American Werewolf (USA 1981) #Filmfest 988

Filmfest 988 Cinema

Das große Fressen endet abrupt

Wie entsteht ein amerikanischer Werwolf, der in London sein Unwesen treibt? Das erzählt uns dieser Film von John Landis. Der frische Ruhm von „Blues Brothers“, den der Regisseur im Vorjahr umgesetzt hatte, schwebt wie ein Heiligenschein über „An American Werewoolf in London“, und eine Crashszene mit vielen Autos gibt es am Ende auch, die Verlockung, das, was bei den Blues Brothers funktioniert hat, in ein anderes Genre zu übertragen, war wohl zu groß – und mehr lesen Sie bitte in der Rezension.

Handlung (1) 

Die beiden amerikanischen Studenten David und Jack befinden sich auf einer Reise durch Europa. Im nordenglischen Hochmoor geraten sie in das einsam gelegene Dorf East Procter, dessen Einwohner offenbar ein Geheimnis hüten. Mit Einbruch der Nacht kehren sie in die Dorfkneipe „Zum geschlachteten Lamm“ ein. Dort entdecken sie ein Pentagramm an der Wand und werden auf ihre Nachfrage nach dessen Sinn von den Einheimischen in die Nacht hinaus gejagt, nicht ohne den Hinweis, auf der Straße zu bleiben und sich vor dem Mond zu hüten.

Sie geraten vom Weg ab und verlaufen sich bei Vollmond im Moor. Dort werden sie von einem Werwolf angefallen. Jack stirbt, David überlebt leicht verletzt den Angriff, da die Dorfbewohner mittlerweile einsichtig geworden sind und den beiden mit Schusswaffen gefolgt sind. David verliert das Bewusstsein und wird in ein Krankenhaus in London eingeliefert. Er wird von grauenhaften Albträumen geplagt, in denen Monster, die wie SS-Männer aussehen, seine Familie ermorden und sein toter Freund Jack ihn warnt, er sei nun ein Werwolf und müsse sich selbst töten, bevor er Schaden anrichte. (…)

Rezension 

Aber sonst sind die beiden Film sehr verschieden. Blues Brothers ist stellenweise überschäumend und überbordend, die Charaktere sind luxuriös gezeichnet, Szenen sind sehr dezidiert ausgeführt, manchmal auch überlang, die Dramaturgie und die Übergänge sind fließend – „American Werewoolf“ ist das genaue Gegenteil. Der Film wirkt dramaturgisch unrund, die Figuren haben keinerlei Hintergründe und wirken eindimensional, manche Szenen sind ebenfalls etwas gedehnt, andere hingegen so kurz, dass der Witz des Films beinahe mehr aus der Überraschung darüber herrührt als aus allem anderen, was Humor sein könnte.

Am meisten wird dies anhand der Schlussszene deutlich, in welcher der Werwolf von einem Polizeikommando zur Strecke gebracht wird. Die Szene wirkt trotz der Trauer von Krankenschwester Alex so gestaucht, dass man Satire dahinter vermuten kann, wenn man will. Kurz und schmerzvoll endet das arme Monster, das einmal ein harmloser Rucksacktourist aus den Staaten war, der sich in eine britische Moorlandschaft verirrte. Zusammen mit Freund Jack, der diesen Irrgang mit dem Leben bezahlt und danach dreimal als zunehmend verwesende Leiche auftritt und David jeweils dringlich rät, sich umzubringen, damit das Werwölfige aus der Welt verbannt wird.

Am witzigsten ist natürlich die Schlussszene im Kino, in dem Jack mit den Opfern des neuen Werwolfs sitzt und diese, in unterschiedlichen emotionalen Aggregatzuständen verharrend, darin unterstützen, David zum Suizid zu überreden. Unlogisch ist dies dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass diese Untoten David nicht angreifen können, sondern sich tatsächlich darauf verlassen müssen, dass dieser ein Einsehen mit seiner misslichen Lage als meist Mensch, in Vollmondnächten Wolf hat und sich vom Leben zum Tode bringt.

Die Werwolf-Maske für David brachte ihrem Schöpfer Rick Baker den Oscar ein, und für eine Zeit vor dem Einsatz der Computertechnik war sie in der Tat beachtlich – auch das, was man heute mit „Morphing“ bezeichnen würde, nämlich die allmähliche Verwandlung von Mensch in Wolf, wirkt im Vergleich zu älteren Versuchen überzeugend. Allerdings ist der Wolf im Angriffsmodus auch nur immer sehr kurz zu sehen, was einerseits notwendig ist, damit der Film nicht zu grausam wirkt, andererseits auch darauf hinweist, dass man eben noch nicht mit CGI (Computer Generated Imagery) arbeitete und somit eine Szene,  in der Oper und Angreifer zusammen eindeutig im Bild gewesen wären, zu wenig echt gewirkt hätte.

Schade auch, dass man die skurrilen Engländer, die zu Beginn des Films für Spannung sorgen, dass man die Atmosphäre des ruralen Großbritanniens, die Kneipe zum geschlachteten Schaf, nicht mehr genutzt hat, um dem ganzen Film einen Hauch von Monty Pythons skurrilem Humor zu verpassen.  Dazu gibt es Ansätze, etwa in Form eines Inspektors, dessen Figur ein wenig an John Cleese von der berühmten Komikertruppe erinnert, aber es sind eben nur Ansätze.

In unserer Programmzeitschrift war der Film als „Horrorkomödie“ apostrophiert. In Wirklichkeit ist zwar das Genre eindeutig, nicht aber der Humorpegel. „Tanz der Vampire“ ist eine eindeutige Horrorkomödie, obwohl das Böse dort in die Welt getragen wird, während man das arme, böse Biest in „American Werewoolf“ am Ende ganz humorlos vernichtet und damit etwas an der Wirklichkeit vorbei zielt.

Finale

„American Werewoolf“ ist sicher ein uriger und eigenwilliger Film und man kann nicht sagen, dass es keine Spannung darin gibt, hinreichend Blut ist auch zu sehen – zumindest für die Verhältnisse von 1981. Vielleicht kann man dem Kultcharakter des Films damit auf die Spur kommen, dass man sich vorstellt, wie die recht rohe Darstellungsweise nach den subtileren Horrorfilmen der späten 1960er und 1970er Jahre genau den Geschmack eines jugendlichen und eben nicht auf Hintergründiges gepolten Publikums traf, denn was immer man über „American Werewoolf“ sagen kann, vielschichtig ist er nicht. Die Anspielungen auf die Klassiker des Genres sind klar, gleichzeitig ist diese Art Teen-Horror wieder eine Pioniertat gewesen, deren Erfolg viele Nachahmer fand. Man kann also von einem einflussreichen Film sprechen. Deswegen ist er aber noch ein großes Werk, denn gerade seit den 1980ern hat der Erfolg mäßiger Inszenierungen einen schlechten Einfluss aufs Kino insgesamt.

58/100

© 2023 er Wahlberliner, Alexander Platz (Entwurf 2014)

Regie John Landis
Drehbuch John Landis
Produktion George Folsey Jr.
Musik Elmer Bernstein
Kamera Robert Paynter
Schnitt Malcolm Campbell
Besetzung

 

 

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