The Score (USA / DE 2001) #Filmfest 1059

Filmfest 1059 Cinema

The Score ist ein Spielfilm aus dem Jahr 2001 mit Robert De Niro, Edward Norton und Marlon Brando in den Hauptrollen. Er gehört zu dem Genre der Heist-Movies und war der letzte Kinofilm mit Marlon Brando, der 2004 starb.

Melancholie ist nicht der Grundton des Films, wird aber dominierend, wenn Robert de Niro und Marlon Brando zusammen auf der Leinwand oder dem Bildschirm zu sehen sind. Brando zählte zu de Niros Vorbildern, als er sich seine Sporen im Schauspielgeschäft verdiente und spielte die Rolle des Don Vito Corleone in „Der Pate 2“ aus dem Jahr 1975, die im ersten Teil der Mafia-Hymne Marlon Brando innehatte. Diese Reunion drei Jahre vor Brandos Tod hat etwas sehr Sentimentales und wir beschreiben in der –> Rezenson, wie das zu einem sehr techniklastigen Heist-Movie passt, das im selben Jahr entstand wie der berühmte „Ocean’s Eleven“, in dem die halbe Hollywood-Elite zugegen war.

Handlung (1)

Nachdem der in die Jahre gekommene kanadische Meisterdieb Nick Wells bei einem Routine-Einbruch fast erwischt worden wäre, beschließt er, sich zur Ruhe zu setzen. Zusammen mit seiner Geliebten, der Flugbegleiterin Diane, will er ein legales Leben führen. Wells betreibt eine Jazzkneipe und hat es bis jetzt geschafft, eine bürgerliche Fassade aufrechtzuerhalten. Er lässt sich jedoch von seinem Auftraggeber Max zu einem letzten großen Coup überreden. Ziel ist ein französisches goldenes Königszepter im Wert von 30 Millionen Dollar. Allerdings muss Wells für diesen Auftrag zwei seiner wichtigsten Prinzipien über Bord werfen: Zum ersten Mal operiert er in seiner Heimatstadt Montreal und hat zudem noch einen Partner.

Sein Partner Jack hat den komplizierten Coup schon akribisch vorbereitet: Als debiler Reinigungsmann Brian getarnt, hat er Zugang zum Zollgebäude, in dem das Zepter lagert. Keiner der Wachleute sieht in ihm eine Gefahr. Mit seinem Insiderwissen sollte der Coup gelingen aber er braucht Nick, um den Tresor zu öffnen. Jack und Nick haben von Anfang an eine starke Antipathie zueinander. Jack ist Nick zu aufdringlich und unvorsichtig.

Gemeinsam kaufen sie einen Zugangscode von einem Hacker, bei dessen Übergabe es fast zu einer Schießerei kommt. Nick hat diverse Bedenken und will das Projekt eigentlich abbrechen. Max bittet ihn, den Coup doch noch zu machen, da er sich bei einem Mafiaboss Geld geliehen hat. Hat Nick keinen Erfolg, werde er vom Mafiaboss beseitigt. Aus Solidarität mit Max entscheidet sich Nick um.

Nick schleicht sich über ein Abwasserrohr in das Zollgebäude ein. Jack schaltet derweilen die Sicherheitssysteme aus, wobei er von seinem Vorgesetzten enttarnt wird, woraufhin er diesen bedroht und wegsperrt. Nick öffnet den Tresor mithilfe von Wasserdruck und gelangt so an das Zepter. Jack arbeitet jedoch auf eigene Rechnung. Unmittelbar nach dem erfolgreichen Raub bedroht er Nick noch im Tresorraum mit einer Waffe und lässt sich die Tasche mit dem Zepter geben. Er zwingt Nick, seine Maske abzunehmen und setzt ihn so der Gefahr aus, auf der Videoüberwachung erkannt zu werden. Jack, enttarnt durch seinen Vorgesetzten, gelingt die Flucht.

Nick gelingt unerkannt die Flucht durch den Kanal. Kurze Zeit später ruft Jack Nick an, um seinen Triumph auszukosten. Dabei stellt sich jedoch heraus, dass Nick Jack nicht traute und das Zepter vorher unbemerkt durch ein Stück Schrott ausgetauscht hatte. Während sich Nick unerkannt absetzen und sich mit seiner Freundin zur Ruhe setzen kann, eröffnet die Polizei eine landesweite Jagd auf Jack.

Rezension

„Frank Oz, bekannt für leichtgewichtige Komödien wie ‚In & Out‘ und ‚Bowfingers große Nummer‘, hat seinen ersten dramatischen Film zu einem persönlichen Prestigeobjekt erkoren – und hoffnungslos mit prätentiösem Schnickschnack überfrachtet. Das getragene Tempo lässt kaum Spannung aufkommen, die Pointe ist absehbar.“ – Cinema[1]

„Ein ganz dem Gangsterfilm klassischer Ausrichtung verpflichteter Krimi, der die alten Mythen und Ehrbegriffe aufleben lässt und sich in erster Linie auf den Vater-Sohn-Konflikt seiner beiden Protagonisten konzentriert. Ein betont altmodisch erzählter Film in getragener, weitgehend gewaltfreier Inszenierung.“ – Lexikon des internationalen Films[2]

„Einer der besten Heist-Filme der letzten Jahre“ – Roger Ebert[3]

Während „Ocean’s Eleven“ ein Welterfolg wurde, kam „Score“ kaum zu Bekanntheit, auch wenn Roger Ebert den Film mochte und wenn Roger Ebert etwas sagt, hat es Gewicht. Auf eine Weise repräsentieren diese beiden Filme zwei Linien und zwei Generationen in Hollywood. Während de Niro als Einzelgänger gilt und vor allem im italienisch-amerikanischen Filmmilieu verortet war, als er zu großem Erfolg kam, zusammen beispielsweise mit Al Pacino und mit Martin Scorsese oder, in „Der Pate 2“ mit Francis Ford Coppola, waren Clooney, Pitt, Damon, Julia Roberts und die anderen in „Ocean’s Eleven“ die angesagte Combo, die Mitte der Filmstadt-Society, die Pets der Frauen und die Träume fast eines jeden Mannes von Erfolg und Glamour. Durch Brandos nostalgischen Einsatz verstärkt sich dieser Unterschied dahingehend, dass man unterschiedliche Generationen und Zelluloid-Philosophien am Werk sieht.

Schon das Vorbild von „Ocean’s Eleven“, in Englisch namensgleich, in Deutschland „Frankie und seine Spießgesellen“ (1960) spiegelte eine ähnliche Konstellation, mit dem Einsatz beliebter Schauspieler-Entertainer einerseits und Marlon Brando auf der anderen Seite, der sich als egozentrischer Einzelgänger durchschlug und mit der Zweitverfilmung von „Meuterei auf der Bounty“ 1961 einen katastrophalen und sehr teuren Flop landete. Auch de Niros Karriere schwankt bis heute zwischen anerkannten, sogar herausragenden Leistungen und Filmen, denen etwas fehlt, was man vielleicht nur durch den Glanz von Stars wie Clooney, Pitt oder Roberts ersetzen kann, damit trotzdem gute Einspielergebnisse herauskommen, man als sichere Bank gilt, aber nicht durch die unbestrittenen darstellerischen Fähigkeiten von de Niro. Deswegen gelangte de Niro nur Anfang der 1990er, nach großen Erfolgen wie „Goodfellas“ in die Gagenregionen, in denen sich damals Julia Roberts, Richard Gere oder Harrison Ford aufhielten.

Im Fernsehen laufen derzeit viele De-Niro-Filme, daher wird mein Bild über seine Arbeiten kompletter, jenseits von Werken, in denen nicht nur seine Leistung, sondern alles, was sich mit ihnen verbindet, brillant ist, wie „The Deer Hunter“ (1978), „Wie ein wilder Stier“ (1980) oder einem meiner absoluten Lieblingsfilme, „Es war einmal in Amerika“ (1983). Je kompletter aber dieses Bild wird, desto mehr verstehe ich, warum de Niro sich, immer mit hohem persönlichem Einsatz und Perfektionsdrang, nicht immer so in Szene setzen kann wie in den genannten Meisterwerken. „The Score“ beispielsweise wird überschattet von Brandos Abschiedsvorstellung, auch wenn der Gigant der 1950er, der mit „Der Pate“ noch einmal groß auftrumpfte, de Niro nicht schauspielerisch dominiert. Und da gibt es noch „Nick“, flirrend gespielt von Edward Norton und nach dem Vorbild seiner Rolle eines Delinquenten, der auf psychisch erkrankt spielt und damit durchkommt, die er in seinem Debüt „Primal Fear“ innehatte. In „The Score“ fickt er nicht den arroganten Anwalt, wie in „Primal Fear“, der seinerzeit von Richard Gere gespielt wurde, sondern zieht den Kürzeren gegenüber dem sympathischen Einbruchskünstler Nick. Trotzdem hat er die interessantere Rolle, als Technikfreak des neuen Jahrtausends, der mit den hier vorhandenen Sicherungsmechanismen allerhand Schabernack treibt, denn ohne ihn käme Nick niemals an die komplex gesicherte Beute, ein französisches Zepter aus dem 17. Jahrhundert, heran.

Sie müssen zusammenarbeiten, aber es ist alles andere als eine Herzensangelegenheit, es ist nicht Big Fun, wie in „Ocean’s Eleven“, auch wenn beide Filme die moderne Variante des Genres pflegen, dass ein sympathischer Einbrecher allemal das Recht hat, mit seiner Beute zu entkommen, wie sie erstmals in „The Thomas Crown Affair“ (1966) mit Steve McQueen in Hollywood realisiert werden konnte, weil der Production Code abgeschafft worden war, der immer verlangte, dass Filme nach dem Muster „Verbrechen lohnt sich nicht“ funktionieren mussten. Dass damit die Möglichkeiten der Plotgestaltung recht eingeschränkt waren, wenn es um Heist-Movies ging, versteht sich von selbst. Immerhin kann die Tatsache, dass der Ausgang von Vermögensdelikten heute offen ist, dafür sorgen, dass diejenigen, die mehr Arbeit und Köpfchen in die Sache investieren, den Lohn davontragen. Was ist schon solch ein Popanz von einem Sonnenkönig gegen zwei helle Hirne wie Nick und Jack? Gerade bei Bankraub und Ähnlichem wird auf diese Weise das Gerechtigkeitsgefühl vieler von uns befriedigt, obwohl die erwähnten Filme vor der Finanzkrise gedreht wurden, die vollends offenlegte, mit welch gruseligen Charaktern man es beim Investmantbanking zu tun hat. Schön hat diese Seite ein anderes Darling der Filmindustrie, Leonardo di Caprio, in „The Wolf of Wall Street“ (2013) verkörpert, der übrigens trotz seines Namens nicht zur „Italian Connection“ Hollywoods zählt, sondern zur Garde der Stars, von denen wir oben einige in Bezug auf „Ocean’s Eleven“ erwähnt hatten.

Der forcierte Einsatz von Technik in Filmen wie diesem ist tricky und man fühlt sich unter anderem an Jean-Pierre Melvilles „Vier im roten Kreis“ (1970) erinnert, der zu Recht berühmt geworden ist, aber bei der Plotgestaltung kleinere Schwächen hat. 2001 war die Sicherungstechnik weiter, also mussten auch die beiden Männer, die sie überwinden wollten, viele Hürden meistern. Dabei kommt es ebenfalls zu Ungerheimtheiten, zum Beispiel die Kamerawinkel betreffend oder bezüglich des Verhaltens des Wachpersonals. Einen totalen Bildschirmausfall hätten die beiden Wachleute unbedingt sofort bzw. schon beim ersten Mal melden müssen und schon gar nicht hätten sie beim zweiten Mal so lange warten dürfen, bis sie reagieren. Immerhin war zu dem Zeitpunkt schon bekannt, dass das Zepter ein besonders wertvolles Objekt ist (offenbar um 30 Millionen Dollar, was heute mindestens dem Doppelten entspräche, Inflation und Auftrieb am Markt für Kunst und Antikes zusammengerechnet).

Finale

Und in der Tat ist der Film, ist selbst der Höhepunkt der Tatausführung recht gemächlich gefilmt. Das gibt den Charakteren Raum und ein Heist-Movie lebt von der Dramaturgie, dass das Zusammenfinden der Akteure, die Erstellung des Planes, die Ausführung, die Probleme, die Bruchstellen und, in der klassischen Variante, der Fail wegen einer Kleinigkeit, unterschiedlich anmuten und vor allem dann sind solche Filme gut, wenn der langsamere erste Teil von tollen Charakteren spannend gemacht wird, wie wir sie im Vater aller Heist-Filme sehen, „Rififi“ (1955). Oder man nimmt eben ein unterhaltsames großes Ensemble, wie in „Frankie und seine Spiegesellen“ und seinem Remake. Die Reduktion auf nur drei im Boot, von denen nur zwei an der Ausführung beteiligt sind und dem Mangel an einem versierten Gegenspieler sowie der Tatsache, dass eine Frau auf sehr altmodische Weise nur das Love Interest darstellt, dem sich der Meisterdieb nach dem Karriereende zu widmen gedenkt, das lässt „The Score“ ein wenig hohl wirken.

Für mich persönlich wird das auch nicht dadurch ganz ausgeglichen, dass Nick einen Jazzclub besitzt, sein offizielles Business, und mir dadurch und durch seine sehr nette Art sympathisch wird. Eines der besten Heist-Movies der 1990er und frühen 2000er mag der Film bezüglich der Technik des Verbrechens sein, trotz der erwähnten Schwächen. Doch als Gesamtwerk, das vor allem unterhalten soll, fehlt ihm das Besondere, das Rezipienten, die nur den den einzelnen Film in den Blick nehmen, nicht durch das Schwelgen in filmhistorischen Momenten wie dem letzten Auftritt von Marlon Brando an der Seite seines künstlerischen Nachfolgers Rober de Niro substituieren können.

64/100

© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2021)

Regie Frank Oz
Drehbuch Daniel E. Taylor, Kario Salem, Lem Dobbs, Scott Marshall Smith
Produktion Gary Foster, Lee Rich
Musik Howard Shore
Kamera Rob Hahn
Schnitt Richard Pearson
Besetzung

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