Der Klient (The Client, USA 1994) #Filmfest 881

Filmfest 881 Cinema

Der Klient (Originaltitel: The Client) ist ein US-amerikanischer Thriller aus dem Jahr 1994. Die Regie führte Joel Schumacher, das Drehbuch schrieben Akiva Goldsman und Robert Getchell anhand des gleichnamigen Romans von John Grisham. Die Hauptrollen spielten Susan SarandonBrad Renfro und Tommy Lee Jones.Regisseur Joel Schumacher hatte 1993 den bemerkenswerten „Falling Down“ gedreht, in dem Michael Douglas als durchdrehender Normalbürger seine ganze manische Kraft ausspielten konnte – ist aber auch für „Batman & Robin“ und „Batman Forever“ (1997, 1995) verantwortlich, die als die schlechtesten Batman-Verfilmungen überhaupt gelten.

Handlung (1)

Der elfjährige Mark Sway und sein jüngerer Bruder Ricky beobachten zufällig, wie der Rechtsanwalt Jerome Clifford Selbstmord begeht. Clifford, der für die Mafia arbeitete, verrät Mark vor seinem Tod, wo die Leiche eines ermordeten Senators versteckt wurde. Während der kleine Ricky mit einer posttraumatischen Belastungsstörung in die Klinik eingeliefert wird, versucht die Polizei, Mark zu verhören, um hinter die letzten Worte des Mafiaanwalts zu kommen. Doch Mark wird auch von der Mafia unter Druck gesetzt, die den Wohnwagen der ohnehin schon bettelarmen Familie in Brand steckt.

Mark sucht einen Anwalt und wendet sich trotz großer Skepsis an eine Rechtsanwältin, Reggie Love. Diese legt sich daraufhin mit dem Bundesmarshal Foltrigg an, der sich mit nicht ganz legalen Mitteln eine Aussage von Mark erzwingen will.

Marks Mutter Dianne ist wenig begeistert über die wachsende Bindung der Anwältin zu Mark und meint, die Anwältin würde versuchen, ihr den Sohn wegzunehmen.

Mark wird sowohl von der Polizei als auch von der Mafia verfolgt. Reggie und Mark einigen sich, dass die einzige Möglichkeit um aus dieser Zwickmühle zu kommen, eine Aussage über den Verbleib der Leiche sei. Doch dazu müssen sie sichergehen, ob die Leiche tatsächlich in der genannten Bootsgarage versteckt ist.

Währenddessen schickt der Mafiachef Sulari seinen Neffen, die Leiche an einen anderen Ort zu bringen.

Regina und Mark untersuchen gerade die Garage, als auch die Mafiosi eintreffen. Sie lösen Alarm aus und verscheuchen dadurch die Verbrecher. Außerdem können sie die Leiche finden.

Love handelt mit Foltrigg aus, dass die Sways im Rahmen des Zeugenschutzprogramms neue Identitäten, ein kleines Haus und einen guten Job für Dianne erhalten sollen. Sie teilt dem Staatsanwalt mit, wo die Leiche versteckt wurde. Das Flugzeug mit den Sways startet. Foltrigg verkündet in den Medien seinen Erfolg.

Rezension

Zwischen den oben erwähnten Filmen liegt die Adaption des John Grisham-Thrillers „Der Klient“ (hierzulande müsste es „Der Mandant“ heißen), für den Schumacher sich gewiss auch durch „Falling Down“ qualifiziert hatte. Grisham war als Autor zum Abfilmen in den frühen 1990ern sehr in Mode, „Die Akte“ und „Eine Frage der Ehre“ haben wir bereits rezensiert.

Sicherlich ist „Der Klient“ derjenige unter den genannten Filmen, der am persönlichsten wirkt, der einen unübersehbaren Hang zur Bodenständigkeit und etwas Rudimentäres aufweist. Das liegt natürlich auch am Milieu, denn die der Klient, ein etwa 12jähriger Junge namens Mark Sway, stammt aus der Unterschicht und lebt mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder in einem Wohnwagen, was in den USA häufiger vorkommt, als man denkt, und knapp vor der Obdachlosigkeit steht. Es ist aber eine vergleichsweise idyllisch anmutende Form von Armut, trotz der Gewalt in der Familie, die anfangs angedeutet wird, von der gnadenreichen Abwesenheit des Vaters von Mark usw. Die Grisham-Thriller haben immer „Milieus“, die sehr genau geschildert sind; zu genau, um in einem halbwegs straff gehaltenen Film voll ausgeformt zu werden. Deswegen hat es uns nicht gestört, dass sich im Verlauf der Handlung die Eigenheiten, die man anfangs durchaus bemerken kann, verlieren, dann die Figuren sind durchaus interessant und gut gezeichnet. Das eher konventionelle Drehbuch belegt aber, dass es vor allem die Schauspieler sind, die herausragen – Susan Sarandon als Anwältin und trockene Alkoholikerin, die mit dem Studium ihrem Leben eine neue Wendung gegeben hat, Tommy Lee Jones als Staatsanwalt und Politiker und der bereits 2008 verstorbene Brad Renfro, der das clevere, misstrauische und vorlaute Unterschicht-Kid wundervoll spielt. Seine Darstellung war es im Wesentlichen, die uns problemlos durch den Film getragen hat.

Susan Sarandon wurde für ihre Rolle sogar für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert – verlor aber gegen Jessica Lange in „Blue Sky“. Da wir diesen Film noch nicht gesehen haben, können wir uns nicht zur Validität dieser AMPAS-Entscheidung äußern, aber wir meinen, Sarandons Darstellung lässt sich in einer echten Hauptrolle, etwa durch eine Schauspielerin als Teil eines den Plot dominierenden Liebespaares, durchaus toppen. Berechtigterweise steht in „Der Klient“ ebendieser im Vordergrund und wird ständig von finsteren Typen bedroht, weil ihm ein sterbender Mann womöglich den Platz verraten hat, an dem eine Leiche versteckt ist. Das ganze Brimborium, bis diese von der verantwortlichen Mafiafamilie endlich an einen anderen Platz verbracht werden soll, ist im Grunde absurd, woraus sich ergibt, dass dies auch für die Bedrohung des Jungen zutrifft. Außerdem ist es ein wenig lächerlich, dass man ihn nicht gleich beseitigt, sondern ihm zunächst Angst einjagen will. Alles dies, um einen Film zustande zu bekommen, der trotz seiner seltsamen Handlung sogar recht spannend ist.

Den gesamten politischen Hintergrund, den es offensichtlich gibt, hätte man besser präsentieren, man hätte auch mehr Sozialdrama in dieses Werk bringen können, aber wir sind erkennbar in der Ära des Präsidenten Bill Clinton angekommen, in der soziale Umstände nicht mehr groß zu kommentieren sind.

Es wird eh alles gut. Deswegen bekommen die Sways am Ende auch das Haus mit den begehbaren Wandschränken, das sich die Mutter immer erträumt hat, nachdem die Familie in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen und mit neuer Identität verstehen wird. Das ist das maximale Happy End, das ein solcher Film bieten kann, in dem es nicht darum geht, dass eine Liebesbeziehung zwischen Erwachsenen sozusagen neben der Kriminalhandlung entsteht; immerhin darin unterscheidet sich „Der Klient“ von der Mehrzahl US-amerikanischer Filme des Genres. Er bleibt bei der Sache und ist recht schnörkellos durchgezogen – mit einigen Längen zu Beginn, die man aber auch wohlwollend als dramaturgisch korrektes Anlauf nehmen abnicken kann.

Ein zweiter Effekt der rosigen Clinton-Ära ist wohl, dass die Politik zwar noch ein wenig als seicht dargestellt wird, aber es gibt auf der Seite des Staates oder der Macht nicht, wie noch in „Eine Frage der Ehre“ eine starke, repressive Gegenbewegung gegen die Helden der Story, die ein echtes Gefühl der Bedrohung entstehen lässt. Die Mafiosi sind zu dämlich, um eine solche zu verkörpern. Tommy Lee Jones als Staatsvertreter wirkt zwar ambivalent, was mehr zur Spannung beiträgt als wenn die Ehrenwerte Gesellschaft dem Jungen nachstellt, aber er ist eben doch ein Guter, und das hat man auch erwartet.

Finale

Letztlich bietet der Film zwar einige schöne Momente und dealt mit Dingen, die man nicht tut, wie zum Beispiel dem Rauchen, aber letztlich fehlt es an Tiefe und Eindringlichkeit, sodass ein durch gute Darsteller über den Durchschnitt gehobenes Routineprodukt zustande gekommen ist.

„The Client“ war in den USA mit einem Einspielergebnis von über 100 Millionen Dollar sehr erfolgreich. John Grisham hatte zu jener Zeit bereits die Kontrolle über die Besetzung, wenn es zur Verfilmung seiner Bücher kam, und er bestimmte, dass kein bekannter Kinderdarsteller, sondern ein unbekanntes, frisches Gesicht den Mark Sway verkörpern sollte, vorzugweise jemand aus der Gegend von Memphis, Tennessee, wo die Geschichte angesiedelt ist. Brad Renfro stach beim Casting Tausende von Bewerbern aus, darunter war eben doch ein echter Kinderstar: Macaulay Culkin („Kevin allein zuhaus“).

69/100

© 2022 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2015)

Regie Joel Schumacher
Drehbuch Robert GetchellAkiva Goldsman
Produktion Arnon MilchanSteven Reuther, New Regency
Musik Howard Shore
Kamera Tony Pierce-Roberts
Schnitt Robert Brown
Besetzung

 

 

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