Independence Day (USA 1996) #Filmfest 945 #Top250

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Schwabenzauber in Hollywood

Independence Day ist ein US-amerikanischer Science-Fiction-Film des Regisseurs Roland Emmerich aus dem Jahr 1996. Der Film handelt von einem Angriff Außerirdischer auf die Erde und dessen Abwehr durch die Menschen. Hauptdarsteller sind Jeff GoldblumWill Smith und Bill Pullman. Der Film startete am 19. September 1996 in den deutschen Kinos. Die Fortsetzung Independence Day: Wiederkehr kam am 24. Juni 2016 in die US-amerikanischen Kinos. 
 Als wir die Rezension zu „Independence Day“ schrieben, war der zweite Teil gerade erst angelaufen, sodass er im weiteren Verlauf nicht erwähnt wird, wir haben ihn auch bis heute nicht gesehen. Immerhin hat er einige Himbeeren gewonnen. Wie aber gefiel uns einer der Blockbuster der Mitt-1990er vom deutschen Regisseur Roland Emmerich?  Das „Original“ war kurz nach seinem Erscheinen auch Mitglied der IMDb-Top-250-Liste und erhält deshalb einen Platz in unserem entsprechenden Konzept. Mehr steht in der -> Rezension.

Handlung (und zum weiteren Inhalt: Wikipedia). Zwei Tage vor dem US-amerikanischen Unabhängigkeitstag – dem Independence Day am 4. Juli – schwenkt ein riesiges außerirdisches Raumschiff in eine Erdumlaufbahn ein. Es hat einen Durchmesser von über 550 Kilometern und entspricht etwa einem Viertel der Masse des Mondes. Bald lösen sich circa drei Dutzend kleinere Schiffe von ihm, in der Form von Fliegenden Untertassen mit einem Durchmesser von jeweils etwa 30 Kilometern, und positionieren sich über vielen Metropolen der Erde. Der Satellitenempfang überall auf der Welt ist gestört, Panik und Unsicherheit brechen aus.

US-Präsident Thomas Whitmore hofft, mit den Fremden friedliche Beziehungen herstellen zu können, aber der Satellitentechniker David Levinson entdeckt, dass die Satellitenstörungen durch einen geheimen Code verursacht werden, einen Countdown der Aliens, mit dem sie ihre Invasion koordinieren. Gerade noch rechtzeitig kann er seine Ex-Frau Constance „Connie“ Spano, die Whitmores Pressesprecherin ist, und den Präsidenten warnen und zusammen mit ihnen in der Air Force One fliehen, bevor Washington, D.C. mitsamt dem Weißen Haus in Schutt und Asche gelegt wird – wie auch weitere Metropolen, z. B. BerlinLos Angeles und New York City. Beim Angriff auf L.A. wird die First Lady schwer verletzt. Danach zerstören die Alien-Raumschiffe systematisch weitere Hauptstädte und militärische Einrichtungen überall auf der Welt. Versuche, den Angreifern mit konventionellen und nuklearen Waffen beizukommen, scheitern an ihrer überlegenen Schutzschildtechnologie.

Ziel der Air Force One ist die Geheimbasis Area 51, die zur Überraschung des Präsidenten tatsächlich existiert. Hier treffen bald noch einige weitere Akteure ein: Steven Hiller, ein kaltschnäuziger Pilot des United States Marine Corps, der beim Luftkampf mit ausschwärmenden Jagdschiffen der Aliens abgeschossen wurde und dabei aber einen von deren Piloten gefangen nehmen konnte, seine Freundin und ihr Sohn, die bei ihrer Flucht aus L.A. die First Lady gefunden haben, sowie Russell Casse, ein traumatisierter und alkoholabhängiger Vietnamveteran der U.S. Air Force, der mit seinen Stiefkindern gerade noch rechtzeitig der Katastrophe entkommen ist  

Anni und Tom über „Independence Day“:

Anni: Regisseur Roland Emmerich stammt tatsächlich aus Stuttgart. Also, wer die Schwaben kennt, würde so einen Film nicht für möglich halten. Daran siehst du, wie überraschend Menschen immer wieder sind und wie pluralistisch diese Welt. 

Tom: Der Film gehört heute noch zu den größten Blockbustern überhaupt und schraubte 1996 die Special Effects in neue Höhen – ich muss aus heutiger Sicht allerdings kritisieren, dass die Feuerbälle, die gelegentlich vorkommen, im Vergleich zu dem, was heute per CGI möglich ist, noch recht künstlich wirken. Aber eigentlich läuft diese Kritik auf das Gleiche hinaus, als würde ich bei einem Film aus 1920 bemängeln, dass der Ton schlecht ist. 

Anni: Was mich wundert – dass der Film mitten in der Clinton-Ära entstand, als man eigentlich eher auf hübsche romantische Komödien und sowas setzte, für mich ist Emmerichs Wunderwerk der Technik eher etwas, das typisch für die Zeit nach 9/11 ist, und zwar nicht direkt, sondern nachdem sich die Amerikaner etwas von dem Schock erholt hatten. Dieses gewaltig Militärische ist für 1996 irgendwie seiner Zeit voraus und in der Zeit zurück gleichzeitig. Du weißt, was ich meine.

Tom: Solange es die Leser_innen auch verstehen, ist alles gut. Ich bin mir da nicht so sicher. 1996 war die Zeit des „One-World-Denkens“, das merkst du auch im Film. Am Ende machen alle Nationen unter Führung der Amerikaner mit, um die hyperbösen Aliens abzufackeln – mit einem oder zwei Atomschlägen, wohlgemerkt. Heute wäre man vielleicht nicht mehr so optimistisch, was eine Zusammenarbeit aller Menschen rangeht.

Anni: Das Prinzip ist doch immer das Gleiche. Man kooperiert, wenn es eine größere Bedrohung von außen gibt, anders nicht. Siehst du ja bis heute. Die Bedrohung von außen gibt es nicht, also bedrohen wir uns gegenseitig. Nur mit dem Unterschied, dass die Amerikaner weniger zur Befriedung und Rettung des Ganzen tun als am Unfrieden beteiligt sind. Mag sein, dass das in den 1990ern nach der Auflösung der Blöcke nicht so ausgeprägt war wie seit 9/11. Aber im Grunde stammt der Film aus den 1950ern, spiegelt eindeutig „Das Ding aus einer anderen Welt“ und „Krieg der Welten“, nicht aber den wunderbaren „Der Tag, an dem die Erde stilstand“. Und natürlich im Weiteren Filme wie „Star Wars“ und viele andere, in denen riesige Raumschiffe verwendet werden. Die ultrabösen Commies aus den 1950ern sind jetzt die ultrabösen Aliens. Und die Area 51 gibt es doch, so. Das wissen wir jetzt. Das Alien, das da Ende der 1940er in Roswell abgestürzt ist, war offenbar so eine Art früher Kundschafter dieser Spezies, die auf die Vernichtung aller ausgelegt ist. So ein Schwachsinn.

Tom: Es ist auch ökologisch und ökonomisch vollkommen unsinnig, was da abläuft. Die Aliens hätte die Menschen problemlos verksklaven und für sich arbeiten lassen können, davon hätten sie viel mehr gehabt, als diese riesigen Zerstörungen anzurichten und dann selbst in Schutzanzügen auf der Erde herumstolpern zu müssen. Denn hier handelt es sich ja dadurch, dass eine außerirdische Spezies ins Spiel kommt, nicht um den üblichen Wirkmechanismus zwischen Krieg und Ökonomie. Rüstung, Krieg, Zerstörung, WIederaufbau. Der Zweite Weltkrieg war das größte Wirtschaftsprogramm, das die Menschheit je gesehen hat und hatte vor allem den USA endgültig aus der Depressionszeit herausgeholfen. Auch die aktuelle Hochrüstung mit einem Budget, das etwa so groß sein dürfte wie das der restlichen Welt zusammen, ist ein Wirtschaftsprogramm. Ein ineffizientes, unter heutigen Voraussetzungen.

Anni: Also, für mich rettet Will Smith den Film schauspielerisch so einigermaßen. Seine Art ist einfach herrlich. Da sieht man, was Eddie Murphy für die afroamerikanischen Schauspieler getan hat, in „nur 48 Stunden“. Danach durften sie witzig und actionreich sein – aber die Welt rettet ein Genie, Einstein reloaded, mit einem wahrhaft simplen Computervirus. Da haben die Aliens aber bei der IT-Sicherheit echt geschlampt. Ich finde eine Spezies, die 550 km-Durchmesser-Raumschiffe bauen kann und sich dann so austricksen lässt, einfach krass. Kommt mir ein wenig bekannt vor und weist darauf hin, dass wir Techniken betreiben, die wir nicht wirklich beherrschen. Überhaupt, wenn man den Film soziologisch betrachtet, steckt er trotzdem voller Klischees, obwohl auf den ersten Blick alle Rassen oder Ethnien oder Völker zusammenwirken. Die Führung der Amerikaner finde ich dabei gar nicht so unrealistisch, die wäre auch heute unter realen Bedingungen gar nicht abwendbar, weil sie nun einmal das am meisten hochgerüstete Militär haben. Aber so viele Kleinigkeiten. „Southern Hemisphere not inflitcted“. Haha. Auf Deutsch: Keine Sau, nicht mal die rüden Aliens, interessiert sich für die Südhalbkugel, da ist einfach nichts zu holen beziehungsweise keine Macht vorhanden, die man erst ausschalten muss, um den Globus auszunutzen.

Tom: Bei diesem Film würde ich das auch nicht als Kritik an der Ausbeutung des Südens sehen, so subtil ist der Streifen nicht. Und er ist natürlich für simple Gemüter gemacht, auch da brauchen wir nicht  drüber zu diskutieren. Er liegt voll auf der Welle der Infantilisierung,die seit den 1980ern vom US-Kino überall verbreitet wird. Angefangen eigentlich schon in den 1970ern mit „Star Wars“, der ja angeblich so philosophisch ist, oder dem einen oder anderen Spielberg-Film. Wobei diese Streifen emotional eine andere Qualität haben als „Independence Day“. Die geht gerade so, ein wenig berührt war ich vom Schicksal der Hillers, aber auch bei denen wird eine ungerechtfertige Zurücksetzung des Captains, den Will Smith spielt durch die NASA dann im allgemeinen Patriotismus in schwerer Stunde aufgelöst, da kann er vor allem seine überragenden Flugfähigkeiten zeigen. Aber das Übertriebene an den Fähigkeiten einiger Beteiligter ist halt auch dem Superhelden-Kino recht nah, das gar nicht links oder solidarisch sein kann, weil immer einer da sein muss, der die Welt rettet. In dem Fall sind es mit Levinson und Hiller ja zwei. Gut austariert, aber im Grunde auch rassistisch auf die etwas modernere Art. Nachdem neuerdings die Chinesen den Amerikanern zeigen, wo’s wirtschaftlich lang geht, werden die aber auch vielleicht etwas bescheidener. 

Anni: Anfangs dachte ich, das Drehbuch wird ein Chaos, aber dann führen sie tatsächlich alle Stränge an einem einzigen Hoffnungsort, der Area 51, zusammen. Auch komplett unrealistisch, aber es funktioniert wenigstens der internen Logik nach. Vielleicht sollten wir zu den Riesen-Raumschiffen und ihrem Verhältnis zur Erde noch ein wenig Wiki zitieren: Harald Lesch antwortete auf eine Zuschauerfrage in einer fünfminütigen Sendung namens Wie realistisch ist die Darstellung der großen Mutterschiffe in Independence Day? der Sendereihe sci_xpert – Leschs Universum des Pay-TV-Spartenkanals Syfy, dass die im Film gezeigten Raumschiffe aufgrund ihres Volumens durch Luftverdrängung einen so enormen Luftdruck in der Erdatmosphäre erzeugen würden, dass die Großstädte unter ihnen einfach zerbersten würden. Ein großes Mutterschiff mit einem Viertel der Mondmasse in einer geostationären Bahn in etwa 36.000 km Höhe, also einem Zehntel des Erde-Mond-Abstands, die Erde umkreisend, würde Ebbe und Flut auslösen. Laut Lesch wäre die Größe des Mutterschiffes schon möglich und auch nötig, wenn man sich für längere Zeit im Weltraum aufhalten will und so viele Lebewesen an Bord versorgen muss.

Tom: Die Aliens brauchen dann möglicherweise sogar keinen Hyperantrieb, weil das Raumschiff ja ein System ist, das sich über Generationen hinweg selbst versorgt. Allerdings müssen ja rohstoffspendende Planeten immer mal in Sichtweite kommen. Es müsste eigentlich aber nur ein Weg gefunden werden, wie wir uns außerhalb der Erde selbst erhalten und fortpflanzen können, damit die Menschheit sich ähnlich entwickelt. 

Anni: Inklusive der Optik und des Geruchs. Das ist die größte Diskriminierung überhaupt, dass die Aliens so ekelig gezeigt werden. Falls es wirklich welche gibt, sind sie innerlich und äußerlich vermutlich viel schöner als wir. 

Tom: Fragt sich, nach wessen Maßstäben. Aber anders als bei bestimmten Produkten gibt es beim Kino keinen linearen Fortschritt. Technisch, klar. Und heute wird mehr auf die politische Korrektheit geachtet, oder sie wird mit eher schwachem Willen vorgespiegelt, wie in „Independence Day“. Aber nach den gesellschaftskritischen SF-Filmen der späten 1960er und frühen 1970er ist ein Werk wie „Independence Day“ natürlich komplett Old School. Als Film, sofern man nicht ständig wegen seiner Botschaft am Grummeln ist, funktioniert er. Ein wirklich spannender Actionfilm, in dem die Action auch nicht die Spannung ersetzt, sondern sich zu einem ganz üblichen, aber wirksamen Muster verbindet. Trotzdem nicht my Cup of Tea – ich gebe 6/10.

Anni: Von mir sogar nur 5/10. Speziell wegen der Szenen, in denen die friedlichen, naiven Menschen die Aliens willkommen heißen und gleich niedergemacht werden. Sozusagen das Gegenmodell zu Spielbergs „Unheimliche Begegnung der dritten Art“, der wirklich philosophisch war. Das wird in US-Filmen ja so oft gespielt, dass Friedfertigkeit und Naivität gleichgesetzt werden und nur mit der Waffe in der Hand und in Anwendung wirklich was zu reißen ist. Und einfache Gemüter fahren natürlich voll auf sowas ab, wie man in den USA gut beobachten kann. Die brauchen keine Aliens, die bringen sich gerne gegenseitig um. Eigentlich müsste man daran interessiert sein, dass die Waffengesetze dort so liberal wie möglich sind, damit die Mordraten immer weiter ansteigen. Die Lebenserwartung der Amis liegt schon niedriger als irgendwo sonst in technisch fortgeschrittenen Ländern.

Tom: Das hat aber auch mit der Ernährung zu tun. Auch die Deutschen liegen trotz hoher Aufwendungen für den Gesundheitsbereich in Europa nur im unteren Mittelfeld, obwohl die Tötungsdelikte hier statistisch kaum eine Rolle spielen. Naja, nun haben wir diesen Blockbuster über 20 Jahre nach seinem Erscheinen auch mal gesehen.

55/100

© 2023, 2017 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Stab und Besetzung: Regie Roland Emmerich Drehbuch Roland Emmerich, Dean Devlin Produktion Dean Devlin Musik David Arnold Kamera Karl Walter Lindenlaub Schnitt David Brenner Besetzung Will Smith: Captain Steven „Steve“ Hiller Bill Pullman: Präsident Thomas J. Whitmore Jeff Goldblum: David Levinson Mary McDonnell: Marilyn Whitmore Judd Hirsch: Julius Levinson Robert Loggia: General William M. Grey Randy Quaid: Russell Casse Margaret Colin: Constance „Connie“ Spano Vivica A. Fox: Jasmine Dubrow James Rebhorn: Albert Nimzicki Harvey Fierstein: Marty Gilbert Adam Baldwin: Major Mitchell Brent Spiner: Dr. Brackish Okun James Duval: Miguel Casse Lisa Jakub: Alicia Casse Giuseppe Andrews: Troy Casse Ross Bagley: Dylan Dubrow Bill Smitrovich: Lt. Colonel Watson Mae Whitman: Patricia Whitmore Harry Connick Jr.: Captain Jimmy Wilder Kiersten Warren: Tiffany Robert Pine: Chief Of Staff John Storey: Dr. Isaacs Frank Novak: Teddy Devon Gummersall: Philip Leland Orser: Tech

 


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