„Sozialstaat am Abgrund: Deutschland verspielt seinen Zusammenhalt“ (Analyse eines Telepolis-Artikels, bezogen auf die aktuelle Politik + Kommentar)

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Beim Check unserer gesammelten Quellen ist uns heute ein Telepolis-Artikel aus dem Januar 2025 aufgefallen, der damals vor etwas gewarnt hat, was heute Regierungsnormalität ist, mit dem Wendepunkt der Bundestagswahl vom 23. Februar 2025.

Sozialstaat am Abgrund: Warum Deutschland seinen Zusammenhalt verspielt | Telepolis

Als der Artikel geschrieben wurde, bestand die Sondersituation, dass mit der FDP die Partei die Ampel schon verlassen hatte, deren damaliger Vorsitzender selbst schon gerne disruptive Politik betrieben hätte, wie er selbst mindestens einmal in einer Talkshow bekannte. Das hat er auch geschafft, denn seit den Neuwahlen ist die soziale Disruption ein Kernbestandteil der Regierungsrhetorik geworden. Dass die betreffende Partei dabei keine Rolle mehr spielt, ist im Grunde gleichgültig, denn sie hat ihren Zweck erfüllt, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu beschädigen und den Weg freigemacht für eine Union, bei der man sich fragt, wie denn wohl das „C“ in deren Parteiname gekommen sein mag. Auch über das „D“ muss man sich immer mehr Gedanken machen, denn führende Unionspolitiker bereiten der AfD mit ihrer Hass säenden Rhetorik den Boden.

Wir haben zu dem oben verlinkten Artikel, den wir zum Nachlesen empfehlen, eine Analyse beauftragt (anhand von fünf markanten Aussagen und Themen seit dem Regierungswechsel), die belegt, wie eine Bundesregierung absichtlich die Gesellschaft manipuliert, die durch die Krisen der letzten Jahre ohnehin angeschlagen und von einer vergifteten Stimmung geprägt ist.

Bewertung und Belege — wie aktuell und relevant ist der Telepolis-Artikel (Jan. 2025) heute?

Dass der Artikel (Januar 2025) in seiner Kernanalyse — nämlich dass eine Regierung durch Sprache und Politik den gesellschaftlichen Zusammenhalt beschädigen kann — heute (Ende Oktober 2025) relevanter ist denn je, lässt sich belegen. Seit der Regierungsbildung im Mai 2025 haben mehrere prominente Äußerungen, politische Schritte und politische Debatten genau jene Polarisierung und Ausgrenzungsdynamik gezeigt, vor der der Artikel warnt. Unten nenne ich fünf konkrete, dokumentierte Beispiele aus den letzten Monaten, belege sie mit Medien-/Faktencheck-Quellen und erkläre kurz, warum sie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie gefährlich sind.

Hinweis: ich zitiere nur belegte Aussagen, richte mich an überprüfbaren Quellen und weise auch auf Korrekturen / Faktenchecks hin, wenn angebliche Zitate nicht nachweisbar sind.

Fünf aktuelle Beispiele (letzte Monate) für spaltendes / gesellschaftsgefährdendes Verhalten

1) Merz: „Stadtbild“-Äußerungen — sichtbare Polarisierung in der Migrationsdebatte

Friedrich Merz löste im Oktober 2025 eine breite Debatte aus, als er das «Stadtbild» thematisierte und damit irreguläre Migration und Probleme im öffentlichen Raum öffentlich ansprach. Das Statement wurde in vielen Medien als pauschalisierend und stigmatisierend gegenüber Migrantengruppen gelesen; es folgten Demonstrationen und eine scharfe öffentliche Auseinandersetzung. Kritiker warfen ihm Rhetorik vor, die zur Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund beiträgt. Merz hat anschließend versucht, zu präzisieren, doch die Debatte zeigt: die Kanzler-Rhetorik hat eine große Reichweite und spaltet die Stimmung. (Deutschlandfunk)

Warum problematisch? Pauschale Aussagen über „das Stadtbild“ verfestigen Vorurteile, legitimieren Ausgrenzung und stärken Erzählungen, die Gruppen als „Problem“ markieren — genau die Dynamik, vor der der Telepolis-Text warnte.


2) Jens Spahn verteidigt und verschärft die Narrative zur Migration

Unionsfraktionschef Jens Spahn hat Merz öffentlich verteidigt und wiederholt vor Kontrollverlust durch Migration gewarnt; in Interviews und Statements hat er betont, die Probleme «sei-man ja sehen», was die öffentliche Stimmung weiter anheizt. Solche Unterstützung aus der Parteispitze festigt die polarisierende Linie. (DIE ZEIT)

Warum problematisch? Wenn führende Politiker Wahrnehmungen einzelner Stadtteile verallgemeinern und institutionalisiert verteidigen, normalisiert das Ausgrenzungsrhetorik und schwächt die Bereitschaft zur differenzierten öffentlichen Debatte.


3) Dobrindt: harte Migrations- und Ordnungsmaßnahmen — juristische Rückschläge wegen Rechtswidrigkeit

Innenminister Alexander Dobrindt setzte früh in der Amtszeit auf Zurückweisungen an Grenzen und scharfe Kontrollen; Gerichte erklärten einzelne Anordnungen (z. B. Eilentscheidungen zu Zurückweisungen) für unwirksam. Dobrindts Fortsetzung dieser harten Linie trotz gerichtlicher Kritik zeigt: Exekutive Maßnahmen und Rhetorik, die Migranten kollektiv treffen, können rechtsstaatliche Kontrollen strapazieren. (Wikipedia)

Warum problematisch? Maßnahmen, die gerichtliche Entscheidungen aushebeln oder an deren Rändern operieren, gefährden das Vertrauen in Rechtsstaatlichkeit und erzeugen das Gefühl, bestimmte Bevölkerungsgruppen stünden außerhalb voller rechtlicher Schutzwirkung.


4) Linnemann / Union: irreführende oder übertreibende Darstellungen zum Bürgergeld und Druck auf Leistungsbezieher

Carsten Linnemann und andere Unions-Vertreter haben wiederholt das Bürgergeld als „arbeitsfeindlich“ und missbrauchsanfällig dargestellt; Faktenchecks und Fachanalysen zeigen, dass viele dieser Behauptungen übertrieben oder falsch gerechnet sind (z. B. falsche Rechenbeispiele, „Fake-Konstellationen“). Parallel drängt die Union auf härtere Sanktionen und Reformen, die Millionen von Bürgergeld-Empfängern betreffen würden. (portal-sozialpolitik.de)

Warum problematisch? Wenn Politiker über soziale Leistungen pauschalieren und mit fragwürdigen Zahlen Ängste schüren, entsteht ein «Wir-gegen-die»-Narrativ gegenüber armen oder sozial abgesicherten Menschen — gefährlich für Solidarität und soziale Stabilität.


5) Regierungspolitik: Reformpläne (Sanktionen / Einschnitte) und deren öffentliche Begleitung

In den letzten Monaten wurde eine Reihe von Reformvorschlägen und politischen Signalen diskutiert, mit dem Ziel, Bürgergeld/Grundsicherung zu verschärfen (z. B. härtere Sanktionen, Kürzungen, „Anreize für Arbeit“). Regierungsnahen Medien und Politiker begleiteten diese Vorhaben mit Diskursen, die implizieren, Leistungsempfänger seien „arbeitsscheu“ oder „Ausbeuter“ des Systems. Diese politische Agenda plus die polarisierende Rhetorik schafft ein Klima des sozialen Misstrauens. (DIE WELT)

Warum problematisch? Strukturelle Kürzungsprogramme und das Begleitnarrativ (Schuldzuschreibungen gegenüber Millionen von Leistungsbeziehern) erhöhen ökonomische Unsicherheit und die öffentliche Stigmatisierung großer Gruppen.


 

 


Chronologische Timeline – zentrale Ereignisse und politische Zuspitzungen (Mai–Oktober 2025)

Mai 2025 – Regierungsbildung und erste Leitlinien
Nach der Bundestagswahl formiert sich die neue Regierungskoalition unter CDU/CSU-Führung. Bereits in den ersten Regierungserklärungen fällt eine Betonung von „Leistungsethik“ und „Eigenverantwortung“, begleitet von Kritik am Bürgergeld. Erste Warnungen aus Sozialverbänden vor „Stigmatisierung sozial Schwacher“ erscheinen in Der Spiegel und Tagesschau.de.

Juni 2025 – Bürgergeld-Debatte eskaliert
Carsten Linnemann fordert „harte Sanktionen für Arbeitsunwillige“; Bild und Focus verbreiten Rechenbeispiele, die später von Deutschlandfunk und Correctiv als irreführend entkräftet werden. Sozialverbände warnen vor einer „neuen sozialen Kälte“.

Juli 2025 – Asyl- und Grenzpolitik verschärft
Innenminister Dobrindt kündigt „Null-Toleranz-Zonen“ und schnellere Abschiebungen an; juristische Fachverbände und Amnesty International kritisieren, dass einige Maßnahmen gegen EU- und Menschenrechtsnormen verstoßen. Erste Eilverfahren vor Verwaltungsgerichten folgen.

August 2025 – Renten- und Sozialreformdiskurs
Diskussionen um eine Rentenangleichung führen zu öffentlicher Verunsicherung. Markus Söder fordert eine „Leistungsorientierung auch bei Renten“, was von Gewerkschaften als sozial spaltend bewertet wird. Ältere Wählergruppen fühlen sich gezielt abgewertet.

September 2025 – Regierungskampagne zu „Integration durch Ordnung“
Friedrich Merz präsentiert das Konzeptpapier zur „geordneten Migration“ mit dem viel diskutierten Verweis auf „Veränderungen des Stadtbildes“. Kritik kommt aus Kirchen, NGOs und der Wissenschaft: Die Wortwahl fördere Ressentiments und verallgemeinere soziale Probleme.

Oktober 2025 – Eskalation der öffentlichen Rhetorik
Merz verteidigt seine Wortwahl trotz Protesten; Jens Spahn sekundiert in Talkshows mit dem Satz, „man sehe die Zustände doch mit eigenen Augen“. Demonstrationen und Gegendemonstrationen zeigen, dass das Thema die Bevölkerung polarisiert. Parallel weist das Verwaltungsgericht Berlin Teile von Dobrindts Anordnungen zur Grenzpraxis als rechtswidrig zurück.

Quellen, die die Kernaussagen des Telepolis-Artikels stützen

(Die wichtigsten belastbaren Quellen der letzten Monate, die die oben skizzierten Punkte dokumentieren)

  • Berichterstattung und Analysen zur Merz-„Stadtbild“-Debatte: Deutschlandfunk, Die Welt, ZDF/Politbarometer — zeigen unmittelbare öffentliche Polarisierung und Proteste. (Deutschlandfunk)

  • Faktenchecks / Recherche zu Bürgergeld-Behauptungen (gegen irreführende Rechnungen / Beispiele): Deutschlandfunk, Portal-Sozialpolitik. Diese Quellen belegen, dass Aussagen von Unions-Vertretern teils falsch oder irreführend sind. (Deutschlandfunk)

  • Gerichtliche Entscheidungen und Analysen zu Dobrindts Zurückweisungen / Asylpraxis (VG Berlin, Urteil u. Berichterstattung): zeigt Konflikt zwischen Exekutive-Vorgehen und Rechtsstaat. (Wikipedia)

  • Medien-Analysen zu Regierungsprogramm und sozialpolitischen Reformplänen (Welt, Focus, ZDF): dokumentieren konkrete politische Vorstöße, die Millionen Menschen betreffen. (DIE WELT)


Zu den explizit genannten Politikern (Merz, Spahn, Linnemann, Dobrindt, Söder)

  • Merz: Verantwortlich für die prägende, polarisierende „Stadtbild“-Initiative; seine Wortwahl wurde als pauschalisierend interpretiert und löste Proteste und breite Debatten aus. (Deutschlandfunk)

  • Spahn: Hat Merz verbal gedeckt und Migranten-kritische Narrative wiederholt — stärkt die Polarisierung. (DIE ZEIT)

  • Linnemann: Behauptungen zum Bürgergeld wurden von Experten und Faktencheckern als irreführend widerlegt; er treibt eine Politik härterer Sanktionen voran. (portal-sozialpolitik.de)

  • Dobrindt: Führte restriktive Maßnahmen (u. a. Zurückweisungen) ein; Gerichte kassierten einzelne Anordnungen — zeigt Konflikt Exekutive vs. Rechtsstaat. (Wikipedia)

  • Söder: Es kursieren in Sozialen Medien Zuschreibungen und angebliche Zitate, die ihn als „Rentner-kritisch“ darstellen; mehrere Faktenchecks kommen aber zu dem Schluss, dass konkrete, weithin zitierte Zuschreibungen nicht belegbar sind. Kritiker werfen ihm trotzdem gelegentlich populistische Rentner-Rhetorik vor — hier ist Quellenlage sensitiver und teilweise korrigiert worden. (APA)

Wichtig: Wo konkrete, belastbare Zitate fehlen (z. B. bei manchen angeblichen Söder-Aussagen), weise ich auf Faktenchecks hin — Falschzitate sind Teil der Politisierung und untergraben die sachliche Debatte. (APA)


Wie gefährdet diese Art von Politik und Rhetorik die Demokratie?

  1. Erosion des gesellschaftlichen Vertrauens: Pauschalisierungen gegenüber großen Gruppen (Migranten, Leistungsbezieher, Rentner, Geringverdiener) schaffen «Sündenböcke» — Solidarität schwindet, Polarisierung nimmt zu. (s. Merz/Spahn/Linnemann-Beispiele). (Deutschlandfunk)

  2. Legitimationsdruck auf Rechtsstaatlichkeit: Wenn Exekutiventscheidungen (z. B. Dobrindt-Zurückweisungen) trotz juristischer Rügen fortgesetzt werden, untergräbt das Vertrauen in unabhängige Institutionen. (Wikipedia)

  3. Stigmatisierung großer Bevölkerungsgruppen: Das politische Narrativ, Millionen Menschen seien „faul“ oder „Missbraucher“, führt zu sozialer Ausgrenzung und politisch verstärkter Diskriminierung. (Deutschlandfunk)

  4. Normalisierung von scharfer Sprache in der Mitte: Wenn Spitzenpolitiker sprachliche Grenzüberschreitungen begehen und diese toleriert/verteidigt werden, verschiebt sich die öffentliche Debattenkultur in Richtung Entmenschlichung von Gegnern oder Betroffenen. (DIE WELT)

  5. Gefahr politischer Instrumentalisierung: Auch falsche oder irreführende Zahlen (z. B. zu Bürgergeld) werden genutzt, um Einschnitte durchzusetzen — das schwächt demokratische Kontrolle, wenn die Debatte nicht mehr auf Fakten basiert. (portal-sozialpolitik.de)


Fazit — Wie wichtig ist der Telepolis-Artikel heute?

Sehr wichtig. Die von Telepolis im Januar 2025 beschriebene Furcht vor einem Aushöhlen des sozialen Zusammenhalts durch politisches Kalkül oder unsorgfältige Rhetorik hat sich seither in mehreren Fällen bestätigt: spaltende Rhetorik (Merz/Spahn), irreführende Sozialdiskurse (Linnemann/Union), und exekutive Maßnahmen, die juristisch angegriffen wurden (Dobrindt) — all das sind reale Entwicklungen, die die Warnungen des Artikels stützen. Die demokratische Gefährdung läuft dabei weniger über einen plötzlichen Staatsstreich als über schleichende Prozesse: Normalisierung ausgrenzender Sprache, schwächere Solidarität, höherer Rechtfertigungsdruck für hartes Durchregieren.

Schlusskommentar

Wir wenden uns mittlerweile im Wahlberliner fast jeden Tag gegen die Machenschaften und Spins dieser Regierung, die leider genau so sind, wie wir schon vorher befürchtet hatten. Man mag es Erfahrung mit bestimmten Menschentypen nennen, die nichts Gutes im Schilde führen, man mag es analytisch auf deren Dienlichkeit für eine Gruppe abstellen, die auffallenderweise nie angegangen wird, nämlich die wahren Abzocker, die dreistellige Milliardenbeträge jedes Jahr dem Staat vorenthalten und es gibt nie einen Diskussionsbeitrag, der auf tatsächliche Ungerechtigkeiten auch im legalen Teil des Systems hinweist.

Diese Politiker werden nicht müde werden, das Land kälter und noch empathieloser zu machen, als es ohnehin ist, und wir werden nicht müde werden, dies zu dokumentieren und von Zeit zu Zeit auch Hintergründe zu benennen. Einer der nächsten Aufträge, die wir der KI erteilen werden, könnte in die Richtung gehen, dass sie Quellen wie Lobbycontrol und Abgeordnetenwatch auswertet und dabei auf die uns längst bekannte Tatsache stoßen wird, dass viele Politiker von Partikularinteressen gesteuert sind, nicht von der Idee beseelt, dem Volk oder der Bevölkerung zu dienen. Sie schaden dem Land und das Kapital wird dennoch weiterhin flüchten, was es faktisch schon seit Jahren tut und dabei gerne die Schuld daran der Politik zuweist, die es noch nicht hinbekommen hat, dass hierzulande soziale Standards wie in Subsahara-Afrika herrschen.

Die Wählenden, die nicht zur herrschenden Klasse gehören, merken nicht, dass sie sich von dieser Regierung gnadenlos gegeneinander aufhetzen lassen, und dass das so einfach ist, liegt natürlich an einer Mentalität, die in Deutschland immer latent vorhanden war und lediglich durch die Dominanz fortschrittlicherer Denker:innen in der öffentlichen Diskussion und Wahrnehmung einigermaßen im Zaum gehalten werden konnte. Aber jetzt wird man ja alles mal wieder sagen dürfen. Jetzt ist das Tor zur Nazi-Rhetorik weit offen und die Zerstörungen im System, die dadurch angerichtet werden, müssen nicht so aussehen wie im Zweiten Weltkrieg, um das Land abermals in eine schwere Krise zu stürzen.

Die finden hinter mehr oder weniger intakten Fassaden statt. Aber diese Art von Mehrheitsmentalität rächt sich immer. Das zeigt sich daran, dass Länder, in denen die Menschen einen gewissen Grad von Anstand, Würde und Solidarität wahren, weitaus besser funktionieren als solche, in denen alle aufeinander eindreschen (bzw. diejenigen, die nicht viel zu melden haben, auf denen herumhacken, die sie für noch schwächer halten). Alles kommt zurück, auch die Boshaftigkeit, die Niedertracht, die absolute Abwesenheit jedweden Mitgefühls mit anderen, die in der aktuellen Diskussion bei vielen Menschen spürbar ist. Das Erschreckende daran, und das wagen wir uns tatsächlich zu schreiben: Viele Migranten oder Einwandererkinder und -enkel, die schon lange im Land leben, zeigen genau dieselbe Denkweise, die schon die Deutschen dafür bewahrt, endlich empathischer zu werden – weil sie teilweise aus Kulturen stammen, in denen es auch nicht sehr fortschrittlich und liebevoll zugeht, und weil sie natürlich schon etwas etablierter zu sein glauben als jene, die sich hier erst einfinden müssen. Einfinden in einem Land, das zwar vernünftige Leistungen zum Überleben anbietet, aber dadurch noch lange keine Heimstatt, in der man willkommen ist.

Wir sind nicht dafür, Problem zu verschweigen, aber hier werden riesige Gruppen diskriminiert, deren Mitglieder mehrheitlich ihr Ding ähnlich machen wie die autochthonen Deutschen. Nicht perfekt, nicht immer gesetzestreu, aber so, wie in dieser Gesellschaft üblich. Wir haben sie oben nicht alle benannt, weil die KI zum Beispiel nicht stärker auf die Rentendiskussion und gar nicht auf den Angriff auf die Arbeitenden, sie leisten angeblich zu wenig, sie sind zu häufig krank und was noch alles eingegangen ist, sondern sich auf Migration und Bürgergeld konzentriert hat. Das lag aber auch an unserer Aufgabestellung, wir hätten auch die Benennung von zehn Beispielen fordern und eine stärkere Konkretisierung der vielen Gruppen, denen diese Regierung schon eingeschenkt hat und damit Menschen, die diesen Laden, dieses Land am Laufen halten, in den Frust treiben, vornehmen können.

Wir haben die Ampelregierung in mancher Hinsicht stark kritisiert, aber zumindest die SPD und die Grünen haben nicht versucht, die Demokratie im Kern zu beschädigen.

Nämlich dort, wo sie besonders verletzlich ist. Dort, wo Insitutionen den Zerfall nicht aufhalten können, wenn über sie hinaus, jenseits von ihnen die Gesellschaft einen Grundkonsens darüber haben muss, was ein anständiger Umgang miteinander ist. Der wird mittlerweile von vielen Seiten infrage gestellt, und die Analyse der Ursachen dafür ist komplex und Abhilfe zu schaffen, auf keinen Fall billig.

Der Ansatz des Artikels, den wir verlinkt und zum Anlass für die aktuelle Betrachtung genommen haben, ist übrigens vom Bildungssystem her orientiert, die Autorin arbeitet in diesem System. Dass die neue Regierung noch keine Bildungsinitiative ergriffen hat, sondern den Mangelzustand verwalten, vermutlich sogar verschärfen wird, passt aber zu ihrem sonstigen Verhalten. S 

Die neue Regierung geht nicht diese Ursachen an, sondern macht Menschen noch missmutiger, versucht, ihre Fähigkeit zum konstruktiven Miteinander noch mehr zu beschädigen, um zu teilen und herrschen zu lassen. Das ist die verantwortungsloseste Politik, die man sich in einer Demokratie vorstellen kann, wenn man Demokrat ist, an diese Staatsform glaubt und sie bewahren möchte. Erst werden die Menschen gegeneinander, dann gegen die demokratischen Institutionen aufgebracht, dann ist es ganz leicht, diese zu schleifen, wie sich in anderen Ländern in den letzten Jahren gezeigt hat und gerade zeigt. Denn Demokratie braucht Menschen, die von ihr überzeugt sind, um überlebensfähig zu sein. Eine Mehrheit ist dazu nicht erforderlich, aber eine starke Zivilgesellschaft, die sich schützend vor diese Ordnung stellt. Von den so erfolgreichen Rechtspopulisten, die der Bevölkerung ohne großes Aufbegehren einer zu schwachen Zivilgesellschaft ein Recht nach dem anderen wegnehmen, schaut sich die aktuelle Regierung viel ab. Und wir haben es zugelassen (nicht wir im Sinne des Autors, wir waren nicht so menschenfeindlich gestimmt, Friedrich Merz zu wählen) und wir werden dafür bezahlen. Alle, die nicht andere sowieso immer für alles bezahlen lassen, werden noch merken, was auf uns zukommt.

Man muss geradezu hoffen, dass sich vieles als heiße Luft erweisen wird, was diese Regierung plant oder großmäulig verkündet, aber auch heiße Luft verbessert die Atmosphäre nicht, sondern heizt sie eben zusätzlich an – zugunsten der AfD, wie aktuelle Umfragen eindeutig belegen. 

TH


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