Agent:innen erwünscht. Der Erfolg der Genres Crime, Thriller, Mystery | Crimetime Special

Crimetime Special Statistik Zuschauer:innenzuspruch für die "Genres"

Kulturforschung, auch wenn es „nur“ um Alltagskultur geht, ist zwar nicht unser Hauptanliegen, weil wir mit „Filmfest“ und „Crimetime“ schon zwei umfangreiche Rubriken zu den (überwiegend) fiktionalen Medien in bewegten Bildern anbieten, aber eine Statistik hin und wieder darf und muss sein:

Agent:innen erwünscht

So nennt Statista seine aktuelle Grafik zu dem Genre, das vielleicht den größten Zuspruch von allen hat. Inkludiert man „Crime“ im Ganzen, stimmt das sowieso, wie unzählige, zudem erfolgreiche Krimireihen im deutschen Fernsehen eindrucksvoll belegen. Wäre eine Agentenserie bei uns eigentlich „Filmfest zuhause“ (Fernsehen generell) oder doch „Crimetime“ (bisher fast ausschließlich „Tatort“ und „Polizeiruf“ mit zusammen etwa 1.100 Beiträgen)? Wie auch immer, hier gibt es noch einige Infos:

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz  erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Im September 1993 wurde „Akte X“ (orig. The X-Files) zum ersten Mal im US-Fernsehen ausgestrahlt und entwickelte sich schnell zur Kultserie. Das lag unter anderem an den charismatischen FBI-Agent:innen Scully und Mulder, die in der Serie stets Außerirdischen und Regierungsverschwörungen auf der Spur waren.

30 Jahre später ist „Akte X“ auch Jahre nach Absetzung der Show vielen ein Begriff, die Begeisterung für die Genres Thriller, Mystery und Crime ungebrochen. Wie Daten der Statista Consumer Insights zeigen, schauen die Spanier:innen besonders gerne Filme und Serien aus diesen Kategorien. Rund 66 Prozent der dort Befragten haben angegeben diese Genres im Fernsehen anzuschauen oder zu streamen. In Deutschland (53 Prozent) bestätigten etwas mehr als die Hälfte Umfrageteilnehmer:innen, dass sie Filme und Serien der Genres Thriller, Mystery, Crime gucken. Unter den Österreicher:innen war der Anteil mit 55 Prozent etwas höher.

Diesen Artikel haben wir der Rubrik „Crimetime“ zugeordnet. Im Grunde ist alles „Crime“. Der Trhiller ist ein Subgenre des Krimis, der vor allem eine bestimmte Handlungsführung aufweist: Jemand wird gejagt / jagt jemanden, beide Figuren sind mehr oder weniger bekannt, der Zeitfaktor spielt eine wichtige Rolle, spannend ist vor allem, wie und wann, nämlich ob rechtzeitig, die Täterfigur(en) gefasst wird / gefasst werden. Man nennt das auch „Howcatchem“. Der klassische Krimi ist der „Whodunit“, der sogenannte Rätselkrimi, in dem Detektive oder Ermittler herauszufinden versuchen, wer ein Verbrechen begangen hat. Formate wie der „Tatort“ weisen beide Varianten auf, aber immer noch überwiegend mit „Whodunit“-Struktur, obwohl diese vielen mittlerweile als langweilig gilt und außerdem Kopfarbeit macht, wenn man sie sich denn machen will und nicht nur passiv konsumiert. Der Whodunit wird vorwiegend als realitätsnahes Genre angesehen. Der Thriller wiederum weist Spielarten wie den „Mystery“-Thriller auf, der sich im Grunde mit dem Großgenre Phantastik verbindet und es damit ermöglicht, variantenreich Übersinnliches einzuflechten.

Der Agentenfilm wiederum ist in der Regel ein weiteres Subgenre des Thrillers, in dem beide Seiten dem Zuschauer bekannt sind und in dem staatliche oder sonstige Organisationen auf beiden Seiten eine wichtige Rolle spielen, was wiederum sehr actionreiche, großangelegte Szenarien ermöglicht. Mit Sondervarianten wie der bei James Bond beliebten Kaschierung des negativen Masterminds, was die Bedrohlichkeit der Gefahr aus dem Unbekannten steigert. 

Klar, dass, wenn man alle Varianten, es gibt noch mehr davon, zusammenrechnet, über die Hälfte der Fernsehzuschauer:innen dafür zu gewinnen sind. Ansonsten bleiben ja nur noch die Filme, in denen gar kein Verbrechen vorkommt, und das dürfte mittlerweile klar die Minderzahl sein. Die Welt ist nun einmal voller Verbrechen, viele waren selbst schon einmal Opfer eines Delikts oder haben eines ausgeführt, der Nervenkitzel beim Zuschauen ist fast so groß wie in der Realität. Vor allem verbindet ein Element grundsätzlich alle Verästelungen des Crime-Genres: Spannung.

Spannung treibt alles an und mit Glück gibt es auch noch gute, interessante, manchmal witzige oder schrullige Charaktere zu sehen. Es wird von vielen als Plus empfunden, wenn diese sich im Umfeld des Verbrechens bewegen, auf der einen oder anderen Seite, als wenn sie nur in einem Drama ohne deliktische Aspekte agieren würden. Nicht nur im deutschsprachigen Raum sind die Auflagengrößen in der Literatur vor allem dem Großgenre Crime zuzuordnen. Dazu zählen auch Bücher, die auf den ersten Blick aus einer anderen Richtung kommen, wie die Harry-Potter-Reihe oder die Herr-der-Ringe-Saga und ihre Derivate und alle Filme, in denen gute Helden, manchmal auch Superhelden, einer verbrecherischen Macht das Handwerk legen sollen, also auch viele SF-Filme. 

In der Regel ist das Genre, wenn man eine klassische Einteilung verwenden  mag, der Trivialliteratur und -kultur zuzurechnen, aber mit vielen Abstufungen und es gibt durchaus künstlerisch anspruchsvolle Produkte des Genres. Da alle Genres mit standardisierten Handlungsmustern arbeiten, bleibt als Alternative für das wirklich Überraschende nur die „genrelose“ Literatur und der Film, der auf ihr basiert. Darauf lassen sich aber weniger Menschen ein als auf Bekanntes, das in immer wieder neuen Abwandlungen dargeboten wird. Wenn man den Überzug wegnimmt, der mehr oder weniger das Individuelle und Interessante der benannten Genres oder Subgenres darstellt, kommt man darauf, dass sehr viele Produkte eine erstaunlich große Anzahl an Gemeinsamkeiten aufweist. Deswegen ist es auch schwierig, auch bei offensichtlichen Repetitionen vom Klau bei einem Vorbild zu sprechen, denn es lassen sich immer andere Beispiele finden, die als Vorlage ebenfalls infrage kommen.

Die Beliebtheit des Spannenden in einem nachvollziehbaren Rahmen ist nachvollziehbar und Erfolg kann bis zu einem gewissen Grad durch Analyse und Arbeit erzielt werden, ist also kein Ausdruck besonderer Schöpfungshöhe. Letztlich gilt das aber für alles, denn es gibt schon fast alles. Es kommt darauf an, wie es gestrickt ist, und da haben die Produzenten mittlerweile den Bogen ziemlich gut raus und können mit hoher Verlässlichkeit Filme und Serien auf den Markt bringen, die sich bewähren. Außerdem entspricht das Rezept oder die Masche der Grundstruktur des Lebens, jedenfalls derjenigen, die man sich in der Regel erwünscht. Deswegen sind Agent:innen erwünscht.

TH


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