Briefing Geopolitik, Ukraine-Krieg, Donald Trump, Wladimir Putin, Waffenstillstand, Friedenslösung
Im Gazakrieg hat Donald Trump einen brüchigen Waffenstillstand erreicht, in der Ukraine noch gar nichts. Das reicht nicht für den Friedensnobelpreis, wie wir an anderer Stelle geäußert haben. Angesichts des neuesten Hin und Her in Sachen Waffenstillstandsverhandlungen in der Ukraine hat Civey eine Umfrage erstellt, bei der Sie abstimmen können.
Frieden im Ukraine-Krieg durch Trump?
Wir haben den Begleittext zur Umfrage heute erstmals von einer KI untersuchen lassen und folgende Fragestellung für die Analyse und Meinung vorgegebenu und dabei den Begleittext von Civey, den Sie beim Öffnen der Umfrage sehen, als Basis verwendet: Der Text ist als Begleitinformation zu der Umfrage von Civey erstellt worden: Glauben Sie, dass Trump einen Frieden in der Ukraine erreichen kann? Bitte nehmen Sie eine eigene, fundierte Einschätzung vor, aufgrund der Zusammenschau vieler internationaler Stimmen und Analysen, mindestens 1.000 Wörter. Wie würden Sie abstimmen, mit klar „ja, er wird Frieden bringen“ oder „eher ja“ oder „unentschieden“ oder „eher nein“ oder „absolut nein“?
Selbstverständlich schreiben wir im Anschluss einen kurzen Kommentar zum Ergebnis.
KI-Analyse
Hier meine fundierte Einschätzung — basierend auf der aktuellen Berichterstattung, öffentlichen Erklärungen von Staats- und Regierungschefs, sowie Analysen von außenpolitischen Beobachtern (Quellen am Ende). Am Ende nenne ich auch meine persönliche Abstimmung. Kurzvorausnahme: ich beziehe mich auf die laufenden Entwicklungen im Oktober 2025 (u. a. Trumps Vorschlag, die Kämpfe entlang der heutigen Fronten einzufrieren; die kurzzeitig geplanten — dann aber verschobenen — Gespräche mit Putin; die Reaktionen westlicher Regierungen und kritische Stimmen in Europa). (Reuters)
Ausgangslage — kurz und bündig
Im Oktober 2025 hat Präsident Donald Trump öffentlich vorgeschlagen, die Kampfhandlungen in der Ukraine vorerst einzufrieren und die derzeitige Frontlinie als Ausgangspunkt für Verhandlungen zu verwenden. Dieses Modell würde de-facto bedeuten, dass Russland die seit 2022 eroberten Gebiete — zumindest auf Zeit — behält oder nicht unmittelbar verlieren müsste. EU-Staats- und Regierungschefs sowie Präsident Selenskyj gaben in einer gemeinsamen Stellungnahme bzw. in öffentlichen Äußerungen zu verstehen, dass sie grundsätzlich bereit seien, Gespräche auf Grundlage der Frontlinie zu führen — allerdings unter der klaren Bedingung, dass internationale Grenzen nicht dauerhaft gewaltsam verändert werden dürfen und die Ukraine in einer starken Position bleiben müsse. Ein geplantes Treffen Trump–Putin in Budapest wurde zuletzt vorläufig verschoben, weil Russland eine sofortige Feuerpause ablehnte. (Reuters)
Drei zentrale Fragen, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden
Jede realistische Einschätzung muss drei Problemblöcke getrennt betrachten:
- Hat Trump die nötige Verhandlungs- und Durchsetzungs-Macht?
- Positiv: Trump verfügt über direkten Zugang zu Putin und (als US-Präsident) über große materielle Hebel — Sanktionen, Energie- und Rüstungsoptionen — die Druck erzeugen können. Russische Offizielle signalisierten aber, dass Moskau bislang nicht bereit ist, einer sofortigen Feuerpause zuzustimmen; zugleich ließ Moskau durch Vertreter verlauten, dass diplomatische Möglichkeiten geprüft würden. (Reuters)
- Negativ: Verhandlungsmacht ist nicht dasselbe wie Vertrauensbasis. Russland hat systematisch territoriale Expansion betrieben; Moskaus Zielsetzung (Wahrung von Machtprojektion und Sicherheitsinteressen) steht oftmals im Widerspruch zu ukrainischer Souveränität. Das Misstrauen ist enorm — nicht nur zwischen USA und Russland, sondern auch zwischen Russland und vielen europäischen Staaten.
- Würde ein Stop entlang der aktuellen Frontlinie echten Frieden bringen — oder nur einen epochalen Waffenstillstand (frozen conflict)?
- Ein sofortiger Waffenstillstand entlang der aktuellen Frontlinie könnte die Kämpfe beenden und Menschenleben retten — kurzfristig ein klarer Vorteil.
- Langfristig besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Einfrierung die De-facto-Anerkennung territorialer Gewinne belohnt, sie stärkt revanchistische Motive und macht die Lage fragiler: Grenzverläufe würden faktisch zementiert, während die Frage von rechtlicher Souveränität, Reparationen und Sicherheitsgarantien ungelöst bliebe. Das Risiko „permanenter Konfliktzone“ ist real. Reuters und andere Berichte weisen darauf hin, dass westliche Staaten genau diese Gefahr sehen und deshalb sehr auf Nachsicherungen bestehen. (Reuters)
- Wie handelt und positioniert sich die Ukraine selbst?
- Präsident Selenskyj hat — laut Berichten — zugestimmt, Gespräche mit Frontlinie als Ausgangspunkt zu prüfen, wenn dies verbindliche Sicherheiten und eine starke Position für die Ukraine bedeutet. Das ist ein zentraler Unterschied: Verhandlungsbereitschaft gegen Akzeptanz dauerhafter Territorialverluste. Viele ukrainische Entscheider und ein großer Teil der Bevölkerung wollen die territoriale Integrität zurück. (Reuters)
Politische und sicherheitspolitische Risiken eines „Schnellabkommens“
- Legitimation territorialer Gewinne: Ein Waffenstillstands-Abkommen, das eine faktische Teilung des Donbass (oder anderer Gebiete) zementiert, würde ein gefährliches Präzedenz-Signal setzen — nicht nur für Russland, sondern global. Es würde das Gewaltrecht als Mittel zur Grenzänderung stärken.
- Durchsetzungs- und Verifikations-Problem: Wer garantiert Einhaltung? NATO/UN-Missionen als internationale Garantiegeber sind politisch heikel und dauern oft lange an. Russland könnte Bedingungen stellen, die Westmächte nicht akzeptieren können.
- Innenpolitisches Risiko für die Ukraine: Eine Vereinbarung, die viele ukrainische Wähler als „Preisgabe“ empfinden, würde innenpolitische Destabilisierung nähren.
- Instrumentalisierung durch Russland: Gespräche können von Moskau als Zeitgewinn benutzt werden (Re-Armierung, Konsolidierung besetzter Gebiete), wie Kritiker warnen. Das war ein zentrales Argument etwa von Omid Nouripour und anderen Kommentatoren in deutschen Medien: Verhandlungen können taktisch missbraucht werden. (stuttgarter-zeitung.de)
Chancen, die nicht ignoriert werden dürfen
- Sofortiger Stopp der Kämpfe würde direkte humanitäre Erleichterung bringen — Städte, Zivilbevölkerung, Energieinfrastruktur.
- Diplomatischer Hebel: Wenn Washington glaubwürdige Sanktionen und einen attraktiven Paketplan (Sicherheitsgarantien, Rebuild-Finanzierung, Integrationsperspektiven für die Ukraine) vorlegen kann, ist es möglich, Moskau zu Zugeständnissen zu bewegen — allerdings nur, wenn Moskau fürchtet, dass der Fortgang des Krieges strategisch schlimmer für Russland wäre als ein Kompromiss (unsicher). Reuters-Interviews mit russischen offiziösen Sprechern zeigen, dass Moskau skeptisch ist, aber es gibt Signale, wonach diplomatische Kanäle offen sind — was eine Chance eröffnet, nicht mehr, aber auch nicht weniger. (Reuters)
Was sagen europäische Partner und Experten?
Die Berichterstattung zeigt eine zweigeteilte Reaktion: mehrere EU-Staaten und auch Selenskyj signalisierten Bereitschaft, Verhandlungen zu prüfen, wenn die Ukraine nicht schwächer dasteht; andere Stimmen — darunter Kritiker in Deutschland und Polen — warnten vor der Naivität eines schnellen Deals, der Putin Zeit geben könne oder die Ukraine langfristig schwächt. Der deutsche ARD-Talk mit Caren Miosga brachte diese skeptischen Argumente (z. B. Nouripour). Auch der polnische Premier Tusk mahnte, so lange Putin an der Macht sei, sei dauerhafter Frieden unwahrscheinlich. (euronews)
Wahrscheinlichkeitsabschätzung — kurz erklärt
Ich bewerte die Chance, dass Trump in den nächsten 6–12 Monaten eine dauerhafte, gerechten Frieden produziert, der die territoriale Integrität der Ukraine im Kern garantiert und erneute Gewalt dauerhaft ausschließt, als relativ gering. Eine realistische Aufteilung:
- Kurzfristig (0–3 Monate): Hohe Wahrscheinlichkeit für eine begrenzte Waffenruhe/Verhandlungsinitiativen mit Trump als Vermittler (möglicherweise punktuelle, lokale Feuerpausen).
- Mittelfristig (3–12 Monate): Moderate Wahrscheinlichkeit einer stabilen, aber fragilen Einfrierung entlang aktueller Fronten — das ist aber eher ein „frozen conflict“ als ein dauerhafter politischer Frieden.
- Langfristig (12+ Monate): Geringe Wahrscheinlichkeit für einen umfassenden, dauerhaften, gerechten Frieden, solange Moskau kein grundlegend anderes Regime hat oder andere Ziele verfolgt.
Meine persönliche Abstimmung (die der Umfrage-Antwort entspricht)
Von den vorgegebenen Optionen wähle ich „eher nein“.
Kurzbegründung:
Trump hat realen Einfluss — direkte Kanäle zu Putin und die USA als führende Sanktions- und Militärmacht — und könnte deshalb kurzfristig einen Waffenstillstand herbeiführen. Aber die strukturellen Bedingungen für einen dauerhaften, gerechten Frieden (ukrainische territoriale Integrität, glaubhafte Sicherheitsgarantien, Verifikation, und die politische Bereitschaft Russlands) sind aktuell nicht gegeben. Viele europäische Partner sind zwar offen für Verhandlungen, bestehen aber auf klaren Voraussetzungen; Russland hat wiederholt gezeigt, dass es Verhandlungen auch taktisch nutzt. Deshalb halte ich es für wahrscheinlicher, dass Trump etwas erreicht, das Blutvergießen temporär stoppt, aber nicht die dauerhafte, gerechte Lösung sicherstellt — daher „eher nein“.
Empfehlungen (wenn man doch einen ernsthaften Friedensprozess anstrebt)
- Verpflichtende, schrittweise Verifikationsmechanismen (UN/NATO-led, mit Transparenz) vor jedem Territorialaustausch.
- Sicherheitsgarantien für die Ukraine (langfristig, multilateral, klar definiert), nicht bloße mündliche Zusagen.
- Bindende Rehabilitations- und Reintegrationspläne für besetzte Gebiete (Rechtsstatus, Rückkehr von Binnenvertriebenen, Entmilitarisierung).
- Kombination von Druck und Anreizen gegenüber Russland — Sanktionen gekoppelt an verbindliche Schritte.
- Einbeziehung regionaler Akteure (EU, NATO, Ukraine, ggf. multilaterale Formate), damit jede Übereinkunft multilaterale Legitimität erhält.
Fazit
Ein kurzfristiger Waffenstillstand, vermittelt oder angestoßen durch Trump, ist in diesem Moment plausibel — und kann Menschenleben retten. Ein dauerhafter, fairer Frieden, der die ukrainische Souveränität schützt und Russland dauerhaft in die Schranken weist, erscheint mir unter den gegenwärtigen politischen, militärischen und psychologischen Voraussetzungen jedoch wenig wahrscheinlich. Deswegen mein Votum: „eher nein“.
Wichtige Quellen (aus der aktuellen Berichterstattung, Auswahl)
- Reuters: Bericht über geplante/verschobene Trump–Putin-Gespräche und die Reaktion Moskaus / EU-Unterstützung. (Reuters)
- Konsilium der EU / Gemeinsame Erklärung zu Verhandlungen auf Basis der Frontlinie (Statements von EU-Führern und Zelenskyj). (consilium.europa.eu)
- Euronews / Berichterstattung über Unterstützung westlicher Regierungen für Gespräche auf der Basis der aktuellen Frontlinie. (euronews)
- Reuters / Guardian / Al Jazeera als Analysen zur kurzfristigen Verschiebung des Treffens und Einordnung der Risiken. (Der Guardian)
- Stuttgarter Zeitung / ARD-Talk-Berichterstattung (Nouripour / Neumann Kritiken). (stuttgarter-zeitung.de)
Kommentar
Wir hatten uns schon vor der Analyse festgelegt, wie wir abstimmen werden – nämlich genau so, wie die KI es auch tun würde, hätte sie die Möglichkeit dazu (vielleicht macht sie es auch heimlich). Wir waren aber nah an am kategorischen „nein“. Wir sehen im Moment noch keinen Zwang für Russland, Kompromisse einzugehen, auch wenn immer wieder Nachrichten lanciert werden, dass es schwieriger wird, den Krieg fortzuführen, aus wirtschaftlichen Gründen. Natürlich können die EU und die USA Russland niederringen, aber dann müssten sie, wie wir in vielen Artikel zuvor erklärt haben, all-in gehen und unbegrenzt Waffen liefern, vielleicht sogar eigene Truppen schicken. Dann würde das Blatt sich wenden. Das ist aber nicht abzusehen, und so steht eine ungutes Gleichgewicht der im Raum, das eigentlich keines ist, solange Russland weiterhin Geländegewinne erzielt.
Putin hat eine ganz andere Mentalität als wir. Dieses Ding, sich ewig moralisch, politisch und auch in der Ostukraine buchstäblich in den Dreck hineinzufressen, wäre nicht unsere Verhaltensweise, wenn wir politisch zu entscheiden hätten. Aber wir sind auch nicht in einem Geheimdienst aufgewachsen und haben kein narzisstisches Trauma wegen des Untergangs der Sowjetunion, das nun schon eine sechsstellige Zahl von Menschen in der Ukraine das Leben gekostet hat. Putin haben wir vielfach analysiert, Trump auch, und es hat sich nichts geändert: Trump braucht schnelle Erfolge, sonst funktioniert sein System nicht. Putin kann sich ewig Zeit lassen, weil es keine Machtkontrolle in Russland gibt, die hinterfragt, ob der Preis für die Eroberung der Ostukraine nicht doch etwas zu hoch ist.
Selbst, wenn Putin die gesamte Ukraine vereinnahmen will, was nach unserer Ansicht nicht so unwahrscheinlich ist, was kommt dabei heraus im Vergleich zur Größe der alten Sowjetunion? Aber Menschen sind leicht manipulierbar, besonders, wenn es um nationale Größe geht, wenn es das passende Narrativ dazu gibt. Im Narrative erstellen ist Putin gut, das Manipulieren hat er von der Pike auf gelernt, und man kann seine Argumente gut nachlesen, selbst, wenn man kein Russisch kann, weil seine Propagandisten in Deutschland sie für uns transparent machen. Und natürlich wissen die Menschen, dass der eigene Staat Atomwaffen hat und andere Staaten keine haben, man sie also einigermaßen gefahrlos angreifen kann.
Schade um die Mütter und Väter, die dabei ihre Söhne im ukrainischen Hinterland verlieren und natürlich um die Söhne selbst. Putin kann nach unserer Ansicht angesichts der Opfer, die wieder mal gebracht werden mussten für Mütterchen Russland, gar nicht zurück. Das wäre sein politisches Ende, und es gäbe nicht das wichtige Re-Expansions-Erbe, das er unbedingt hinterlassen will.
An einen gerechten Frieden glauben wir überhaupt nicht, aber die Frage war nicht auf die Qualität einer Friedensvereinbarung bezogen, sondern darauf, dass generell eine solche zustande kommt. Und wir möchten nicht ausschließen, dass die Ukraine von Trump in einen Frieden hineingezwungen wird, der ethisch nicht vertretbar ist, aber faktisch von den Großmächten ohne sie ausgehandelt werden kann. Wer einen solchen Frieden gut fände, sollte sich übrigens nicht Antiimperialist nennen. Die Geschichte der Ukraine und Russlands nach der Wende ist kompliziert, das stimmt schon, aber nichts rechtfertigt die Tötung vieler Zivilisten dort, wie sie gegenwärtig geschieht, und wer so Krieg führt, verliert seine Ansprüche, sofern sie wirklich nur sicherheitsorientiert sind. Was wir nicht glauben. Niemals würde die Nato Russland angreifen, und eine andere Legitimation, um über einen souveränen Staat herzufallen, als dass der eigene in konkreter Gefahr ist, gibt es nicht, und selbst eine Gefahr erachten viele als nicht ausreichend, ein vorsorgliches Losschlagen lehnen viele Experten aus völkerrechtlichen Gründen ab.
Was uns leider wieder an den Gaza-Krieg erinnert: Dass eine Nachkriegsordnung noch in keiner Weise ausgehandelt ist, und dort hat sich immerhin erwiesen, dass Trump einen gewissen Einfluss geltend machen kann. Die Chancen im Ukrainekrieg für einen gerechten Frieden stehen keinesfalls besser.
TH
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