Housing 12 Wohnreport, Großwohnkonzerne, Vergesellschaftung, Daseinsvorsorge
Zuletzt haben wir uns in #Housing 11 mit Baugenehmigungen für Wohnungen brechen 2023 ein (Statista + Kurzkommentar) beschäftigt, heute schauen wir uns die größten privaten, börsennotierten Wohnungsunternehmen in Deutschland an. Wir kommentieren im Anschluss an den Infoblock:
Infografik: Vonovia besitzt mehr als eine halbe Million Wohnungen | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.
Vonovia war schon vor der Übernahme des Konkurrenten Deutsche Wohnen das größte Wohnungsunternehmen in Deutschland. Durch den Zusammenschluss der beiden Konzerne im Jahr 2021 ist ein Immobilien-Riese entstanden, der mehr als 500.000 Wohnungen besitzt und verwaltet, wie die Statista-Grafik auf Grundlage von Unternehmensdaten zeigt.
Der größte Mitbewerber auf dem Wohnungsmarkt ist das Düsseldorfer Unternehmen LEG Immobilien. Eine sich anbahnende Fusion von LEG und Deutsche Wohnen war 2021 der Grund für Vonovias Entscheidung den Konkurrenten zu schlucken. Die LEG hat heute einen Wohnungsbestand von rund 167.000 Wohneinheiten und konnte diesen im Gegensatz zu den meisten anderen Wettbewerbern gegenüber 2020 deutlich steigern.
Den größten Verlust an Wohneinheiten registrierte in den vergangenen zwei Jahren die Adler Group. Im Oktober 2021 wurde öffentlich, dass das Unternehmen in eine Leeverkäufer-Affäre verstrickt sei. Der Wirtschaftsprüfer KPMG konnte die Betrugsvorwürfe nicht komplett entkräften und hat in der Folge kein Prüfungsurteil für den Konzernabschluss abgegeben. In den Folgejahren kamen weitere Rechnungslegungsfehler zu Tage. Kurseinbrüche und Schulden veranlassten das Unternehmen zu Wohnungsverkäufen.
Dabei fällt vor allem der sehr große Unterschied zwischen dem Marktführer Vonovia und den übrigen Firmen auf. Die Übernahme der Deutsche Wohnen SE, die in der Grafik abgebildet ist, war ein ziemliches Hin und Her, aber irgendwie haben sie es doch geschafft, immer weiter zu akkumulieren. Wie das möglich war, wird hier beschrieben: Der größte Vermietungskonzern Europas – ak analyse & kritik (akweb.de). Vor dem Infoblock können Sie auch dort schon nachlesen, wie irrsinnig Daseinsvorsorge in der Hand von börsennotierten Großkonzernen ist. Doch der neoliberale Tross zieht, die Mehrheit der Menschen ausbeutend, immer weiter, wie man daran sieht, dass jetzt auch die Rente weiter finanzialisiert werden soll. Der Markt ist endlich, wenn man ihn nicht um immer weitere, komplett anti-innovative Felder erwertert. Das merkt man auch an der Entwicklung der Großwohnkonzerne. Selbstverständlich war die Vonovia auch eines der Unternehmen, die von der „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“-Initiative in Berlin ins Auge gefasst wurde. Mittlerweile ist sie dabei Spitzenreiter, weil sie sich den Namensgeber der Initiative einverleibt hat. Weitere Unternehmen, die nach den Kriterien von „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ vergesellschaftet werden müssten:
Betroffen wären mutmaßlich neben Deutsche Wohnen auch deren heutiger Mutterkonzern Vonovia, Akelius aus Schweden, das französische Unternehmen Covivio, TAG Immobilien aus Hamburg sowie Grand City Properties und die Adler Group, die beide ihren Sitz in Luxemburg haben. Deutsche Wohnen & Co. enteignen – Wikipedia
Dabei handelt es sich um private Unternehmen, die mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin im Eigentum haben. Ein Gutachten im Sinne der privaten Immobilienwirtschaft will unter anderem klarmachen, dass damit der Gleichheitsgrundsatz verletzt wäre, weil kleinere Unternehmen nicht enteignet werden und weil die Besitzverhältnisse bei Immobilien oft so undurchsichtig sind, dass die Größeneinschätzung eines Bestandes, der sich auf bestimmte wirtschaftlich Berechtigte konzentriert, schwierig ist.
Man kann auch sagen, damit der Kapitalismus weiter seine Schneisen der Vernichtung durch die soziale Stadt ziehen kann, wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Die Grundbücher müssten vielmehr aus Transparenzgründen ausweisen, wem Immobilien tatsächlich gehören, es reicht nicht aus, dass irgendwelche Konstrukte dort benannt werden. Bei den in der Grafik aufgeführten Unternehmen besteht das Problem der Verschleierung wohl weniger, weil sie ja darauf angewiesen sind, für die weitere Expansion bzw. deren Finanzierung einen möglichst großen Bestand auszuweisen. Im eingangs verlinkten Artikel ist erklärt, warum das Geschäftsmodell anders gar nicht funktioniert. Die Vonovia ist damit nicht nur in Deutschland, sondern sogar in Europa der größte Wohnungskonzern nach Zahl der Einheiten geworden.
Als die Vonovia in den Börsenindex DAX, der die 30 am höchsten kapitalisierten Unternehmen in Deutschland beinhaltet, aufgenommen wurde und dafür Produktionsunternehmen rausflogen, war das wieder einmal ein Zeichen dafür, dass die deutsche Wirtschaft immer konservativer und innovationsfeindlicher wird. Auch wenn Vonovia und andere Greenwashing an Bestandsimmobilien betreiben: Nicht einmal auf dem Bausektor leisten sie nennenswertes, man kann auch sagen, sie leisten gar nichts, wenn es um neue, bezahlbare Wohnungen geht.
Vonovia, das größte private Wohnungsbauunternehmen Europas, hat angekündigt, dass es derzeit auf den Bau von Zehntausenden neuer Wohnungen verzichtet1. Dies ist auf hohe Zinsen und Kosten zurückzuführen1. Die Planungen für insgesamt 60.000 Wohnungen liegen derzeit auf Eis1. Insbesondere Berlin und Dresden sind von dieser Entscheidung betroffen2. Trotz der hohen Inflation und Zinsen hat Vonovia für das Jahr 2023 keine Neubauprojekte gestartet2.
Den blauen Text haben wir von ChatGPT recherchieren lassen – anstatt „Trotz“ am Beginn des letzten Satzes müsste es wohl „Deshalb“ heißen. Denn einen Grund dafür, aufs Bauen zu verzichten und wegen der Wohnungsknappheit dafür an der Mietschraube zu drehen, kann man fast immer finden.
Vonovia – Wikipedia beinhaltet die Zahlen, die innerhalb von nur 9 Jahren ein Wachstum des Konzerns um das 20-Fache ausweist, die Bilanzsummer betreffend, das 15-Fache beim Eigenkapital – aber nur das Fünffache beim Periodenergebnis, wobei 2022 sogar ein Minus ausgewiesen wird. Die Dividenden steigen hingegen immer weiter und erreichen mittlerweile eine Rendite von fast 5 Prozent. Wir wollen hier keine Anlagetipps geben, zumal ohnehin kaum Aktien im Kleinanleger-Streubesitz sind, vielmehr halten die üblichen Verdächtigen, die „Institutionellen“, wie BlackRock, große Pakete, sondern klarstellen, wie niedrig die Mieten sein könnten, wenn nicht erhebliche Anteile davon (zuletzt 37 Prozent) für Gewinnausschüttungen an Anteilseigner oder als Kapital für die Expansion verwendet würden. Die Bewirtschaftung kostete hingegen gem. erstgenannter Quelle nur 27 Prozent der Mieteinnahmen. Anders ausgedrückt, fast drei Viertel der Miete sind offenbar nicht notwendig, um die Immobilien auf dem derzeitigen Stand zu erhalten.
TH
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