Arbeitsplatzabbau in Deutschland (Statista + Zusatzinfos + Kommentar: die Lage entspricht der Mentalität im Land)

Briefing Wirtschaft Economy, Industrie, Arbeitsplatzabbau, Autoindustrie, Zulieferer, Zukunftsfähigkeit, strategische Wirtscchaftspolitik, rückwärtsgewandte Politik, Energiewende, Industriestandort Deutschland

Um die deutsche Industrie steht es nicht gut. Wir thematisieren das heute natürlich auch nicht zum ersten Mal. Aber mit konkreten Zahlen und Ergänzungen, die wir selbst habern recherchieren lassen.

Was man auf der folgenden Statista-Grafik sieht, nimmt sich gar nicht so schrecklich aus, deshalb haben wir einige Unternehmen beigefügt, bei denen der Abrbeitsplatzbabbau andere Dimensionen ereicht als diejenigen, die wir in den Diagrammbalken sehen, unterhalb des Infoblock kommentieren wir kurz.

Wer baut in Deutschland Jobs ab?

Begleittext von Statista

Die Automobilindustrie ist einer der wichtigsten Arbeitgeber Deutschlands. Indes steckt die Branche derzeit in der Krise. Als Gründe hierfür nennt tagesschau.de in einem Bericht Absatzflauten, starke Konkurrenz aus China und den teuren Umstieg auf Elektromobilität. Hinzu würdenhohe Energiepreise, Bürokratie und der Zollstreit mit den USA kommen. Einer Ende August veröffentlichten Analyse der Beratungsgesellschaft EY zufolge gingen bei Herstellern und Zulieferern innerhalb eines Jahres mehr als 50.000 Jobs verloren. Dass sich die Lage seitdem nicht entspannt hat, zeigen kürzlich bekanntgegebene Stellenabbaupläne. So gab Ford im September bekannt, bis Ende 2027 3.900 Arbeitsplätze abbauen zu wollen. Bosch meldete wenig später die Streichung von rund 13.000 Jobs bis Ende 2030.


(Weitere) Bekannte Unternehmen mit Stellenstreichungen in der deutschen Industrie

Hier sind einige große Firmen, bei denen Stellenabbau angekündigt wurde (teilweise schon aktiv), mit Quelle und Zahlen:

Unternehmen Branche / Tätigkeitsfeld Geplanter Stellenabbau, Reduktion Zeitraum / weitere Details Gründe, wie gemeldet
ZF Friedrichshafen Zulieferindustrie / Antriebssysteme (Powertrain) ~ 7.600 Stellenstreichungen in Powertrain-Bereich, bis 2030. Insgesamt sollen bis zu ~ 14.000 Stellen in Deutschland betroffen sein. bis 2030 Schwache Nachfrage nach Elektro-Fahrzeugen, globaler Wettbewerb, Kosten, Belastungen aus früheren Übernahmen.
Volkswagen Automobilindustrie ~ 35.000 Stellen in Deutschland sollen wegfallen. bis ca. 2030 Umstrukturierung, Effizienzsteigerung, Anpassung an Marktveränderungen, Digitalisierung, der Übergang zu E-Mobilität.
Thyssenkrupp (Steel Division) Stahlindustrie ~ 11.000 Stellen durch Umstrukturierung, erhebliche Reduzierung (teilweise ~ 40 % der Belegschaft in bestimmten Bereichen) Im Rahmen eines Umstrukturierungsplans, mit Konsultationen, evtl. über mehrere Jahre.  
SAP Software / IT etwa 8.000 Stellen Restrukturierung. Anfang 2024 bzw. laufend in Umstrukturierungsmaßnahmen.  
Deutsche Bahn Verkehr / Öffentlicher Dienst ~ 30.000 administrative Stellen sollen wegfallen (~ 9 % der Verwaltungsbelegschaft) über fünf Jahre; Gründe u.a. hohe Verluste, notwendige Kostensenkung.  
Bosch Technik / Automobilzulieferer etc. Ein „fünfstelliger Bereich“ wird genannt, d.h. ab 10.000 Stellen. Angesichts schwacher Nachfrage und steigender Kosten.  

Was man aufgrund der Grafik vermutlich erwarten kann (basierend auf anderen Quellen), Arbeitsplatzabbau in anderen Bereichen 

  • Chemie / Pharma

  • Maschinenbau

  • Energieversorgung

  • Anlagenbau

  • Elektronik / Halbleiter 


Gründe & Hintergründe für die Stellenabbauten

Externe / strukturelle Ursachen

  1. Nachfragerückgang, globaler Wettbewerb, Märkte im Wandel
    Viele Industrieunternehmen leiden unter sinkender Nachfrage — z. B. bei Verbrennungsmotoren, Schwerindustrie, Stahl — in Teilen durch Verlagerung in Länder mit niedrigeren Produktionskosten, durch den Preis- und Wettbewerb mit asiatischen Herstellern, neue Mobilitätskonzepte etc.

  2. Übergang zur Nachhaltigkeit / Dekarbonisierung & Energiepreise
    Höhere Energie- und Rohstoffkosten, Strompreise, CO₂-Kosten, Anpassung an Umweltauflagen belasten die Wettbewerbsfähigkeit. Firmen müssen in sauberere Produktion, erneuerbare Energiequellen, Emissionsschutz investieren.

  3. Technologischer Wandel & Automatisierung
    Digitalisierung, Automatisierung, Einsatz von KI bedeutet, dass weniger Menschen für bestimmte Tätigkeiten gebraucht werden. Zum Teil Umbau der Geschäftsmodelle Richtung Software / Services.

  4. Politische Rahmenbedingungen & Regulierung
    Klimapolitik, CO₂-Regulierungen, Emissionsstandards, EEG, Import-/Exportzölle, Handelskonflikte etc. Auch Verzögerungen oder Unklarheiten in politischen Leitlinien können Investitionsunsicherheiten schaffen.

  5. Energiekosten & Versorgungssicherheit
    Deutschland hat vergleichsweise hohe Energiepreise und Abhängigkeiten, z. B. von Importen. Schwankungen und Lieferkettenprobleme können Kosten verschärfen.

Interne / betriebliche Gründe

  1. Überkapazitäten / veraltete Produktionslinien
    Einige Unternehmen brauchen Modernisierung, effizientere Anlagen oder müssen Kapazitäten schließen, die nicht mehr rentabel sind.

  2. Fehlende Innovation / Anpassung
    Unternehmen, die zu langsam sind beim Umstieg auf E-Mobilität, Digitalisierung, neue Materialien etc., geraten in Rückstand.

  3. Kostenmanagement & Profitabilität
    Hohe Fixkosten, Rentabilitätsdruck insbesondere in Branchen mit niedrigem Margendruck (z. B. Stahl, Automobilzulieferer) führen zu Maßnahmen wie Personalabbau zur kurzfristigen Kostenreduktion.

  4. Strukturelle Arbeitsplatzverlagerung
    Verlagerung von Produktionsschritten ins Ausland oder ins Ausland R&D oder Dienstleistungen; oder „Outsourcing“ von Teilen der Wertschöpfung.


Versäumnisse von Politik & Industrie

  1. Langsame Anpassung an Energiewende / Klimaschutzanforderungen
    Zwar gibt es Ziele und Programme, aber der Umbau zu erneuerbaren Energien, zur grünen Industrieproduktion und Infrastruktur (z. B. Ladeinfrastruktur, Stromnetze) geht oft schleppend. Verzögerungen schaffen Unsicherheit und Wettbewerbsnachteile.

  2. Fehlende Industriepolitik mit Langfristigkeit
    Fördertöpfe sind oft kurzfristig, punktuell, oder mit großer Bürokratie versehen. Es fehlt an einer kohärenten Strategie, die Industrie, Klima, Energie, Innovation und Arbeitsmarkt vereint.

  3. Bildung & Qualifikation
    Der Wandel erfordert neue Fähigkeiten (z. B. KI, Automatisierung, digitale Fertigung, Nachhaltigkeit). Wenn Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung zu langsam sind, entstehen Qualifikationslücken. Viele Arbeitnehmer/innen sind nicht vorbereitet auf neue Aufgaben.

  4. Investitionsunsicherheit
    Politische Rahmenbedingungen, regulatorische Unsicherheit, schwankende Förderprogramme, wechselnde Regierungsprogramme sowie Preis- oder Steuerrisiken (z. B. CO₂-Preis, Strompreisentwicklung) schrecken Investoren ab.

  5. Mangel an Innovationsfähigkeit / strategischer Weitsicht
    Manche Betriebe haben zu lange an bisherigen Geschäftsmodellen festgehalten oder technische Innovationen vernachlässigt. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben oft geringere Mittel, um groß in neue Technologien zu investieren.


Aktuelle Arbeitsmarktsituation in der deutschen Industrie (Stand ~ Herbst 2025)

  • Es gibt zunehmend Signale, dass der deutsche Industriemotor langsamer läuft: sinkende Auftragseingänge, weniger Investitionen, verstärkter Druck durch Importware und sinkende Exportaussichten.

  • Arbeitsplatzabbrüche finden vor allem in Bereichen, die stark von fossilen Energien, Schwerindustrie und klassischer Automobiltechnik geprägt sind. Gleichzeitig wachsen Jobs in Zukunftsbranchen (Erneuerbare Energien, Batterieproduktion, Elektromobilität, Digitalisierung) — aber nicht in demselben Tempo oder oft nicht dort, wo die entstehenden Jobs die verlustigen ersetzen.

  • Die Arbeitslosenquote in Industriebranchen steigt leicht, speziell in Regionen mit hoher Industriekonzentration, schlechter Infrastruktur, oder wenig Umstiegsmöglichkeiten.

  • Tarifverhandlungen, Gewerkschaften und Betriebsräte versuchen häufig, Teilzeitlösungen, Altersteilzeit, Vorruhestand oder interne Umschulungen einzusetzen, um Kündigungen zu vermeiden.


Mögliche Zukunftsperspektiven & Handlungsempfehlungen

Damit sich die Situation stabilisiert oder sich verbessert, könnten diese Maßnahmen helfen:

  1. Förderung von Innovation und Forschung
    Staatliche Förderprogramme konsequent, planbar und effizient machen, etwa für klimaneutrale Technologien, Energieeffizienz, Digitalisierung und nachhaltige Produktion.

  2. Infrastruktur-Investment & Energieversorgung sichern
    Versorgungssicherheit, stabile Strompreise, Ausbau erneuerbarer Energien, Netzausbau, Ladeinfrastruktur, CO₂-neutrale Energielösungen.

  3. Qualifizierung & Weiterbildung ausbauen
    Arbeitskräfte gezielt weiterbilden, Requalifizieren, Umschulung fördern, insbesondere in Regionen mit Abwanderung. Also: lebenslanges Lernen stärken.

  4. Politische & regulatorische Sicherheit schaffen
    Langfristige Rahmenbedingungen (Steuern, Subventionen, CO₂-Preis etc.) verlässlich gestalten, damit Unternehmen Planungssicherheit haben.

  5. Sozialpartnerschaft & faire Übergänge
    Beschäftigte früh einbinden, Übergangsmaßnahmen (Altersteilzeit, Teilzeit, Weiterbildung, Standortentwicklung) nutzen, um soziale Härten abzumildern.

  6. Diversifikation & Standortpolitik
    Industrie nicht nur regional konzentrieren, aber Regionen mit Strukturwandel gezielt unterstützen (z. B. ehemals Kohle- / Montanregionen). Neue Wirtschaftssektoren ansiedeln.


Kommentar

Egal, ob wir alles selbst schreiben, oder, wie oben, eine KI das Wichtigste zusammenfassen und sogar Empfehlungen ausgeben lassen, es käuf timmer auf einen Strukturmangel Deutschlands hinaus: Das Land ist erzkonservativ, die Menschen sind riskioscheu, haben Angst vor der Zukunft, die Politik ändert sich alle paar Jahre fundamental und ermöglicht den Unternehmen dadurch keine Planungssicherheit. Die jetzige Bundesregierung macht mit ihre Rolle rückwärts schon den nächsten großen strategischen Fehler. Natürlich mangelt es in einem solchen Land auch an Willen zu echter Weiterbildung und -qualifizierung.

Dies alles beruht auf einem Mangel an strategischer Wirtschaftspolitik, der dazu führt, dass Deutschland als Demokratie erratisch und schwach wirkt, während Diktaturen wie chinesische eisern ihre Pläne verfolgen und im Grunde viel weniger ideologisch handeln als die vielen Akteure in Deutschland mit ihren höchst unpragmatischen Agenden. Auch in einer Demokratie kann man es besser machen, man kann sogar flexibler sein, das beweisen viele kleinere Länder, gerade in Europa. Aber Deutschland ist ein Sanierungsfall, auch mental. Heute wollen wir nicht vertieft analysieren, sondern nur anhand der obigen Zahlen das Ergebnis der strukturellen Schwächen von Deutschlands Industrie und insbesondere der ihre Rahmenbedingungen setzenden Politik auf den aktuellen Stand bringen, die wir seit vielen Jahren kritisieren.

Einem Spin, der nun wieder von Rückwärtsdrehenden stark ins Spiel gebracht wird, müssen wir aber noch klar widersprechen: Deutschland ist nicht „zu teuer“. Gerade echte Hochlohnländer kommen viel besser durch diese Krisenzeiten, weil sie sie rechtzeitig in Zukunftstechnologie investiert haben. Wer aber glaubt, die innovationshemmende Kahlschlagpolitik der Agenda 2010 habe das Land wirklich stärker gemacht, der glaubt vermutlich jetzt auch, die Kosten seien zu hoch. Das stimmt nicht einmal beim Industriestrom wirklich, die Kosten liegen nicht so hoch, wie sie von manchen Politikern in den Raum gerufen werden (Realität: 18 Cent / Kw/h, behauptet werden 25 Cent, und das ist ein erheblicher Unterschied). Desinformation statt Zukuntspolitik, und die der Gaslobby verpflichtete Wirtschaftsministerin, die am liebsten die Energiewende canceln würde, eine der wenigen strategisch richtigen Entscheidungen der letzten Jahre, macht Fez mit ihren Autokrammkarten. Eigentlich sind wir in diesem Land imArsch, das muss man so klar sagen. Auch denen, die diese Art von Politik seit Jahrzehnten wählen und uns allen damit den Ast absägen, auf dem wir sitzen.

TH / Recherche weiterer Firmen, die Arbeitsplätze abbauen wollen und Analyse mit Hilfe von KI


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