Was kostet Parken in Deutschland? (Statista + Kommentar) | Briefing 437 | Wirtschaft, Gesellschaft, KER (Klima-Energie-Report), Verkehrswende

Briefing 437 Wirtschaft, Gesellschaft, KER, Verkehrswende, Parkgebühren, Berlin, Paris, Stuttgart und die anderen

Liebe Lesende, wir machen heute mal wieder ein bisschen Werbung für die Verkehrswende: Das Parken in deutschen Städten ist geradezu lächerlich billig, wie Sie gleich unten sehen werden. Inklusive der Gebühren für Falschparken könnte man da einiges machen, um Geld für moderne Verkehrsprojekte, sprich, den Ausbau der Fahrrad- und ÖPNV-Infrastruktur von jenen einzunehmen, die die Städte legal oder illegal zuparken bis zum Anschlag. So, wie man es in Paris macht, das mittlerweile als eine Frontstadt der Verkehrswende gilt, ohne dass jemand auf die Barrikaden geht.

Was kostet Parken in Deutschland?

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Sechs Stunden Parken im Pariser Zentrum kosten laut DPA-Angabe bald 225 Euro – jedenfalls für alle die einen Verbrenner oder einen Hybrid mit mehr als 1,6 Tonnen Gewicht fahren beziehungsweise ein Elektroauto, das mehr als zwei Tonnen wiegt. Im Vergleich dazu ist Parken in Deutschland spottbillig, wie eine Mitte 2023 von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) veröffentlichten Abfrage der stündlichen Parkgebühren in über 100 Städten zeigt.

Demnach ist Stuttgart mit einer Maximalgebühr von 4,60 für eine Stunde Kurzzeitparken bundesweit am teuersten. Zum Vergleich in Frankfurt Oder sind es gerade einmal 50 Cent, in St. Ingbert, der fünftgrößten Stadt des Saarlands, ist Parken sogar kostenfrei. Unter den deutschen Metropolen ist München die Stadt mit den günstigsten Kurzeitparkgebühren, Berlin, Köln und Frankfurt am Main liegen gleichauf vor Hamburg.

Wohin man im Ausland schaut, in den Innenstädten wird das Autofahren begrenzt und komischerweise finden die meisten Menschen es gar nicht so schrecklich. Die meisten Menschen auf der Welt haben allerdings auch keinen Autofetisch, wie die meisten in Deutschland einen haben. Nicht, dass es woanders keine Defizite gäbe. Im oben erwähnten Paris zum Beispiel. In Frankreich kann die Kultur immerhin als diskutabler Ersatz für einen netten Charakter angesehen werden. In Deutschland hingegen ist die fette Karre leider keine adäquate Substitution für abwesende Kultur. Aber was hätte man davon, wenn man sie nicht mehr in der Innenstadt zeigen dürfte, wo Menschen unterwegs sind, die angesichts dieses Gehabes nur noch mit den Augen rollen, wo vor 50 Jahren schicke Autos noch bewundert wurden?

Wo in Deutschland wird mit den Parkgebühren (nicht mit den Verwarnungsgeldern fürs Falschparken, die wir oben auch als Gebühren bezeichnet haben) in Deutschland am meisten verdient? Hier haben Sie eine Übersicht. Wie aufgrund der obigen Grafik zu erwarten, liegt Stuttgart vorne, nicht etwa die Hauptstadt Berlin, die fürs Parken immer noch Sozialtarife verlangt. Selbstverständlich braucht es in Berlin Sozialtarife, aber ausgerechnet zum Parken, dazu unterschiedslos für alle?

Seit der Zeit, in der wir hier ansässig wurden, hat sich das Gepräge der Autos ganz erheblich verändert. Man kann auch sagen, vom Volumen her betrachtet, haben sie sich verdoppelt, ohne dass ihre Zahl erheblich zugenommen hätte. Das heißt, sie sind viel größer und protziger geworden, allen voran die sich wie die Karnickel vermehrenden SUVs. Zeit, über eine Unterscheidung dahingehend nachzudenken, welche Art von Auto geparkt wird? Wir sehen schon die Menschen vom Ordnungsamt, mit dicken Büchern in der Hand oder am Handy überprüfen, wie schwer das Fahrzeug ist, das gerade vor ihnen geparkt steht. Ob es ein E-Auto ist, sieht man immerhin auf dem Kennzeichen. Ob jemand einen Parkschein hat, reicht also nicht mehr zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit seines Parkens aus, wenn er nicht sowieso im Park- oder Halteverbot steht.

Kein Witz auf jeden Fall: Zumindest bei den Anwohnerparkausweisen könnte man diese Differenzierung nach Art des Fahrzeugs problemlos vornehmen und saftige Preise für übergroße Autos einführen. Bisher darf man ein ganzes Jahr für 20,40 Euro parken, als Bewohner, wie die Anwohner in Berlin heißen. Wir finden das generell äußerst freundlich, mindestens eine Verdoppelung wäre als ein erster Schritt in die richtige Richtung angemessen, eine Vervierfachung für SUVs über 1,5 Tonnen, also quasi für alle Fahrzeuge dieser Bauart. Aber seit wir die #Rückschrittskoalition haben, wird ja wieder in erster Linie der ÖPNV teurer und der Radwegeausbau geht im Schneckentempo voran. Ist Berlin schon die rückschrittlichste europäische Hauptstadt oder gibt es noch irgendwo ein paar abgelegene Länder, in denen die Verkehrswende noch weniger umgesetzt wird?

Auch nett: Die Erwähnung von St. Ingbert im Statista-Text. Zufällig kennen wir die Stadt. Um es mal so auszudrücken: Auf den meisten Dörfern ist das Parken kostenlos, und das ergibt nach unserer Ansicht sogar Sinn, wenn die Infrastruktur des ÖPV nicht dafürsteht. Gleichwohl hat das Saarland die höchste Autodichte in ganz Deutschland. Traditionell, nicht erst seit Kurzem. Insgesamt steigt die Autodichte immer weiter an, mittlerweile (2023) liegt sie bei 583 PKW pro 1000 Einwohner. Gerechnet vom Baby bis zum Greis, wie die Quelle zielsicher ergänzt, also auch bei denjenigen, die meist gar keinen Führerschein haben, deswegen wäre eine Statistik von Autos per Führerscheininhaber:in oder umgekehrt auch mal interessant:

Die regionalen Unterschiede sind allerdings groß: Am höchsten war die Dichte im vergangenen Jahr in den westlichen Flächenländern Saarland (660 Pkw pro 1000 Einwohner), Rheinland-Pfalz (634) und Bayern (625). Die niedrigsten Werte wiesen die Stadtstaaten Berlin (338), Hamburg (439) und Bremen (443) auf – »unter anderem aufgrund eines besonders dichten ÖPNV-Netzes«, wie die Statistiker erklärten. Nur in Berlin sei die Autodichte gesunken. Ostdeutsche Bundesländer weisen nach den neuen KBA-Zahlen ebenfalls eine unterdurchschnittliche Pkw-Dichte auf – hier ist sie in den vergangenen zehn Jahren auch jeweils weniger stark gestiegen.(Der Spiegel)

TH


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