Selbst der #Mietenwahnsinn kann an manchen Tagen vom Großen zum Einzelfall hin bearbeitet werden. Womit wir uns schon länger befassen als mit ihm, ist das Phänomen, dass zwischen prinzipieller Zustimmung und Ablehnung und der ganz anderen Haltung, wenn man selbst betroffen ist, oft Welten liegen.
Die ZEIT serviert uns anhand von drei Beispielen, einem aus Frankfurt am Main, einem aus München, dem dritten aus Erlangen, den Konflikt zwischen der Notwendigkeit, den Zuzug in die Städte baulich zu bewältigen und den Interessen derer, die sich gegen Veränderungen, z. B. in Form von Neubaugebieten wehren. In Berlin sehen wir ständig den Konflikt zwischen Gestaltungsanspruch für die ganze Stadt und dem, was man etwas gehässig als „NIMBY“-Effekt bezeichnen kann. Neues darf schon mal, aber not in my Backyard.
Auch die Kommentare zum Beitrag in der ZEIT spiegelen die Interessenlagen und Denkweisen sehr schön wieder. In Berlin ist einerseits so viel von Partizipation die Rede, andererseits wird bemängelt, dass es keine großen stadtplanerischen Ideen und Leitlinien gibt. Lässt sich das eine mit dem anderen vereinbaren? Kann eine Vision von einer Stadt der Zukunft funktionieren, wenn jedes Einzelinteresse wichtiger ist als diese Vision? Die schlechte Verzahnung der Verwaltungsebenen tritt in Berlin als Sonderphänomen hinzu, das es in vielen anderen Städten nicht gibt.
Wir haben die drei Einwendungen gegen Neubaugebiete gelesen, die alle mit Naturschutz, Klimaschutz und Landwirtschaft zu tun haben. Jedes dieser Anliegen wirkt berechtigt und ist nachvollziehbar begründet. Die ZEIT hat es vermieden, die Bedenkenträger als Käuze rüberkommen zu lassen und sie zu diskreditieren. Es wird auch kein Kommentar unter die Interviews gesetzt.
Wir hatten überlegt, eine etwas längere, auch unser eigenes Denken in solchen Angelegenheiten beinhaltende Betrachtung beizufügen, aber wir setzen hier nur einen Merkpunkt. Denn zum Baureport, dessen verschiedene Teile wir irgendwann zusammenfassen wollen, gehört auch ein Nachdenken darüber, was Stadt eigentlich ist, wie man sie auffassen kann. Schade, dass der Mietenwahnsinn das Nachdenken darüber so zurückdrängt. Das ist einer seiner vielen negativen Effekte und vielleicht derjenige, der am wenigsten beachtet wird – weil eben niemand Zeit dafür hat, grundsätzlich zu denken und mittlerweile alles auf Instant-Action ausgerichtet ist.
TH
Medienspiegel 323
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