Cop Land (USA 1997) #Filmfest 974

Filmfest 974 Cinema

Cop Land ist ein melodramatischer Thriller aus dem Jahr 1997 von James Mangold, der auch das Drehbuch schrieb. Sheriff Freddy Heflin, gespielt von Sylvester Stallone, lebt und arbeitet in Garrison. Da er auf einem Ohr taub ist, war ihm der Eintritt in das New York Police Department verwehrt. Seine Autorität wird von einigen Polizisten des NYPD gern beschädigt. Als er korrupte Machenschaften dieser Beamten bemerkt, versucht er ihnen zusammen mit Lt. Moe Tilden (Robert De Niro) beizukommen. Weitere Hauptrollen sind mit Harvey Keitel und Ray Liotta besetzt.

Wenn es darum geht, sich einen Film mit Sylvester Stallone anzuschauen, richtet man sich auf einen actionreichen Streifen ein, der so gestrickt sein muss, dass er die Gage eines der bestbezahlten Stars der damaligen Zeit wieder einspielt, mithin auf das, was man heute Blockbuster nennt. Aber Cop Land ist anders, zumindest etwas anders. Wir spüren den Ähnlichkeiten und Abweichungen im Vergleich zu anderen Stallone-Filmen in der -> Rezension nach.

Handlung (1)

Der Film spielt in der fiktiven Stadt Garrison im US-Bundesstaat New Jersey, gelegen am Hudson River gegenüber von New York City, wo eine Vielzahl der Beamten des New York Police Department (NYPD) wohnt. Der örtliche Sheriff, Freddy Heflin, wäre eigentlich lieber ein „richtiger“ New Yorker Polizist, wurde aber aufgrund seiner einseitigen Taubheit nicht für den Dienst beim NYPD zugelassen. In der Praxis hat Sheriff Heflin kaum echte Autorität, die wahre Macht in der Stadt liegt bei den korrupten NYPD-Polizisten. Der alleinstehende Heflin denkt oft an seine ehemalige Liebe Liz. Diese hatte er einst vor dem Ertrinken gerettet und dabei seinen Hörschaden erlitten, später hatte sie ihn aber für einen anderen Polizisten, Joey Randone, verlassen.

Moe Tilden ist ein NYPD-Beamter aus der Abteilung für interne Ermittlungen (Internal Affairs), während Gary Figgis und Ray Donlan gewöhnliche Beamte des NYPD sind, bei denen allerdings nicht klar ist, ob sie korrupt sind oder nicht und auf welcher Seite des Gesetzes sie wirklich stehen. Tilden soll untersuchen, ob an dem Korruptionsverdacht gegen die NYPD-Beamten etwas dran ist.

Der Polizist Babitch, Neffe von Ray Donlan, fährt eines Abends von einer Feier kommend über die George Washington Bridge, wo ihn ein Wagen an der Seite streift. Als er diesem nachfährt, hält ihm ein Insasse den Stab eines Lenkradschlosses in der Art eines Gewehrs entgegen – kurz darauf platzt an seinem Wagen ein Reifen. Den Eisenstab interpretiert Babitch als Gewehr und den Knall als einen abgefeuerten Schuss, woraufhin er seine Waffe zieht und die beiden Insassen, zwei schwarze Jugendliche, erschießt. Als seine Kollegen am Tatort eintreffen, wollen sie die tödlichen Schüsse rechtfertigen, indem sie den Toten eine Waffe unterschieben. Die korrupten Kollegen befürchten aber, dass Babitch als Zeuge über die Korruption im Bezirk aussagen könnte, deshalb täuschen sie seinen Tod vor, indem sie behaupten, er wäre von der Brücke gesprungen und verstecken ihn in Garrison.

Ermittler Tilden bittet Sheriff Heflin um Unterstützung bei seinen Ermittlungen gegen korrupte Polizisten in seinem Bezirk, dort, wo er als Ermittler aus New York keine Befugnisse hat. Obwohl Heflin weiß, dass es im NYPD korrupte Kollegen gibt, empfindet er ein solches Verhalten als Verrat und lehnt daher eine Zusammenarbeit mit Tilden ab.

Rezension

So weit ist es hierzulande noch nicht, dass die Organisierte Kriminalität sich die Polizei dadurch kauft, dass sie ihr dabei hilft, eigene Städte als Ruhezonen aufzubauen, weil der Kampf gegen die OK in angrenzenden Großstädten so stressig ist. Diese Grundanlage des Plots ist hochgradig ironisch, aber leider auch ohne solche Extremformen von indirekter Bestechung sehr glaubwürdig und stellt somit das erste Plus von „Cop Land“ dar. Ich habe an anderer Stelle, außerhalb des Filmfests, schon beschrieben, wie man Politiker mit Immobiliengeschäften kaufen kann, bei denen sie privilegiert werden, und wer wäre daran mehr interessiert als jene, die ungehindert Schwarzgeld im Baubusiness waschen wollen?

Leider entstehend dadurch Abhängigkeiten und man muss wissen, worauf man sich einlässt. Wenn es dann zu Problemen kommt, kann es passieren, dass die verschworene Gemeinschaft auseinanderbricht und jeder versucht, seine Haut zu retten, bis hin zu der im Film gezeigten Variante, dass Cops einen der ihren erst retten, damit er wegen unnötiger Schüsse auf zwei Afroamerikaner nicht belangt wird und ihn dann ihrerseits umbringen wollen, weil er für sie zum Risiko wird. Außerhalb dieser Zone steht der Sheriff der kleinen Copstadt Garrison, weil er ein körperliches Handicap hat. Ebenjener wird gespielt von Sylvester Stallone, der sich im Verlauf der Handlung von Sleepy Sly zu einem widerständigen und aktiven Mann wandelt. Und anders als in Filmen wie „Rambo“, in denen er als einer der ersten Action-Darsteller als unkaputtbar dargestellt wird, wirkt das hier ebenfalls authentisch, weil es vorsichtig und logisch aufgebaut wird. Das unterscheidet „Cop Land“ auch vom ewähnten Blockbuster-Kino: Man lässt sich Zeit für die Einführung und sogar für die Entwicklung von Charakteren. Sylvester Stallone überzeugt in seiner Rolle als Mann, der sich letztlich entschließt, dem Recht zur Durchsetzung zu verhelfen und man hätte sich mehr Parts wie diesen für ihn gewünscht. Aber mit „Rocky“ unsterblich werden und mit den Rambo-Filmen diesen Ruhm in klingende Münze verwandeln und nebenbei den patriotischen Zeitgeist der 1980er bedienen, ist ja auch nicht ganz schlecht.

Letztlich wird er auch in „Cop Land“ zum Patrioten, aber eher zum Verfassungspatrioten, der den Rechtsstaat schützt und der Mafia und den von ihr gekauften Cops eine Schlappe beibringt. Die Authentizität ergibt sich aus einem simplen Trick, der auch die Brechung inkludiert, die es braucht, um sogar nach europäischen Maßstäben psychologisch stimmig zu wirken: Er ist ein Outsider, der jahrelang zurückgesetzt wird. Darin hat er sich gefügt, weil er weiß, dass er mit seinem Hörproblem keine Chance hat, bei den anderen mitmachen zu dürfen. Bezeichnenderweise wird er richtig gut und entschlossen, als ein Cop ihn so anschießt, dass sein anderes Ohr ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird und er kurzfristig gar nicht mehr richtig hören kann: „Ich höre dich nicht“, sagt er, als einer der Cops versucht, ihn zu beruhigen. Am Schluss aber, als es darum geht, die Bande auffliegen zu lassen, scheint er wiederum keine Probleme zu haben. Der extreme Tinitus, der durch den Schuss aus nächster Nähe verursacht wurde und alles überlagert hat, war nur temporär und im Grunde wurde Freddy Heflin dadurch erst hellhörig.

Diese Symbolik ist ganz gut aufgebaut und passt zu Stallones sich im Verlauf des Films wandelnder Spielweise. Durch den ruhigen Aufbau wirkt das Ganze zwar zunächst etwas gedehnt, schraut sich aber zum für Cop-Thriller gewohnt knackigen Ende hoch und erfüllt weitgehend die Erwartungen an einen solchen Film.

Finale

Der Handlung fehlt es stellenweise an Stringenz, das muss man leider ebenfalls festhalten. Wäre dem nicht so, würde „Cop Land“ allerdings auch nicht ganz so realistisch wirken, denn wir sehen hier keine Figuren, die alle mit literarischer Maximalkapazität unterwegs sind, sondern Menschen, die mindestens so viele Fehler wie Dinge richtig machen. Allein die Szenenfolge auf der Brooklyn Bridge lässt die Polizisten wie Idioten aussehen, und das verträgt sich nicht gut damit, dass sie von der Mafia gesponsert werden. Da kann leicht mal etwas ans Tageslicht kommen, und das tut es ja auch und alle Versuche, die Gründe dafür unter den Teppich zu kehren, warum die kleine Stadt Garrison buchstäblich läuft wie geschmiert, schlagen fehl. Um die Dramaturgie nicht zu sehr zu stauchen, hat man allerdings Rollen wie die des internen Ermittlers Moe Tilden ihrer Wirkung beraubt.

Vielfilmer Robert de Niro spielt den Typ gewohnt routiniert, aber dass er plötzlich zurückgepfiffen werden kann und damit aus dem Spiel ist, wirkt nicht nachvollziehbar im Sinne der Lösung von Korruptionsfällen, denn dafür ist die Unabhängigkeit einer Person Grundvoraussetzung; wohl aber erschließt sich die Notwendigkeit für die Handlung, sofern man es als ebenso notwendig ansieht, dass Freddy, der Sheriff, zunächst versucht, Tilden zu informieren, bevor er am Ende mehr oder weniger gezwungenermaßen die Angelegenheit alleine bzw. mit einem Kumpel zusammen regelt. Auch, dass dieser zunächst keine Lust hat, sich so in Gefahr zu begeben, dann aber kehrtmacht, ist ein sehr gängiger dramaturgischer Kniff, den wir mindestens seit „Zwölf Uhr mittags“ kennen.

In seinen Absichten oder seiner Tendenz ist „Cop Land“ honorabel, die Figuren sind überzeugend, der Verlauf der Handlung enthält Schwachstellen, aber auf Sylvester Stallone kann man sich verlassen, er dominiert das Ganze mit der Zeit immer mehr. Da wir in den 1990ern sind und nicht in unserem heutigen, besonders zynischen Jahrzehnt, darf man sich zurücklehnen und darauf vertrauen, dass für seinen Freddy Heflin schon alles gutgehen wird.

74/100

© 2023 DerWahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2021)

Regie James Mangold
Drehbuch James Mangold
Produktion Cathy Konrad,
Ezra Swerdlow,
Cary Woods
Musik Howard Shore
Bruce Springsteen
Kamera Eric Alan Edwards
Schnitt Craig McKay
Besetzung

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