Filmfest 971 Cinema
Breakdown ist ein US-amerikanischer Action–Thriller von 1997, zu dem Jonathan Mostow Regie führte, Geschichte und Drehbuch schrieb.
Was ist besser als ein Roadmovie? Ein böses Roadmovie natürlich, wie sie zu Beginn der 1990er mit „Natural Born Killers“ und „Kalifornia“ in Mode kamen. Die Grundmelodie für das böse Roadmovie hatte Steven Spielberg in seinem aufsehenerregenden ersten Spielfilm namens „Duell“ schon 1971 geschrieben. Sie hallte sehr nach, wie wir im Verlauf der Rezension von „Breakdown“ noch feststellen werden. Vorbei war hingegen die große Solidarität (auf) der Straße, wie man sie in den Truckerfilmen der 1970er hochleben ließ („Convoy„). Mehr zu all dem in der –> Rezension.
Handlung (1)
Das Ehepaar Jeffrey und Amy Taylor möchte von Massachusetts nach Kalifornien umziehen und durchquert mit dem Auto das Landesinnere der USA. Jeffrey ist einen Moment unaufmerksam und kollidiert fast mit dem Pick-up eines Fahrers namens Earl, der ihn später an einer Tankstelle deshalb beschimpft. Nach einer Autopanne auf der Weiterfahrt nimmt der Trucker Warren Amy bis zur nächsten Raststätte mit Telefon mit. Jeffrey findet und behebt derweil einen gelösten Steckkontakt am Fahrzeug. Er fährt zur Raststätte, ohne seine Frau dort anzutreffen; auch hat sie niemand gesehen. Als er weiterfährt und den Truck einholt, gibt Warren dem zufällig vorbeifahrenden und von Jeffrey angehaltenen Sheriff Boyd gegenüber an, Jeffrey noch nie gesehen zu haben. Boyd inspiziert Führerhaus und Auflieger, doch es gibt keinen Hinweis auf Amy.
Zurück an der Raststätte erhält Jeffrey mysteriöse Andeutungen von einem Mann namens Billy – unter anderem auch, dass der Polizei nicht zu trauen ist. Jeffrey geht dem Hinweis von Billy nach, wird aber von ihm, Warren, Earl und einem vierten Mann namens Al gefangen genommen. Warren zwingt Jeffrey, ein hohes Lösegeld bei der nächstgelegenen Bank abzuheben, wonach er sich gefesselt in den Wagen von Earl begeben muss. Jeffrey hatte jedoch nur eine mickrige Summe auf dem Konto und als Earl wütend Jeffreys Täuschung bemerkt, hat sich Jeffrey gerade befreit. Er sticht Earl mit einem Brieföffner, kann ihn überwältigen und zwingt ihn zu Aussagen zu seiner Frau. Jedoch stoppt Boyd den Wagen und wird von Earl niedergeschossen. Als Earl Jeffrey hinrichten will, erschießt ihn der sterbende Boyd. Jeffrey hatte von Earl erfahren, dass er Warren an einer Raststätte treffen wollte, und versteckt sich dort unbemerkt auf dessen Truck. Warren fährt zu seiner abgelegenen Farm und stellt dort den Laster in einer Scheune ab, wo er, Al und Billy die eingewickelte Amy aus einem Versteck holen. Jeffrey beobachtet vom Dachboden aus, wie Amy in eine abschließbare Kühltruhe in einem Verlies im Boden der Scheune gelegt wird, wo sie ersticken soll. Er hört, dass die Bande schon zuvor auf die gleiche Weise Reisende ihrer Fahrzeuge und ihres Besitzes beraubt und umgebracht hat.
Im Haus bedroht Jeffrey die Entführer und Warrens nichtsahnende Frau mit einer Pistole. Als Warrens kleiner Sohn mit einem Gewehr auftaucht und Jeffrey es beiseite schlägt, kann Billy flüchten. Während Jeffrey die Verbrecher in Schach hält, lässt er Warrens Frau Amy befreien und schließt die Gruppe dann im Verlies ein. Jeffrey und Amy suchen ein Fluchtfahrzeug. Inzwischen befreit Billy die eingesperrten anderen.
In drei Fahrzeugen verfolgen die drei Entführer das in einem Wagen entkommene Paar. Billy und Al verunglücken, Warren rammt mit seiner Zugmaschine Jeffrey auf einer Brücke, die beiden Fahrzeuge hängen über dem Abgrund. Im Kampf mit Jeffrey stürzt Warren in die Tiefe. Jeffrey kann Amy aus dem Wagen befreien, bevor die Zugmaschine herunterstürzt und Warren unter sich begräbt.[1]
Rezension
Es ist immer ein wenig peinlich, wenn ich nach so vielen Jahren der Befassung mit dem Medium Film so beginnen muss. Ich müsste es natürlich nicht, aber es ist die Wahrheit und manchmal ist offensiv damit umgehen besser als verschtuschen. Ich musste erst einmal nachschauen, was Regisseur Jonathan Mostow so gemacht hat, weil mir der Name nichts sagte und wurde fündig: Er filmte „Terminator 3 – Rebellion der Maschinen“. Ich hätte mich als erinnern dürfen, denn die Terminator-Reihe haben wir als Serie von Empfehlungsrezensionen bereits behandelt, außerdem hatte ich kürzlich den ersten Terminator-Film endlich mal gesichtet. Der wurde aber vom Beinahe-Genie James Cameron gefilmt und er und der zweite gelten bis heute als Highlights des dystopsichen Action-Kinos, die Nummern drei bis fünf in der Reihe eher nicht. Was ich damit vollkommen umständlich ausdrücken möchte: Jonathan Mostow ist keine „Marke“. Das bedeutet nicht, dass er nicht einen einzelnen guten Film machen kann.
Im Fall von „Breakdown“ ist es eine Ansammlung von Versatzstücken, die zu etwas ziemlich Biestigem geformt wurde, bei dem ich mir unter anderem darüber klarwerden musste, ob das Werk auf fetten Trucks eine Aussage transportiert oder wirklich nur das ist, was manche darin sehen. Es folgt eine Kritikkaskade:
„[…] Breakdown ist eine 96-minütige Achterbahnfahrt, die sich dreht und wendet bevor sie zu einem wunderbar überdrehten Finale ansetzt.“ – Peter Stack, San Francisco Chronicle[5]
„[Kurt Russells] fehlende Energie plagt den Film genauso wie die Einfallslosigkeit seines Regisseurs.“ – Stephen Hunter, Washington Post[6]
„Breakdown ist straff, geschickt und operativ wirkungsvoll […].“ – Roger Ebert, Chicago Sun-Times[7]
„Ein inszenatorisch und fotografisch hervorragender, kraftvoller Thriller; zugleich eine Studie über Zeit, Raum und Einsamkeit.“ – Lexikon des internationalen Films[8]
Der Film entstand 1997, als wir noch weit von den trumpistischen Verhältnissen entfernt waren, die zwar erst einmal Vergangenheit sind, was den Namensgeber ebenjener Verhältnisse angeht, aber alles andere als beseitigt, wenn man die gesellschaftlichen Hintergründ, die Donald Trumps Präsidentschaft erst ermöglichen, betrachtet.
Sie merken zum Beispiel in dem Film, dass ein Gegensatz ausgespielt wird, der so in Roadmovies bisher selten gezeigt wurde, nämlich grell und erbarmungslos: Ein Ostküstenstädter aus Masachusetts im damals neuesten Jeep Cherokee schlängelt sich durch Feindesland. Hier hausen die Rednecks, die das arrogante, libeale Küstenvolk eh nicht ausstehen können, was sich auch verbal ausdrückt. Es sind die beinahe Lost Places, die wir sehen werden, fiktiv, aber nicht weit von der Wirklichkeit im Herzland der Trump-Anhängerschaft. Der From-Coast-to-Coast-Umzügler Jeff Taylor entspricht exakt dem Feindbild der Leute aus dem Flyover-Country und begeht die Dummheit, es nicht im Flugzeug zu überqueren, sondern mittendurch zu fahren.
Hatte an den heutigen krassen Gegensatz zwischen ländlicher und städtischer USA-Bevölkerung schon fast prophetisch vorausgesehen oder war er schon da und wurde durch Trump, der gezielt das Primitive im US-Amerikaner angesprochen hat, erst für uns alle außerhalb der Staaten so richtig sichtbar? Es wirkt so klischeehaft, wie der Typ im Lacoste-Poloshirt dem kantigen Kinn mit Stetson auf dem Kopf gegenübertreten muss und massive Trucks und staubige Pickups einem der ersten modernen SUVs Beine machen. Steven Spielbergs „Duel“ feiert Urständ, wenn auch keine fröhlichen, als der Truck verwendet wird, um kleinere Fahrzeuge in Bedrängnis zu bringen und diese wiederum als giftige Verfolger des Ostküstenarchitekten beinahe mehr Persönlichkeit gewinnen als ihre Fahrer, wenn man von dem Trucker absieht, der eigentlich gar nicht so wild wirkt, sondern so vertrauenerweckend, dass Amy Taylor zu ihm in die Fahrerkabine steigt. Er sorgt auch als einzige differenzierte Figur bei Zuschauern wie mir für Kopfzerbrechen, weil er plötzlich auch der Familienvater ist, der irgendwie über die Runden kommen muss. Aber ich wurde bald wieder in die Spur gebracht, denn er hat seinem Sohn erstmal beigebracht, wie man schießt, bevor dieser über die Folgen dieses Tuns nachdenken kann, denn dieser Reflektionsschwelle hat er noch nicht überschritten, und auch seine Frau ist eher der rohe und gemeine Typ, der dem Mann aus dem Osten, der versucht, die Situation zu beruhigen, gerne ein Loch in den Bauch praktizieren lassen würde. Taylor geht am Zimmer des Jungen oder am Wohnzimmer vorbei und was sieht man auf einem Bildschirm laufen? Ballerspiele natürlich.
Die Autoverfolgungen reflektieren auch ein wenig „Mad Max“, ein Franchise, das 1997 schon in dreifacher Ausfertigung vorhanden war und mit Mel Gibson in die USA kam. Anders ist in „Breakdown“, dass es noch eine Ordnungsmacht gibt, aber die Rednecks behaupten, diese stecke mit ihnen unter einer Decke. Man sieht dann, dass dem nicht so ist, man wollte wohl die Zivilisation nicht ganz in den Zustand des Wilden Westens vor seiner Befriedung zurückführen, aber natürlich zeigt der Film auch Elemente klassischer Western und rekurriert auf Filme, die Alltagsmenschen zu Zufallshelden werden lässt, weil sie gezwungen sind, sich und ihre Lieben zu schützen. Ich würde auch nicht zustimmen, wenn es heißt, dass Kurt Russell zu phlegmatisch an seine Rolle herangegangen ist. Er ist ja kein Pistolero, sondern ein verkopfter Kopfarbeiter, der sich erst einmal in die neue Situation einfinden muss, die er zunächst gar nicht fassen kann. Er vertritt das gezähmte Großstädtisch-Mittelständische in den USA. Aber er hat Intuition und sein Intellekt sichert ihm am Ende den Sieg, während kurz zuvor ein Paar aus Ohio (nördlicher Mittelwesten) von den Rednecks noch problemlos um die Ecke gebracht werden konnte, kann Taylor sich selbst und sogar seine geliebte Frau retten. Dabei wächst er auf durchaus ansehnliche und stellenweise sogar etwas übertriebene Weise über sich hinaus. Besonders, als er Akrobatik am Truck des Bösen vollführt. Da klingt „Mad Max“ wirklich stark durch, auch wenn ich dabei am häufigsten Bilder von „Fury Road“ im Kopf habe, der viel später entstand und eine Weiterentwicklung der früheren Filme des Franchises darstellt.
Die gesellschaftspolitische Aussage ist also eines sicher nicht: Freundlich gegenüber den Menschen da draußen in den kleinen Dörfern mitten in den Prärien und wüstenähnlichen Landschaften. Auch die dort lebende Spezies ist ziemlich wüst, beinahe so, als würde sie sich bereits so weit von den progressiven Gegenden der USA entfernt haben, dass ein neuer Schlag von sich rückwärts entwickelnden Primitiven und Gewalttätigen entstehen würde. Wir kennen das ja aus dem deutschen Osten, und wie schnell das ging, nach dem angeblichen Sozialismus und dem angeblichen Antifaschismus allüberall. Okay, etwas Zuspitzung muss auch mal sein, aber der Film vermittelt gut, wie Angst und Wut in uns hochkochen können, wenn wir von solchen rüden Figuren regelrecht eingekreist werden. Wenn man die Situation bedenkt, handelt Taylor vergleichsweise besonnen und ist erst einmal auf Deeskalation bedacht.
Finale
Vielleicht ist der dargestellte Stadt-Land-Gegensatz und der Hang zur Waffengewalt da draußen in den Weiten des Landes nur das Vehikel für den Thriller, vielleicht aber soll die Botschaft auf den Dächern luxuriöser Stadtgeländewagen und in den Weiten der Laderäume riesiger Überlandtrucks transportiert werden. Es fehlt vielleicht gerade durch die Eindeutigkeit die Möglichkeit, eine solche Absicht zu unterstellen, weil der Hollywood-Film zwar in den 1990ern überwiegend progressiv im Anstrich war, aber sich doch an die Generalisierung selten so heranwagte. Eher schon hat er jahrzentelang versucht, die rassistischen Südstaaten zu pflegen, indem er ihre Bevölkerung in Filmen stark veredelt hat. Was hat es genützt? Es hat Zuschauer in die Kinos gebracht, dort unten, die das Ende der Sklaverei heute noch beweinen, aber diejenigen, die in „Breakdown“ den Spiegel vorgehalten bekommen, werden sich nicht gefreut und von weiteren Kerben im Lauf ihrer Flinten geträumt haben: Dieses arrogante Pack von Tinseltown. Wartet, bis einer von euch den Fehler macht, durch unser eigenes Land kommt, in dem wir die Raubritter sind und ihr nur Freiwild darstellt!
In der IMDb steht „Breakdown“ derzeit bei 6,9/10, das ist nach meiner Meinung eine angemessene Bewertung (7,0/10 im August 2023, dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beitrags). Denn trotz allem, was man in den Film hineininterpretieren kann, in einem hat die Kritik recht: Er ist nicht sehr ingeniös, sondern sammelt viele vorhandene Filmversatzstücke ein und mischt sie auf eine ebenfalls nicht sehr originelle Weise. Als spannender Thriller funktioniert er aber und es kommt bei der Bewertung darauf an, ob man ihm das zubilligt, was ich oben dargestellt habe. Dann hätte er durchaus einen interessanten doppelten Boden. Ich tendiere dazu, Ross und Reiter nicht klar benennen zu wollen.
72/100
© 2023 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2021)
(1), kursiv, tabellarisch. Wikipedia
| Regie | Jonathan Mostow |
| Drehbuch | Jonathan Mostow, Sam Montgomery |
| Produktion | Dino De Laurentiis, Martha De Laurentiis |
| Musik | Basil Poledouris |
| Kamera | Douglas Milsome |
| Schnitt | Derek Brechin, Kevin Stitt |
| Besetzung | |
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