Klimapaket versagt beim Klimaschutz und vertieft die soziale Spaltung (Pressemitteilung Fraktion DIE LINKE zum Klimapaket der Bundesregierung) + Kommentar / Aufruf #FfF #ClimateChange #DIELINKE

Pressemitteilung der Fraktion von DIE LINKE im Bundestag:

Klimapaket versagt beim Klimaschutz und vertieft die soziale Spaltung

Die Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, erklären anlässlich der heutigen Beschlüsse des Klimakabinetts der Bundesregierung:

„Das heute vom Klimakabinett vorgestellte Klimapaket ist unsozial und ineffektiv. Es belastet vor allem kleine und mittlere Einkommen. Es schont Reiche und Konzerne. Es setzt auf nutzlose, marktliberale Instrumente statt auf wirkungsvolle staatliche Ordnungspolitik. Es treibt die Gesellschaft auseinander. Das Klimapaket wird im Bundestag keine Unterstützung der LINKEN erhalten.

Sämtliche Maßnahmen des Klimakabinetts sind nicht gegenfinanziert und daher eine teure Mogelpackung. Jedes Klimapaket, das keine angemessenen Steuern für die superreichen Multimillionäre vorsieht, will stattdessen kleine und mittlere Einkommen belasten. Wer nicht sagt, wo das Geld herkommen soll, täuscht Bürgerinnen und Bürger. Es muss massiv und nachhaltig investiert werden. Diese notwendigen zusätzlichen Investitionen dürfen nicht mit unsozialen Kürzungen in anderen Bereichen finanziert werden. Höhere Kraftstoffpreise werden Geringverdiener besonders hart treffen. Das Klimapaket untergräbt die Akzeptanz des Klimaschutzes in der Gesellschaft und den sozialen Zusammenhalt.

Angela Merkel wird als gescheiterte Klimakanzlerin in die Geschichte eingehen. Dieser weitgehend ineffektive Flickenteppich an Maßnahmen wird dem Klimawandel nicht ansatzweise gerecht. Kaum jemand wird aufgrund der heutigen Beschlüsse sein Auto stehen lassen, selbst wenn er es könnte. Der Markt versagt beim Klima und trotzdem liefert die Kanzlerin das Klima weiterhin dem Markt aus. Nationaler Emissionshandel ist der falsche Weg: Statt höherer Energiepreise, die das Leben für Pendler und Geringverdiener verteuern, brauchen wir staatliche Ordnungspolitik, die die Gesellschaft sozial und klimafreundlich umbaut.

Unsere Forderungen:

  1. Sozial gerecht statt Reiche schonen: Wir fordern eine Klimareichensteuer, die Millionenerbschaften, Millionenvermögen und Millioneneinkommen zur Kasse bittet, um die notwendigen Investitionen zu finanzieren. Es braucht das politische Signal: Diesmal bezahlen es die Reichen! Klimaschädliche Subventionen gehören abgeschafft.
  2. Bahnreform statt Scheuer-Murks: Wir brauchen eine tiefgreifende Bahnreform, einen massiven Ausbau des Schienennetzes und der Transportkapazitäten sowie einen Preisdeckel. Die Teilprivatisierung der Bahn und die Preiserhöhungen der vergangenen 20 Jahre müssen zurückgenommen werden. Das würde einer kostenlos angebotenen BahnCard 50 bzw. Halbierung der heutigen Fahrpreise entsprechen.
  3. ÖPNV attraktiver machen statt Tanken teurer: Wir brauchen eine Revolution im Öffentlichen Personennahverkehr, von der kleine und mittlere Einkommen profitieren. Wir fordern als wichtigen Schritt ein vom Bund finanziertes Ein-Euro-Ticket. Wenn alle Bürgerinnen und Bürger den ÖPNV für maximal einen Euro am Tag nutzen könnten, wäre es für viele Menschen machbar, das Auto stehen zu lassen. Dafür muss der ÖPNV ausgebaut, sicherer, zuverlässiger und sauberer werden.
  4. Statt Marktversagen brauchen wir staatliches Handeln: Wir brauchen staatliche Investitionen und eine neue staatliche Ordnungspolitik für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz: Zum Beispiel gehören Energiekonzerne in öffentliche Hand. Gebäude müssen mit einem Bundesprogramm energetisch saniert werden – ohne Mehrkosten für Mieterinnen und Mieter.
  5. Innovationen statt Stillstand: Wir brauchen ein massives Investitionsprogramm in erneuerbare Energien, in Innovations- und Speichertechnologien.“

Ende Pressemitteilung der Fraktion von DIE LINKE im Bundestag.

Unser Kurzkommentar: Es gibt in der Erklärung auch einen oder zwei Punkte, die wir tendenziell anders sehen. Wir meinen sehr wohl, dass Kraftstoffe für Privat-Pkw teurer werden müssen – beispielsweise. Sie sind heute nominal und noch mehr real billiger als z. B. 2010, 2011.

Aber im Ganzen hat DIE LINKE Recht.

Offenbar haben viele es nicht verstanden: Der Neoliberalismus-Kapitalismus versucht gerade, sich aufzugrünen, damit seine massiven Allokationssschwierigkeiten nochmal für ein paar Jahre oder gar Jahrzehnte in den Griff zu bekommen und ansonsten weiterzumachen wie bisher.

Nämlich in der Form, dass die Armen zahlen dürfen und die Ungleichheit weiter wächst. Die vermerkelte Energiewende war bereits ein Beispiel für diese Art von Politik und wer glaubt, die höchsten Verbraucher-Strompreise in Europa (natürlich nicht die höchsten Industrie-Strompreise) hätten angesichts von Hartz IV keine Relevanz, der denkt allenfalls neoliberal-grünlichgelb, aber nicht solidarisch.

Was wir tatsächlich brauchen, ist eine mehr solidarische Wirtschaftsweise, aber dem vorausgehend in der in der Tat endlich eine Politik, welche die Hauptverursacher im Produktionsprozess, nicht in erster Linie die Verbraucher im mittlerweile zum zwangsweisen Billigkonsum degenerierten Warenzirkulationsprozess zur Kasse bittet.

Sicher geht uns Klimaschutz alle an und wir müssen alle etwas tun, hochwertiger und mit weniger Ressourcenverschwendung konsumieren, aber bitte nicht mehr nur wieder wir alleine, während kläglich mutlose Regierungen sich nicht daran trauen, die Reichen als Privatpersonen und als Konzerne, mithin die Hauptverursacher, die sowohl als Menschen wie als Wirtschaftssubjekte riesige ökologische Fußabdrücke produzieren, anstatt sinnvolle, nachhaltige Waren unter guter Bezahlung der Arbeitenden herzustellen, endlich ins Boot der Zahlenden zu nehmen.

Daher ist auch die Umbenennung der Vermögensteuer in Klimareichensteuer kein Trick, sondern ein richtiger und wichtiger Baustein für mehr Klimagerechtigkeit.

Wenn es stimmt, dass die 100 größten Konzerne der Welt 2/3 des weltweiten CO²-Ausstoßes produzieren, dann sind sie die ersten Adressaten für mehr Klimaschutz – wer sonst?

Alles, was beim kranken Gierkapitalismus schief läuft, wird seit Jahrzehnten auf einfachen, arbeitenden Menschen abgeladen, die sich nicht mit mächtigen Lobbys im Hintergrund wehren können.

Dies so weiterzutreiben und zudem noch einen fragwürdigen Emissions-Ablasshandel zu betreiben, darf nicht die Antwort auf die drängenden Fragen der Zukunft sein. Wer die Umweltfrage ohne die Soziale Frage denkt, macht sich mitschuldig daran, dass sich am Status Quo kaum etwas ändern wird.

Wir schreiben dies auch als Chronisten des #Mietenwahnsinns: Marktversagen ist keine Frage einer Branche oder eines Lebensbereiches allein. Es ist eine allumfassende Erscheinung, die den Wohnungsmarkt ebenso betrifft wie den Klimaschutz.

Deswegen muss endlich deutlicher in die Märkte eingegriffen werden, und nicht in die Demokratie, in dem die Möglichkeiten der Ärmeren zur Teilhabe durch sie einseitig treffende Umweltauflagen noch mehr beschränkt werden.

Klima-Demos sind ein guter Ansatz, aber sie sind erst einmal Symbole, keine Maßnahmen. Auf die Art, wie der politische und persönliche Alltag gestaltet wird, kommt es an! Und zu seiner Veränderung müssen endlich alle beitragen! Dabei darf die stärkere Inanspruchnahme der Superreichen auch nur ein Zwischenschritt sein. Wir müssen uns endlich selbst ermächtigen und auch wieder Produzenten anstatt passive Konsumenten werden. Und das ohne kapitalistisch-imperialistischen Anspruch, wenn’s geht.

Wir schreiben diesen Kommentar auch anlässlich dieser Veranstaltung, die heute Abend bei uns im Bezirk stattfindet. Wir wollten eigentlich hinfahren, doch seit gestern ist klar, dass es einen Livestream geben wird. Es ist also nicht nur ökologisch gesehen achtsamer, die Diskussion von zu Hause aus zu verfolgen, sondern erlaubt uns auch die schnellere Erstellung eines Artikels dazu.

TH


Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

2 Kommentare

  1. Sehr sinnvolle Forderungen. Haimart schließt sich dem an. Es bleibt von dem Paket nur halbherzig umgesetzte Ideen, wobei die Besserverdiener auf den Verzicht verzichten werden und selbst die Unterschicht wenig Anreiz hat ihr Verhalten zu ändern. Die marktkonvertive Regierung konserviert unsere Gewohnheiten und das Wirtschaften nach ewigen Wachstum.

    Vermutlich fürchtet die Regierung sich mehr vor deutschen Gelbwesten als vor den friedlichen Freitagsstreikenden. Was können wir daraus lernen? Ist es jetzt etwa die Zeit sich zu radikalisieren?
    https://haimart.wordpress.com/2019/09/21/nichtmeinklimapaket/

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar