Filmfest 1355 Cinema
Sklavin des Herzens (OT: Under Capricorn, deutsch: „Unter dem {Wendekreis des} Steinbock{s}“) ist ein britischer Historienfilm von Alfred Hitchcock aus dem Jahr 1949 nach dem 1937 erschienenen Roman Under Capricorn von Helen Simpson.

Hitchcock wählte für Sklavin des Herzens, seinen zweiten Farbfilm, eine ähnliche Technik wie für Cocktail für eine Leiche (1948), indem er lange Dialoge ungeschnitten aufnahm und – von der Enge eines einzigen Raumes befreit – dabei zum Teil (für damalige Verhältnisse) atemberaubende Kamerafahrten unternahm.
Hitchcock variierte eines seiner Lieblingsthemen von Schuld und Sühne. Henrietta und Sam sind durch ihr dunkles Geheimnis aneinander gekettet. Er nimmt ihre Schuld auf sich. Ein Dritter, Charles, opfert seine Liebe zu Henrietta, um beide von ihrem Albtraum und ihrer Last zu befreien. Die Ausgangskonstellation der Beziehung zwischen Sam, Henrietta und dem düsteren Geheimnis erinnert an Rebecca (1940) oder an Verdacht (1941).
Ingrid Bergmans Rolle in Sklavin des Herzens wurde eine Variation ihrer Rolle in Berüchtigt (1946): Sie spielte schon seinerzeit eine Trinkerin, die sich aufgrund einer „Schuld“ aus der Vergangenheit (damals die Kriegsverbrechen ihres Vaters, im späteren Film der „Mord“ an ihrem Bruder) an einen Ehemann bindet. In beiden Fällen versucht eine Frau (hier die Haushälterin, dort die Schwiegermutter) sie zu vergiften und in beiden Fällen wird sie von einem Außenstehenden, der sie liebt (hier der Freund aus Kindheitstagen, dort der CIA-Agent) gerettet. Die Rolle der Haushälterin Milly wiederum erinnert stark an die der Mrs. Danvers in Rebecca. Joseph Cotten und Ingrid Bergman hatten bereits fünf Jahre zuvor in George Cukors Film Das Haus der Lady Alquist zusammen gespielt; die Ausgangslage des Plots (Ehefrau am Rande des Wahnsinns, undurchsichtiger Ehemann, helfender Freund von außen) ist dort dieselbe, nur dass Cotten den Außenstehenden spielt.
Ingrid Bergman war von Anfang an Hitchcocks Wunschbesetzung für die weibliche Hauptrolle. Als Sam, den ehemaligen Pferdepfleger, hätte er allerdings lieber Burt Lancaster gesehen, dem man „den Stallgeruch“, so Hitchcock, „buchstäblich angesehen“ hätte. Der Film kostete 2,5 Millionen Dollar und wurde ein finanzieller Misserfolg, der den Untergang der Produktionsfirma Transatlantic besiegelte.
Sklavin des Herzens wurde von Publikum und Kritik zunächst überwiegend negativ aufgenommen. Einer der Gründe für die schlechte Publikumsbewertung lag vermutlich in der in weiten Kreisen getäuschten Erwartungshaltung. Zuschauer, die den zugrundeliegenden Roman gelesen hatten, erwarteten eine Komödie;[2] diejenigen, die sich von den Filmankündigungen hatten leiten lassen, erwarteten einen Hitchcock-typischen Thriller – beide Zuschauergruppen wurden von dem sich als Psychodrama entpuppenden Kostümfilm enttäuscht. Zudem war Ingrid Bergmans ehebrecherische Affäre mit dem italienischen Regisseur Roberto Rossellini einer günstigen Rezeption des Films im prüden Amerika nicht eben förderlich.
In Europa nahm man den Streifen mit wesentlich größerer Zustimmung auf; zahlreiche französische Filmkritiker zählen Les Amants du Capricorne zu Hitchcocks Meisterwerken.[3] So erwähnt Peter Bogdanovich in seinem Interview mit Alfred Hitchcock, dass in den Cahiers du cinéma der 1950er Jahre Capricorn als einer der schönsten Filme des Regisseurs bezeichnet wurde.
„Hitchcock, der Meister des Melodrams, ist gestolpert. Unter denen, die diesen Film möglichst schnell vergessen wollten, war wohl auch Hitchcock selbst.“ – New York Herald Tribune
„Historisches Melodram über Opfer und Schuld, mit starker Atmosphäre und wenig Spannung. Hitchcock, der sich nach eigener Aussage in Kostümstücken nie wohl fühlen konnte, experimentierte in diesem Film, den er nach langen Hollywood-Jahren wieder in England realisierte, erfolglos mit farbdramaturgischen Effekten und ungewöhnlich langen Einstellungen.“ – Lexikon des internationalen Films[4]
Warum Hitchcock nach England zurückkehrte, betrachten wir heute nicht, aber vielleicht war es gerade der mäßige Erfolg des sehr kontroversen „Rope“, der dazu führte. Dass er in seiner alten Heimat den nächsten Film drehte, führte zum Bankrott der Filmfirma, wie wir oben lesen konnten. Wer hätte gedacht, dass Hitchcock einmal ein Studio ruiniert hat? Jedenfalls begann bald darauf das Jahrzehnt mit seinen größten Erfolgen, in dem er nicht mehr so deutlich um die Themen kreiste, die oben angesprochen wurden. Vielleicht mit Ausnahme von „Vertigo“, den ich besonders schätze.
Seinerzeit war ich von „Under Capricorn“ ziemlich beeindruckt und fand den außergewöhnlichen Touch des Films nicht irritierend, reihe mich also eher in die kritischen Stimmen aus Europa ein, die darin etwas Besonderes entdeckt haben. Bergman ging nach „Under Capricorn“ nach Europa und konnte erst 1956 in den USA wieder erfolgreich filmen. Und wie wäre der Film mit Burt Lancaster anstelle von Joseph Cotten geworden? Ganz anders, nach meiner Ansicht, die beiden Schauspieler sind als Typen beinahe Antipoden. Leider hat Hitchcock auch später nie mit Lancaster gefilmt, sondern in seiner erfolgreichsten Zeit überwiegend mit den Stars, mit denen er in den 1940ern anfing, Arbeitsbeziehungen aufzubauen: Cary Grant und James Stewart.
2025, 1989 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
Kursiv und tabellarisch: Wikipedia
| Regie | Alfred Hitchcock |
|---|---|
| Drehbuch | |
| Produktion |
|
| Musik | Richard Addinsell |
| Kamera | Jack Cardiff |
| Schnitt | Bert Bates |
| Besetzung | |
Dienstboten im Hause Fluskys:
|
|
Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

