Cannabis-Konsum auf Volksfesten und in Biergärten verbieten? (Umfrage + Kommentar: »Bayern, Freistaat ohne Freiheit?«) | Briefing 505 | Gesellschaft

Briefing 505 Gesellschaft, Cannabis-Konsum, Kiffen, Rauchen, Saufen, Biergärten, Volksfeste, Bayern, Freistaat ohne Freiheit?

Als es um die generelle Cannabiskonsum-Legalisierung ging, haben wir uns neutral gestellt. Das Thema war uns nicht so wichtig. Was jemand zu sich nimmt, ist sein Bier, seine Zigarette, sein Joint.

Selbst bei harten Drogen haben wir keine komplett restriktive Haltung, denn die meisten Menschen sterben in Deutschland nicht an einem Überkonsum dieser Suchtmittel, sondern an den Folgen von zu hohem Alkohol- und Tabakkonsum. Wie aber sieht es mit Kiffen in der Öffentlichkeit aus? Dazu hat man in Bayern, wie so oft, eine besondere Meinung, und Civey fragt heute nach unserer Einstellung zu dieser Meinung.

Civey-Umfrage: Wie bewerten Sie den Beschluss in Bayern, Cannabis auf Volksfesten und in Biergärten zu verbieten? – Civey

Der Begleittext aus dem Civey-Newsletter

Bayern hat beschlossen, den Cannabis-Konsum auf Volksfesten und in Biergärten zu verbieten. Bayerische Kommunen sollen zudem die Möglichkeit erhalten, Verbote für weitere Bereiche wie Freibäder zu erlassen. Außerdem sollen Cannabis-Produkte in Bayern vom gesetzlichen Rauchverbot umfasst werden, das etwa in vielen öffentlichen Innenräumen gilt. Bei Verstößen drohen laut Spiegel hohe Bußgelder. Ziel sei es, den öffentlichen Konsum zu begrenzen und Rechtssicherheit zu schaffen, erklärte Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) am Dienstag. 

Seit April ist es in Deutschland für Volljährige möglich, bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenverbrauch in der Öffentlichkeit mit sich führen. Privat ist der Besitz von 50 Gramm und der Eigenanbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen erlaubt. Die Ampelkoalition erhofft sich durch den kontrollierten Verkauf und die Aufklärung in speziellen Vereinen einen besseren Kinder- und Jugendschutz. Neben der Eindämmung des Schwarzmarktes inklusive der dort kursierenden, verunreinigten Substanzen sind Steuereinnahmen und die Entlastung der Justiz weitere Gründe der Bundesregierung gewesen. 

Die Teil-Legalisierung war von Anfang an umstritten. Vorbehalte gab es vor allem seitens der Union, aber auch von einigen Ärztefachverbänden. Sie befürchten, dass besonders Kinder und Jugendliche durch den vereinfachten Konsum Gesundheitsschäden erleiden und schneller härtere Substanzen ausprobieren könnten. Zudem fürchten Kritikerinnen und Kritiker, dass Justiz und Polizei nun überlastet werden. SZ-Berichte zufolge beklagte Bayern zudem die „völlig unzureichend und nicht praxistauglichen” Vorgaben im Bundesgesetz. 

„Bayern“ hat es natürlich nicht beschlossen, sondern die bayerische Staatsregierung. Bayern hat, anders als andere Bundesländer, tatsächlich eine Staatsregierung, weil es ein Freistaat ist. Dieser Status wiederum bedeutet nicht, dass man dort alle Freiheiten hat.

Wir haben einleitend erwähnt, dass wir der Ansicht sind, jeder muss mehr oder weniger selbst wissen, ob er sich gesundheitlich schädigt oder nicht. Freilich mit Ausschluss der Freigabe von Drogen an Jugendliche, die aus gutem Grund erst mit 18 volljährig und voll geschäftsfähig gestellt werden.

Aber wie sieht es mit der Belästigung anderer aus? In unserem Haus kifft eine einzige Partei, da wird man schon high, wenn man nur durchs Treppenhaus geht. Zählt aber trotzdem zur persönlichen Freiheit und natürlich haben sie das auch vor dem 1. April 2024 schon getan, sich die Freiheit also genommen.

Einerseits kann für das Kiffen nichts anderes gelten als für das Rauchen von Zigaretten in der Öffentlichkeit: Es muss mindestens dieselben Einschränkungen geben. Es ist keineswegs erwiesen, dass Cannabis unschädlich ist und außerdem geht es um den Geruch und darum, dass Menschen, die stark bekifft sind, sich anders verhalten als sonst üblich, mithin eher dazu tendieren, andere zu belästigen. Ganz ähnlich wie jemand, der einen Alkoholrausch hat, was beim Rauchen von Tabakzigaretten wiederum nicht zu besorgen ist.

Aber gerade auf Biergärten und Volksfesten trifft man häufig stark alkoholisierte Menschen an, und wenn es nur um die Belästigung Dritter ginge, müsste man dann auch das verbieten, was einen Biergarten bekanntlich ausmacht, nämlich den Konsum von Bier.

Wenn es nach uns ginge, würde man den Gebrauch von Alkohol in der Öffentlichkeit mehr beschränken. Diese Ansicht beruht auf schlichten Erfahrungen mit den Folgen des permanenten Party-Rausches in manchen Ecken von Berlin. Wir wollen nicht aufzählen, was daran unästhetisch, aufdringlich, andere in ihrer Freiheit beschränkend und stellenweise auch gefährlich wirkt. Als Radfahrer ärgern wir uns am meisten über die Scherben, die überall herumliegen. Früher war es das Auftauchen alkoholisierter Gruppen in U-Bahnen, inklusive Bier, das wir schon übergekriegt haben, wenn die Leute die Koordination verloren, vom Gestank gar nicht zu reden.

Das ist eben der Unterschied, der uns auch bei der Verkehrswende leitet, der uns für ein Böllerverbot stimmen lässt und andere Belästigungen Dritter: In der Öffentlichkeit einen Rest von Zivilisation zu wahren, verpflichtet nur eine frei drehende Minderheit, es etwas ruhiger angehen zu lassen, was ja wiederum für deren Privaträume nicht gilt, von nächtlicher Lärmbelästigung abgesehen.

Es gibt immer eine Mehrheit, die unter einer Minderheit leidet, und deswegen haben wir klar für das bayerische Kiff-Verbot an bestimmten Orten votiert. Es hat uns doch ziemlich überrascht, dass wir damit einer Mehrheit angehören, die inklusive der latent Zustimmenden gegenwärtig ziemlich genau auf zwei Drittel hinausläuft. Es gibt auch wenig abwägende Haltung, die klaren Gegner liegen bei 22 Prozent. Uns fallen sofort ein paar Leute ein, die wir kennen und die auch dagegen wären.

Beim Verbot des Kiffens in Biergärten und auf Volksfesten scheint es sich um zusätzliche Einschränkungen zu handeln, das heißt, Tabak rauchen darf man dort, sonst wäre das Kiffen ja vom allgemein im Bundesland geltenden Beschränkungen erfasst.

Hier die Zusammenfassung, die der Copilot uns auf Anfrage geschrieben hat:

In Bayern ist das Rauchen in Biergärten grundsätzlich erlaubt. Allerdings gibt es eine Ausnahme für Cannabis. Seit der Teil-Legalisierung von Cannabis in Deutschland im Jahr 2024 hat Bayern Maßnahmen ergriffen, um den Konsum von Cannabis in der Öffentlichkeit so weit wie möglich einzuschränken12Dazu gehört auch das Verbot des Konsums von Cannabis in Biergärten123Dieses Verbot gilt sowohl für das Rauchen von Cannabis als auch für den Verzehr von Cannabis in Form von Esswaren1Bei Verstößen gegen dieses Verbot drohen hohe Bußgelder2. Bitte beachten Sie, dass die Regelungen je nach Biergarten variieren können und es immer ratsam ist, die spezifischen Regeln des jeweiligen Ortes zu überprüfen.

Ja, man muss immer das Kleingedruckte lesen, auch auf der Speisekarte. Auch, wenn es sich hier um eine zusätzliche Einschränkung handelt und trotz der Tatsache, dass das Gleiche für Alkohol in Biergärten nicht gelten kann, sind wir in diesem Fall mit einer Freiheitseinschränkung einverstanden. Nicht alles im Freistaat finden wir gut, aber die Freiheit wird nicht gerade durch diese Einschränkungen abgeschafft. 

Bleibt die Frage nach der Höhe der Sanktionen. Wir finden, man soll es nicht übertreiben. 1000 Euro Bußgeld beim ersten Verstoß sind ausreichend, beim Wiederholung sechs Monate Gefängnis inklusive Trainingsprogramm  zur Verbesserung der Lebensgewohnheiten. Scherz, muss auch sein, angesichts eines so zweitrangigen Themas in dieser Zeit, über das wir aber trotzdem schreiben, um den Kopf vom Nachdenken über die Großkrisen zu lüften. Gut, dass man heute das Lüften durch Öffnen der Fenster unterstützen kann, ohne stoned zu werden. Sie sind nicht zu Hause. 

TH

Hinterlasse einen Kommentar