Filmfest 758 Cinema
Ich staune immer wieder darüber, was ich in dem Alter so geschrieben habe, in dem das „IVZ Nr. 8“ entstand. „Neue Träume einer geschundenen Nation“. Stimmt ja auch, aber man muss es erst einmal so formulieren. Mit der Zeit weiß man mehr, zum Beispiel, dass Paul Martin schon vor der Nazizeit ein renommierter Regisseur für Musikkomöden war, „Ein blonder Traum“, vielleicht das beste der großen Ufa-Musicals vor 1933, ist von ihm. Das besagt natürlich nicht alles darüber, was jemand zwanzig Jahre später macht, aber wenn ein versierter Regisseur Sonja Ziemannn und Rudolf Prack zusammensteckte, war der Erfolg 1953 fast garantiert, nach dem die beiden zu dem Filmpaar der (geschundenen) Nation geworden waren. Schuld daran hatten die Filme „Schwarzwaldmädel“ und „Grün ist die Heide“, die auch den Auftakt der Heimatfilmwelle bildeten. Sie entstanden 1950 bzw. 1951.
„Als schauspielerischer Höhepunkt des Films gilt die Szene, in der Erich (Prack) und Julius (Hörbiger) sich, nachdem sie in sektseliger Laune Brüdergeschaft getrunken haben, anderntags im Büro wiederbegegnen: „eine Szene, die zwei selbstbewusste Schauspieler braucht, weil sie immer peinlicher wird. Hörbiger duzt den Prack, Prack reagiert ausweichend, Hörbiger wird plumpvertraulich, Prack vereist mehr und mehr, schließlich resigniert Hörbiger – rechtzeitig vor dem Rausschmiss. Wie da zwei aufeinander stoßen, und der eine nicht ahnt, dass Gestern gestern ist und heute ganz andere Maßstäbe gelten und die Distanz des Oben und Unten keine Verbrüderung aushebeln kann. Hörbiger gelingt das glänzend. Ein Lehrstück.“[2]
Ist in der Zeit eigentlich ein Film gedreht worden, in dem Paul Hörbiger nicht mitspielte? Auch Rudolf Prack war Österreicher, aber man merkte es seinem Gepräge nicht so an wie einigen seiner Kollegen und Kolleginnen. So ganz habe ich die Magie des Paares Prack / Ziemann nie verstanden. Für ein echtes Leinwand-Traumpaar waren sie altersmäßig im Grunde zu weit auseinander und Prack agiert in den Filmen, die ich bisher mit ihm in der männlichen Hauptrolle gesehen habe, für einen Österreicher verblüffend hölzern. Vielleicht mochten die Deutschen ja gerade das so gerne an ihm. Es war ihnen näher als etwa die alerte Art eines O. W. Fischer (obwohl auch er ein paar Jahre später viel Erfolg hatte und mit Maria Schell ein weiteres „Traumpaar“ bildete). Prack hatte so gar nichts Schlawinerhaftes an sich, wirkte sehr seriös und das war wohl damals auch sehr wichtig.
Der Film ist das Remake eines sehr erfolgreichen Streifens aus dem Jahr 1931, das erklärt sicher auch einiges, denn das Drehbuch war wohl recht gelungen, sogar die Briten wollten es für eine nationale Adaption haben. Inszeniert wurde dieses „Original“ von Wilhelm Thiele, der ein Jahr zuvor mit „Die drei von der Tankstelle“ einen der bekanntesten Filme der Zwischenkriegszeit gedreht hatte. Paul Martin wiederum hatte diesen Film geschnitten. Die Musik des renommierten Komponisten Paul Abraham hatte man ebenfalls aus dem Film von 1931 übernommen, wobei ich mir irgendwie nicht vorstellen kann, dass Rudolf Prack singt. Vielleicht tut er das auch gar nicht.
© 2022, 1989 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
Kursiv, tabellarisch, zitiert: Wikipedia
Regie | Paul Martin |
Drehbuch | Just Scheu, Ernst Nebhut, nach einem Roman von István Szomaházy |
Produktion | CCC-Film, Arthur Brauner, West-Berlin, (Walter H. Guse) |
Musik | Paul Abraham |
Kamera | Albert Benitz |
Schnitt | Martha Dübber |
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