Geliebter Mörder – Polizeiruf 110 Fall 291 / Crimetime 359 / #Polizeiruf #Polizeiruf110 #Mörder #Brandenburg #RBB #Herz #Krause

Crimetime 359 - Titelfoto © RBB, Sandor Domonkos

Eines der gefährlichsten Themen mit gefährlichen Menschen

„Rainer Tittelbach von tittelbach.tv wertet anerkennend: „Eine etwas angestrengte Auflösung des Falls ist der Preis für einen ungewöhnlich sensiblen Krimi mit hohem Empathiewert, der dem Alltag nachspürt und sich den Luxus erlaubt, sich Zeit zu nehmen und mit sehr wenigen Verdächtigen auszukommen. Christiane Balthasar gelingt es gut, die angespannte, zunehmend bedrückende Stimmung in atmosphärische Bilder zu tauchen. Der Schluss ist politisch korrekt und es ist gut so. Autorin Daniela Mohr liegt weder etwas daran, die moderne Sexualtherapie zu diffamieren, noch geht sie sorglos mit den Ängsten von Eltern um, die ihre Kinder geschützt wissen wollen.“[2]

Warum haben wir zunächst die Wikipedia zitiert? Das erklären wir in der -> Rezension.

Handlung

Brigitte Pohl meldet ihre Tochter Maria als vermisst. Kommissarin Johanna Herz und ihr Kollege Hauptmeister Horst Krause suchen gemeinsam im Wald nach dem Kind. Krauses Hund Vera schlägt an und es findet sich Maries Hund tot in einer Schonung liegen.

Herz informiert sich in der JVA nach dem Straftäter Jens Schrader, der in Kürze nach erfolgreicher Therapie wieder auf freien Fuß gesetzt werden soll. Er saß acht Jahre wegen eines pädophilen Vergehens und hatte in letzter Zeit Freigang, um sich auf die Zeit nach seiner Inhaftierung vorzubereiten. Johanna Herz ist davon überzeugt, dass Schrader die zwölfjährige Marie entführt und möglicherweise sogar ermordet hat. Sein Therapeut erklärt ihr jedoch, mit welchen Therapien sie in der Klinik arbeiten und dass er davon überzeugt ist, dass von Schrader keine Gefahr mehr ausgeht. Er erhalte Medikamente, die seinen Sexualtrieb auf nahezu Null reduzieren würden.

Krause befragt in der Zwischenzeit Maries Freunde, ob sie wüssten, wo das Mädchen sein könnte. Eines der Kinder meint, sie hätte den Freund ihrer Mutter angerufen um abgeholt zu werden, aber am Ende sei sie mit dem Bus gefahren. Maries Mutter hatte sich von ihrem Mann getrennt und lebt jetzt mit Frank Tornow zusammen, der in der Klinik arbeitet, in der Schrader therapiert wird. Krause spricht auch mit Maries Vater, den er persönlich kennt. Jürgen Pohl meint, dass Frank Tornow seiner Tochter etwas angetan haben könnte. Die beiden hätten sich nicht vertragen und Maria sei ihm im Wege gewesen.

Mittlerweile sind drei Tage seit dem Verschwinden des Kindes vergangen und die Polizei tritt mit ihren Ermittlungen auf der Stelle. Beide Verdächtigen haben für die Zeit des Verschwindens von Maria ein Alibi, wobei Kommissarin Herz das von Schrader nicht stichhaltig erscheint. Zudem hat er eine Verlobte, die ihr gegenüber bestätigt hatte, dass sie beide miteinander schlafen würden, was Herz zu denken gibt.

Nachdem im Badesee des Ortes ein Auto geborgen wird, das nach Überprüfung Frank Tornow gehört, gerät er unter massiven Verdacht. Er gibt jedoch an, seinen Wagen vor kurzem an Jens Schrader verkauft zu haben. Dieser wird daraufhin vorsichtig observiert, in der Hoffnung Marie noch lebend zu finden. Johanna Herz nimmt dieser Fall sehr stark mit, da sie selber gerade erst Großmutter geworden ist. So findet sich tatsächlich in Schraders leerstehendem Elternhaus Maries Versteck. Schrader hat sich mit ihr in dem Keller verschanzt und nimmt sich beim Eintreffen der Polizei das Leben. Kurz zuvor hatte er seiner Verlobten gestanden, das Kind im Wald getroffen zu haben. Er wollte ihr nichts tun, aber als sich plötzlich Leute näherten, hatte er Angst bekommen, weil er wüsste, was sie denken würden. Er hatte Angst, dass die ganzen letzten Jahre der Therapie umsonst waren.

Marie kann relativ unverletzt befreit werden.

Rezension

Dieser Film geht mit dem Thema Triebtäter sensibler um als viele andere, in denen sich Therapeuten reihenweise irren und unglaublich realitätsblind daherkommen und in denen die  schwierige Arbeit mit psychisch Erkankten, die für andere zur Gefahr werden können, kolportagehaft bis diffamierend dargestellt wird – das ist wahr.

Dass der Film eine weibliche Perspektive einnimmt, von einer Frau erdacht und von einer Frau inszeniert wurde und der männliche Triebtäter trotzdem differenziert dargestellt wird, ist zu würdigen und sehr ehrenhaft.

Man könnte es auch anders sehen: Es muss einen Grund haben, dass es keine Sexualmörderinnen gibt. Auch Männer könnte man von hinten angreifen, sie mit K. O.-Tropfen betäuben oder sonst etwas tun, um ihre regelmäßige körperliche Überlegenheit auszugleichen. Es gibt ja auch Giftmörderinnen. Aber ein Sexualtrieb, der nicht im Griff ist, dessen Befriedigung sich bis zu Tötungshandlungen steigert, der sich außerdem auf Kinder konzentriert, scheint eine spezifisch männliche Eigenschaft zu sein.

Trotzdem hat uns etwas an dieser Darstellung massiv gestört. Vielleicht war es die präpotente Art, wie die Kommissarin von Anfang an alles besser weiß, weil sie, auch im Vergleich zu ihrer etwas jungenhafter und robuster wirkenden Kollegin, die wahre weibliche Intuition hat – und am Ende Recht behält, obwohl sie falsch liegt.

Es ist der Mann, den sie verdächtigt, aber aus einem Grund, den sie nicht ahnen kann. Außerdem stellt man den forensischen Therapeuten so dar, dass von Beginn an eine Spannung entsteht: Der ist in seinem Wesen gefestigt, ist nicht realitätsblind und kann leicht zugeben, dass immer ein „Restrisiko“ besteht; dies erläutert er so, dass es schon wieder indolent wirkt. Bestes Beispiel ist der Moment, in dem der Psychiater das Risiko, dass ein Straftäter, der Freigang hat, rückfällig wird, mit dem Tötungsrisiko im Autoverkehr vergleicht und sagt, man verbiete ja auch nicht die Autos, weil sich damit tödliche Unfälle ereignen. Wir wissen ja, wie sehr das Auto in der Diskussion steht, seit die Menschen achtsamer gegenüber der Umwelt und sich selbst gegenüber werden.

Trotzdem muss Kommissarin Herz ihn korrigieren und sagen, das sei nicht das Gleiche. Ist es selbstredend nicht. Offenbar haben Kritiker, die den Film sehr subtil finden, die starke Manipulation, die in diesem Moment auf den Zuschauer ausgeübt wird, außer Acht gelassen. Die ist nämlich recht plump.

Auch die intensive Darstellung der Angst der Mutter des Kindes ist eine zulässige, aber die natürliche Ablehnungshaltung des Zuschauers gegenüber dem Triebtäter Jens Schrader verstärkende Reaktion. Letztlich wird  auch die Erwartung bestätigt, dass der Mann die kleine Maria entführt hat. Dass sie ihn am Ende umbringt, in einer Situation, in der nicht einmal ganz klar ist, ob es sich um vermeintliche oder echte Notwehr gehandelt hat, unterstreicht diese Tendenz ebenfalls.

Dass im Grunde einen Frau, nämlich die Freundin von Jens, das Unheil auslöst, wirkt auf den ersten Blick sehr differenziert, aber es entspricht dem leider häufig angewendeten Schema, dass es einen Typ Frauen gibt, die ein  Helfersyndrom mit sich herumschleppen und sich dadurch geradezu herausgefordert fühlen, sich Sexualtraftätern anzunehmen, um sie (mit-) heilen zu können, was dazu führt, dass sie mit ihnen entweder kollaborieren oder durch ihre Handlungen sogar einen Rückfall heraufzubeschwören.

Kommissarin Herz darf der Freundin von Jens Schrader  auch einfach so sagen, dass ihre Einsamkeit dabei wohl eine Rolle gespielt habe. Also: Gesunde Frauen, die im Leben stehen , sollten die Finger von Menschen lassen, die einst ein schweres Verbrechen begingen oder psychische Probleme haben. Das entspricht einer in den USA gerade sehr diskutierten Haltung, dass man den Freundeskreis möglichst optimieren soll, damit man eine Win-Win-Situation schafft und sich nicht mit Menschen auseinandersetzt, die in irgendeiner Weise schwierig sein könnten. Es gibt durchaus psychologische Gründe für ein solches Verhalten und die Empfehlung, negative Faktoren aus dem eigenen Leben auszuschalten, hier ist es aber im Sinn von Optimierung zwecks besserer Funktionalität gemeint.

Doch, es ist alles vergleichsweise subtil dargestellt, aber es gibt Einbrüche in diese Subtilität und am Ende ist es tendenziös. Das eindeutige Signal ist, alle, die mit Jens Schrader versuchen positiv umzugehen, leisten sich mehr oder weniger grobe Aussetzer.

Dadurch wiederum wird suggeriert, dass die Gefahr immer bleibt, dass ein Mann wie Schrader mit massivem Medikamenteneinsatz gedämpft werden muss, weil der Trieb sonst wieder die Macht über ihn gewinnt. Dies wird als Normalfall dargestellt. In diesem Sinne erklärt der forensische Psychiater der Kommissarin. Menschen wie Schrader sind  tickende Zeitbomben, das Entschärfungskommando muss ständig in Habachtstellung sein und darf sich nicht den kleinsten Fehler erlauben, wohingegen richtige oder falsche Einschätzungen eh keine große Rolle spielen, weil – untherapierbar. Alles, was von dieser Einschätzung abweicht, ist ohnehin falsch.

Diese Festlegung halten wir auch deshalb für diskussionswürdig, weil man heutzutage die einfachen Ideologien Lösungen wieder sehr en Vogue sind. Wir haben das im jüngeren Polizeiruf „Angst heiligt die Mittel“ gesehen, den wir gerade bearbeiten. Dort geht die Tendenz dann ein wieder bisschen zu sehr in die andere Richtung und alle, die Angst vor Sexualstraftätern haben, werden als Grobzeug dargestellt.

Letztlich werden in „Geliebter Mörder“ alle Vorurteile bestätigt, die man gegenüber psychisch erkrankten Straftätern so gerne pflegt. Wie viele Zuschauer_innen werden sich nach dem Tod des Schrader gedacht haben: Puh, der ist endlich aus dem Verkehr gezogen und sinnigerweise von einem Kind, das er wirklich entführt hat.

Ein weiterer nicht unerheblich wirksamer Trick ist, dass Johanna Herz als Mutter und gerade werdende Großmutter dargestellt wird. Sie kann also die Gefühle der Mutter von Maria Eins zu Eins nachvollziehen und der Zuschauer wird verführt, dabei mitzugehen und die Distanz vollkommen aufzugeben: Empathie aus einem ganz simplen und authentischen Grund überträgt sich auf die eigene Einstellung zur  Situation. In Wirklichkeit werden damit alle diejenigen noch einmal verstärkt angesprochen, die sich bereits auf Schrader eingeschossen haben, wie eben Herz selbst.

Wir wechseln wieder ins Zitieren:

„In Bezug auf den Fall Mollath schrieb der Journalist Heribert Prantl im November 2012 in der Süddeutschen Zeitung, der Paragraf 63 des Strafgesetzbuches sei ein dunkler Ort des deutschen Strafrechts. Eine Unterbringung in der Psychiatrie wegen vermeintlicher Gemeingefährlichkeit sei für einen Angeklagten schlimmer als jede Haftstrafe. Der auf diese Art Untergebrachte wisse nicht, ob und wann er die geschlossene Institution wieder verlassen könne. Die von Psychiatern erstellten gerichtlichen Gutachten, die die Gefährlichkeit der untergebrachten Personen überprüfen sollen, seien qualitativ oft „miserabel“. Auch seien psychiatrische Gutachter aus Haftungsgründen immer weniger bereit, ein Risiko einzugehen, und im Zweifel werde daher eine hohe Gefährlichkeit prognostiziert. Die Anzahl der Personen, die gerichtlich in die Psychiatrie eingewiesen worden sind, habe sich in den letzten zwanzig Jahren mehr als verdoppelt, dies liege auch an der gestiegenen Sicherheitserwartung der Gesellschaft. Die Justiz gebe immer häufiger einem öffentlichen Druck nach, der von ihr „die rasche Entsorgung von Gefahrenquellen erwartet“.[5] Nach der Freilassung Mollaths im August 2013 schrieb Prantl, der § 63 StGB bleibe ein Paragraf, „der in Theorie und Praxis rechtsstaatlichen Ansprüchen nicht genügt“.[6]

Es gibt nämlich doch eine Parallele zu anderen Gefahrenquellen: Helikoptereltern wollen die absolute Sicherheit für ihre Kinder, dies aber in einer zunehmend unsicheren Welt, sie tolerieren eine kriegerische und ausbeuterische Politik, die Milliarden Menschen in Armut und Not hält, aber das Lebensrisiko durch jemanden, der außer Kontrolle könnte, muss vor Ort, in der eigenen kleinen Welt, vollkommen ausgeschlossen werden, auch wenn dadurch eine massive Diskriminierung vieler Menschen stattfindet, die eben nicht rückfällig werden.

Angstneurosen werden gefördert und in der Tat wird die Abwägung verschiedener Risikoquellen verunmöglicht. Ist das Risiko von Gefahren durch von Menschen gemachte Technik, die durch menschliches Versagen zur tödlichen Waffe wird, tatsächlich grundsätzlich anders zu bewerten als die Gefahr durch einen Menschen, der zur unkontrollierten Waffe werden kann?

Über die Unvergleichbarkeits-Aussage von Kommissarin Herz sollte man eben doch einmal ernsthaft diskutieren, obwohl sie als selbstverständlich inszeniert wurde. Wir behaupten, dass unsere Eltern nicht deshalb weniger fürsorglich waren als die heutige Heli-Parents-Generation, weil sie uns tatsächlich den Schulweg allein gehen ließen und dies, obwohl die Gefahren damals objektiv größer waren als heute, dass irgendetwas passiert. Es ist aber weder uns oder jemandem, den wir kennen, jemals etwas passiert, obwohl es eine recht freie Kindheit war – und damit zu einem weiteren Aspekt: Damals wurden ganz selten Krimis mit Sexualthemen gezeigt, heute gibt es ja weit mehr davon, als sich Fälle wie der hier gezeigte tatsächlich ereignen. Dadurch verschiebt sich natürlich die Wahrnehmung und wir alle könnten den Eindruck gewinnen, wir sind ständig den furchtbarsten Bedrohungen ausgesetzt. Selbst in unserer Zeit, die wahrlich dazu geeignet ist, Menschen verrückt zu machen und obwohl die Medien, auch Reihen wie Tatort oder Polizeiruf, nicht unwesentlich beitragen, stimmt das objektiv aber nicht, es stimmt nicht auf dem Land und es stimmt nicht einmal in einer so flirrenden Großstadt wie Berlin, in der das Abweichende eher die Regel darstellt.

Das Leben zu bejahen, in allem, was es bietet, aber es auch mit seinen Gefahren anzunehmen, seine Risiken zu akzeptieren, ist nicht zwangsläufig ein Ergebnis von Gleichgültigkeit und mangelhaftem Gefahrenbewusstsein. Wir verstehen durchaus, dass die immer stärkere Zukunftsunsicherheit, die bei vielen Menschen im Allgemeinen Raum gegriffen hat, kompensiert werden soll durch den Ausschluss jedweder Gefahr im persönlichen Lebensbereich und im Hier und Jetzt, das man glaubt, noch irgendwie beeinflussen zu können. Auf Kreisklasseniveau könnte man jetzt sagen: Und trotzdem fallen ständig Leute im eigenen Haushalt von der Leiter und brechen sich etwas oder sind sogar tot. Das kommt häufiger vor als letale Verkehrsunfälle und interessanterweise ist die Häufigkeit solcher Ereignisse regional unterschiedlich. Risikovermeidung ist nichts für schwache Nerven.

Hinzu kommt ein Gerechtigkeitsaspekt, den wir oben mit dem Kriegs-Whataboutismus schon angedeutet haben: Wenn immer mehr Menschen niemals wieder eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben erhalten, die tatsächlich krank sind oder waren und andererseits gewisse Verbrechertypen und Verbrechensklassen so gut wie nicht sanktioniert werden, die teilweise auch sehr psycho wirken, dann ist das zutiefst  ungerecht.

Ja, es ist besonders entsetzlich, wenn kleine Mädchen vergewaltigt und getötet werden, es ist monströs, weshalb über diese Delikte bis vor einigen Jahrzehnten ein großes Tabu drüber gehalten wurde, sie wurden auch in Krimis selten thematisiert. Wie oben geschrieben, das hat sich so sehr geändert, dass es schon wieder übertrieben wirkt. Doch es handelt sich letztlich um Tötungsdelikte, die zudem gesondert betrachtet werden: Weil sie aus guten Gründen nicht wie der geplante Mord eines Gesunden bewertet werden, wenn sich beim Täter eine Krankheit herausstellt.

Finale

Dass die üblichen Vorurteile in „Geliebter Mörder“ weniger roh als üblich, aber dafür um so eindringlicher inszeniert werden, erschließt sich auch aus einer ganz einfachen Tatsache: Dem Titel. Ein Mörder ist ein Mörder, auch wenn das Urteil gegen Jens Schrader seinerzeit nicht auf Mord gelautet haben dürfte, denn die Bejahung einer vorsätzlich begangenen Tat setzt u. a. die Schuldfähigkeit des Täters voraus. Diese aber wird psychisch Kranken bei bestimmten Krankheitsbildern, wie bei Schrader eines vorliegt, nicht oder nicht vollständig  zugerechnet.

Darauf fußt die Unterbringung im Maßregelvollzug nach §§ 63, 64 StGB anstatt in einer JVA. Ein Tötungsdelikt ist immer etwas Furchtbares und es werden immer wieder welche vorkommen, aber wenn brutaler, geplanter Mord zum Beispiel aus Habgier geschieht, wird das in unserer Gesellschaft beinahe romantisiert, z. B. bei gewalttätigen Bankräubern oder Gangstern im umfassenden Sinn des Wortes, wenn Morde gar nicht als solche erkannt werden, weil leise und ohne, dass jemand Verdacht schöpfen wollte, die Erbtante vergiftet wurde, dann wir teilweise sogar bewundert, wie schlau das wohl war.

Es darf sich jedoch grundsätzlich auch kein Bewertungsunterschied  dadurch ergeben, ob das Opfer eines Tötungsdelikts 3 oder 93 Jahre alt ist. Es ist ein Menschenleben, das ausgelöscht wird. Strafrechtlich gibt es einen solchen Bewertungsunterschied richtigerweise auch nicht – zumindest nicht so, dass er sich in Normen manifestiert hatte; ob die Rechtsprechung bei der Feststellung des Strafmaßes mit solchen Unterschieden umgeht,  ist eine andere Frage.

Wir plädieren dafür, auch bei einem Delikt wie der Tötung eines Kindes keine allzu zu subjektivenMaßstäbe anzulegen und nicht in die Hysterie einzustimmen, die wiederum in „Angst heiligt die Mittel“ zu Recht kritisiert wird.

Kinder in ihrer Niedlichkeit und Schutzbedürftigkeit und der Unschuld, die man ihnen fäschlicherweise zurechnet, weil man in der falschen Kategorie denkt, die in Wahrheit bereits vom Beginn ihres Lebens an gute und schlechte Eigenschaften in sich tragen und als Erwachsene sehr unterschiedliche Persönlichkeiten werden, macht eine gerechte und sachlich richtige Einschätzung sehr schwer.

Wir haben diese Rezension, die schon im Mai 2019 entworfen wurde, noch einmal überarbeitet und zeigen sie demnach um einige Wochen verspätet. Wir haben nicht vermutet, dass sich in diesen Wochen unsere Haltungen ändern würden, aber es kam doch zur Überarbeitung von Begriffen. Wir gehen auch punktemäßig etwas höher als ursprünglich geplant, aber wir bleiben skeptisch.

6,5/10

© 2019 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Hauptkommissarin Johanna Herz Imogen Kogge
Assistentin Katrin Schubert Anja Franke
Polizeihauptmeister Krause Horst Krause
Leonie Herz Luise Helm
Jens Schrader Stephan Grossmann
Martha Werle Naomi Krauss
Regie: Christiane Balthasar
Buch: Daniela Mohr
Kamera: Markus Hausen
Musik: Johannes Kobilke

Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Hinterlasse einen Kommentar