Wie hoch ist die Ärztedichte in Deutschland? (Statista + Zusatzinfos: Weltvergleich + Kommentar, Gedanken zur Altersstruktur)

Briefing Gesundheit Gesellschaft, Ärztedichte, Versorgung mit Ärzten und Ärztinnen

Heute ohne Einbindung in eine Serie ein wenig Gesundheitssystem-Info. Wie viele Ärzte pro Einwohner oder Einwohner pro Arzt / Ärztin gibt es in Deutschland? Hierzu eine Statista-Grafik:


Begleittext

Die Ärztedichte in Deutschland variiert zwischen den einzelnen Bundesländern deutlich. Spitzenreiter ist Hamburg mit 80,7 Ärzten je 10.000 Einwohner – ein Wert, der deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Auch die beiden anderen Stadtstaaten Berlin und Bremen weisen eine hohe Versorgung auf. Am unteren Ende der Skala stehen Brandenburg (42,2) und Niedersachsen (44,3).

Auffällig ist der klare Stadt-Land-Unterschied: Während Metropolen wie Hamburg und Berlin von einer besonders hohen Ärztedichte profitieren, kämpfen Flächenländer mit einer geringeren Versorgung. Diese ungleiche Verteilung stellt Politik und Gesundheitssystem weiterhin vor Herausforderungen bei der Sicherstellung einer wohnortnahen medizinischen Versorgung.

In Deutschland fehlen laut Prognosen bis 2030 etwa 50.000 Ärztinnen und Ärzte, vor allem Hausärzte und Fachärzte auf dem Land. Ursachen sind der anstehende Ruhestand vieler Ärzte, eine zu geringe Anzahl an Absolventen in der Allgemeinmedizin und eine ungleiche Verteilung der Ärzte. Die hohe Bürokratie, Kosten und eine schwache Infrastruktur verschärfen die Situation zusätzlich.

Durch einen Mix aus Ausbildungsförderung, finanziellen Anreizen, besseren Arbeitsbedingungen und digitaler Transformation (unter anderem beim Terminmanagement und Befundprozessen) plant die Bundesregierung, die Versorgung flächendeckend zu verbessern – insbesondere in Regionen mit aktueller Unterversorgung.

Kommentar

Mit der Ärztedichte sind offenbar alle niedergelassenen, aber auch die stationären Ärzte und Ärztinnen gemeint. Der Gegenwart, im ersten Link des Begleittextes zu finden, beträgt 192 Einwohner pro Arzt oder Ärztin, das stimmt etwa mit dem Durchschnittswerte aus den oben genannten Zahlen überein (19.200 Einwohner pro 100 Arztpersonen = ca. 52 Ärzt:innen pro 10.000 Einwohner). Die Zahl der berufstätigen Arztpersonen wird wird dort mit 437.200, der stationären Ärzte und Ärztinnen mit 228.000 angegeben. Das klingt gar nicht wenig, und in der Tat ist die Versorgungsdichte, über das ganze Land betrachtet, im Vergleich zu anderen Ländern hoch, wenn auch nicht die höchste:

Die ärztliche Versorgung in Deutschland ist im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch, besonders im Vergleich zu anderen EU-Staaten, den USA und großen Ländern außerhalb Europas.statista+2

Arztdichte: Deutschland, EU, USA, Welt

  • In Deutschland gibt es rund 4,5 Ärzte pro 1.000 Einwohner.vdek+2
  • Der EU-Durchschnitt liegt bei ca. 4,1 Ärzten pro 1.000 Einwohner, etliche Länder sowohl über als auch unter diesem Wert.aerztestellen.aerzteblatt+2
  • In den USA liegt die Zahl deutlich niedriger, mit etwa 2,6 bis 2,8 Ärzten pro 1.000 Einwohner.tradingeconomics+2
  • Andere OECD- und große Staaten:

Vergleichende Tabelle: Ärzte pro 1.000 Einwohner (2023)

Staat / Region

Ärzte pro 1.000 Einwohner statista+3

Deutschland

4,5

Österreich

5,2–5,5

Schweiz

4,4

Norwegen

4,9–5,0

Italien

4,0

Frankreich

3,4

EU-Durchschnitt

4,1

Großbritannien

3,2

USA

2,6–2,8

China

2,4–2,5

Japan

2,5

Indien

0,8–0,9

Türkei/Mexiko

2,5 oder weniger

Welt (Schnitt WHO)

ca. 1,7

Einordnung und Besonderheiten

  • Deutschland liegt mit der Arztdichte über dem EU-Durchschnitt und weit vor den USA, China, Japan und Indien.vdek+2
  • Nur wenige Länder (wie Österreich) erreichen höhere Werte in Europa, aber regional gibt es auch in Deutschland Unterschiede.oecd+1
  • Die hohe Arztdichte garantiert nicht automatisch eine optimale Versorgung: Arbeitsbelastung und regionale Unterschiede bestehen auch in Deutschland und anderen Ländern, besonders zwischen Ballungsräumen und ländlichen Regionen.oecd+1
  • Qualitative Aspekte wie ärztliche Weiterbildung, Hausarztanteil und Pflegepersonal unterscheiden sich ebenfalls stark.vdek+1

Fazit

Deutschland zählt im internationalen Vergleich zu den Ländern mit der besten Arztversorgung, überholt von wenigen Staaten wie Österreich und Norwegen, und ist dem EU-Durchschnitt sowie den USA und den meisten asiatischen Ländern deutlich überlegen.europa+5

Kommentar 2

Wir hatten oben eine Dichte von 5,2 Arztpersonen auf 1.000 Einwohner ausgerechnet (437.200 Ärzte und Ärztinnen auf ca. 84 Millionen Einwohner:innen), aber die im Vergleich verwendeten Daten der OECD beruhen vermutlich auf einer anderen Zählweise oder ein anderes Datum der Erfassung. Sie weichen aber nicht so deutlich ab, dass wir diesen Unterschied in diesem Grundinformationsartikel untersuchen. Misslich an der Entwicklung in Deutschland ist insbesondere, dass dort Ärzte und Ärztinnen im Allgemeinen und besonders Facharztpersonen fehlen, wo die allgemeine Versorgung auch auf anderen Gebieten der öffentlichen und privaten Infrastruktur nicht sehr gut ist – diese Regionen sind diejenigen, in denen der Altersdurchschnitt am höchsten und daher eine Versorgung mit Medizinpersonal besonders gut sein müsste, um das System lückenlos aufrechtzuerhalten und Unterversorgung zu vermeiden. In Berlin haben wir diese Probleme nicht in dem Maße, aber zum Beispiel ist die Versorgung mit Psychotherapieplätzen auch hier komplett aus dem Ruder gelaufen – was natürlich auch daran liegt, dass dieser Bereich von Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen hat bzw. enttabuisiert und konsequenter fokussiert wird als in früheren Zeiten. Die Infrastruktur ist mit dem Bedarf nicht mitgewachsen.

Die insgesamt relativ alte Bevölkerung in den westlichen Industrieländern macht auch eine dichtere Versorgung mit Ärzten und Ärztinnen notwendig, daher muss man mindestens diesen Filter über die Vergleiche mit Ländern insbesondere wie Indien legen: Ab wann steigt der Versorgungsbedarf merklich an und wie viele Menschen gibt es in den Altersgruppen mit erhöhtem Bedarf an medizinischen Leistungen in den einzelnen Ländern? Wenn man das tut, wird man feststellen, dass Deutschland im Vergleich der westlichen Staaten nicht ganz so gut dasteht wie nominell, weil es seine Bevölkerung einen sehr hohen Altersdurchschnitt im Weltvergleich hat, diese Betrachtung verändert sich noch einmal, wenn man die Lebenserwartung als Parameter hinzunimmt, diese kann in Deutschland nicht mit den Besten im Westen mithalten. Bei der geringen Ärztedichte in den USA ist man versucht zu sagen, die Leute werden dort sowieso nicht besonders alt, was sicher auch daran liegt, dass viele sich keine optimale Versorgung leisten können. Die Rechtsregierung, die wir in Deutschland jetzt haben, arbeitet übrigens auch daran, das ohnehin dem hippokratischen Eid zuwiderlaufende Zweiklassensystem im Gesundheitsweisen ebenfalls weiter aufzusplitten, um Kosten zu senken, die einfach deshalb wachsen, weil die Lebenserwartung gestiegen ist und natürlich die Preise für medizinische Dienstleistungen, nicht, weil die Menschen immer kränker werden oder unnötig oft zum Arzt gehen, was dazu der passende antisoziale Spin aus diesem politischen Cluster wäre. Reformen wie die hausarztzentrierte Versorgung, die Mehrfachleistungen verhindern soll, gibt es ja schon, gegenwärtig ist sie noch freiwillig, auch die E-Patientenaktue soll das System effizienter machen, wir halten sie allerdings für datenschutzrechtlich bedenklich, sofern jemand nicht technisch in der Lage ist, gezielte Sichtbarkeitseinschränkungen für seine Daten vorzunehmen.

Zurück zur Versorgung. Auf die Restlebenszeit dieser sehr alten deutschen Bevölkerung gerechnet, fällt in Deutschland viel Versorgungsbedarf in relativ kurzer Zeit an? Oder ist es anders herum? Weil es nicht so viele Höchstbetagte gibt, verringert den Versorgungsbedarf sogar? Als weitere Kategorie msüste man sich dann anschauen, wie „gut“ Menschen altern, wie gesund sie in den höheren Lebensjahren sind. Wir sprechen hier nicht von einer recherchierten Korrelation dahingehend, dass dort, wo die Menschen besonders alt werden, sie auch im hohen Alter gesünder sind, sondern es handelt sich nur um ein Indiz. Das sind aber Hypothesen-Varianten, die wir nur als Vertiefungsmöglichkeiten erwähnen und hier nicht besprechen können.

Abschließend lässt sich jedenfalls sagen, dass die Versorgung mit Ärzten und Ärztinnen so ungleich ist, dass sie zu einer Art Landarztprämie geführt hat, die in Bayern bei (bis zu) stattlichen 60.000 Euro liegt, wenn ein Arzt und eine Ärztin sich in einer unterversorgten ländlichen Region niederlässt oder dort eine Praxis übernimmt und mindestens fünf Jahre lang betreibt. Für einen Flächenstaat ist die Versorgung in Bayern aber im Landesdurchschnitt gut und dort ist Geld da, um eine Steuerung dieser Art zu betreiben. Gerade in den schwächer versorgten Gebieten dürfte der Staat nicht so großzügig mit Geld Ärzt:innen aufs Land steuern können. Die Lebenserwartung liegt übrigens in Bayern nach Baden-Württemberg in Deutschland am höchsten, am niedrigsten im weniger gut versorgten Sachsen-Anhalt. Auch hier: Wir wollen damit nicht behaupten, dass zwischen diesen beiden Tatsachen ein Zusammenhang besteht, dafür sind wir nicht tief genug ins Thema eingestiegen.

TH / Ländervergleich und Recherche Landarztprämie mit Einsatz von KI erstellt

Quellen zum Ländervergleich Ärzt:innendichte

  1. https://de.statista.com/infografik/21236/behandelnde-aerztinnen-in-ausgewaehlten-staaten/
  2. https://www.vdek.com/magazin/ausgaben/2024-04/gesundheitswesen-deutschland-europa-vergleich.html
  3. https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Healthcare_personnel_statistics_-_physicians
  4. https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Gesundheitswesen/Datensammlung/PDF-Dateien/abbVI28.pdf
  5. https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/medizinische-versorgung-weltweit-wo-gibt-es-die-meisten-aerztinnen-und-aerzte
  6. https://de.tradingeconomics.com/united-states/medical-doctors
  7. https://www.statista.com/chart/21168/doctors-per-1000-inhabitants-in-selected-countries/
  8. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_%C3%84rztedichte
  9. https://www.oecd.org/en/publications/health-at-a-glance-2023_7a7afb35-en/full-report/doctors-overall-number_40c5b5e5.html
  10. https://www.oecd.org/en/publications/health-at-a-glance-2023_7a7afb35-en/full-report/geographic-distribution-of-doctors_5b1219d2.html
  11. https://de.statista.com/themen/576/aerzte/
  12. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/232536/umfrage/laender-mit-der-hoechsten-aerztedichte-weltweit/
  13. https://vdivde-it.de/de/gesundheitssystem-vergleich-usa-und-deutschland
  14. https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/arzt-patienten-kontakte-im-internationalen-vergleich
  15. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36270/umfrage/anzahl-der-praktizierenden-aerzte-in-europa-2007/
  16. https://www.bundesaerztekammer.de/baek/ueber-uns/aerztestatistik/2023
  17. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/BAEK/Ueber_uns/Statistik/AErztestatistik_2023_Update_Juni_2024.pdf
  18. https://data.who.int/indicators/i/CCCEBB2/217795A
  19. https://hpfhub.info/wp-content/uploads/2024/05/Health-at-a-Glance-2023-OECD-Indicators-OECD-2023.pdf
  20. https://www.oecd.org/en/data/indicators/doctors.html
  21. https://www.oecd.org/en/publications/health-at-a-glance-2023_7a7afb35-en/full-report.html

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