Ali Baba und die vierzig Räuber (Ali Baba and the Forty Thieves, USA 1944) #Filmfest 1343

Filmfest 1343 Cinema

Ali Baba und die vierzig Räuber (Originaltitel: Ali Baba and the Forty Thieves) ist ein US-amerikanischer Abenteuerfilm von Arthur Lubin aus dem Jahr 1944. Der Film bedient sich nur frei der literarischen Vorlage von Ali Baba und die vierzig Räuber aus Tausendundeine Nacht.

„Ein ungewöhnlicher Film innerhalb der FilmAnthologie, rezensiert zu einem Zeitpunkt anhaltenden Überhangs an großen Werken, die noch auf der Liste stehen – warum? Vielleicht gerade deshalb – um einen Technicolor-Märchenfilm zwischen all die anspruchsvollen Kinostücke zu legen, die immer wieder mal Atemlosigkeit und Erschöpfung verursachen. Und ohne Film geht nicht, also warum nicht dieser?“

Soweit unsere Einleitung aus dem Jahr 2016. Verglichen mit heute war diese Zeit bei mir privat sehr ruhig, aber es ist eben alles relativ und die FilmAnthologie heißt im neuen Wahlberliner seit Juni 2018 Filmfest. Die Rezensionen sind länger und häufiger geworden. Bei ca. 248 Rezensionen und nach knapp sieben Jahren war Schluss mit der seinerzeitigen FilmAnthologie, in deren Rahmen der vorliegende Text nicht veröffentlicht wurde, wo wir heute stehen, nach ähnlich langer Laufzeit des aktuellen Blogs und beim Filmfest, steht in der Überschrift.

Handlung (1)

Der Mongolenfürst Hulagu Khan erobert Bagdad. Er fordert den Kopf von Kalif Hassan, der auf der Flucht ist. Durch einen Verrat dessen Freundes Prinz Cassim wird Hassan von den Mongolen getötet, doch Ali, der junge Sohn des Kalifen, kann mit dem königlichen Siegel den Mördern entkommen. In den Bergen beobachtet er den Räuber namens „alter Baba“ mit seinen 40 Männern, wie er seine Räuberhöhle mit dem Satz „Schließe dich, oh Sesam“ verlässt. Ali versucht diese wieder zu öffnen, was ihm mit dem Ausspruch „Öffne dich, oh Sesam“ auch gelingt. Als Baba mit seinen Räubern zurückkommt, entdecken sie in der Höhle den schlafenden Ali. Nachdem Baba das königliche Siegel erkennt, nimmt er den Jungen auf, gibt ihm den Namen Ali Baba und bestellt seinen Gefolgsmann Abdullah als Alis „Kindermädchen“ ab.

Zehn Jahre später herrscht Hulagu Khan nach wie vor mit blutiger Gewalt in Bagdad. Die Räuber um Baba sind die einzigen, die Widerstand leisten. Ali Baba und Abdullah entdecken ein Lager einer mongolischen Karawane, die Hulagu Khans zukünftige Braut Amara nach Bagdad bringt. Amara ist Prinz Cassims Tochter. Im Kindesalter schworen sich Ali und Amara lebenslange Treue; allerdings weiß Ali Baba nicht, dass es sich bei dieser Frau um seine Freundin handelt. Während Abdullah fliehen kann, wird Ali Baba gefangen genommen. (…)

Rezension 

Noch nie hatte ich im Jahr 2016 einen Film mit Maria Montez gesehen, die damals zu den schönsten Frauen Hollywoods zählte (was freilich einigen Kolleginnen ebenfalls zugeschrieben wurde) und eines von den Universal Pictures, die für einen Eskapismus in den USA während der Kriegsjahre stehen sollten.

Während des Zweiten Weltkriegs stieg sie dank einer Reihe von Abenteuerfilmen vor exotischer Kulisse zur „Königin des Technicolor“ auf, ihr starker Akzent wurde ihr Markenzeichen.[2] Ihre Partner waren häufig Jon Hall und Sabu. In Anspielung auf die oft knapp verhüllten Darstellerinnen in diesen Produktionen etablierte sich der Begriff „Tits-and-sands“-Filme, der später unter anderem auch auf die italienischen Sandalenfilme angewandt wurde.[3] (Wikipedia, María Montez)

Ob der Wunsch nach Ablenkung allerdings den Erfolg dieser Filme erzeugte, da bin ich mir nicht sicher. Dass er nach 1945 deutlich nachließ, ist belegt, aber eine ähnliche Zweckbestimmung könnte man den teuren MGM-Musicals zurechnen, in denen kriegerisches Geschehen in der Regel ausgeblendet wurde, und diese erhielten bis in die 1950er hinein viel Zuspruch.

„Ali Baba“ hingegen kann man sehr wohl mit dem aktuellen Geschehen der Zeit assoziieren. Man muss sich Bagdad nur als Paris oder irgendeine besetzte Stadt in Europa vorstellen und die 40 Räuber als die Résistance, dann kommt man schon gut in diese Assoziation hinein. Nicht umsonst wird am Ende des Lesestoffs im Vorspann wirklich von „Resistance“ gesprochen, man hätte für den Widerstand ja auch ein anderes Wort verwenden können. Und ich bin mir, auch wenn ich mich an die Märchen aus 1001er-Nacht bzw. die besten daraus, die ich mal als Junge gelesen habe und deren Atmosphäre mich sehr mitgerissen hat, nicht so sicher, ob die 40 Räuber wirklich diesen Widerstandskämpfer-Status hatten.

Unausweichlich denkt man an das heutige Bagdad, die geschundene Traumstadt, Mittelpunkt so vieler arabischer Märchen, und wie wenig von dieser wunderbaren Welt und aus einer Zeit, in der man das Morgenland für seine Kultur bewundert hat, übrig geblieben ist.

Gewaltfrei ist der Film also nicht, sondern ein übliches Abenteuer im Stil seiner Zeit. Ich glaube eher, da gibt es eine Synthese: Nicht zu dicht dran am aktuellen Geschehen, nicht zu weit weg, sondern hinreichend übersetzt, damit z. B. jüngere  Zuschauer ihn ohne diese Anspielungen sehen konnten, man sie aber sehen konnte, wenn man wollte. Darin lag für den Zuschauer mehr Freiheit, als wenn er „Casablanca“ oder ähnliche Filme anschaute, die wirklich im Zweiten Weltkrieg angesiedelt sind. Und natürlich hatte ein solcher Märchenfilm ein Happy End zu  haben, auch das unterschied ihn von manchen mehr realistischen Werken. Vor allem aber von der gleichzeitig in immer neue Höhen schwingenden Film-noir-Reihe, zu diesen düsteren Filmen, die auf ihre Art die Zeit spiegelten, gab es tatsächlich einen starken Kontrast. Nicht nur wegen des intensiven, grün-rot-lastigen, für Universal typischen Technicolor, das noch ein wenig Anklänge ans ursprüngliche Zweifarben-Verfahren zeigt, das schon in den 1920ern entwickelt wurde. Aber alles ist schön, filmmerfrei, intensiv, denn das Universal-Studio von heute kümmert sich um seine alten Filme und restauriert sie dementsprechend.

Der initiale Film für eine Reihe von Märchen-Abenteuern war wohl der hoch veranlagte „Der Dieb von Bagdad“ (1940), der in Großbritannien entstand und vom Set-Design bis zum Score Maßstäbe setzte. An ihn kommt „Ali Baba und die 40 Räuber“ nicht heran, und manches in ihm wirkt unlogisch, was gerade darauf hinweist, dass die in sich in der Regel schlüssigen Märchen aus 1001er-Nacht drehbuchseitig geknackt wurden. Wie kommt es zum Beispiel, dass die Räuber sich zehn Jahre lang verstecken können, obwohl hunderte von Spuren zum durch die sandige Wüste bis zum Eingang ihres Sesams führen? Irgendwann müsste das doch auffallen.

Das Spiel und die Regie sind durchschnittlich, vor allem John Hall als Ali Baba zeigt darstellerische Grenzen, während Maria Montez so blendend inszeniert wird, dass man nicht recht erkennen kann, ob sie auch eine gute Schauspielerin in einer ernsthaften Rolle hätte sein können. Die Figurenpsychologie schwankt qualitativ ein wenig, aber das ist nichts Besonderes bei dieser Art von Film. Die veritable Blutsbrüderschaft zwischen einem Jungen und einem Mädchen ist reizend als Idee, sehr romantisch, da denkt man an seine eigene Kinderliebe (ohne Selbstverletzungen), die es wirklich gab, die Sache endete aber banal irgendwo im Nirgendwo.

Es ist schade, dass wir nicht wissen, wie die Diebe ihre Schätze bekommen haben. Aber es wäre wahrscheinlich störend, denn sie mussten jemanden bestohlen haben, schon bevor Bagdad von den Mongolen erobert wurde. Ein Märchen braucht keine wirtschaftlichen Erklärungen für Dinge, die wir sehen. Nicht zuletzt gilt Reichtum, der sich nicht ohne weiteres erklärt, buchstäblich als märchenhaft.

Das orientalische Ambiente wurde bei Universal hinreichend bunt, aber erkennbar sparsam umgesetzt, alles, was etwas mehr im Hintergrund liegt, ist recht deutlich gemalt, aber der Kostümfundus konnte auch hier reich bestückt werden. Diesbezüglich ist es auch von Vorteil, wenn man mehrere Filme macht, die in einer Zeit und an einem Ort spielen.

Finale

Ob der Film spannend ist, hängt von der Betrachtung ab. Ich fand ihn spannend, weil ich ihn durch die filmhistorische Brille gesehen habe und immer mindestens ein Auge auf seine Einordnung hatte, ansonsten würde ich sagen: routiniert und mit nicht allzu vielen Schnörkeln, aber auch nicht nervenzerfetzend. Manchmal ein wenig rau, nicht so veredelt, wie es in Hollywood in den 1940ern immer mehr üblich wurde, aber alles im nachvollziehbaren Bereich.

Hätte ich den Film erstmalig mit 17 gesehen, hätte er sicher meine Fantasien über das Leben angeregt, heute würde ich eher überlegen, ob man Elemente aus ihm für eine Kurzgeschichte verwenden könnte. Der Score ist schön, ohne hervorzustechen.

60/100

2025 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2016)

(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia

Regie Arthur Lubin
Drehbuch Edmund L. Hartmann
Produktion Paul Malvern
Musik Edward Ward
Kamera W. Howard Greene
George Robinson
Schnitt Russell F. Schoengarth
Besetzung

Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Hinterlasse einen Kommentar