„Sind deutsche Unternehmen gegen den KI-Hype immun?“ (Statista + Kommentar) | Briefing 316 | Wirtschaft, Technik, IT, KI

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Sie wissen, liebe Leser:innen, die Woche beginnt bei uns meist mit Wirtschaftsinfos. So auch heute, und die KI ist in letzter Zeit eines unserer Lieblingsthemen geworden. Auch, weil wir sie selbst (in Maßen) einsetzen. Das tun Sie aber alle, liebe Lesende, und zwar schon lange.

Infografik: Sind deutsche Unternehmen gegen den KI-Hype immun? | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz Creative Commons — Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International — CC BY-ND 4.0 erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht offensichtlich erscheint, hat Künstliche Intelligenz schon lange ins Online-Nutzungsverhalten der meisten Menschen Einzug gehalten. Ob Suchvorschläge, Navigation via Handy oder Übersetzungstools: All diesen Features liegen mehr oder minder intelligente Algorithmen zugrunde. Dass Nutzer:innen auch direkt im großen Stil mit KI interagieren können, ist allerdings neu. Während Chatbots wie ChatGPT von OpenAI seit Monaten für Schlagzeilen sorgen, sind deutsche Unternehmen sogenannter generativer KI gegenüber noch skeptisch.

Das zeigt eine aktuelle Umfrage von Bitkom Research. Der Lobbyverband der deutschen IT-Wirtschaft hat im Juni und Juli 2023 über 600 Technologie-Entscheider:innen in deutschen Unternehmen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz befragt. 60 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen haben sich entweder noch nicht mit dem Thema beschäftigt oder wollen generative KI wie ChatGPT nicht in ihrem Unternehmen einsetzen. 23 Prozent können sich einen Einsatz generell vorstellen, bei 13 Prozent der Befragten liegen schon entsprechende Pläne vor. Nur zwei Prozent der Befragten haben die Nutzung von generativer KI in ihren Firmen bereits etabliert.

Die Beschäftigung mit dem Einsatz von Chatbots oder anderen Text-Bild-Generatoren wird in den Unternehmen allerdings seit 2020 vermehrt diskutiert. 2018 war KI für 86 Prozent der Befragten kein Thema, 2023 lag der Anteil nur noch 52 Prozent. Vor dem Hintergrund von Datenschutz und Sicherheit bedenklich ist vor allem die Erkenntnis, dass nur eine Minderheit Regeln für den Umgang mit KI am Arbeitsplatz festlegen will. In einem Prozent der befragten Unternehmen existieren bereits solche Regeln, weitere 16 Prozent wollen diese einführen. Demgegenüber stehen 28 Prozent, die nicht planen, KI-Einsatz zu reglementieren, während sich knapp die Hälfte noch nicht mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat.

Wie soll in einem so konservativen Klima, wie es derzeit in Deutschland herrscht, der Umgang mit der KI rechtzeitig erlernt werden? Nicht nur auf diesem Gebiet kann einem angst und bange werden, wenn man an die Zukunft denkt, aber dass noch darauf hingewiesen werden muss, dass auch Suchmaschinen eine Form von KI sind, die wir seit vielen Jahren benutzen, ist bemerkenswert. Was wir jetzt sehen, nämlich die Zusammenführung von Suchergebnissen in Texten durch ChatGPT oder ähnliche Bots, ist nur eine Fortentwicklung. Zugegeben, es kam zu einem Sprung, weil man solche Module recht plötzlich allgemein zugänglich gemacht hat. Bisher freuen wir uns darüber und setzen CahtGPT auch ein, um schnelle Recherchen durchzuführen, binden manchmal auch Textstellen ein, die von der KI generiert wurden. Bisher weisen wir noch darauf hin, aber das könnte sich ändern in dem Maße, wie andere ebenso vorgehen. Bedarf es dafür überhaupt einer Regulierung?

Ja und nein. Es gibt einige Kniffe, die sehr wohl bedenklich sind, die wir hier aber nicht besprechen wollen, weil sie uns manchmal auch helfen. Das Suchen und Texten mit KI ist inspirierend, weil sie manchmal Zusammenhänge aufzeigt, an die wir noch nicht gedacht haben. Man kann sich von ihr auch bei der Weiterbearbeitung und Vertiefung eines Themas leiten lassen. Das ist spannend, keine Frage. Es ist eine der wenigen Entdeckungsreisen, die in den letzten Jahren neu ins Angebot genommen wurden.

Nur eines darf man nicht tun. Den Gegencheck unterlassen. Oft gibt ChatGPT Daten schlicht falsch wieder, zum Beispiel in einer Zeitreihe, manchmal fällt das schon bei einer oberflächlichen Plausibilitätsprüfung auf, aber nicht immer. Zum Beispiel dann nicht, wenn Kennziffern einem falschen Jahr zugeordnet werden, oder, seltener, falschen Einheiten wie Ländern, Unternehmen etc.

Die Zuverlässigkeit von Datendarstellungen darf nicht unter dem blinden Einsatz von KI leiden. Es ist misslich genug, dass viele Menschen Statistiken nicht gut interpretieren können und ihnen daher auch händische Fehler nicht auffallen, also welche, die sie selbst eingetippt haben oder solche, bei denen sie selbst oder andere Fehler aller Art gemacht habe, von kleinen Unachtsamkeiten bis zur fehlerhaften Herstellung von Zusammenhängen.

Viel schwieriger ist traditionell die Beurteilung der Datenqualität: Wie wurden Daten erhoben, gibt es andere, abweichende Darstellungen, die auf anderen Messmethoden beruhen etc. Derlei darzustellen oder gar abzugleichen, ist im Moment noch nicht der Beritt der KI, aber wir sind sicher, das wird alles kommen. Hoffentlich zu fairen Preisen oder, wie bei ChatGPT, zur allgemeinen, kostenfreien Verfügung. Es wäre demokratisch, wie bei allen Daten im Netz.

Wie dann Menschen mit der KI klarkommen, deren Aufgabe es bisher war, Arbeiten zu verfassen, die von einer KI ebenso oder besser übernommen werden können, ist eine andere Sache oder die Kehrseite. Früher lief es immer so: Die Technik ist gut, denn durch sie werden wieder Kapazitäten frei, die Menschen können sich auf andere Dinge konzentrieren. Produktivitätsfortschritt durch Automatisierung, durch Robotik, durch KI. Damit muss man sich jetzt wieder neu auseinandersetzen, denn natürlich ist die eigenständige Erstellung von Sachtexten ein Sprung nach vorne, der auch Expertensystemen auf die Sprünge helfen wird, an denen schon ewig geknobelt wird, die aber bisher nicht wesentlich über die Funktion von Online-Archiven hinausgekommen sind.

 Ein Beispiel ist Juris, das vor über 30 Jahren Gegenstand des neuen Fachs Rechtsinformatik war und dann zu einer kommerziellen Texte-Datenbank wurde, die nützlich, aber nicht wirklich innovativ ist. Einzig die mittlerweile riesige Zahl an Texten, die man dort abrufen kann, ist das Geld für einen Zugang wert (Kritik an der Lückenhaftigkeit gibt es gleichwohl) und natürlich geht die Recherche schneller als in der Bibliothek, aber die eigenständige Vorverfassung von Expertisen aus diesem riesigen Datenbestand heraus, die man in Gutachten einbinden und damit die Zeit für deren Erstellung reduzieren könnte, konnte das System bisher nach dem, was wir wissen, nicht leisten, obwohl das einmal die Zielstellung war, als man in den frühen 1990ern sehr optimistisch an das Thema heranging.

Auch ChatGPT ist kein verlässliches Expertensystem, nicht einmal auf einer eher allgemeinen Ebene, denn was der Bot antwortet, hängt sehr von der Fragestellung ab, davon, wie man ihn manipuliert, damit er seinerseits manipulieren kann. Das eigene Denken darf man sowieso nicht ausschalten, das wäre wirklich gefährlich. Trotzdem ist dieser Ansatz vielversprechend. Manchmal nutzen wir den Chat, manchmal auch die Version „verfassen“. Vor allem das Finden mehrerer relevanter Quellen innerhalb kurzer Zeit und deren Verknüpfung zu einem recht flüssig geschriebenen Text, dessen Duktus man durch die Auswahl von Varianten beeinflussen kann, ist klar eine Weiterentwicklung der klassischen Suchmaschinen, diese neue Möglichkeit nutzen wir vor allem, um Informationen zu vertiefen und Mehrwert für unsere Lesenden zu generieren. Es ist ja immer noch Ergebnis unserer Kreativität, auf die richtigen Fragen zu kommen und dadurch Interessantes anbieten zu können.

Selbstverständlich ist mit diesem Schlaglicht auf die eigene KI-Nutzung nicht umrissen, worum es dabei im Ganzen geht. Wir meinen, es wird sehr wohl Nutzungsregeln geben müssen, ethische Fragen müssen ebenso beantwortet werden wie bei allen Techniken, die man in die verschiedensten Richtungen weiterentwickeln kann.

TH

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