Last Boy Scout (The Last Boy Scout, USA 1991) #Filmfest 781

Filmfest 781 Cinema

Das Muster ist schon gewoben

Last Boy Scout – Das Ziel ist Überleben (Originaltitel: The Last Boy Scout) ist ein Action-Thriller aus dem Jahr 1991 des Regisseurs Tony Scott. Die Hauptrollen spielten Bruce Willis und Damon Wayans.1

Was macht man mit einem Schauspieler, der drei Jahre zuvor durch den Actionfilm „Die Hard“ zum Shootingstar geworden war und in der Fortsetzung „Die Harder“ ein Jahr zuvor bewiesen hat, dass man aus dem Szenario ein Franchise machen kann? Das vierte im High-End-Actionbereich nach „Rambo“, der „Terminator“-Reihe und „Lethal Weapon“. Man steckt ihn in einen weiteren Actionfilm, der nach einem ähnlichen Muster gestrickt ist und versucht auf diese Weise, einen Nebenbei-Blockbuster zu drehen.

Handlung (1)

Der Film beginnt mit einem Auswärtsspiel der Football-Mannschaft Los Angeles Stallions in Cleveland. Dieses endet im Eklat, als Billy Cole, der Runningback der Stallions, bei seinem Lauf in die Endzone eine Pistole zieht und auf die gegnerischen Spieler schießt, die sich ihm in den Weg stellen. Als Sicherheitskräfte zu ihm eilen, tötet er sich mit einem Kopfschuss selbst. In der Spielpause hatte ihn jemand am Telefon mit dem Tode bedroht, falls er im Spiel nicht noch mit einigen Touchdowns Punkte für seine Mannschaft erzielen würde.

Währenddessen wacht in Los Angeles der ehemalige Secret-Service-Agent Joe Hallenbeck, ein beruflicher und privater Verlierer, nach einer durchzechten Nacht in seinem Wagen auf. Seit der Kündigung fristet er sein Dasein als Privatdetektiv. Seine Tochter Darian hasst ihn, seine Ehefrau Sarah betrügt ihn mit seinem besten Freund Mike. Er erwischt beide in flagranti. Unmittelbar nachdem Joe Mike deshalb die Freundschaft gekündigt hat, wird dieser überraschend durch eine Autobombe getötet.

Sein aktueller Auftrag, den Joe noch von Mike vermittelt bekommen hat, besteht darin, dass er die Stripperin Cory beschützen soll, die sich bedrängt fühlt. Er sucht Cory in der Bar auf, in der sie arbeitet, und nimmt ihren Auftrag an. Dabei gerät er mit ihrem Freund aneinander, dem Ex-Stallions-Spieler Jimmy Dix, der aufgrund von Verletzungen, illegalem Glücksspiel und Drogendelikten ausgemustert wurde. Als Joe die Bar verlässt, wird er von Unbekannten niedergeschlagen und kann Cory deshalb nicht beschützen, als diese auf offener Straße erschossen wird. Als Joe und Jimmy am Tatort eintreffen, gelingt es ihnen noch, die Angreifer zu töten, für Cory jedoch kommt jede Hilfe zu spät.

Notgedrungen raufen sich die beiden ungleichen Männer nun zusammen, um die Hintergründe des Verbrechens aufzuklären. In Corys verwüsteter Wohnung kommen beide den Hintergründen auf die Spur: Cory hatte Shelly Marcone, den verbrecherischen Besitzer der Stallions, erpresst, damit ihr Freund Jimmy wieder für Marcones Team spielen dürfen sollte. Darüber hinaus scheint auch der Senator Calvin Baynard in die Sache verwickelt zu sein. Für diesen hatte Joe zu seiner Zeit als Agent gearbeitet, und der Senator ist auch für Joes Entlassung vor zwei Jahren verantwortlich, weshalb beide seitdem verfeindet sind.

Im Zuge der Nachforschungen geraten Joe und Jimmy immer wieder mit Marcones Auftragsmördern aneinander, welche von Marcones Chefkiller Milo angeführt werden. Milo gelingt es, Joe in Marcones Auftrag zu entführen, um ihn zum Sündenbock zu machen. Marcone, der auch für Billy Coles Tod verantwortlich ist, plant, die schwächelnde Football-Liga durch die Legalisierung von Glücksspiel und Sportwetten wieder interessanter zu machen. Dies will er erreichen, indem er einflussreiche Politiker besticht. Lediglich Baynard hat sich ihm bislang widersetzt und verlangt hohe Bestechungssummen. Statt zu bezahlen, will Marcone diesen nun umbringen lassen. Das Wissen um dieses Geschehen wollte Cory nutzen, um Marcone dazu zu zwingen, Jimmy wieder einzustellen.

Marcone lässt Joe bei einer fingierten Schmiergeld-Übergabe an Baynard als Strohmann auftreten. Dabei wird der eigentliche Geldkoffer heimlich gegen ein mit C4-Sprengstoff gefülltes Duplikat ausgetauscht, welches Baynard – der bei einem Stallions-Spiel als VIP-Gast anwesend ist – töten soll. Joe, der aufgrund seiner Vorgeschichte als Baynards Mörder hingestellt werden soll, soll ebenfalls umgebracht werden, kann dem Hinterhalt aber mit Hilfe seiner Tochter Darian und Jimmy entkommen. Bei einer anschließenden Verfolgungsjagd können Joe und Jimmy nicht nur das Geld an sich bringen, sondern auch die zu Baynard transportierte Bombe abfangen. (…)

Stimmen

Ein unschlagbares Darstellergespann, coole Sprüche, viel Action und Explosionen, kurz: spaßig-spannende Unterhaltung vom Feinsten vom Action-Spezialisten Tony Scott („Der Staatsfeind Nr. 1“), der hier mit Gewaltdarstellungen aber nicht gerade zimperlich umgeht. Oscar-Gewinnern Halle Berry ist in einer ihrer sehr frühen Rollen zu sehen.“ – Prisma[2]

Mischung aus Action-Thriller und Buddy-Film, mit überraschenden Wendungen spannend inszeniert, aber unnötig rüde im Tonfall und ideologisch fragwürdig in den maßlosen Gewaltszenen.“ – Lexikon des internationalen Films[3]

Das Blockbuster-Duo Bruce Willis und Joel Silver hat nach Stirb langsam I & II und Hudson Hawk erneut einen Volltreffer gelandet: Mit einer wahren Kanonade von flapsigen Sprüchen, wilden Verfolgungsjagden und pausenlosen Explosionen rauben sie dem Zuschauer den Atem. Willis, glänzend unterstützt von dem farbigen Stand Up-Komiker Damon Wayans (Mo’ Money), war noch nie besser. Von Tony Scott (Top Gun) furios inszeniert, überwiegen die lautstarken Oberflächenreize. Doch im Hintergrund gibt das hoffnungslose Bild eines von Drogen und Korruption zerrütteten Landes zusätzlichen Ballast. Der Millionenhit im Kino wird ein hundertprozentiger Verleihblockbuster auf Video und darf getrost auf Platz 1 der Charts getippt werden.“ – kino.de[4]

Derbe Gewalt, extracoole Sprüche.“ – Cinema[5]

Rezension

Erstaunlich, wie unkritisch die deutsche Kritik mit dem Film umgeht. Selbst das Filmlexikon protestiert nur vergleichsweise schwach und versucht eher, den sozialen Subtext hervorzuheben. Die Kritik in jenen Jahren war wohl verunsichert: Zunächst versuchte man, sich dem besonders derben und gewaltvollen Actionkino entgegenzustemmen, dann hat man sich flugs ergeben: nämlich, als sich abzeichnete, dass der Mainstream in diese Richtung tendieren wird. Und das war nach den eingangs genannten Franchises ziemlich eindeutig. Somit war auch Bruce Willis mit der „Die Hard“-Reihe daran beteiligt, sich und anderen ein riesiges, blutiges Spielfeld zu schaffen. Ein Spielfeld, in dem sogar Footballspieler zur Waffe greifen, um sich den Weg um Touchdown freizuschießen. Mir erzählt niemand, dass solches Kino sich nicht auf die Köpfe von zu jungen Zuschauern und auf die Köpfe der gesamten Nation und aller Nationen, in denen solche Filme gehypt werden, negativ auswirken und die Gewalt fördern.

Hinzu tritt eine Philosophie, die diese zwar auf den ersten Blick nicht gutheißt, denn die Guten reagieren ja immer nur, aber was würden sie ohne Waffen tun? Der Footballspieler Jimmy Dix hasst Waffen, aber als Hallenbeck ihn auffordert, zu schießen, was will er anderes machen, wo man doch gerade von einer Horde Megafieslinge verfolgt wird?

Es gibt aber durchaus Anzeichen dafür, dass sowohl Publikum als auch Kritik zwischen durchaus intelliegent gemachter Action und Filmen unterscheiden können, die viel mehr vorgeben zu sein, als sie sind. Der Metascore für „Last Boy Scout“ beträgt nur 52/100. Das Publikum der IMDb votiert zwar deutlich besser, aber 7/10 sind für einen damals sehr modern wirkenden Actionfilm nicht herausragend. Ein Meilenstein, eine Erweiterung des schon Gesehenen ist „Last Boy Scout“ aber auch damals wohl nicht gewesen.

Außerdem schwanken die Dialoge zwischen Klasse (nicht Weltklasse) und Kreisklasse, wobei Letztere leider überwiegt. Es wirkt zwar irgendwie alltäglich und manchmal auch lässig, aber es fehlt jede literarische Übersetzung, die auch in guten Actionfilmen wichtig ist. Nur einmal musste ich wegen eines Dialog wirklich lachen: Als Hallenbeck zu Jimmy sagt, in Actionfilmen der 1990er reicht die Action nicht mehr aus, es müssen immer im Moment der Action noch coole Sprüche gemacht werden. Gut möglich, dass Regie und Skriptverfasser genau damit fremdeln und es daher etwas arg rudimentär angehen lassen. Es ist ja auch nicht realistisch und weist auf postmoderne Einflüsse in Actionfilmen soätestens seit den 1980ern hin.

Nicht nur, dass Menschen diese Infernos aus Schusswaffengebrauch, Unfällen und Explosionen in der Wirklichkeit nicht überleben können, sie produzieren im Moment der ganz großen Gefahr nicht auch noch nebenbei Gags am Fließband. Deshalb sind Klassiker wie „Lohn der Angst“ für mich die besseren Filme. Die Spannung entsteht aus der Aktion, ja, aber auch aus der inneren Disposition der Akteure, nicht vorwiegend daraus, wer der Schlagfertigste von allen ist. Die Sprache in „Last Boy Scout“ ist nichts Besonderes, das ist festzuhalten. Außerdem soll das viele Gequatsche die Mittelmäßigkeit der Dramaturgie in diesem Fall verdecken, aber man bemerkt sie trotzdem. Der Film ist unrhythmisch und manchmal sogar etwas langatmig. Was wiederum mit den Dialogen zu tun hat, denen es an Pointierung fehlt. Manchmal klappt es damit, meistens eher nicht.

Finale

Ein bisschen schade, denn mit Filmen wie diesen konnte sich Bruce Willis natürlich nicht vom Typecasting wegbewegen, das ihn durch den Erfolg von „Die Hard“ ereilt hatte. In der Folge spielte er in er Regel in Actionfilmen, wo er allerdings den Überdrüber-Typen wie Stallone und Schwarzenegger eine normaler wirkende, menschlichere Variante beistellte, die ihn immer recht sympathisch wirken lässt. Das gilt auch für „Last Boy Scout“, deshalb bewerten wir den Film etwas höher, als wenn wir auch mit dem Spiel der Darsteller Probleme gehabt hätten. Damon Wayans, der Partner von Willis in diesem Film, war mir bisher gar kein Begriff, aber das Buddy-Duo, das sich entwickelt, ist okay und bedient eine damals gerade aufkommende Mode: Ein Weißer bekommt es unfreiwillig mit eine Afroamerikaner zu tun, mit dem er sich wohl oder übel arrangieren muss. Das war so in „Nur 48 Stunden“ (1982), dem ersten Film dieser Art, in „Lethal Weapon“ 1986 und in den 1990ern entstand auch für die Die-Hard-Reihe ein Film, in dem diese Kombination inszeniert wird.

Das Frauenbild in dem Film ist recht fragwürdig, auch dabei spielt die Sprachverwendung eine Rolle, aber insgesamt ist dies ein Werk, das ganz in der Tradition von „Gewalt muss!“ steht und aller Anti-Werte, die sich damit verbinden. Mittlerweile bin ich etwas mehr daran gewöhnt, im Film natürlich, nicht im wirklichen Leben, da würde ich immer gegen eine Tendenz zur Gewalttätigkeit in der Gesellschaft anschreiben. Deswegen haben mich die meisten Szenen nicht mehr groß erschüttert, die wir in diesem Film geboten bekommen. Nur, als Hallenbeck einem seiner Entführer das Gesicht einschlägt und dieser sofort verstirbt, hat es doch mal gezuckt. Wie kriegt man das bloß hin? Als gut ausgebildeter Cop vielleicht, wie in „Die Hard“, oder aber als Ex-Secret-Service-Mann, der von einem Politiker kaltgestellt wurde und vor sich hingammelt. Man kann aber, wenn es die Situation erfordert, immer wieder auf diese Skills zurückgreifen, wie in „Last Boy Scout“ zu bewundern ist.

62/100

© 2022 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

1, kusriv, tabellarisch: Last Boy Scout – Das Ziel ist Überleben – Wikipedia

Regie Tony Scott
Drehbuch Shane Black,
Greg Hicks
Produktion Michael Levy,
Joel Silver
Musik Michael Kamen
Kamera Ward Russell
Schnitt Stuart Baird,
Mark Goldblatt,
Mark Helfrich
Besetzung

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