das Kohlbeet hier als Relikt zu bleiben – nicht mehr Teil einer kindlichen Fantasie – da Guy Sex als das wahre Kohlbeet der Begierden vorschlägt, aus dem Kinder geboren werden. Unabhängig davon ist es unwahrscheinlich, dass eine andere Filmemacherin als die erste weibliche Regisseurin der Welt, Guy, damals einen Film gedreht hätte, der sich so sehr über die unersättlichen Wünsche einer Frau lustig macht – so wie kein anderer der menschlichen Fortpflanzung, ob sexuell oder anderweitig, so viel Aufmerksamkeit geschenkt zu haben scheint. Oder eine konsequente weibliche Auseinandersetzung und Satire auf Geschlechterverhältnisse in ihren Filmen, wie sie etwa in „A Sticky Woman“, „The Consequences of Feminism“ oder auch in der Prominenz von Frauen in ihrem Passionsspiel „La Vie du Christ“ (alle 1906) fortgesetzt wird. Wenn es jemals ein Argument für Diversität im Filmemachen gab, dann war es Guy, und um zu zeigen, wie man den filmischen Blick auf ein weibliches Subjekt so konstruiert, dass es von einem geschlechtergerechten Blick genossen werden kann, ist „Madame’s Cravings“ ebenfalls beispielhaft.[3]

Finale

Es kommt selten vor, dass wir beinahe das Format einer Großen Rezension erreichen, ohne selbst allzu viel geschrieben zu haben, aber es gibt eindeutig Menschen, die sich mit diesem Werk ganz ernsthaft und enthusastisch auseinandergesetzt haben, weil es wohl wirklich innovativ war, weil es sensationelle Varianten weiblicher Begierde offen auf die Leinwand bringt und damit selbst für heutige Verhältnisse, Pornos ausgenommen, offensiv wirkt.

Immerhin fast 500 Nutzer haben zum jetzigen Stand den Film bewertet, sodass man von einer hinlänglich großen Kohorte sprechen kann, um Repräsentativität zu erzeugen. Die Begeisterung vieler Analysten und anderer Profis kommt bei der Bewertung von 5,7/10 nicht so recht  zum Tragen und wir kommen bei einer ähnlichen Note heraus, aller epochalen Momente, Implikationen und kosmogonischen Ansätze des Films zum Trotz.

55/100

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  • Regie: Alice Guy  
  • Erscheinungsdatum: 1906 
  • Der Vater des Mädchens:
  • Das junge Mädchen:
  • Der Vater:
  • Mutter: Alice Guy
  • Der Absinthtrinker:
  • Der Bettler:
  • Der Hausierer:

[1] Madame à des envies – Wikipedia

[2] Madame hat Sehnsüchte – Wikipedia

[3] Madame a des envies (1907) – Madame a des envies (1907) – User Reviews – IMDb


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