Taiwans verfassungsrechtlicher Showdown (Verfassungsblog + Kommentar + Zusatzinfos + Sonderthema Todesstrafe) | Briefing 563 | #Geopolitik, #Demokratie in #Gefahr #DiG, #Gesellschaft #Taiwan #China

Briefing 563 Geopolitik Taiwan, DiG, Gesellschaft, Verfassungsrecht, Checks and Balances, Verfassungsblock, Machtenteilung, Demokratie in Gefahr, World Democracy Index, Spitzenstellung in Asien

Der Samstag ist der Tag des Rechts beim Wahlberliner. Besonders derjenige des Verfassungsrechts. Gerne schauen wir immer wieder mit Editorials und anderen Artikeln des Verfassungsblogs auf Deutschland und über Deutschland hinaus.

Denn überall auf der Welt ist der Kampf Demokratie gegen Autokratie in vollem Gange und zu selten wird bei uns über andere Länder berichtet, in denen ähnliche Kämpfe ausgefochten werden wie bei uns oder welche, die noch viel härter sind, weil die Autokratisierung der Staaten, in denen sie stattfinden, weit vorangeschritten ist. Taiwan gilt als eine der wenigen vollständigen Demokratien in Asien, aber es steht unter Dauerdruck durch China. Verständlich, dass jede Veränderung des demokratischen Status auch unter diesem Gesichtspunkt bewertet wird. Wir kommentieren noch einmal kurz unterhalb des Artikels.

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Taiwans verfassungsrechtlicher Showdown / Ein Brief aus Taipei von Yen-Tu Su und Yung-Djong Shaw

Am Spätabend des 28. Mai drückte der Legislativ-Yuan (LY, Taiwans Einkammerparlament) im Namen einer parlamentarischen Reform ein umstrittenes Gesetzespaket durch. Die Gesetze waren der erste große Erfolg der neu gebildeten Koalition aus Kuomintang (KMT) und Taiwanischer Volkspartei (TPP), die seit den Wahlen im Januar die Parlamentsmehrheit stellt. Sie wurden hastig gegen den erbitterten Widerstand der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) verabschiedet, die im semipräsidentiellen System Taiwans die Kontrolle über das Präsidentenamt und die Exekutive behält. Diese Gesetzgebungssaga löste die sogenannte Bluebird-Bewegung aus, einen groß angelegten Bürgerprotest, der uns in vielerlei Hinsicht an die Sunflower-Bewegung von 2014 erinnert. Im Gegensatz zu ihren Sunflower-Vorgänger:innen gelang es der Bluebird-Bewegung diesmal aber nicht, den Gesetzgebungsprozess zu stoppen. Nach dem Ende des Gesetzgebungsmarathons zogen sich die Demonstrierenden von den Straßen zurück. Sie versprachen jedoch, den Kampf fortzusetzen – wohl wissend, dass dies nur der Auftakt einer langen Reihe verfassungsrechtlicher Showdowns war.

Zu spät oder zu viel?

Die umstrittene Gesetzgebung hat drei Hauptbestandteile.

Erstens soll die legislative Aufsicht über den Präsidenten gestärkt werden, indem seine Erklärung zur Lage der Nation – ein verfassungsrechtlicher Mechanismus, der seit mehr als zwei Jahrzehnten ausgesetzt ist – wieder jährlich und anlassbezogen angehört wird, ähnlich wie eine parlamentarische Anfrage. Zweitens werden neue Anforderungen an das Bestätigungsverfahren gestellt, indem etwa Dokumente mit eidesstattlichen Erklärungen der Nominierten vorgelegt werden und namentlich abgestimmt werden muss. Schließlich stärkt und weitet die Reform die Untersuchungsbefugnisse der Mitglieder des LY erheblich. Die parlamentarische Befragung kann so Minister:innen und Regierungsbeamte effektiver zur Rechenschaft ziehen. Die Befragten sind nun verpflichtet, anwesend zu sein und Fragen zu beantworten. Gegenfragen sind verboten. Der LY und seine ständigen Ausschüsse sind außerdem befugt, nicht nur von allen Regierungseinheiten (einschließlich des Militärs), sondern auch von Privatpersonen und Unternehmen Dokumente zu beschaffen und Zeugenaussagen zu erzwingen. Jede Art von „Missachtung des Parlaments“ wird mit einer Geldstrafe geahndet, die der LY durch Abstimmung im Plenum verhängen kann. Falschaussagen von Regierungsbeamten sind strafbar und können mit bis zu einem Jahr Haft geahndet werden. So würde das heftig umstrittene Gesetz die Spielregeln der Demokratie in Taiwan also von Grund auf verändern.

Die Befürworter des Gesetzes halten diese Reformmaßnahmen für längst überfällig, um die allmächtige Exekutive sinnvoll und effektiv parlamentarisch kontrollieren zu können. Mit den neuen Ermittlungsbefugnissen soll der LY zur „Sonderstaatsanwaltschaft der Opposition“ werden und verdeckte Korruption in der Regierung aufdecken. Dagegen befürchten Kritiker:innen des Gesetzes, dass Taiwans Demokratie einer Abwärtsspirale von Verschwörungen, „Gotcha“-Politik und sogar McCarthyismus zum Opfer fallen könnte, wenn es keine ausreichenden Kontrollmechanismen gibt, die verhindern, dass die gesetzgebende Mehrheit die neuen parlamentarischen Untersuchungsbefugnisse als Waffe einsetzt und missbraucht. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit und Solidität der KMT-TPP-Reformvorschläge haben mehr als 120 Rechtsprofessor:innen (darunter auch einen der Autor:innen) dazu veranlasst, einen offenen Brief zu unterzeichnen, der die weitere Prüfung der Gesetzentwürfe fordert. Die Appelle blieben jedoch erfolglos.

„Keine Diskussion, keine Demokratie“ und der China-Faktor

Mindestens genauso bedenklich wie der Inhalt des KMT-TTP-Reformpakets ist die Art und Weise, wie es durch den Gesetzgebungsprozess gepeitscht wurde. Es gab keine ernsthaften Beratungen in den Ausschüssen, öffentlichen Konsultationen oder Verhandlungen zwischen den Parteien. Stattdessen war der gesamte Gesetzgebungsprozess von Geschrei, Schlägereien, verkürzten Debatten und zahllosen parteiliniengetreuen öffentlichen Abstimmungen (durch Handzeichen) geprägt. Die konsolidierten KMT-TPP-Vorschläge wurden bis zur letzten Minute streng geheim gehalten, und die endgültigen Ergebnisse enthalten bemerkenswerte Ungereimtheiten, Unklarheiten und Flüchtigkeitsfehler.

Die KMT-TPP-Gesetzgeber behaupteten, sie hätten lediglich eine dringend notwendige Reform beschleunigt, die die DPP während ihrer Regierungszeit versprochen, aber nicht umgesetzt habe. Wenn jemand für den chaotischen Prozess verantwortlich gewesen sei, dann die obstruktive und heuchlerische DPP. Große Teile der Öffentlichkeit hielten die überstürzte und nachlässige Gesetzgebung jedoch schlichtweg für inakzeptabel. Während der Plenarsitzung und außerhalb des Plenarsaals skandierten Zehntausende von Bluebird-Demonstrierenden „Keine Diskussion, keine Demokratie“. Deren Besorgnis über die Aushöhlung der Demokratie mag durch die drohende Einmischung Chinas noch verstärkt worden sein. Dass der Fraktionsvorsitzende der KMT im April eine Delegation nach China entsandt hatte, nährte den Verdacht, dass hinter dem Gesetz Hintergedanken steckten. Das wiederum verstärkte den Widerstand der DPP und großer Teile der Zivilgesellschaft.

Vorschau: Runde zwei und drei

Nachdem die DPP-Regierung die Gesetze am 5. Juni verkünden sollte, beantragte sie, die beiden Gesetzentwürfe zur Parlamentsreform gemäß Zusatzartikel 3 der Verfassung durch das LY „erneut prüfen“ zu lassen. Runde zwei des Verfassungsshowdowns. Im Gegensatz zum Vetorecht des Präsidenten in vielen anderen präsidentiellen oder semipräsidentiellen Demokratien ist der Überprüfungsmechanismus in Taiwan jedoch ein eher schwaches Vetorecht, das eine Mehrheit der Mitglieder des LY überstimmen kann. Genau das haben die KMT-TTP Gesetzgeber nun am 21. Juni vor. Angesichts der extremen parteipolitischen Polarisierung, die das demokratische politische Leben in Taiwan (und anderswo) prägt, wurde alle Hoffnung darauf, dass die erneute Überprüfung den Konflikt entschärfen würde, schnell zerstreut. Denn keine der Konfliktparteien war daran interessiert, den Streit durch einen politischen Kompromiss beizulegen.

Sobald der Präsident die Gesetze verkündet, ist es so gut wie sicher, dass die DPP-Gesetzgeber und/oder der Exekutiv-Yuan (Taiwans Kabinett) das taiwanische Verfassungsgericht (TCC) anrufen werden. Das wäre Runde drei des Showdowns. In ruhigeren Zeiten hätte das TCC vielleicht genug moralische und politische Autorität gehabt, um diese Art von Verfassungsstreit zu beenden. Leider leben wir in einer viel gefährlicheren Zeit, in der das TCC schweren politischen Angriffen ausgesetzt ist. Alle amtierenden Richter:innen des TCC wurden von der DPP-Vorsitzenden Tsai Ing-wen ernannt, und sieben von ihnen werden das Gericht bis Ende Oktober verlassen, da ihre Amtszeit ausläuft. Sollte das TCC in seiner jetzigen Zusammensetzung eine einstweilige Verfügung erlassen oder in der Sache entscheiden, werden einige es als voreingenommen diffamieren. Tatsächlich haben viele KMT-Politiker:innen bereits damit begonnen, das TCC populistisch anzugreifen, da das Gericht voraussichtlich im Sommer über die Verfassungsmäßigkeit der – in Taiwan sehr populären – Todesstrafe entscheiden wird. Der bevorstehende politische Kampf um die Ernennung neuer Richter:innen, die der Präsident nominiert und das Parlament bestätigt, könnte dem TCC weiter schaden. Fest steht: Der Hüter der Verfassung könnte bald die Hilfe der lebendigen taiwanischen Zivilgesellschaft brauchen, um den aufziehenden politischen Sturm zu überstehen.

Mit Ironie leben

Für uns ist der laufende Verfassungsshowdown voller Ironie. Die Informationsbefugnisse des LY zu stärken, mag eine gute Regierungsreform sein, die durch eine gespaltene Regierung ermöglicht wurde. Aber wie die Gesetze zustande kamen, lässt die ganze Reform in einem schlechten Licht erscheinen. Gleichzeitig hat sich die Bluebird-Bewegung zwar als äußerst wachsam gegenüber parteipolitischer Zersetzung erwiesen, aber indem sie politischen Verrat witterte, könnte sie den diskursiven Graben noch vertieft haben.

Taiwan könnte eine strukturelle Verfassungsreform dringend gebrauchen, aber wir scheinen auf unabsehbare Zeit in unserem ambivalenten Status quo gefangen. Dieser Showdown stellt die Widerstandsfähigkeit der taiwanischen Demokratie fraglos auf eine harte Probe.  Aber wenn wir, das taiwanische Volk, diesen Showdown als Chance nutzen können, um eine bessere Teilung von Macht und Parteien zu kultivieren, wird unsere Demokratie gestärkt daraus hervorgehen.

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Kommentar und Infoblock „Politik in Taiwan“, Sonderthema Todesstrafe

Kann mehr Demokratie in Wirklichkeit weniger Demokratie sein? Taiwan hat sich im Democracy Index über die Jahre eine herausragende Stellung erarbeitet, es gilt als das demokratischste Land Asiens und in der zusammengefassten Region „Australasia“ liegt nur Neuseeland noch etwas besser. Wird diese Stellung durch die oben besprochenen Reformen im Sinne eine stärkeren Parlamentskontrolle weiter verbessert oder ist sie der Anfang einer Kehrtwende, die letztlich chinafreundlichen Kräften die Angliederung Taiwans an China erleichtern soll, ohne dass es zum Krieg kommt? Dass die Kuomintang dabei eine wichtige Rolle spielt, ist insofern historisch interessant, als deren Köpfe und viele Anhänger nach dem Sieg der KPCh im Jahr 1949 nach Taiwan flohen.

In ganz „Australasia“ gibt es nach diesem Index nur fünf vollständige Demokratien, darunter neben Neuseeland und Australien, in Asien sogar nur drei: Taiwan, Japan und Südkorea, in der Reihenfolge ihres Rankings. Kein Wunder, dass gemäß Economist nur acht Prozent der Weltbevölkerung in vollständigen Demokratien leben, denn neben China als vollständiger Diktatur wird auch Indien mit seiner mittlerweile sogar etwas größeren Bevölkerung (jeweils über 1,4 Milliarden Menschen) demnach nicht als vollständige, sondern als „fehlerhafte“ Demokratie angesehen.

Das heißt auch, Taiwan hat im gesamten asiatischen Raum eine Leuchtturmfunktion, ähnlich wie in Europa die skandinavischen Staaten. Auch bemerkenswert: Taiwan liegt im 2023er Index zwei Plätze vor Deutschland (Rang 10 und 12 weltweit). Es gibt in diesem Land also viel zu verteidigen, und das merkt man nach unserer Ansicht der Diskussion an: Sie findet auf einem Niveau statt, auf dem es nicht darum geht, Grundfreiheiten der Bürger:innen zu erhalten oder endlich zu gewährleisten, sondern um eine Verschiebung im Bereich der „Checks and Balances“, die nicht zwangsläufig, aber möglicherweise der Demokratie schadet – je nachdem, wie die Machtverschiebung, die auf den ersten Blick wirkt, als ob das Parlament die Regierung besser kontrollieren und damit (noch) mehr Demokratie erwirken kann, genutzt wird.

Außerdem dreht sich der Diskurs darum, dass das Gesetzespaket offensichtlich für taiwanische Verhältnisse ziemlich rüde und die Änderungen selbste in wenig elaborierter Form durchgesetzt bzw. aufgesetzt wurden. Eine Diskussion, die hierzulande prinzipiell ähnlich geführt werden könnte und unterhalb des Verfassungsrechts auch häufig so geführt wird. Auch über Änderungen der Verfassung selbst zugunsten ihrer Absicherung gegen rechts wird in Deutschland derzeit ein Austausch geführt und auch dabei könnte die Diskusison aufkommen, ob die demokratischen Rechte nicht eingeschränkt werden oder gar werden muss, um die Demokratie zu schützen.

Was wir aber über das politische Klima lesen, stimmt besonders betrüblich. Es passt zur weltweiten Tendenz, dass die Demokratie auch deshalb als Staatsform zunehmend Probleme bekommt, weil es die Kompromissfähigkeit nachlässt. Positionen verhärten sich und werden aufrechterhalten bis hin zur Sabotage des politischen Prozesses, in Taiwan scheint auch das nationale Verfassungsgericht (ersten) Angriffen ausgesetzt zu sein. So wäre es bei uns, wenn die AfD Macht gewinnen würde und das BVerfG Entscheidungen trifft, die den Politiker:innen dieser Partei nicht genehm sind Wir haben einen Infoblock für Sie zusammengestellt, der die taiwanesische Politik erläutert.

Politische Parteien in Taiwan: Ausrichtung und Einfluss

Taiwan, offiziell die Republik China (ROC), hat sich seit den 1990er Jahren zu einer lebendigen Demokratie entwickelt. Das politische System Taiwans ist durch eine Vielzahl von Parteien geprägt, die unterschiedliche ideologische Ausrichtungen und politische Ziele verfolgen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten politischen Parteien in Taiwan, ihre Ausrichtungen und ihren Einfluss auf die politische Landschaft des Landes.

Hauptparteien

Demokratische Fortschrittspartei (DPP)

Die Demokratische Fortschrittspartei (DPP) wurde 1986 gegründet und ist eine der beiden dominierenden Parteien in Taiwan. Die DPP steht für eine progressive Politik und setzt sich für die Unabhängigkeit Taiwans von China ein. Sie hat eine starke Basis unter den Wählern, die eine klare Abgrenzung von der Volksrepublik China befürworten. Seit 2016 stellt die DPP mit Tsai Ing-wen die Präsidentin Taiwans. Die Partei hat in den letzten Jahren sowohl die Präsidentschafts- als auch die Parlamentswahlen gewonnen, obwohl sie bei den jüngsten Wahlen ihre Mehrheit im Parlament verloren hat.

Kuomintang (KMT)

Die Kuomintang (KMT), auch bekannt als die Nationalpartei Chinas, ist die älteste politische Partei Taiwans und war lange Zeit die dominierende Kraft in der taiwanischen Politik. Die KMT verfolgt eine eher konservative Politik und setzt sich für eine engere Beziehung zur Volksrepublik China ein, ohne jedoch die Unabhängigkeit Taiwans aufzugeben. Die Partei hat eine starke Basis unter den älteren Wählern und denjenigen, die wirtschaftliche Stabilität und Frieden mit China priorisieren. Die KMT hat in der Vergangenheit mehrere Präsidenten gestellt und war bis 2016 die Regierungspartei.

Neue und kleinere Parteien

Taiwanische Volkspartei (TPP)

Die Taiwanische Volkspartei (TPP) wurde 2019 vom ehemaligen Bürgermeister von Taipeh, Ko Wen-je, gegründet. Die TPP positioniert sich als pragmatische und unideologische Alternative zu den etablierten Parteien DPP und KMT. Sie strebt eine effiziente Regierungsführung an und versucht, sich zwischen den beiden großen Lagern zu positionieren. Bei den jüngsten Wahlen hat die TPP einen bedeutenden Anteil der Stimmen gewonnen und wird als aufstrebende Kraft in der taiwanischen Politik angesehen.

Sozialdemokratische Partei

Die Sozialdemokratische Partei ist eine kleinere Partei, die aus der Sonnenblumenbewegung hervorgegangen ist. Sie setzt sich für soziale Gerechtigkeit, höhere Löhne, Arbeitnehmerrechte, die Abschaffung der Todesstrafe und die Stärkung der Rechte von LGBTQ+ ein. Obwohl sie keine großen Wahlerfolge verzeichnen kann, spielt sie eine wichtige Rolle in der politischen Landschaft Taiwans, indem sie progressive Themen auf die Agenda setzt.

Politische Landschaft und Einfluss

Die politische Landschaft Taiwans wird hauptsächlich von den beiden großen Parteien DPP und KMT dominiert. Diese Parteien repräsentieren die beiden Hauptströmungen in der taiwanischen Politik: die DPP steht für eine stärkere Unabhängigkeit und Abgrenzung von China, während die KMT für eine engere Beziehung zur Volksrepublik China eintritt. Die TPP versucht, sich als dritte Kraft zu etablieren und könnte in Zukunft eine bedeutendere Rolle spielen. Die politischen Parteien in Taiwan haben auch unterschiedliche Ansichten zur Außenpolitik, insbesondere in Bezug auf die Beziehungen zu China und den USA. Während die DPP eine klare Abgrenzung von China verfolgt und enge Beziehungen zu den USA pflegt, setzt die KMT auf Dialog und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China. Die TPP versucht, eine ausgewogene Position zu finden und betont die Notwendigkeit pragmatischer Lösungen.

Was uns verblüfft hat: Dass es in Taiwan noch die Todesstrafe gibt, deswegen haben wir auch dazu kurz recherchiert und in diesem Fall auch Fußnoten beigefügt.

Trotz der fortschrittlichen demokratischen Entwicklung des Landes und seiner internationalen Anerkennung als Beispiel für eine chinesische Demokratie, wird die Todesstrafe weiterhin praktiziert. Aktuell warten 38 Personen in Taiwan auf ihre Hinrichtung[1][3].

Die Todesstrafe ist in Taiwan ein kontroverses Thema. Während eine kleine Gruppe von Aktivisten und NGOs, wie die „Taiwan Alliance to End the Death Penalty“ (TAEDP), gegen die Todesstrafe kämpft, unterstützt die Mehrheit der Bevölkerung sie weiterhin. Umfragen zeigen, dass über 80 Prozent der Taiwanesen die Todesstrafe befürworten und sie als notwendigen Bestandteil der Rechtsordnung betrachten[2][4].

Die Todesstrafe wird in Taiwan hauptsächlich für Mord verhängt und in Fällen angewendet, die besonders viel öffentliche Aufmerksamkeit erregen. Trotz der Bemühungen von Aktivisten und Menschenrechtsorganisationen, die Bevölkerung über die negativen Aspekte der Todesstrafe aufzuklären, bleibt die Unterstützung für diese Strafe hoch[4][5].

Für uns ist es immer ein Ausweis von hochstehender Zvilisation, wenn die Todesstrafe nicht mehr verhängt wird.

Aber neben Taiwan hat auch Japan noch die Todesstrafe, auch Südkorea als dritte vollständige Demokratie in Asien kennt sie noch, obwohl derzeit nicht vollstreckt wird. Allerdings ist dieser Unterschied u. a. zu allen EU-Ländern nicht vorwiegend einer, an dem man die Demokratie messen kann, sondern einer der Menschen- und Freiheitsrechte. Trotzdem hat uns die hohe Zustimmungsquote von 80 Prozent der Bevölkerung erstaunt. Was wir allerdings wieder insofern relativieren müssen, als bei einer entsprechenden Umfrage in Frankreich bereits eine Mehrheit für die Wiedereinführung war und wir befürchten, dass es auch in Deutschland angesichts des Rechtstrands und der Brutalisierung im politischen und allgemeinen Alltag eine überwiegende Stimmung pro Todesstrafe gäbe. Wir hoffen ausnahmsweise, dass die Meinungsforscher in diesem Fall Zurückhaltung üben und nicht populistisch gefärbte Umfragen aufsetzen, denn es geht im wörtlichen Sinne um Leben und Tod. Würden wir die Todesstrafe in Ausnahmefällen befürworten?

Besonders in Rede steht sie bei Sexualmorden von Männern an Frauen. Nein, wir würden sie trotzdem nicht befürworten. Nicht wegen des etwas zu simplen Arguments, dass die Opfer durch die Hinrichtung des Täters nicht mehr lebendig werden, sondern aus rechtspolitischen Erwägungen heraus, die in immerhin 115 Ländern der Welt schon zur kompletten Abschaffung und in 24 weiteren zur Aussetzung geführt haben. 7 Länder kennen sie in Sonderfällen und 52, darunter die USA in der Mehrheit der Bundesstaaten. Warum soll man in Asien anders denken als in den USA?, könnte man sich nun fragen. Zum Beispiel, weil Taiwan auch in Sachen Menschenrechte besser dasteht als die USA.

Zusammenfassung

Dass wir den Artikel genutzt haben, um eine gesonderte Darstellung zu einer bestimmten Sanktion im Strafrecht darzustellen, hat sich aus der Recherche ergeben und in diesem Fall können wir auch keine elegante Assoziation zum eigentlichen Thema hin anbieten. Dieses betreffend, hoffen wir für jede Demokratie, gleich, ob sie in einem überwiegend autoritären Umfeld gedeiht, wie in Asien, oder ob Demokratien gemeinsam daran arbeiten müssen, besser zu werden, wie in Europa, dass sie dem immer stärkeren Druck des Autoritarismus standhalten. Wir zählen noch zu den 8 Prozent der Weltbevölkerung, die gemäß dem Economist-Index das Privileg haben, in einer vollständigen Demokratie zu leben, ebenso wie die Menschen in Taiwan.

Das ist uns oft viel zu wenig wert, und diese Tendenz in vielen Demokratien ist besorgniserregend. Sie hat damit zu tun, dass die Demokratien ihren Glanz verlieren und ihre ökonomischen Vorteile. Am Ende werden wir sehen, dass die meisten Demokratien sogenannte Schönwetterdemokratien sind, und das trifft nach neuesten Erkenntnissen auch auf Deutschland zu. Haben Bevölkerungen in Demokratien das Recht, die Demokratie abzuschaffen? Kann das in Ländern wie Deutschland, aber auch Taiwan gelten, das die erste Demokratie auf chinesischem Boden darstellt, sofern man es als Bestandteil Chinas ansieht oder als erste Demokratie im südostasiatischen Raum, sofern man Japan nicht dazurechnet, aber Taiwans Unabhängigkeit als zu respektierendes Faktum ansieht? Hier wäre eine Umfrage hilfreich, um die Lage einzuschätzen, weil zivilrechtliche Bewegungen, die sich auf der Straße zeigen, oftmals nicht die Mehrheit repräsentieren. Sind die Taiwaner:innen überwiegend für oder gegen die oben dargelegten Reformen im System der Machtbalance zugunsten des Parlaments?

Für heute schließen wir, mit dem Hinweis auf Artikel zu ausländischem und EU-Verfassungsrsecht, die wir vom Verfassungsblog seit Sommer 2023 übernommen und die wir kommentiert haben:

TH

Zitate

[1] https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.welttag-gegen-die-todesstrafe-todesstrafe-ist-in-taiwan-ein-tabu.5bfa75b9-78fa-496b-b4ed-d9b301c1cb1a.html

[2] https://www.tagesspiegel.de/politik/ngo-kampft-gegen-todesstrafe-der-lange-schatten-der-diktatur-in-taiwan-8721577.html

[3] https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.welttag-gegen-die-todesstrafe-todesstrafe-ist-in-taiwan-ein-tabu.5bfa75b9-78fa-496b-b4ed-d9b301c1cb1a.html

[4] https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-journal/taiwan-taeter-mit-talent

[5] https://www.arte.tv/de/videos/119990-000-A/debatte-zur-todesstrafe-in-taiwan/

[6] https://www.amnesty.de/briefe-gegen-das-vergessen/2012/11/taiwan-chiou-ho-shun

[7] https://www.derstandard.de/story/3000000225333/china-droht-unabhaengigkeitsverfechtern-in-taiwan-mit-todesstrafe

[8] https://amnesty-todesstrafe.de/2021/04/taiwan-seit-31-jahren-in-der-todeszelle/

 

 

 

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