Die globalen Hotspots der Schattenwirtschaft +++ „Banken“ bunkern Billionen auf den Caymans (Statista + Zusatzinfos + Kommentar: CDU!) | Briefing 488 Update | Wirtschaft, Gesellschaft, Finanzkapitalismus, Demokratie in Gefahr

Briefing 488-UP | Wirtschaft, Finanzkapitalismus, Cayman Islands, Steuervermeidung, Steueroasen, Bürgergeld, CDU-Populismus, Demokratie in Gefahr, Ungleichheit, Volksvermögen, Schattenwirtschaft, Schwarzarbeit

In unserem ersten Beitrag zur Reihe „Schwund im Finanzkapitalismus“ haben wir uns speziell mit dem Steuervermeidungsterritorium der Cayman Islands befasst, das vom Vereinigten Königreich betriebenn wird.  Heute werfen wir einen Blick auf einen weiteren Aspekt, der die Handlungsgrundlage von Staaten schmälert: die Schattenwirtschaft. 

Das ist jene Ökonomie, die dadurch unmoralisch oder gar delinquent wird, dass sie Steuern vermeidet oder hinterzieht. Eine weitere Form gemeinschaftsschädlicher Schattenwirtschaft ist die Schwarzarbeit, die sich dadurch negativ hervorhebt, dass bereits die Tätigkeiten, die erbracht werden, ohne legale Grundlage vorgenommen werden. Dabei können notwendigerweise gar nicht erst Steuerforderungen entstehen.

Bleiben wir aber dieses Mal bei der Steuervermeidungs- und Steuerhinterziehungs-Schattenwirtschaft, die wir schon im ersten Beitrag (auch unten angehängt) behandelt  haben und erweitern die Perspektive um die Länder, die dazu beitragen, dass „Steueroasen“ so erfolgreich sein können. Dabei spielt Deutschland eine nicht  unwichtige Rolle. Es ist sogar bei den Hotspots der globalen Schattenwirtschaft aufgeführt. Das ist wichtig zu wissen, damit man nicht immer nur ein paar „Steueroasen“ im Blick hat, so schädlich diese auch für die Weltgemeinschaft sind, sondern auch registriert, dass  in Deutschland die Schattenwirtschaft durch politisch-rechtliche Rahmenbedingungen und durch teilweise absichtlich mangelhafte Verfolgung von Verstößen begünstigt wird.

Die globalen Hotspots der Schattenwirtschaft

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Die Welt verliert jährlich $483 Milliarden durch Steuermissbrauch multinationaler Unternehmen und wohlhabender Individuen. Besonders schädlich ist dieser Verlust für einkommensschwächere Länder, die große Teile ihres öffentlichen Budgets durch solche Aktivitäten einbüßen. Von den verlorenen $483 Milliarden gehen $171 Milliarden auf das Konto der Steuerhinterziehung durch reiche Einzelpersonen, ermöglicht durch finanzielle Geheimhaltung und Schlupflöcher. Darunter fallen etwa Steuervergehen, Geldwäsche und damit verbundene Korruption sowie Sanktionsumgehungen.

Der Financial Secrecy Index untersucht die Finanz- und Rechtssysteme jedes Landes, um die Hauptverantwortlichen für den Steuerraub zu identifizieren und gesetzliche Schlupflöcher aufzudecken. Eine hohe Bewertung bedeutet dementsprechend, dass diese Länder es Individuen leicht machen ihre finanziellen Machenschaften vor dem Gesetz zu verbergen. Der Index basiert u.a. auf dem sogenannten Geheimhaltungswert und dem Anteil des jeweiligen Landes am globalen Markt für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen.

Laut aktuellem Bericht konnte der Grad der weltweiten Finanzgeheimnisse zuletzt leicht verringert werden. Grund dafür sind striktere Durchsetzung von Eigentümerregistrierungsgesetzen und verbesserte internationale Kooperationen.

Erheblich behindert wird dieser Fortschritt allerdings durch G7-Staaten wie den USA und auch Deutschland. Die USA stehen im Financial Secrecy Ranking mit deutlichem Abstand auf dem ersten Platz. Deutschlands schlechtes Abschneiden im Index ist hauptsächlich auf die unzureichende Umsetzung neuer Transparenzgesetze zurückzuführen, die das Land vor der Ausgabe 2020 des Financial Secrecy Index verabschiedet hat. Durch die neuen Gesetze, die verlangen, dass wirtschaftliche Profiteure von Unternehmen, Stiftungen und Partnerschaften ihre Informationen registrieren, fiel Deutschland erstmals 2020 aus den Top 10 des Index. Die Einschränkungen des öffentlichen Zugang zu diesen Informationen, haben Deutschland allerdings wieder auf den siebten Rang befördert.

Den FSI haben wir bisher nicht berücksichtigt, wenn es um die Bewertung von Staaten ging. Anders als bei fast allen anderen Ranking ist hier eine hohe Zahl, ein  hinterer Platz positiv. Eine weitere Besonderheit ist, dass hier nicht nur der Score eines Landes gewertet wird, also auch der „Geheimhaltungsindex“, sondern auch der tatsächliche Schaden, der durch Schattenwirtschaft angerichtet wird. Kein Wunder, dass neben der weltgrößten Ökonomie, den USA, sich auf den vorderen Plätzen auch alte Bekannte der Parasitenwirtschaft aus Europa wie die Schweiz und Luxemburg finden. 

Deutschland oder Japan betreffend, könnte man sagen: Die Plätze sind entsprechend der Größe der Volkswirtschaften sozusagen wahrscheinlich, je mehr BIP, desto mehr Schattenwirtschaft.  Grundsätzlich ist das nicht unlogisch, aber ist es auch in Ordnung? Wir meinen, das ist es nicht.

Dass die USA, wo viele der Ansicht sind, der Staat ist eh überflüssig, solange man selbst das fettere Schießeisen hat, auch der globale Hotspot Nr. 1 der Schattenwirtschaft sind, ist nicht wirklich überraschend, wenn man nicht nur die Steueroasen, sondern auch die Bedingungen in den Ländern betrachtet, in denen die Umsätze gemacht werden, deren Gewinne dann in ebenjenen Steueroasen gebunkert werden. 

Der wichtige Geheimhaltungsscore ist in den USA sehr hoch, die Transparenz von Unternehmensvermögen daher relativ niedrig. In Deutschland sieht es etwas besser aus, aber auch hier zeigen andere europäische Staaten wieder, wie man mit Klarheit und Durchsichtigkeit der Verhältnisse die Demokratie fördern kann. Europäische Topstaaten liegen deutlich unter 50/100. Natürlich gilt das auch wieder für die skandinavischen Länder. Kein Land ist diesbezüglich perfekt, die totale Transparenz gibt es nicht und kann es vielleicht gar nicht geben, aber so viel wie möglich davon ist wichtig, um Finanzströme nachverfolgen zu können. Und wer sollte etwas dagegen haben, dass man seine Finanzstransaktionen nachverfolgen kann, der sich legal verhält?

Wir meinen damit nicht kleine Ausgaben von Normalbürgern im Alltag, sondern das, was Unternehmen und Vermögende so mit dem Geld anstellen und wie es um den Globus wandert und sich dabei auf eine wirklich wundersame Weise vermehrt, die nur ein aus den Fugen geratener Finanzkapitalismus ermöglicht.

Mehr Transparenz würde nicht nur offenlegen, wie sich einzelne Unternehmen und Privatpersonen ungebührlich bereichern, sondern auch Systemfragen aufwerfen. Daher wehrt sich gerade die in Deutschland besonders kapitalhörige Politik so hinhaltend wie möglich gegen mehr Transparenz. Wenn die Politiker:innen so viel Energie in zukunftssichernde, nachhaltige Projekte stecken würden wie in die Vermeidung von Transparenz, wäre hierzulande manches Problem schon gelöst, das uns alle angeht und bedrängt. 

Wir verfolgen seit Jahren die Bemühungen von Lobbycontrol, Abgeordnetenwatch, Finanzwende und anderen um  mehr Transparenz und man kann deren Arbeit gar nicht hoch genug einschätzen. Trotzdem ist und bleibt es unglaublich mühsam, die Politik zu mehr Offenlegung ihrer Verbindungen zu Lobbys und ihrer finanziellen Aktivitäten zu bewegen. Im Grunde ist das ein anhaltender Skandal, denn immer wieder zeigt sich, dass der Widerstand der Politik insofern nachvollziehbar ist, als immer wieder Vorfälle ans Tageslicht kommen, die belegen, dass viele Parlamentarier nicht in die Parlamente eingezogen sind, um dem Volk zu dienen, sondern um mächtigen Lobbys bei der Durchsetzung ihrer Interessen und sich selbst beim Vollmachen der Taschen behilflich zu sein. Politik ist tatsächlich ein Selbstbedienungsladen geworden, getreu dem dominierenden Motto „Bereichert euch!“ oder „Gier ist geil“, das Volkswirtschaftler vor allem in den 1980ern ungehemmt vertreten haben. Die Saat ist aufgegangen, bei der heutigen Politiker:innengeneration.

Umso wichtiger ist es, gegen diese Mentalität anzukämpfen, denn sie kostet uns, die Mehrheit, sehr viel Geld. Weil dem Staat dadurch Geld für Zukunftsaufgaben fehlt oder für wichtige Infrastrukturprojekte. 

Haben Sie gewusst, dass in Luxemburg als erstem EU-Land der ÖPNV für die Benutzer:innen kostenlos ist?

Wie war das wohl möglich, wo es in große Industrieländern wie Deutschland überhaupt nicht klappt, obwohl es ökologisch dringend geboten wäre? Schauen Sie in den FSI, dann wissen Sie es. Wenn man bedenkt, wie klein dieses Land ist und welch eine enorm wichtige Rolle es in diesem Index spielt, verstehen Sie, dass  unsere Politik absichtlich die Politik dieser Staaten billigen muss, damit solche enormen Ungleichgewichte sogar innerhalb der EU entstehen können. Nicht nur die Ungleichheit innerhalb der Staaten wächst, sondern auch zwischen den Staaten. Da auch die Schuldenberge vor allem der Staaten wachsen, die nicht in der Lage sind, ihre Finanztransferlöcher zu stopfen, wenn auch nicht nur aus diesem Grund, ist absehbar, dass es wieder knallen wird, wie zuletzt 2008/2009, denn viele damalige rote Linien sind längst wieder überschritten. 

Wen werden die massiven Folgen treffen? Diejenigen, die es verursacht haben? Die Politiker, die es ermöglicht haben und sich manchmal auch selbst am Raffen beteiligen? Die Lehren aus den Jahren 2008 und 2009 sind klar: Nein, sie wird es nicht treffen. Sondern diejenigen, die mit ihren Steuergeldern das reparieren dürfen, was die Bankster und andere „Player“ angerichtet haben. So wird es laufen, aber vielleicht wird es dann auch nicht mehr ausreichen, um den Betrieb wieder irgendwie, unter Inkaufnahme vieler ökonomimscher Fehlstellungen, ins Laufen zu bringen. Dann wird folgendes passieren: Vom Einbruch der Vermögenswerte, der bei einem Totalcrash unweigerlich geschehen wird, werden wieder diejenigen am stärksten betroffen sein, die nur ein bisschen Normalvermögen haben, Geldanlgen, ein eigenes Haus oder dergleichen. Nicht diejenigen, die über das Produktivkapital verfügen, das ihnen nach dem Reset wieder viel Geld einbringen und einen uneinholbaren Startvorsprung gegenüber den Arbeitenden verschaffen wird. 

Um die Schattenwirtschaft in den Griff zu bekommen, muss eine Mentalitätsänderung stattfinden. Das heißt, wir stehen wieder einmal vor einer besonders schwierigen Aufgabe. Wie man auch auf anderen Gebieten, zum Beispiel Krieg und Frieden oder bei sozialen Aspekten sieht: Menschen sind nicht in der Lage, ihre eigenen Interessen zu verfolgen, wenn es ein wenig abstrakter wird. Das tun nur diejenigen, die gelernt haben, für sich selbst die Zustände zu nutzen und viele Berater, die sie dabei unterstützen. Die Mehrheit verliert seit Jahren an Boden, in Deutschland mittlerweile besonders deutlich. Auf eine Weise passt das auch zu mentalen Zustand der hiesigen Gesellschaft, der ist nämlich besonders ungut. Dass es nicht besser vorangeht mit der Hebung von Standards oder wenigstens der Vermeidung von Rückgängen, hat sich die Gesellschaft auch selbst zuzuschreiben, denn die Politik, die wir haben, ist die, die wir wollten, sonst hätten wir sie ja nicht gewählt.

Die Logik ist zwingend. Daran ändert sich nichts dadurch, dass man erst gewählt hat und dann die Politik sieht, die sich daraus ergibt. Die großen Linien sind seit Jahrzehnten dieselben, das kann man mittlerweile analysiert haben. Zumindest wurden bisher keine Konsequenzen daraus gezogen, deshalb gibt es nur Grade von schlecht, auch hinsichtlich der Beseititung Schattenwritschaft. Gut hingegen läuft es selbst in Ländern nicht wirklich, die uns insgesamt weit voraus sind. Das weist darauf hin, dass wir es mit einer Systemfrage zu tun haben und zu viele Kompromisse gemacht werden, die dem Kapital  zu viele Möglichkeiten geben, sich auf Kosten der Mehrheit weiter zu akkumulieren. Nach allem, was aktuelle Umfragen zeigen, werden die Menschen auch bei der Bundestagswahl 2025 nicht schlauer werden, sondern es sogar ermöglichen, dass die größte Kapitallobby-Anlaufstelle in diesem Land, die CDU, wieder die Bundesregierung führen wird.

Das Narrativ, dies sei „gut für das Land“, wegen der guten Vernetzung, sollen andere glauben, wenn sie wollen. Wir wissen, dass das nur gut für die ohnehin stark Privilegierten ist und dass auch die aktuelle, bösartige Spaltungsrhetorik der Union genau dafür gedacht ist, vorbereitend, wenn man so will. 

(…) Der Tenor passt  zu jenem des ersten Beitrags, in dem wir uns sogar am Beispiel der Caymans mit der hiesigen Politik, speziell jener der Union, befasst haben.

TH

Wir wollen Ihnen ja nicht den Ostersonntag vermiesen, aber man kann nie wissen, wem Sie bei den nächsten Wahlen Ihre Stimme geben wollen, deshalb möchten wir doch noch eine wichtige Information verbreiten.

Es geht um die Finanzwirtschaft, um den Finanzkapitalismus und darum, wie Menschen betrogen, wie Ungleichheit gefördert und Ausbeutung und Hunger weiterhin der menschlichen Zivilisation ein beschämendes Zeugnis ausstellen, weil die Mehrheit von all dem Überfluss auf dieser Welt nichts zu sehen bekommt. Es verschwindet zum Beispiel in den „Steueroasen“ oder besser Steuervermeidungsterritorien und taucht in Form von obszönem Reichtum weniger wieder auf, die mit ihrem Privatjet- und Superjachten-Lebensstil auch noch die Ökologie des Planeten extrem belasten. Wir starten mit diesem Beitrag eine kleine Reihe über die Finanzen dieser ungleichen Welt, damit Sie nicht behaupten können, Sie hätten nichts gewusst, falls Sie die klassistischen, unchristlichen Kapitaldienerchen von der CDU wählen, die gegen alle möglichen gesellschaftlichen Gruppen hetzen, um die Mehrheit im Land zu spalten und ohnmächtig gegenüber dem Kapital zu halten, das immer mächtiger wird, weil die Politik es zulässt und weil es die Politik immer leichter kaufen kann.

Wir fangen, territorial gesehen, klein an, nämlich mit den Cayman Islands, steigen gleichzeitig aber groß ein, denn dort wird – wie viel Geld gebunkert? Die Grafik zeigt es:

Infografik: „Banken“ bunkern Billionen auf den Caymans | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Die Vermögenswerte der Schattenbanken auf den Cayman Islands haben im Jahr 2022 ein Volumen von mehr als acht Billionen US-Dollar erreicht. Die Daten des Financial Stability Board zeigen eine stetige Zunahme der Schattenwirtschaft auf dem britischen Überseegebiet im westlichen Karibikraum. Im Zeitraum von 2012 bis 2022 ist der Umfang der Vermögenswerte um etwa 130 Prozent angestiegen.

Diese Schattenbanken sind im Wesentlichen nicht traditionelle Finanzintermediäre, die außerhalb der regulären Bankenvorschriften operieren. Sie beteiligen sich an Aktivitäten ähnlich wie traditionelle Banken, wie z.B. Investitionen und Kreditvergabe, umgehen jedoch die Regulierungen konventioneller Kreditinstitute.

Aufgrund der liberalen Gesetzgebung und Steuerfreiheit gelten die Cayman Islands somit als attraktiver Standort für internationale Investitionen – insbesondere in Bezug auf Hedge-Fonds, von denen ein Großteil hier seinen Sitz hat. Die nachgewiesene Erhöhung des Assets Under Management (AUM) unterstreicht die anhaltende Attraktivität der Caymans als globale Steueroase trotz internationaler Debatten um Transparenz und Steuergerechtigkeit.

Neben dem ausgeprägten Finanzdienstleistungssektor fußt die Wirtschaft der Caymans vor allem auf dem Tourismus. Jährlich empfangen die Inseln mehr als eine halbe Million Tourist:innen aus den USA und sind außerdem ein beliebtes Kreuzfahrtziel.

Sie haben sicher die Flagge der Caymans auf der Grafik gesehen, die ein weiteres Problem andeutet: Die Caymans sind kein selbstständiges Land, das die größeren Volkswirtschaften ausnimmt, wie Luxemburg, die Schweiz und ein paar andere, sondern selbst Teil einer größeren Volkswirtschaft, sie gehören zu Grolßbritannien. Damit nicht genug, auf den Kanalinseln und anderswo betreibt das frühere Empire munter weitere Steuervermeidungsterritorien und ganz langsam wird Ihnen dämmern, warum es dort, trotz einer zuschanden gerittenen Industrie, so viele Superreiche gibt, während der Lebensstandard der Mehrheit, wie eh und je, eher bescheiden ist.

Dass in Deutschland 1 Prozent aller Menschen ein Drittel des gesamten Vermögens hält, dass die Hälfte überhaupt kein Vermögen hat, wissen Sie sicher. Wie sich das Vermögen ganz oben vermehrt und vor dem Zugriff der Allgemeinheit, auf der diese Vermögen aufgebaut werden, entzieht, sehen Sie unter anderem in dieser Grafik. Wir werden im Laufe der nächsten Zeit noch ein paar Informationen für Sie aufbereiten und das nutzen, was andere vorgeleistet haben, z. B. in Form der instruktiven Statista-Grafiken, mit denen man gut in viele Themen einsteigen und sich Grundwissen beschaffen – und weiterrecherchieren kann. Man sollte es sogar, um zu verstehen, wie Politik wirklich funktioniert und wem sie wirklich dient. Gerade für Demokratien ist das fatal, weil der Wille der Mehrheit dadurch untergraben wird.

Und gerade Parteien, die von sich behaupten, Volksparteien zu sein, also mehr oder weniger die Mehrheit oder die Mitte zu repräsentieren, fallen besonders durch ihre Doppelbödigkeit auf. Wir konzentrieren uns deswegen in Deutschland mehr auf die CDU als zum Beispiel auf die FDP. Nicht, weil die Union größer ist, sondern, weil die FDP im Grunde ziemlich klar das tut, was sie auch  propagiert, nämlich die Reichen noch reicher machen wollen. Die CDU aber, vor allem, seit sich die Herren Merz und Linnemann gefunden haben, haut einen populistischen, diskriminierenden Slogan nach dem anderen raus, plustert sich als Partei der hart arbeitenden „Mitte“ auf und ist in Wirklichkeit verstrickt in Lobbytätigkeiten für das Großkapital wie keine andere Partei.

Was haben Sie erwartet, bei einem Vorsitzenden, der bei Blackrock gearbeitet hat?, könnte man fragen. Was wir vom Wahlberliner erwartet haben, steht aber nicht zur Debatte. Sondern, was die Menschen in diesen Typen zu sehen glauben. Offenbar macht die Migrationsdebatte viele blind und taub für den großen Klau von Vermögen in Deutschland.

Laut einer Aufstellung des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2019 lagen rund 12 Milliarden Euro von deutschen Bundesbürgern auf Konten der Cayman Inseln1. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Zahl sich seitdem verändert haben könnte. Die Cayman-Inseln sind bekannt als eine der größten Offshore-Zentren der Welt und ziehen Investoren mit ihrer Steuerpolitik an1. Es ist jedoch schwierig, genaue Zahlen zu ermitteln, da viele Transaktionen in Offshore-Finanzzentren nicht öffentlich zugänglich sind.

Nun denken Sie mal nach. Nicht weniger als 8 Billionen Dollar lagern auf den Cayman Islands, Stand 2022, vermutlich sind es 2023 schon wieder mehr. Eine Verdoppelung innerhalb von nur zehn Jahren, welche die wachsende Ungleichheit auf der Welt dokumentiert.

Schön, zu erfahren, dass die Industrie immer noch wertvoll ist, das ist nicht in allen Ländern so, aber am Abbau wird ja auch gerade gearbeitet. Aber glauben Sie wirklich, dass auf den Caymans nur 12 Milliarden lagern, wenn das offizielle, nicht das tatsächliche deutsche Volksvermögen mit 16 Billionen beziffiert wird? Von denen die reichsten 10 Prozent zwei Drittel halten, Ergänzung der obigen Information (die obersten 1 Prozent = ein Drittel). Falls Sie nicht wenigstens zu den obersten 10 Prozent gehören, aber trotzdem hart arbeiten, wissen Sie, dass Leistungsgerechtigkeit in Deutschland eine Farce ist. Und das hat vor allem die CDU verursacht, die bis auf die acht Schröder-Jahre fast die gesamte Zeit nach der Wiedervereinigung und auch die meiste Zeit davor das Wirtschaftssystem dieses Landes gestaltet hat. Es ist eine Erzählung darüber, wie die soziale Marktwirtschaft immer mehr zurückgedrängt wurde zugunsten eines freidrehenden Finanzkapitalismus, und die Herren, die jetzt in der CDU das Sagen haben, drehen schon wieder an diesem Rad des Klassismus, indem sie allen Ernstes 1,2 Prozent Arbeitsverweigerer (Zahl des Jahres 2023)  unter den Bürgergeldempfängern als das Hauptproblem dieses Staates darstellen, mit dessen „Lösung“ man tatsächlich 150 Millionen Euro erwirtschaften könnte, sofern die Bürokratie für das Sanktionsmanagement nicht den Ertrag auffrisst.

Das ist so dummdreist, dass es schon wieder gut ist, weil diese populistische Karte in einem Umfeld ausgespielt wird, das immer mehr zivilisatorische Lücken aufweist. Bildungslücken, von der  CDU wesentlich mitverursacht, Lücken in der Ethik, jahrzehntelang gezüchteter Egoismus, aber nicht den Überblick haben, wann man gegen die eigenen Interessen handelt, wenn man gegen die Interessen der Gemeinschaft handelt. Dass eine moralisch so bankrotte Partei wie die CDU (mitgemeint ist immer die CSU in Person ihres Vorsitzenden Söder) derzeit wieder die Bundesregierung übernehmen würde, wären jetzt Bundestagswahlen, liegt natürlich auch an den Ampelfehlern, außerdem tut auch die Ampel nichts, um mehr Leistungsgerechtigkeit herzustellen. Auch bei Bundeskanzler Scholz kann man die Linien zum Kapital hin ja problemlos nachverfolgen. Wenigstens schwingt er aber keine klassistischen Reden.

Das haben wir uns also erwirtschaftet, dass es weit und breit keine Politiker:innen gibt, denen die Mehrheit wirklich vertrauen könnte und sollte. Das ist aber kein Fehler der Demokratie, sondern ein Ergebnis unserer fehlerhaften Handhabung der Demokratie. Es gibt Länder, in denen der soziale Ausgleich besser funktioniert und die Zufriedenheit größer ist – bei ähnlichem Wirtschaftspotenzial und damit ähnlichen Möglichkeiten, eine Gesellschaftsordnung anständig zu gestalten. Das hat historische Gründe, unter anderem, aber irgendwann kann man sich nicht mehr mit den Traumata der Vergangenheit entschuldigen, wenn es darum geht, zu analysieren, warum die deutsche Gesellschaft so wenig eduziert, so wenig empathisch, so wenig großzügig auch sich selbst gegenüber ist. Das Kapital freut sich über diese Einstellung, da können Sie sicher sein. Es hat hingegen Respekt und haut auch nicht ab in Ländern, in denen man so wie hierzulande mit den Menschen nicht verfahren kann.

Die Cayman Islands zu betrachten, wirft nur ein Schlaglicht auf die Misere des Finanzkapitalismus, die sehr viele Facetten hat. So viele, dass es in der Tat nicht einfach ist, den Überblick zu gewinnen. Weil das so ist, pointieren wir auch Artikel wie diesen, die grundsätzlich der Informationsbeschaffung dienen, auch politisch: Was wir sehen, hat eine Relevanz auch in diesem Land und hält den populistischen Spins insbesondere der CDU den Spiegel vor. Haben Sie gehört, dass einer der ständig Schwächere niedermachenden aktuellen CDU-Strategen auch  nur ein einziges Mal die Fails des Finanzkapitalismus angeprangert hat?  Dann fragen Sie sich mal, warum das so ist, wo doch dem Staat so viele Einnahmen verlorengehen, die die CDU sich ausgerechnet von ein paar wenigen arbeitsunlustigen und armen Bürgergeldempfängern beschaffen will.

Deutschland gehört auch zu den Ländern, in denen Schwarzarbeit besonders privilegiert wird, und zwar, weil die Gesetze lasch und die Überprüfung noch lascher ist. Wir werden diese weitere Problemzone der aktuellen Wirtschaftsordnung, die ebenfalls dem Bereich Schattenwirtschaft zugerechnet wird, demnächst besprechen.

TH

 

 

 

 


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