Filmfest 1349 Cinema – Werkschau Buster Keaton (19)
Buster Keatons Trauung mit Hindernissen (Originaltitel: The Scarecrow; Alternativtitel: Trauung mit Hindernissen, Buster Keatons verhinderte Trauung) ist ein US-amerikanischer Slapstick-Film aus dem Jahr 1920. Der Film basiert auf dem Drehbuch von Edward F. Cline und Buster Keaton, die auch die Regie übernahmen. Der Film wurde am 22. Dezember 1920 in Amerika veröffentlicht.
„Die Vogelscheuche“, wie der Film wörtlich übersetzt heißt, ist zwar schon 1920 entstanden, aber er wirkte auf uns eher wie ein Kurzfilm aus 1922. Solch eine Aussage wirkt aus einem Abstand von fast 100 Jahren vielleicht etwas kleinteilig, aber in der Zeit entwickelten sich Buster Keatons Filme doch sehr deutlich, die Storyline und die Schnitttechnik betreffend. Aber „Busters Trauung mit Hindernissen“ ist schon sehr gut ausgeführt, hat eine fast makellose Geschichte, auch wenn der Akzent natürlich auf den Gags liegt und die Story dazu da ist, diese Gags zu verknüpfen. Ebenfalls zeigt sich in diesem Werk die Ingeniosität von Buster Keaton. Dies vor allem zu Beginn, wo die kleine Hütte ein wahres Wunderwerk an Einfällen beherbergt und technisch ausgefeilter ist als alles, was wir bisher bei Buster Keaton gesehen haben – inklusive des vollelektrischen Hauses, das zwei Jahre später ausgerüstet wurde. Nicht alle Ideen ergeben einen Sinn, wie zum Beispiel das Aufhängen des beschmutzten Tischgeschirrs mit anschließendem Abspritzen – hätte man schon einen Dampfstrahlreiniger gehabt, wäre die Ausführung der Idee freilich beeindruckender gewesen.
Handlung (1)
Die Knechte Keaton und Roberts leben in einer bescheidenen Hütte und haben sich mit den engen Verhältnissen ihrer Behausung arrangiert. Die beiden haben allerdings ein ganz anderes Problem, sie haben sich in die Tochter des Farmers verliebt und möchten ihr einen Heiratsantrag machen.
Als beide mit ihr sprechen wollen, erscheint der Farmer und schickt seine Tochter ins Haus. Dort backt sie eine Cremetorte, die wenig später vom Hofhund gefressen wird. Als Keaton auf den Hof kommt, um sich mit ihr zu verloben, wird er durch den weißen Schaum vor dem Maul des Hundes so erschreckt, dass er vor diesem flieht. Roberts rennt zur nächsten Apotheke und besorgt dort alles, um ihn notfalls zu behandeln. Keaton verliert währenddessen seine Kleidung und schließt hiernach mit dem Hund Frieden.
Roberts wird von einem Truck angefahren und muss sich selbst versorgen, da der Truckfahrer Fahrerflucht begeht. Er kehrt wieder zum Hof zurück und macht der Tochter des Farmers in diesem Zustand einen Antrag. Diesen lehnt sie ab. Keaton kehrt derweil in seiner Unterwäsche auf die Farm zurück, um ihr ebenfalls einen Antrag zu machen. Dabei wird er vom Farmer verscheucht. Er flieht zu einer Vogelscheuche und kleidet sich komplett neu ein.
Nachdem er den Farmer und seinen Mitbewerber mehrfach geärgert hat, muss er vor ihrem Zorn fliehen und macht der Farmerstochter einen Antrag. Gemeinsam fliehen sie in die Stadt und stehlen zuerst ein Pferd und dann ein Motorrad. Der Farmer rast ihnen mit dem Auto hinterher. Während ihrer Flucht nehmen sie einen Pfarrer in ihrem Wagen auf, der sie dann noch während der Fahrt kirchlich traut.
Rezension
Besonders angetan hatte es uns der Plattenspieler, der auch als Ofen dient. Darauf muss man erst einmal kommen. Keine dieser Erfindungen funktioniert wirklich. Doch wenn man bedenkt, dass Charles Chaplin bis 1936 brauchte, um in „Modern Times“ eine ähnlich virtuose Form von technischer Dysfunktionalität ins Bild zu setzen, kann man ermessen, wie viel Power die künstlerische Freiheit bei Buster Keaton ans Licht brachte, die er ab 1920 als unabhängiger Filmemacher genoss. Die Kurzfilme wurden von Joseph Schenck produziert und vertrieben von der Metro, die später einen Teil von MGM bildete.
Gleichzeitig ist dies der Short, in dem Keaton Charles Chaplin am nächsten kommt. Die Story ist emotionaler als üblich, weil zwei Jungs um ein Mädchen kämpfen, das ist ein klassisches Motiv auch bei Chaplin. Natürlich ist der Rivale viel beeindruckender aufgrund seiner Größe, er wird, wie üblich, gespielt von Joe Roberts. Aber am Ende kriegt Buster die süße Sybil Seedy, es ist ein richtiges Happy End. Sowas kam bei Chaplin auch vor, etwa in „The Immigrant“ (1918) und sogar in „City Lights“, seinem Meisterwerk, das 1931 Premiere hatte.
Es kommt sogar eine Chaplin-Parodie vor. Aber Buster Keaton wusste sehr genau, dass es wenig erfreulich wirken würde, wenn er diese selbst ausführen würde. Als der bullige Joe Roberts mit der Hand in die Unterlippe greift, die Zähne zeigt und auch vom Bewegungsablauf den schmächtigen Chaplin imitiert, mussten wir wirklich lachen. Ebenso wie in dem Moment, als ein Zaun nicht durch ein Tor, sondern durch Auseinanderschieben im Stil einer Ziehharmonika passiert wird. Die Idee, Chaplin zu imitieren, war also programmatisch und ist kongruent zu dem vergleichsweise chaplinesken Plot – dessen Ton jedoch keineswegs sentimental zu nennen ist. Die physischen Gags sind nicht so herausragend wie im zuletzt gesehenen „Nachbarschaft in Clinch“, aber es kommen einige bemerkenswerte Begebenheiten mit Autos und Motorrädern vor – und die Rivalität zwischen Buster und Joe, seinem Hausgenossen, ist sehr differenziert: Man mag einander eigentlich, jedoch: cherchez la femme. Was sind durch Frauen schon für wunderbare Freundschaften draufgegangen.
Finale
„Die Vogelscheuche“ verdankt ihren Originaltitel der Sequenz, in der Buster in die Kleider einer ebensolchen schlüpft, um sich vor Joe und dem Vater des Mädchens, gespielt von seinem eigenen Vater, zu verbergen.
Dieser Film hat etwas Vertrautes, weil er einige Konventionen der Stummfilmkomödie beherzigt und er hat etwas Innovatives, weil viele interessante Ideen darin verarbeitet sind. Zweifellos einer der besten Kurzfilme von Buster Keaton.
Luke the Dog war der Hund von Fatty Arbuckle, der für die Produktion bei 10 Filmen eingesetzt wurde. Joe Keaton, der die Rolle des Farmers übernahm, ist in Wirklichkeit der Vater von Buster Keaton. Der Film wurde am 618 Beverly Drive in Beverly Hills gedreht.
Für die kleine Hütte der beiden Knechte ließen sich die Setdesigner um Fred Gabourie viele kleine Details einfallen. So besitzen die beiden z. B. einen Phonographen, der sich mit ein paar Handgriffen in einen Gasherd verwandeln lässt.
Der Film erlebte seine deutsche Erstaufführung am 3. Juli 1925 unter dem Titel Buster Keatons verhinderte Trauung.[1]
Robert Israel gab dem Film 1995 seine Hintergrundmusik.
Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung des Textes im Jahr 2025: Diese Rezension wurde noch nicht für die Keaton-Werkschau innerhalb der dritten US-Chronologie von 2025 geschrieben, sondern anlässlich einer – sic! – Werkschau von Arte mit Filmen von Buster Keaton, sechs Jahre zuvor. Deswegen ist der Text weniger ausführlich und enthält keine Referenzen, die auf Keatons frühere oder spätere Filme hinweisen. Die Bewertung ist erstaunlich hoch, aber immer noch einen Punkt niedriger als die IMDB-Bewertung (7,8/10), die den Film in der Tat als einen von Keatons besten Kurzfilmen und damit Filmen überhaupt ausweist.
77/100
(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia
2025 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2019)
| Regie | Edward F. Cline Buster Keaton |
|---|---|
| Drehbuch | Edward F. Cline Buster Keaton |
| Produktion | Joseph M. Schenck |
| Musik | Robert Israel (1995) |
| Kamera | Elgin Lessley |
| Besetzung | |
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