Was ihr nicht seht – Tatort 1249 #Crimetime Vorschau Das Erste 05.11.2023, 20:15 Uhr #Tatort #Dresden #Gorniak #Winkler #MDR #Sehen

Crimetime Vorschau – Titelfoto © MDR / MadeFor, Hardy Spitz

„Was ihr nicht seht“ ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Tatort. Der vom MDR Fernsehen produzierte Beitrag ist die 1249. Tatort-Episode und soll am 5. November 2023 im SRF, im ORF und im Ersten ausgestrahlt werden. Die Dresdner Ermittler Karin Gorniak und Peter Michael Schnabel ermitteln in ihrem 16., Leonie Winkler in ihrem 10. Fall.[1]

„Der Tatort berührt, solange er Schutzlosigkeit fühlbar macht. […] Aber dann, im letzten Drittel, wird der Handlung ein Thriller-Finale aufgesteckt, Szenen in Zeitlupe, flackernde Blicke im Keller. Dieses künstlich Gehetzte passt nicht zur Präzision des ersten Teils. Das Getöse überlagert die Stille in einem Tatort, der besser ganz bei sich geblieben wäre.“ – Holger GertzSüddeutsche Zeitung[2] (Quelle 1)

 So lange schon gibt es nun die Dresdner:innen am Tatort. Seit 2015, also mit zwei Fällen pro Jahr. Ermittelt haben von Beginn an Frauen, aber es gibt ja noch den Dienststellenchef Schnabel, daher die Schreibweise. Für mich ist das Panel etwas verschoben, weil ich noch nicht alle neuen Dresden-Tatorte kenne. Daher fühlt es sich für mich an, als ob Alwara Höfels erst kürzlich ausgestiegen wäre, gerade, als der Dresden-Tatort richtig Fahrt aufgenommen hatte, als er immer besser wurde. Aber worum geht es im 1249.Tatort?

Handlung[2]

Eine junge Frau erwacht orientierungslos und benommen mit einem Messer in der Hand neben ihrem erstochenen Freund. Als Kommissarin Leonie Winkler am Tatort eintrifft, erkennt sie in ihr ihre Schulfreundin Sarah Monet. Ihre Kollegin Karin Gorniak und die Kriminaltechnik sind bereits bei der Arbeit. Alle Spuren deuten auf eine Beziehungstat hin. Hat Sarah ihren Freund unter Alkoholeinfluss getötet, möglicherweise in Notwehr? Leonie Winkler will ihrer Freundin helfen, wird aber von ihrem Chef Schnabel wegen möglicher Befangenheit von Sarahs Fall abgezogen. Auf eigene Faust ermittelt sie weiter.

Die forensischen Untersuchungen ergeben, dass Sarah K.-o.-Tropfen im Blut hatte. Das ändert alles. Die Ermittlerinnen versuchen, die Wahrheit über die Schreckensnacht herauszufinden, an die Sarah angeblich keinerlei Erinnerung mehr hat. Sarah wird währenddessen von rätselhaften Flashbacks gequält, ihre Erinnerung scheint zurückzukehren. Doch plötzlich ist sie verschwunden. Die Kommissarinnen finden heraus, dass Sarah Teil einer Verbrechensserie ist, die immer nach demselben Muster abläuft: Der Täter entwendet die Schlüssel seiner Opfer, kopiert sie, dringt in die Wohnungen ein und versetzt dort Getränke der ahnungslosen Frauen mit K.-o.-Tropfen, um sie später zu vergewaltigen. Auf der Suche nach dem Täter geraten die Kommissarinnen in Zugzwang, denn er trifft unvermutet auf Sarah.

Weiter zu den Stimmen

„Einmal mehr wagt sich das Dresdner Team an ein sensibles Thema, das empathisch und intensiv zugleich erzählt wird, vor allem dank der weiblichen Hauptrollen. Die Schicksale der betroffenen Frauen werden authentisch vermittelt, auch dank der eindringlichen Bildsprache von Kaspar Kaven, der für diese Leistung völlig zu Recht für den Deutschen Kamerapreis nominiert wurde. Ein Crime-Thriller, der unter die Haut geht und bis zum Schluss spannend bleibt.“[3]

Von dieser Seite wird also kein Bruch konstatiert, der dem Film im letzten Drittel ein anderes Gepräge verleiht, vielmehr ist man durchgängig einverstanden mit dem 16. Dresden-Tatort der aktuellen Generation (nach der Wende hatten auch Ehrlich und Kain in Dresden angefangen und sind um 2000 herum nach Leipzig gewechselt).

„In diesem Krimi haben mich vor allem die Bilder der Hauptdarstellerinnen überzeugt. Die Hilflosigkeit und Demütigung in den Gesichtern der Frauen zu sehen, war weitaus härter als die erschreckenden Erzählungen. Die Flashbacks und Angstattacken von Sarah nehmen einen intensiv mit. Ärgerlich sind einige logische Fehler und langatmige Passagen in der ersten halben Stunde. Dennoch ist der Tatort „Was ihr nicht seht“ spannend bis zur allerletzten Minute. Deshalb 4 von 5 Elchen.“[4]

Diese Kritik von einer Seite, die wir traditionell in unseren Vorschauen zeigen, ist schon deshalb wichtig, weil eingangs erklärt wird, dass K.-O.-Tropfen Knock-Out-Tropfen sind. Die Dunkelvariante der O.-K.-Tropfen. Aber man sieht auch wieder einmal, wie unterschiedlich Menschen ticken. Was dem einen das zu schnelle Ende, ist dem oder der anderen der zu langsame Beginn. Daher ist es, anders als bei den Logikfehlern im Plot, logisch, auch das oben kritisierte Schlussdrittel als angemessen zu bezeichnen oder den Beginn als angemessen, wenn die innere Uhr während des Anschauens eines Films anders tickt als die anderer Rezipienten. Leider bin ich kein Spezialist für K.-O.-Tropen, deswegen kann ich dieses Mal inhaltlich wenig beisteuern. Damit Sie trotzdem umfassend informiert werden, habe ich ChatGPT befragt:

K.-O.-Tropfen sind Betäubungsmittel, die farb-, geruchs- und geschmackslos sind1Sie werden oft im Rahmen von Straftaten wie Sexual- oder Eigentumsdelikten genutzt, um die Opfer zu betäuben und damit wehrlos zu machen2Sie werden Opfern unbemerkt oder heimlich verabreicht, meistens in Getränke oder andere Drogen, manchmal auch in Speisen gemischt2.

Die Symptome einer Vergiftung durch K.-O.-Tropfen sind plötzliche Übelkeit, Schwindel und Benommenheit, Wahrnehmungsschwierigkeiten und Willenlosigkeit, eingeschränkte Beweglichkeit oder Bewusstlosigkeit, und Erinnerungslücken oder Amnesie1.

K.-O.-Tropfen beinhalten eine große Bandbreite von meist farb- und geruchlosen Substanzverbindungen, die zum Großteil schnell abgebaut werden und daher schwer nachweisbar sind2Beispiele für solche Substanzen sind GHB (Liquid Ecstasy), GBL, Benzodiazepine wie Flunitrazepam und Temazepam, Ketamin, und andere23.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Konsum von K.-O.-Tropfen gefährlich ist und ernsthafte gesundheitliche Folgen haben kann, einschließlich Bewusstlosigkeit und sogar Tod durch Atemlähmung2Bei einer Kombination mit Alkohol oder anderen Drogen treten massive Einschränkungen bereits bei einer geringeren Dosis auf als ohne Mischkonsum2.

1gofeminin.de, 2de.wikipedia.org

So oft, wie K.-O.-Tropen in Krimis vorkommen, könnte man meinen, es handelt sich um ein Massenphänomen, deswegen habe ich auch danach gefragt: Wie häufig sind K.-O.-Tropfen bei Sexualdelikten?

Obwohl in den letzten Jahren die Berichte über die Verwendung von K.-O.-Tropfen zugenommen haben, gibt es keine belastbaren epidemiologischen Daten zur Häufigkeit von mit Drogen assoziierten Sexualdelikten12. Die am häufigsten bei Sexualdelikten nachgewiesene Substanz ist nach wie vor Alkohol (ca. 40–60 %), gefolgt von illegalen Drogen (Cannabis, Kokain)12Nur in wenigen Fällen (unter 2 %) konnten bei Routineuntersuchungen unfreiwillig eingenommene Medikamente und Drogen nachgewiesen werden123Hierbei stehen Benzodiazepine, gefolgt von anderen Hypnotika, im Vordergrund12. Die als sog. „Date-Rape Drug“ häufig genannte Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB, „Liquid Ecstasy“) wird in Europa relativ selten mit entsprechender Sicherheit nachgewiesen12.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Dunkelziffer bei solchen Delikten vermutlich hoch ist, da viele Opfer aus verschiedenen Gründen keine Anzeige erstatten. Zudem ist der Nachweis von K.-O.-Tropfen oft schwierig, da sie schnell im Körper abgebaut werden und die Opfer sich aufgrund der Wirkung der Drogen oft nicht an die Tat erinnern können12.

1strafakte.de, 2aerzteblatt.de

„Eine Frau zweifelt an ihrem Verstand. Völlig benommen wird sie abgeführt und ihr Schlafzimmer zum Tatort erklärt. Auf ihrem blutverschmierten Bett liegt ein Messer, darauf ihre Fingerabdrücke, daneben ihr toter Freund. Der „Tatort – Was ihr nicht seht“ (MDR / MadeFor) erzählt von dem Alptraum einer jungen Frau. Fehlende Erinnerung spielt auch für den Fall eine entscheidende Rolle. Die Angstattacken der Hauptverdächtigen werden nicht nur körperlich dargestellt und verbal erklärt, sondern sie werden von Regisseurin Lena Stahl und Kameramann Kaspar Kaven sehr eindrucksvoll visualisiert. Die Filmsprache bewirkt in diesem „Tatort“ umso mehr, weil Handlung und Personal angenehm überschaubar sind. Eine hohe Konzentriertheit und Intensität liegt über dem Film, der mit einem Spannungsfinale endet. In Erinnerung bleiben außerdem auch (das Gesicht von) Episodenhauptdarstellerin Deniz Orta und eine ganz besonders perfide Variante von sexualisierter Gewalt.“[5]    

Dies ist nun die dritte Wahrnehmungs- oder zumindest Äußerungsvariante: Es gibt also ein Spannungsfinale, das haben alle bisherigen Stimmen auch festgehalten, aber in diesem Fall ist die Kommentierung dazu neutral. Nicht neutral ist die Punktvergabe. 5/6 sind überdurchschnittlich, auch wenn, wie häufig erklärt, bei dieser Publikation des Schema für Tatorte nicht bei 0/6 beginnt, sondern bei 3/6 oder 3,5/6.

»What’s Love Got to Do with It« von Tina Turner . Der Soulrock der jüngst verstorbenen Schmerzensfrau Turner läuft im Autoradio des Psychopathen, als wir ihn zum ersten Mal mit Gesicht sehen – und ist natürlich ein grausam lakonischer Kommentar zu dessen Gewalttaten. Die  Bewertung: 7 von 10 Punkten. Brutal, effizient, in der Figurenzeichnung leider wenig originell: die Dresdner Schmerzensfrauen des »Tatorts« sind mal wieder in ihrem Element.“[6]

Schön, dass der Chefkritiker für Tatorte vom Spiegel, Christian Buß, immerhin noch eine Kurzversion seiner Artikel for free herausgibt, dadurch können wir diese sehr geschätzte Stimme doch immer wieder mal abbilden. Was aber hat es mit den Schmerzensfrauen auf sich? Überraschenderweise ist in dem Artikel ein weiterer verlinkt, der besagt, dass Karin Hanczewski, die Darstellerin von Karin Gorniak, 2025 aufhören wird. Nach dann wohl 18 Tatorten. Wird die Kollegin bleiben und wird Schnabel bleiben, der dann das Urgestein wäre? Eine solche Staffelübergabe, dass die jeweils tragende Figur ausscheidet und das Team adäquat ergänzt wird, gab es noch nicht, so weit der Gedächtnis-Schnellcheck.

Der Artikel über Gorniak beinhaltet jedenfalls, dass sie so oft wie keine andere Tatortkommissarin physisch und psychisch viel auszuhalten hatte und daran auch die Planung des MDR schuld war, der den Dresden-Tatorte anfangs als schrullig oder drollig platziert hatte, wozu ja auch der Einsatz von Martin Brambach gut passt (weil er das spielen kann, nicht weil er so spielen muss oder so ist). Dann aber habe man festgestellt, dass es in Weimar schon eine Klamauk-Schiene gab und zweimal lustig im Osten sei nicht angängig.

So kann man es natürlich erklären und wir werden noch einige Nachsichtugen vornehmen müssen, um das Schmerzportfolio von Karin Gorniak komplett zu haben.

Da wir aufgrund der für uns neuen Info, dass es einmal wieder zu mindestens einem Wechsel am Tatort kommen wird, einige zusätzliche Zeichen aufgewendet haben und viel zu den K.-O.-Tropfen geschrieben haben bzw. haben schreiben lassen, belassen wir es heute bei den vier oben gezeigten Stimmen, die auch ein Lächeln hervorbringen, in diesem Moment: Es sind genau diejenigen, mit den wir die Tatort-Vorschauen einst gestartet haben. Fühlt sich beinahe ein wenig zuhause an, nachdem der Tatort-Fundus als wichtige Einordnungshilfe bezüglich der Community-Meinung wohl endgültig die Pforten geschlossen hat.

Immerhin zehn Jahre wird Karin Hancewski als Karin Gorniak bei ihrem Abschied dabei gewesen sein. Eine lange Zeit für eine Schauspielerin, eine von vielen Stories, von Ankommen und Gehen in der nunmehr 53-jährigen Tatortgeschichte, verbunden mit 18 von derzeit 1249 Filmen. Nächstes Mal gibt es also auch ein Jubiläum zu feiern. Wenn der aktuelle Premierenrhythmus beibehalten wird, wird es nicht vor 2030 zum Tatort Nr. 1500 kommen.

Ob es dann den Wahlberliner, die Rubrik Crimetime mit derzeit fast 1180 Beiträgen und diese Vorschauen noch geben wird? Wir wagen eine vorsichtige Prognose. Eher nein als ja. Nicht, weil wir unser eigenes Ende in Sichtweite hätten, sondern, weil wir immer wieder feststellen, dass der hohe Aufwand für den Wahlberliner nur durch intrinsische Motivation zu verstehen ist und weil sich immer wieder herausstellt, dass sich diese Art von Schreiben mit dem fiktionalen Schreiben nicht gut verträgt. Der offensichtlichste Grund: Dass es eine Grenze für den Spaß daran und die Konzentrationsfähigkeit gibt. Diese Grenze erreichen wir mit durchschnittlich zwei bis drei Artikeln pro Tag, die wir ausschließlich in der Freizeit produzieren, leider fast immer.

TH

 

Besetzung und Stab

Oberkommissarin Karin Gorniak – Karin Hanczewski
Oberkommissarin Leonie Winkler – Cornelia Gröschel
Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel – Martin Brambach
Philipp Laupheimer, Kriminaltechniker – Yassin Trabelsi
Dr. Jonathan Himpe, Gerichtsmediziner – Ron Helbig
Jakob Klasen, Staatsanwalt – Timur Isik
Sarah Monet – Deniz Orta
Jan Oschatz – Felix Vogel
Antonia Sander, Ärztin – Cristin König
Pia Schiffbauer – Muriel Wimmer
Nina von Plotho – Zoë Valks
Claudia Martin – Tatiana Nekrasov
Nikias, Barkeeper – Leopold Hornung
u. v. a.

Drehbuch – Peter Dommaschk, Ralf Leuther, Lena Stahl
Regie – Lena Stahl
Kamera – Kaspar Kaven

[1] Tatort: Was ihr nicht seht – Wikipedia

[2] Was ihr nicht seht – Tatort – ARD | Das Erste

[3] Tatort Folge 1249: Was ihr nicht seht – Tatort Fans (tatort-fans.de)

[4] Kritik zum Tatort Dresden am 5.11. (heute) „Was ihr nicht seht“ (swr3.de)

[5] http://www.tittelbach.tv/programm/reihe/artikel-6434.html

[6] »Tatort« heute aus Dresden: »Was ihr nicht seht« im Schnellcheck – DER SPIEGEL

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