Ergebnis Berlin-Marathon | KER | Klima / Umwelt | Kultur | Literatur | Gesellschaft | Buchempfehlung | Kurze Gedanken zum morgigen Berlin-Marathon und der LG
Wie schon in den vergangenen Jahren war das Wetter wieder optimal. Freundlich, nicht zu kühl, nicht zu warm, zwischen 17 und 19 Grad.
Die Äthiopierin Tigst Assefa ist in Berlin zu einem Fabel-Weltrekord im Marathon gelaufen. Die 29 Jahre alte Vorjahressiegerin gewann in 2:11:53 Stunden und blieb damit mehr als zwei Minuten unter der bisherigen Bestmarke von Brigid Kosgei. Die Kenianerin war 2019 in Chicago 2:14:04 Stunden gelaufen. Assefa hatte den Berliner Streckenrekord im vorigen Jahr auf 2:15:37 Stunden geschraubt und war damit in die Welt-Elite über die 42,195 Kilometer vorgestoßen. Web.de
Eliud Kipchoge gewann wieder bei den Männern, konnte aber dieses Mal keinen neuen Weltrekord laufen und musste am Ende sogar aufpassen, dass er nicht eingeholt wurde. Trotzdem ist er mit fünf Siegen jetzt alleiniger Rekordhalter des Berlin-Marathons. Damit liegen nun beide Marathon-Weltrekorde, die bei realen Rennen gelaufen wurden, in Berlin. Das wird die Weltelite weiterhin hier an den Start bringen, selbst, wenn woanders die Preisgelder höher sein sollten.
Wir werden noch viele solcher Rekorde in Berlin sehen, denn in dem obigen Artikel wird auch auf die verbesserte Schuhtechnik hingewiesen, die immer neue Bestzeiten ermöglichen soll. Hoffentlich stimmt das und wir stellen nicht irgendwann doch fest, dass verbotene Substanzen im Spiel waren, wie leider bei so vielen Sportarten, unabhgängig davon, um welche Anforderungen es dabei geht.
Falls sie einigermaßen erschwinglich sind, hätten wir diese Schuhe auch gerne, um damit ohne Rennrad in die Berliner Rennrad-Elite vorzustoßen, zumindest solange, bis sich das mit der Wunderwirkung der Schuhe rumgesprochen hat bzw. als Idee auch fürs verbesserte Radfahren von allen adaptiert wurde, die es betrifft. Spaß beiseite:
Die Frage, die viele vor der Veranstaltung beschäftigte: Würde die „Letzte Generation“ den Lauf so stören, dass die Ergebnisse dadurch beeinträchtigt werden oder er gar unter- oder abgebrochen werden muss? Die Antwort ist: nein. So hatten sie es auch nicht geplant, sondern auf eine Störung an zentraler Stelle, auf der Straße des 17. Juni, vor dem Start und in Sichtweite des Startpunkts gesetzt. Im Maximalfall hätte also der Beginn ein wenig verschoben werden müssen, doch dieser Fall trat nicht ein, weil die Polizei zugriff, bevor es zum „Festkleben“ kommen konnte. Die Bilder vom Protest sind trotzdem um die Welt gegangen, und wir finden, das ist okay so.
Damit klar ist, worum es geht und warum es wichtig ist, darauf hinzuweisen, auch wenn es nicht bis 2030 möglich sein wird:
Die Gruppe forderte erneut, dass Deutschland ab 2030 auf fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Erdgas verzichtet. Die Bundesregierung peilt das Jahr 2045 für eine klimaneutrale Wirtschaft an. (Quelle wie oben)
TH
Eines sehen wir voraus: Wenn ein Ereignis wie der Berlin-Marathon tatsächlich Schaden nimmt, wird die gesellschaftliche Akzeptanz für die LG noch einmal schwinden und den allgemeinen Rechtsdrall in Deutschland weiter – nun ja, anheizen, das ist wohl der richtige Ausdruck in Bezug auf Menschen, die sich doch gegen die Erhitzung der Erde wenden wollen. Wenn die gesellschaftlichen Schäden größer werden als jedweder auch nur denkbare Nutzen des Aktivismus, dann muss darüber noch einmal neu diskutiert werden.
Das soll nicht heißen, dass wir es für angezeigt halten, sich rechte Argumentationen zu eigen zu machen, aber bei einem trotz der vielen Unpässlichkeiten für Anwohner:innen, die der Marathon in Berlin immer mit sich bringt, so positiv besetzten Ereignis sollte man ernsthaft Nutzen und Folgen abwägen, sonst wird die Meinung nicht nur bei den üblichen rechten Verdächtigen Raum greifen, dass die LG eine Sekte ist, die rücksichtslos und fanatisch ihre eigenen Ziele torpediert. Auch für uns gibt es Grenzen des Vertretbaren, bei jedem zivilen Ungehorsam, so sehr wir ihn traditionell und noch einmal verstärkt seit unserer Begleitung der Kämpfe der Mieter:innenbewegung in Berlin als legitimes Mittel der demokratischen Willensäußerung befürworten. Wir meinen Kämpfe, die uns ganz unmittelbar vor Augen geführt haben, wie der Kapitalismus sich undemokratisch und schädlich gegen die Interessen der Menschen äußert.
Wir werden sehen, was morgen passiert, hoffen, es bleibt alles friedlich und der Marathon als wirklich bedeutsames Event in Berlin nimmt keinen dauerhaften Schaden dadurch, dass er beispielsweise abgebrochen werden muss, auch eine Verzerrung der Wettkampfbedingungen durch zeitweilige Behinderung der Sportler:innen fänden wir nicht sehr klug von der LG. Und wir hoffen, sie haben die Farbe vom Brandenburger Tor gut abgekriegt, das kürzlich besprüht wurde.
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Blockierte Straßen, besetzte Flughäfen, besprühte Wahrzeichen: Der zivile Ungehorsam erlebt ein spektakuläres Comeback. Während der Staat mit teils drastischer Härte reagiert, ringen die Rechtswissenschaften um Antworten. Lässt sich ziviler Ungehorsam in Zeiten der Klimakrise rechtfertigen? Oder handelt es sich um nichts weiter als gewöhnliche Straftaten, wenn nicht gar das Wirken einer kriminellen Vereinigung? Der Verfassungsblog hat die Debatte von Anfang an begleitet und versammelt erstmals ausgewählte Beiträge in Buchform. Das Buch ist seit heute hier zu haben, digital, open access und in Print. Falls wir nicht bereits damit Ihr Interesse geweckt haben, dann hoffentlich spätestens nach Lektüre der Einleitung, deren gekürzte und leicht veränderte Version wir diese Woche als Editorial verschicken.
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Bisherige Artikel im Wahlberliner zur „Letzte Generation“:
UPDATE 2: Härtere Strafen gegen die LG-Aktivist:innen? (Umfrage + Kommentar) +++Radikal oder militant, zu radikal, zu wenig radikal +++ Klassenkampf? +++ Nachdenken über das Ganze +++ Neues zur „Letzte Generation“: Aktionen in Berlin +++ Strafurteile +++ Diskussionen mit hohem Lächerlichkeitsfaktor wg. Fehlbesetzung | Briefing 182 | Klima, Energie, Umwelt, KER Dieser Beitrag ist ein mehrfach upgedateter „Sammler“.
Die Letzte Generation als Partei? Ergibt das Sinn? (Civey + Kommentar + Info) | Briefing 165 | KER 27 | Personen, Parteien, Politik / Klima / Umwelt
Kommunale Kompromisse mit der „Letzte Generation“? (Umfrage + Kurzkommentar) +++ Verkehrswende ad absurdum geführt | Briefing 148 | Klima-Energie-Report 24 | #LetzteGeneration #EMobility
Wagenknechts Jahresrückblick und die Letzte Generation: Der Wagen bricht zusammen unter der Last rechter Argumente | Briefing 87 | #Wirtschaft #Klima #Energie #Wagenknecht #LG #LetzteGeneration
UPDATE: Aktivistinnen der „Letzte Generation“ sägen Spitze des Weihnachtsbaums am Brandenburger Tor ab +++ Die Frauen der „Letzten Generation“Das Interview mit Carla Hinrichs, Carla Rochel und Aimée van Baalen: „Man kann uns nicht mehr ignorieren, deswegen werden wir bekämpft“ (Gesichter des Friedens, Kommentar) | Demokratie in Gefahr
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei Straßenblockaden der „Letzten Generation“: Zum Gewalt-Begriff von § 113 StGB (Verfassungsblog + Kurzkommentar | Briefing 214 | Gesellschaft, Recht
„Nicht in Ordnung“ (Verfassungsblog) – Die „Last Generation“ aus verfassungsrechtlicher Sicht + Leitkommentar | Klima-Energie-Report 16 Das bis heute einzige Mal, dass wir uns auf einen Artikel des Verfassungsblogs zur LG bezogen und ihn kommentiert haben.
„Last Generation“: Ein Plädoyer für die Aktivist:innen und eine Ausnahme, die konkrete Straftat gegen das Leben +++ Kein Einfluss von „LG“ auf den Tod einer Berliner Radfahrerin? +++ Anschlag auf die Kunst oder nur ein bisschen mehr Lebensmittelverschwendung? | Briefing 50
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