Trump vs. United States und Roe vs. Wade [Strafverfolgungsfreiheit für den Präsidenten vs. Abrtreibungsrecht] (Verfassungsblog + Zusatzinfos + Leitkommentar und Attentat auf Donald Trump) | Briefing 587 | Geopolitik, USA, Recht, Verfassungsrecht, Demokratie

Briefing 587 Geopolitik, USA, Donald Trump, Joe Biden, Strafverfolgungsfreiheit, Immunität, Verfassungsrecht, Abtreibungsrecht, Demokratie in Gefahr

So hatten wir diesen Artikel ursprünglich eingeleitet, als wir ihn für den Samstag der Vorwoche geplant hatten:

„Liebe Leser:innen, es ist Samstag und das Recht kommt zu Wort. In diesem Fall in einem Beitrag zu einer Thematik, von der wohl viele auch hierzulande mitbekommen haben. In einer höchst umstrittenen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof der USA (Supreme Court) Ex-Präsident Trump mehr oder weniger Immunität gegen strafrechtliche Verfolgung gewährt.“

Nun kam es gestern zu einem Attentat auf Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania. Schicken wir den Artikel trotzdem, wie zuletzt umgeplant, heute auf den Weg? Die Entscheidung fiel uns nicht schwer. Ja. Denn das eine hat mit dem anderen wenig zu tun, wir schreiben in den Kommentar aber eine zusätzliche Darstellung zum Attentat hinein.

Zu diesem wichtigen Thema des Schutzes eines Präsidenten in Bezug auf die Strafbarkeit offizieller Handlungen im Amt hat im  im Verfassungsblog ein amerikanischer Rechtswissenschaftler Stellung genommen und vergleicht den Fall „Trump“ mit der Aufhebung des allgemeinen Abtreibungsrechts  durch den Supreme Court vor zwei Jahren. Es ist ein hochinteressanter, aber auch mehr technischer Artikel als die letzten, die wir hier im Rahmen „Ausländisches Verfassungsrecht aus der Sicht von Angehörigen des jeweiligen Rechtskreises“, so wollen wir es hier einmal umschreiben, als Weiterpublikationen von Beitragen des Verfassungsblogs vorgestellt haben.[1] Der Artikel endet aber mit einer sarkastischen Feststellung, die der Ansicht von immer mehr Amerikaner:innen entspricht, dass Richter nicht objektiv und unabhängig sind, sondern denjenigen ergeben, die sie installiert haben. Und das sind die jeweils Regierenden.

Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht wird nicht frei von politischen Einflüssen besetzt.

Deswegen haben wir für Sie einen Infoblock erstellt, der sich mehr mit den allgemeinen Medienreaktionen auf die wiederum veränderte politisch-rechtliche Realität in den USA befasst, im Anschluss kommentieren wir dann noch kurz und werfen dabei natürlich auch einen Blick auf die Zustände im eigenen Land. Denn auch das deutsche Bundesverfassungsgericht wird nicht frei von politischen Einflüssen besetzt.

Das Editorial des Verfassungsblogs vom 06.07.2024

Trump vs. United States und Roe vs. Wade / Mark Graber

Ein halbes Jahrhundert lang beschwerten sich Konservative bei allen, die bereit waren zuzuhören, dass die Entscheidung des US Supreme Courts zum Schutz des Rechts auf Abtreibung in Roe v. Wade (1973) „ungeheuerlich“ falsch sei. Die Verfassung, so bekundeten sie in Parteiprogrammen, Fachzeitschriften und auf Wahlkampftagen, erwähne Abtreibungen nicht. Die Verfasser des 14. Verfassungszusatzes hätten keinerlei Absicht gehabt, Abtreibungen zu schützen; und auch die Amerikaner hätten – als der 14. Verfassungszusatz entworfen wurde – Abtreibungen nicht als ein Recht angesehen. Roe verwechsele lediglich den gesonderten schriftlichen Schutz einiger Rechte im Zusammenhang mit der Privatsphäre mit einer allgemeinen verfassungsrechtlichen Verpflichtung zum Schutz der Privatsphäre, die aber nirgendwo in der Verfassung erwähnt werde. Die Richtermehrheit in Roe habe schon ohnehin zweifelhafte Präzedenzfälle zum Schutz der Privatsphäre aus anderen Rechtsbereichen dramatisch entgrenzt, als sie auch die Abtreibungen unter diesem Dach schützte und dafür drei rechtliche Kategorien der Schwangerschaft erfand. Das Regelwerk, das sie hierbei einführte, sehe mehr nach Rechtsetzung als nach Verfassungsrechtsprechung aus.

Zwei Jahre nachdem das Gericht Roe aufhob, rechtfertigte die konservative Supermajorität des Roberts Courts nun, dass die Möglichkeiten des amerikanischen Volkes, Donald Trump wegen zahlreicher Verbrechen vor Gericht zu stellen, eingeschränkt sind. Sie wendete hierzu genau jene juristische Methode an, die sie verurteilt hatte, als sie zum Schutz reproduktiver Rechte eingesetzt wurde. Trump, so das Trump-Urteil (im Folgenden: „Trump“), sei weitgehend immun gegen strafrechtliche Verfolgung – und dies, obwohl die Verfassung die Immunität des Präsidenten nicht erwähne, kein Urheber irgendeiner Verfassungsbestimmung beabsichtigte, dem Präsidenten Immunität vor dem Strafrecht zu gewähren, und es auch keinen Beweis dafür gibt, dass die Amerikaner im Jahr 1787 geglaubt hätten, Präsidenten genössen strafrechtliche Immunität. Trump verwechselt verfassungsrechtliche Praktiken, die eine gewisse Trennung zwischen den verschiedenen Regierungszweigen erleichtern, mit einer verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Gewaltenteilung im Allgemeinen, die nirgendwo in der Verfassung erwähnt wird. Die Mehrheitsmeinung des Supreme Courts weitet zweifelhafte Präzedenzfälle, die den Präsidenten von der zivilrechtlichen Haftung befreien, dramatisch aus, überträgt diese auf die strafrechtliche Haftung und erfindet damit drei Kategorien präsidialer Maßnahmen, wenn sie ein Regelwerk einführt, das – rein zufällig – mehr nach Rechtsetzung als nach Verfassungsrechtsprechung aussieht.

Zur Preisgabe von Originalism und Textualism

Trump v. United States sieht sich dem ersten Vorwurf ausgesetzt, den die Konservativen gegen Roe v. Wade erheben, nämlich dass weder der Verfassungstext noch die Verfassungsgeschichte das fragliche Recht vorsehen. Die Immunität des Präsidenten wird in der Verfassung nicht erwähnt. Die Verfassungsgeber, die sich im späten 18. Jahrhundert mit dieser Frage befassten, waren sich einig, dass Präsidenten, die gegen das Gesetz verstoßen, strafrechtlich verfolgt und – falls sie für schuldig befunden werden – bestraft werden sollten. Die beste Antwort, die der Chief Justice auf die von den Dissents angeführte Tatsache, dass die Gründergeneration die Immunität des Präsidenten ablehnte, geben konnte, war festzustellen, dass in vielen der angeführten Zitate behauptet wurde, dass kein Bundesbeamter über dem Gesetz stehe – und dabei nicht speziell auf den Präsidenten Bezug genommen wurde. Nach derselben Logik würden sich Verweise auf Bundesrichter in den Debatten der Verfassungsgebung nicht auf die Richter des Supreme Courts und den Chief Justice erstrecken.

Zur Überhöhung nicht allgemeiner Rechte

Die Mehrheitsmeinung in Trump vs. United States sieht sich daneben auch dem zweiten Vorwurf ausgesetzt, den Konservative gegen Roe v. Wade erheben. Die Entscheidung verwechselt partikulare Verfassungsbestimmungen, die einen einzelnen Aspekt eines allgemeineren und nicht weiter enumerierten Grundsatzes schützen, mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, alles zu schützen, was möglicherweise unter einen solchen allgemeinen Grundsatz fallen könnte. Die Konservativen feiern den Dissent von Richter Hugo Black in Griswold vs. Connecticut (1965), weil er darauf hinwies, dass der verfassungsmäßige Schutz der Privatsphäre nicht den Schutz von Rechten rechtfertigt, die nicht in der Verfassung erwähnt sind. Dennoch behauptete Roberts in Trump, dass Verfassungstexte, die eine gewisse Trennung von Präsidenten und Kongress vorsehen, zusätzliche Schutzmaßnahmen für die Gewaltenteilung rechtfertigen, die die Verfassungsgeber bewusst nicht in die Verfassung aufgenommen haben. Um die betreffende Stelle im Dissent von Black zu paraphrasieren, die früher als eine Art konservatives Mantra galt: „Ich mag [die Gewaltenteilung] so sehr wie jeder andere auch, aber dennoch muss ich zugeben, dass die Regierung das Recht hat, in sie einzugreifen, sofern dies nicht durch eine spezifische Verfassungsbestimmung verboten ist.”

Die ungerechtfertigte Erweiterung von Präzedenzfällen 

Dem Roberts Court wurde auch der dritte Vorwurf gemacht, den die Konservativen gegen Roe v. Wade erheben, nämlich dass die Entscheidung frühere Präzedenzfälle mit zweifelhafter verfassungsrechtlicher Grundlage ungerechtfertigt erweitert hat.  Richter Samuel Alito bestand in Dobbs vs. Jackson Women’s Health Organization (die Entscheidung, die Roe aufhob) darauf, dass frühere Gerichtsentscheidungen zum Schutz der Rechte auf Ehe und Empfängnisverhütung keinen Einfluss auf die Abtreibung hätten, da nur letztere die Tötung ungeborenen Lebens betreffe. Der Zusammenhang zwischen Trump und früheren Gerichtsentscheidungen ist demgegenüber weitaus schwächer. Chief Justice Roberts bestand darauf, dass Urteile, wonach ein Präsident nicht in einem Zivilverfahren verklagt werden kann, weil er einen Untergebenen rechtswidrig entlassen hat, zur Folge haben, dass der Präsident auch nicht strafrechtlich dafür sanktioniert werden kann, dass er seine präsidialen Kernbefugnisse für einen Staatsstreich eingesetzt hat. Wie der Dissent betonte, wird dabei außer Acht gelassen, dass in den fraglichen Präzedenzfällen ausdrücklich zwischen zivil- und strafrechtlicher Haftung unterschieden wurde. Darüber hinaus betonte der Dissent, dass das öffentliche Interesse, einen Staatsstreich gegen die demokratische Verfassungsordnung zu verhindern, weitaus größer ist als das Interesse eines Privatklägers, Schadensersatz zu erlangen.

Richterliche Rechtsetzung

Der vierte Vorwurf, dem sich der Roberts Court ausgesetzt sieht und den die Konservativen gegen Roe v. Wade erhoben haben, lautet, dass das vom Gericht entworfene Schema eher gesetzgeberischer als gerichtlicher Natur ist. Roberts‘ Dreiteilung des präsidialen Handelns in präsidiale Kernbefugnisse, periphere präsidiale Befugnisse und private Handlungen hat ebenso wenig eine Grundlage in der Verfassung wie die Dreiteilung der Abtreibungsregelung in drei Trimester durch den Supreme Court in Roe. Tatsächlich ist die Regelung des Roberts Court sogar weitaus schwieriger umzusetzen als die Regelung des Roe Court. Die Aufteilung der Befugnisse in Trump ist nicht praktikabel, insbesondere wenn man sie mit der Regelung für Schwangerschaftsabbrüche unmittelbar nach Roe vergleicht. In praktisch allen Abtreibungsfällen zwischen 1973 und 1992 konnten die Gerichte entscheiden, ob eine Frau im ersten, zweiten oder dritten Trimester der Schwangerschaft eine Abtreibung beantragt hatte. Ob ein Fötus lebensfähig ist, was nach 1992 das Kriterium war, ist nur für ein oder zwei Wochen während der insgesamt vierzig Wochen einer Schwangerschaft umstritten. Es ist dagegen fast unmöglich zu bestimmen, welche Handlungen in welche Kategorie präsidialer Befugnisse fallen. Nehmen wir an, ein Präsident befiehlt dem Militär, einen romantischen Rivalen zu ermorden: Ist dies nun ein Beispiel dafür, dass der Präsident seine Kernbefugnis, lediglich periphere präsidiale Macht oder seine private Macht missbraucht? Wie der Dissent anmerkt, liefert die Mehrheit am Gericht kein eindeutiges Beispiel für präsidiale Handlungen, die nicht straffrei sind. Und so streiten Kommentatoren nun auch darüber, ob Richard Nixon für seine Rolle im Watergate-Fall Immunität genossen hätte.

Methodische Heuchelei

Der Roberts Court sieht sich schließlich einem fünften Anklagepunkt ausgesetzt, an dem Roe v. Wade keinerlei Schuld trägt: methodische Heuchelei. Die progressiven und moderat-konservativen Richter, die verfassungsrechtlichen Schutz für das Recht auf Abtreibung gewährten, glaubten, dass die Verfassung am besten im Einklang mit sich ändernden politischen und sozialen Umständen interpretiert werden sollte. Frauen, die die meisten Amerikaner im späten zwanzigsten Jahrhundert als gleichberechtigte Bürgerinnen verstanden, können ein verfassungsmäßiges Recht auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch haben, auch wenn Frauen, die die meisten Amerikaner im neunzehnten Jahrhundert in der Rolle der Ehefrauen und Mütter sahen, noch kein Recht auf eine (oft gefährliche) Abtreibung hatten. Die progressiven Richter am Roberts Court wandten die gleichen dynamischen, „lebenden“ Verfassungsprinzipien in Trump an. Lange zurückliegende Geschichte war nicht ausschlaggebend. Trumps Schicksal war nicht dadurch besiegelt, dass die Verfassungsgeber im späten achtzehnten Jahrhundert strafrechtliche Immunität des Präsidenten im Lichte der Gewaltenteilung ablehnten. Vielmehr erläuterten sowohl Richterin Sonya Sotomayor als auch Richterin Ketanji Brown Jackson in ihren Dissents, warum in den letzten zweihundertfünfzig Jahren nicht dahingehend politisch interveniert wurde, dass strafrechtliche Immunität zu einem wesentlichen Mittel zur Aufrechterhaltung der Gewaltenteilung erhoben wurde.

Die richterliche Mehrheit in Trump hatte das Anliegen, Verfassungsbestimmungen im Einklang mit sich ändernden politischen und sozialen Umständen auszulegen, wiederholt als illegitim und empörend gescholten. Als progressive Stimmen das Gericht baten, Abtreibungsverbote für verfassungswidrig zu erklären und Einschränkungen für verdeckt getragene Waffen aufrechtzuerhalten, beharrten die konservativen Richter darauf, dass das Verständnis von 1791 und, in dieser Sache, des dreizehnten Jahrhunderts, für verfassungsrechtliche Entscheidungen weitaus relevanter seien als die Umstände der Gegenwart. Doch plötzlich wurden nun die ganz gegenwärtigen Bedürfnisse des Präsidenten relevant, als Donald Trump sich einer strafrechtlichen Anklage ausgesetzt sah. All dies zeigt, dass der Roberts Court keinerlei Kriterien dafür hat, wann das dreizehnte Jahrhundert, die Jahre 1787, 1868 oder 2024 für ein Urteil von Bedeutung sind – außer eben das Kriterium unterschiedlicher politischer Nutznießer der Entscheidung.

Justitia hat ihre Augenbinde verloren

Roe v. Wade und Trump v. United States miteinander zu verbinden, wirft ein interessantes Problem auf. Angenommen, ein Präsident organisiert in einem Bundesstaat, in dem dies illegal ist, eine Abtreibung für eine Frau, die er geschwängert hat. Der Präsident behauptet, dass die Abtreibung notwendig war, weil die Geburt eines Kindes seine Ausübung zentraler Exekutivfunktionen beeinträchtigen würde; darüber hinaus habe die Verführung der Frau auch dazu gedient, die Frau dazu zu bringen, seine offizielle Politik zu unterstützen. Welche Prinzipien gelten nun? Diejenigen, die Republikaner vorbringen, wenn sie Roe verurteilen, oder diejenigen, die sie vorbringen, wenn sie Trump feiern? Den jüngsten Entscheidungen des Roberts-Gerichts nach zu urteilen, hängt die wahrscheinliche Antwort davon ab, ob der fehlbare Präsident ein Republikaner oder ein Demokrat ist.

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Infoblock / Bewertungen der KI[2]

Das Urteil des US Supreme Court zur Immunität von Ex-Präsident Donald Trump hat weitreichende Auswirkungen auf die amerikanische Demokratie und das Rechtssystem. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst, gefolgt von Pressestimmen und einer kritischen Bewertung:

## Kernpunkte des Urteils

– Der Supreme Court entschied, dass ehemalige US-Präsidenten eine gewisse Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung für Handlungen während ihrer Amtszeit genießen[1][2].

– Das Gericht etablierte ein dreistufiges System:

  1. Absolute Immunität für Handlungen innerhalb der verfassungsmäßigen Befugnisse des Präsidenten
  2. Vermutete Immunität für alle offiziellen Amtshandlungen
  3. Keine Immunität für inoffizielle Handlungen[3]

– Die Entscheidung fiel mit 6:3 Stimmen, wobei die konservative Mehrheit des Gerichts die Grundsatzentscheidung unterstützte[2].

## Pressestimmen

– **Tagesschau**: Das Urteil wird als „Wendepunkt“ bezeichnet, der die amerikanische Demokratie umgestalten könnte. Es wird eine Rückkehr zu einem „königlichen Prinzip“ kritisiert[1].

– **Legal Tribune Online**: Betont die Auswirkungen auf laufende Verfahren gegen Trump, insbesondere in Georgia und Florida[2].

– **Der Spiegel**: Hebt hervor, dass das Urteil auch Auswirkungen auf die Anklage von Teilnehmern des Kapitolsturms haben könnte[4].

– **Frankfurter Allgemeine Zeitung**: Sieht das Urteil als Balanceakt zwischen der Verhinderung von Wahlmanipulation und der Politisierung rechtlicher Angelegenheiten[5].

## Kritische Bewertung

Das Urteil des Supreme Court zur präsidialen Immunität ist aus mehreren Gründen problematisch:

  1. **Verfassungsrechtliche Bedenken**: Die Entscheidung scheint dem Geist der amerikanischen Verfassung zu widersprechen, die eine klare Gewaltenteilung und die Idee vorsieht, dass niemand über dem Gesetz steht[1].
  2. **Unklare Grenzen**: Die Unterscheidung zwischen offiziellen und inoffiziellen Handlungen bleibt vage, was Raum für Missbrauch und subjektive Interpretationen lässt[1][5].
  3. **Politische Motivation**: Die Zusammensetzung des Gerichts und die Ausrichtung des Urteils lassen politische Motive vermuten, was das Vertrauen in die Unparteilichkeit des höchsten Gerichts untergraben könnte[1][5].
  4. **Präzedenzfall**: Das Urteil könnte als Präzedenzfall für zukünftige Präsidenten dienen, ihre Macht zu missbrauchen, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen[5].
  5. **Auswirkungen auf laufende Verfahren**: Die Entscheidung könnte laufende Strafverfahren gegen Trump beeinflussen und möglicherweise behindern[2][4].
  6. **Demokratische Implikationen**: Das Urteil könnte das Gleichgewicht der Macht in den USA verschieben und die Rolle des Kongresses als Kontrollinstanz schwächen[5].

Insgesamt zeigt das Urteil eine besorgniserregende Tendenz zur Ausweitung präsidialer Macht und könnte langfristige Folgen für die Rechtsstaatlichkeit und demokratische Kontrolle in den Vereinigten Staaten haben. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer robusten öffentlichen Debatte über die Grenzen präsidialer Macht und die Rolle der Justiz in der amerikanischen Demokratie.

Unser Kommentar, wir stellen den Vorgang „Attentat“ voran

Unser erster Gedanke, als wir die Überschrift sahen, dass Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung verletzt worden war: Wird ihm das im Wahlkampf helfen oder nicht? Das ist leider unabänderbar. Die vielen Bekundungen der Solidarität, auch vom politischen Gegner, die meisten vermutlich mit Zähneknirschen abgegeben, haben uns weniger interessiert. Der zweite Gedanke: Wie hätte Trump sich ausgedrückt, wenn Joe Biden angeschossen worden wäre? Der dritte Gedanke: War das eine Inszenierung? Dann hätte der Schütze nicht etwa schlecht gezielt, sondern extrem gut, und sich dafür umbringen lassen. Selbst für amerikanische Verhältnisse eine gewagte Spekulation. Viertens, unter der Voraussetzung, das Attentat war „echt“: Die Gewalt kehrt sich gegen den Rhetoriker der Gewalt.

Wir erinnern uns an ein Attentat auf einen Politiker in Deutschland während des Bundestagswahlkampfs 1990, damals half der Angriff dem Politiker nicht, er verlor das Rennen um die Kanzlerschaft deutlich gegen Helmut Kohl, den „Kanzler der Einheit“. Die menschliche Psyche ist unberechenbar. Vor allem maßen wir uns nicht an, die Amerikaner wirklich zu verstehen. Die gefühlte Distanz zu diesem Land ist in den letzten Jahren rapide gewachsen und das Verständnis ist stark gesunken. Obwohl der Rechtstrend bei uns auch stattfindet. Wir geben an der Stelle auch gerne zu, dass wir insbesondere die Ostdeutschen nicht immer entschlüsseln können. Was zu vielfältigen Überlegungen führt.

Trotzdem meinen wir, dieses Attentat dürfte nicht sehr viel verändern. Wird jetzt tatsächlich jemand Trump wählen, weil er am Ohr verletzt wurde? Ein halbwegs vernünftiger Demokrat wird das nicht tun, allenfalls könnte es zu einer Mobilisierung von Menschen kommen, die an der Wahl nicht teilnehmen wollten und im wörtlichen Sinne einen Warnschuss gehört haben. Ob davon aber Biden oder Trump profitiert, ist nicht einmal ausgemacht. Ja, eher Trump, aber in welchem Maße?

Leider passt der Vorgang dazu, dass der rechtliche Aspekt des Trumpismus, der oben besprochen wird, nun noch eine Stufe weiter nach hinten gerückt ist. Die Aufmerksamkeit der Medien galt zuletzt Joe Bidens Amtsfähigkeit, jedes Wort, das er sagt, wird mittlerweile behandelt, als sei es Gott selbst, der möglicherweise dement wird und damit die Welt ins Chaos treibt und ob Gott wirklich noch für eine weitere Amtszeit als Weltenlenker infrage kommt.  Einige Stimmen haben deshalb in den letzten Tagen dazu geraten, sich trotzdem lieber auf Donald Trump zu konzentrieren – besonders auf das, was er vorhat, wenn er gegen Biden gewinnen sollte, welcher Grund dafür auch immer ausschlaggebend gewesen sein mag.

 Aufmerksamkeit ist Trump jetzt jedenfalls sicher, er hat die Schlagzeilen wieder an sich gezogen. Ungewollt, wie wir trotz aller Vorsicht gegenüber dem, was aus den USA zu uns dringt, annehmen.

Was Joe Biden angeht: Nicht, dass wir irgendeinen Politiker grundsätzlich bemitleiden würden, aber was sich mit ihm, durch ihn, um ihn herum abspielt, macht uns durchaus betroffen. Es kann jedem von uns passieren, dass er so nachlässt, oder einem unserer liebsten Menschen. Es hätte natürlich nicht die Folgen wie bei Joe Biden, aber daran sieht man auch, wie gefährlich die extreme Heraushebung von Einzelpersonen gerade in präsidialen Systemen wie dem der USA ist. In Deutschland wäre es relativ leicht, eine Ablösung des Kanzlers zu bewirken, auch während des Wahlkampfs, aber schon das personalisierte Wahlspendensystem in den USA lässt das nicht ohne Weiteres zu, und nach dem Nominierungsparteitag, den die Demokraten nun abhalten werden, geht im Grunde nichts mehr. Da müsste schon – nun ja, ein Attentat auf Biden verübt werden.

Wir hatten uns dafür ausgesprochen, dass Biden mit Kamala Harris oder einem anderen / einer anderen demokratischen Politiker:in zusammen weiterkämpft und eine Ablösung nach einer bestimmten Zeit innerhalb der nächsten Wahlperiode bereits angekündigt wird. Das würde den Menschen in den USA Sicherheit geben und sie wüssten, mit wem es dann weitergehen wird, wenn Biden, und das sollte er nach unserer Ansicht wirklich tun, in Ehren geht und man ihn nicht wegen des Sicherheitsrisikos, das er darstellt, aus dem Amt zwingen muss.

Die Alternative der zwei Greise wird durch die neuesten Ereignisse noch einmal dramatischer in ihren negativen Dimensionen, ganz und gar ein amerikanisches Drehbuch – und doch ein Novum, in der langen Geschichte von Präsidentschaftswahlen. Und damit zum ursprünglich geplanten Kommentar.

Trumps Immunität vs. Abtreibung

Der Artikel, den wir heute empfehlen und republiziert haben, ist vergleichsweise rechtstechnisch geschrieben, mehr in diese Richtung jedenfalls als die letzten Editorials, die sich  mit dem Ausland und seinem Recht befasst haben, des gibt hierzulande auch sicherlich mehr Menschen, die sich mit dem US-System auskennen.

Was lesen Sie aus dem Artikel heraus? Sehr knapp zusammengefasst, hat sich für uns vor allem das Bild ergeben, dass das Recht nach Belieben und nach politischer Präferenz der Recht sprechenden Personen ausgelegt wird. Die Verfassung, das sind eherne Prinzipien, die sich nie ändern dürfen, oder ist sie auslegbar nach den Maßstäben der heutigen Zeit, die nicht mehr dieselben sind wie Ende des 18. Jahrhunderts? Aus dem Artikel geht auch hervor, warum viele Amerikaner:innen nicht glauben, dass die Justiz unparteiisch ist, sondern Rechtsprechung davon abhängt, wer hat wen ins Amt gehievt und wofür zeigt man sich erkenntlich, nebst der politischen Grundüberzeugung natürlich, die besagt, dass die Mehrheit der Richter:innen am US-Supreme Court mittlerweile konservativ ist und, so das sarkastische Fazit des Artikels, einem demokratischen Präsidenten namens Joe Biden wohl keine Immunität für im Amt begangene Straftaten gewähren würde.

Es ist schon seltsam, dass in einem Land, in dem doch alle so auf ihren gleichen Rechten beharren, auf dem Recht, wirklich fast alles tun zu dürfen, auch erschreckende Handfeuerwaffen zu tragen, die auch Freunde der rigiden Todesstrafe sind,  es durchgeht, dass ein Präsident, der Straftaten begeht, in welchem Kontext und innerhalb welcher Delikteklasse auch immer, straffrei gestellt werden soll. Wer den brutalen Rassismus in dem Land im Blick hat, weiß aber längst, wie bigott die dortige Moral ist.

Die USA sind nicht ein supertolles Land mit Menschen, die überwiegend herausragende Charaktereigenschaften aufweisen, das aber zufällig von bösartigen oder vergreisten Menschen regiert wird. Die USA sind auch als Gesellschaft höchstgefährlich, weil Brutalisierung, Barbarisierung und eine weltweit einzigartige Machtballung bei ihnen Hand in Hand gehen. Natürlich gibt es noch die „guten Demokraten“, aber auch sie sind geopolitisch und aus patriotischen Gründen keine Freunde des Friedens und des Fortschritts, sondern eiserne Verfechter der US-Hegemonie. Aus diesem Verständnis heraus sind einige hierzulande auch für Trump. Sie glauben, er würde diese Hegemonie zugunsten einer stärkeren Selbstkonzentration des Landes eingrenzen und außerdem die Verbündeten so auseinandertreiben, dass andere Mächte sich noch leichter als bisher dazwischenschalten und den Westen spalten könnte.

Dass dieses Kalkül aufgeht, wagen wir zu bezweifeln. Trump verschiebt lediglich die Methoden, lässt aber ganz sicher nicht vom Anspruch ab, dass die USA die Welt beherrschen müssen. Der Ton wird rauer, der Stress für uns in Europa größer werden, wobei wir dieses Mal ja vorbereitet sind. Dass wir vorbereitet sind, heißt nicht grundsätzlich, dass die Politik es auch ist, aber die Anzeichen mehren sich, dass man sich im wörtlichen Sinne für den Tag rüstet, an dem Trump das Tischtuch zwischen der Alten Welt und der auch nicht mehr so neuen, sondern moralisch ziemlich fertig wirkenden nordamerikanischen Welt zerschneidet.

Was uns immer wieder amüsiert, ist, wie Verschwörungstheoretiker sich im Geflecht der eigenen Deutungen verstricken. Sie glauben zwar, dass Präsidenten Marionetten der „US-Elite“ sind, egal, wie sie heißen und welcher politischen Richtung sie angehören, aber sie gehen trotzdem davon aus, dass Trump die Macht hat, selbstständig, mit ein paar ihm ergebenen Fachkräften zusammen, eine Verabschiedung aus dem aktuellen geostrategischen System zu organisieren, die darin besteht, dass man das Verhältnis zu den einzigen echten Verbündeten, den Europäern, demoliert und aus der Nato austritt. Der Gerechtigkeit wegen: Es gibt auch jene im VT-Kreis, die sagen, falls Trump zu sehr ausbüchsen will, wird er beseitigt. Einige hatten das schon für seine erste Präsidentschaft erwartet, aber nun scheint man ihn wirklich aufs Korn zu nehmen. In diese Richtung wird auch die Deutung des gestrigen Vorgangs in bestimmten Kreisen laufen. Ein Einzeltäter? Quatsch. Die Machtelite steckt dahinter, weil Trump in der zweiten Amtszeit noch mehr Porzellan im geopolitischen Laden zerschlagen will als beim letzten Turn und sich außerdem dafür auch noch Strafverfolgungsfreiheit hat zusichern lassen, sodass niemand ihn bremsen kann. Außer eben dadurch, dass man ihn um die Ecke bringt. Das aber würde bedeuten, dass der Supreme Court sich gegen die Machtelite gestellt hat, indem er den Präsidenten rechtlich näher an die Stellung eines Monarchen heranrückt, der niemandem Rechenschaft schuldet.

Wenn Sie verstehen wollen, wie manche politischen Kräfte auch in Deutschland ticken, die Trump favorisieren, meist wegen seiner angeblichen geostrategischen Vorzüge gegenüber demokratischen Amtsinhabern, müssen Sie verstehen, wer da unterstützt wird, nämlich jemand, der die Demokratie in den USA abbaut.  Es geht darum, Demokratiefeinde in aller Welt zu favorisieren, von Russland über China bis in die Kernzonen der (noch) vollständigen Demokratien hinein, um endlich eine revolutionäre Situation herbeizuführen, die in Wirklichkeit aber darin besteht, dass wir auf eine Weise unterworfen werden, die sich viele im Westen wohl gar nicht vorstellen können – oder von der sie sich als Statthalter der autoritären Denkungsart etwas für sich persönlich versprechen. Den Lohn dafür, immer schon gegen die Demokratie und für deren Beseitiger gewesen zu sein.

Aus der gewaltreichen Vergangenheit hallt durch das Attentat auf Donald Trump nun ein Echo bis zu  uns herüber, und auch bei uns sind Angriffe auf Politiker:innen zunehmend ein Mittel, mit dem manche Menschen ihre Ansichten durchsetzen wollen. Insofern kann man sich auch als eindeutiger Trump-Gegner nicht über diesen Vorgang freuen und ihn als vorgezogenen Tyrannenmord für in Ordnung halten, der in einer wiederhergestellten Rechtsstaatsordnung gerechtfertigt oder entschuldigt werden und straffrei gestellt werden würde. Es wäre der Hohlspiegel der Straffreiheit von der Seite der Macht aus, wenn man es so sehen mag. Checks and Balances auf die mörderische Art in die eine oder andere Richtung verschoben, Notstandsrecht gegen und für die Demokratie.

Nein, wir sind wirklich besorgt über ganz vieles, was sich in den USA tut. Nicht so sehr, dass wir die Probleme in Deutschland aus dem Blick verlieren und auch den Blick für Parallelen nicht mehr haben würden. Wir sind jedoch überzeugt davon, dass eine in die progressive Richtung tendierende amerikanische Gesellschaft auch die hiesige positiv beeinflussen würde. Der Trend wird immer wieder von dort vorgegeben. Das war in den 1960ern so, als die Gesellschaften sich aus dem eisernen Nachkriegskonservatisvismus lösten, der auch durch den Eisernen Vorhang verstärkt wurde, das war bei der konservativen Gegenbewegung der 1980er so und seitdem immer wieder, wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt und mit unterschiedlich großem Zeitversatz. Insofern ist die Ampelregierung übrigens eine aus der Zeit gefallene und wird die Wahl 2025 nicht übestehen, sollte nicht etwas ganz und gar Unvorhersehbares die Lage ändern. Auf eine Hilfe gegen rechts wegen eines positiven US-Trends können wir jedoch nicht hoffen.

Die Gewalttendenz wird durch Vorgänge wie den gestrigen sicher nicht gewendet, der Rechtsstaat durch das Trump-Straffreiheitsurteil sicher auch bei uns nicht gestärkt. Wer sagt, so etwas wäre bei uns doch nicht denkbar, der muss wissen, dass Abgeordnete auch hierzulande erst einmal Immunität genießen, und zwar grundsätzlich:

Die Immunität von Abgeordneten des Deutschen Bundestages gilt generell und bezieht sich nicht nur auf Straftaten, die in Ausübung des Amtes begangen wurden. Hier sind die wichtigsten Punkte zur Immunität der Bundestagsabgeordneten:

  1. **Umfassender Schutz**: Die Immunität schützt Abgeordnete vor Strafverfolgung, Verhaftung und anderen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, unabhängig davon, ob die vorgeworfene Straftat im Zusammenhang mit ihrer Amtsausübung steht oder nicht.
  2. **Zeitlicher Rahmen**: Der Schutz gilt für die gesamte Dauer des Mandats, also von der Annahme der Wahl bis zum Ende der Wahlperiode oder einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Bundestag.
  3. **Ausnahmen**: Die Immunität gilt nicht bei Festnahmen auf frischer Tat oder am Tag nach der Tat.
  4. **Aufhebung möglich**: Der Bundestag kann die Immunität eines Abgeordneten aufheben, um eine Strafverfolgung zu ermöglichen. Dies geschieht in der Regel auf Antrag der Staatsanwaltschaft.
  5. **Indemnität**: Zusätzlich zur Immunität genießen Abgeordnete auch die sogenannte Indemnität. Diese schützt sie vor jeglicher gerichtlichen oder dienstlichen Verfolgung sowie vor Kritik außerhalb des Bundestages für Äußerungen oder Abstimmungen im Plenum, in Ausschüssen oder Fraktionen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Immunität kein persönliches Privileg der Abgeordneten ist, sondern dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Parlaments dient. Sie soll verhindern, dass die Arbeit des Bundestages durch politisch motivierte Strafverfolgung einzelner Abgeordneter behindert wird.

Vermutlich gilt in diesem Sinne auch, dass jemand, der eine Straftat vor seiner Zeit als Abgeordnete:r begangen hat, während der Laufzeit des Mandats dafür nicht verfolgt werden kann, sonst wäre diese Regel zu sehr davon abhängig, wann die Straftat begangen wurde und würde damit die Idee unterlaufen, dass der Parlamentsbetrieb aufrechterhalten werden soll. Eine durchaus merkwürdige Vorstellung, nach heutigen Maßstäben, aber möglicherwiese durch die Erfahrungen mit politisierter Strafvervolgung in einer Diktatur geprägt.

Meinen Sie, es wäre so schwer für ein entsprechend tendenziöses Verfassungsgericht, die Immunität auch auf die Zeit nach dem Amt auszudehnen, mit der Begründung, dass bestimmte Straftaten im übergeordneten Staatsinteresse ausgeführt wurden? Und würde eine rechte Mehrheit im Bundestag die Immunität einer Person aus ihren Reihen aufheben, die straffällig geworden ist? Und denken Sie bitte als Abgeordnete:r nach einem Mord an der Schwiegermutter oder dem politischen Gegner bitte daran, für bis zu 48  Stunden nach der Tat nicht auffindbar zu sein, danach dürfen Sie wieder ganz normal ihrer Tätigkeit als Volksvertrer:in nachgehen. Und wird eigentlich durch eine Straftat, die man als Abgeordnete:r begangen hat, während der Zeit des Mandats die Verjährung ausgesetzt (sofern es eben kein Mord war, Mord verjährt nicht)?

Das Recht im Sinne der Rechtsstaatlichkeit hängt sehr vom Goodwill der Politik und der Gesellschaft ab, die sich ihre Politik wählt. Die Volksansicht „es steht doch im Gesetz“ gilt nicht einmal im Zivilrecht, sonst gäbe es keine dicken Auslegungswälzer (Kommentare), gilt nicht im Strafrecht (dito) und auch nicht im Verfassungsrecht, wie die immer konservativere und restriktivere Auslegung des Grundgesetzes eindeutig belegt. Die USA sind uns bloß immer ein paar Schritte voraus, das ist alles. Es wäre möglich, sich von dieser Entwicklung abzusetzen. Dazu müsste aber eine starke Zivilgesellschaft genau dies wollen. Wir sind diesbezüglich skeptisch, wir kennen die deutsche Mentalität einfach zu gut, um optimistisch zu sein. Es gibt Länder, in denen die Demokratie tiefer verwurzelt scheint, aber es sind nicht ganz zufällig auch die Länder, in denen es den meisten Menschen besonders gutgeht. Würde es dort einmal anders laufen, würden nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass die Tendenz nicht die gleiche wäre wie hierzulande oder in den USA.

Demokratieschutz ist und wird immer bleiben: Sache einer engagierten, mutigen Minderheit zugunsten aller.

TH

[2] Infoblock, Zitate:

[1] https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/usa-immunitaet-praesident-100.html
[2] https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/trump-immunitaet-ex-praesident-schutz-vor-strafverfolgung-supreme-court-teilsieg/
[3] https://www.supremecourt.gov/opinions/23pdf/23-939_e2pg.pdf
[4] https://www.spiegel.de/ausland/supreme-court-urteil-erschwert-anklage-von-teilnehmern-des-kapitolsturms-a-279e6b3e-9052-487b-9870-084494199ac0
[5] https://www.faz.net/aktuell/politik/us-wahl/trump-urteil-des-supreme-court-die-usa-sind-nicht-immun-19827780.html
[6] https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-07/usa-donald-trump-dokumentenaffaere-immunitaet-urteil-aussetzung-verfahren
[7] https://www.morgenpost.de/politik/article406706137/reaktionen-auf-trump-urteil-todesstossE2809D-fuer-us-demokratie.html
[8] https://www.deutschlandfunk.de/usa-supreme-court-urteil-trump-100.html


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