Die Thomas Crown Affäre (The Thomas Crown Affair, USA 1999) #Filmfest 1124

Filmfest 1124 Cinema

Die Thomas Crown Affäre (Originaltitel: The Thomas Crown Affair) ist ein US-amerikanischer Kriminalfilm aus dem Jahr 1999 von John McTiernan mit Pierce Brosnan und Rene Russo in den Hauptrollen. Es handelt sich um eine Neuverfilmung des 1968 erschienenen Films Thomas Crown ist nicht zu fassen.

Vor drei Jahren haben wir auf dem Filmfest die Rezension des Originals von 1968 mit Steve McQueen und Faye Dunaway gezeigt, jetzt also das Remake, das 31 Jahre später entstand – wie fällt der Vergleich aus und ist es mittlerweile Teil unseres Konzepts, Remakes bekannter Filme immer anzuschauen? Dazu und mehr lesen Sie in der Rezension.

Handlung (1)

Thomas Crown ist ein Wall-Street-Finanzier, der über seine Firma Crown Acquisitions Unternehmensbeteiligungen erwirbt und mit Gewinn wieder verkauft. Abseits des Geschäfts vertreibt er sich mit allen möglichen Aktivitäten die Zeit und versucht dabei, Nervenkitzel und einen würdigen Gegenspieler zu finden. Deshalb stiehlt er unter akribischer Vorbereitung und mit einem Ablenkungsmanöver durch einen gleichzeitigen zweiten Raubversuch auf spektakuläre Weise ein 100 Millionen US-Dollar teures Gemälde von Claude Monet aus dem Metropolitan Museum of Art. Dabei vereitelt er selbst den zweiten Coup.

Neben dem zur Bearbeitung des Falls gerufenen Detective Michael McCann tritt die Versicherungsdetektivin Catherine Banning auf. Sie bemerkt die Widersprüche am Tatort und entlarvt das Ablenkungsmanöver. „Das ist ein elegantes Verbrechen, von einer eleganten Person verübt.“ Den erkennt sie in dem vermeintlichen Zeugen Thomas Crown, den sie auf dem Polizeirevier trifft, wo er seine Aussage gemacht hat. Als sie den Namen Crowns auf einer Liste mit Auktionen von Monet-Gemälden findet, ist sie sicher, dass er diese Person ist. Auf einem Empfang, bei dem Crown dem Museum ein Gemälde als Leihgabe übergibt, nimmt Banning Kontakt mit ihm auf und verbirgt keineswegs ihre Absichten: „Es geht um Ihren Kopf, Mr. Crown.“ Die attraktive und intelligente Frau fasziniert Crown. Er sieht in ihr eine „würdige Gegnerin“ und lädt sie zum Dinner ein.

McCann ist von Bannings Vorgehen wenig begeistert, die gibt sich jedoch abgeklärt: „Ich werde eine Weile mit ihm spielen.“ Eine Hausdurchsuchung bei Crown bleibt derweil erfolglos. Auch Crown spielt mit Banning, kommt ihr näher und verbringt schließlich eine gemeinsame Nacht mit ihr. Er nimmt sie mit auf sein Anwesen auf Martinique, was er sonst jedoch nie tue. Mit dabei ist eine Holzkiste in der Größe des gesuchten Gemäldes. Banning widersteht der Versuchung hineinzusehen. Sie wirft die Kiste schließlich ins Feuer. „Es ist alles nur ein Spiel.“ Als McCann Banning Bilder von Crown und einer blonden Frau zeigt, reagiert sie eifersüchtig. Sie lässt bei Crown einbrechen und präsentiert stolz den Monet, der sich jedoch als Fälschung herausstellt. Es zeigt sich jedoch, dass die Fälschung auch an den Rändern exakt ist, die sonst vom Rahmen verdeckt sind, der Fälscher hat also vom ungerahmten Original abgemalt.  (…)

Rezension im Interview-Stil

Die Tendenz, Remakes anzuschauen, besteht, weil ich es spannend finde, wie ein Thema nach Jahrzehnten anders bearbeitet und präsentiert wird. Das sagt viel über die Entwicklung des Kinos. Leider geht damit auch die Tendenz einher, das Original besser zu finden. Ich verstehe schon, dass man mit klassischen Stoffen noch einmal Geld machen kann, Remakes gibt es außerdem schon beinahe so lange, wie es das Kino gibt und als das Kino noch aufsteigend war, waren die Remakes manchmal besser als die Vorgängerversionen, vor allem, wenn die ersten Verfilmungen eines Stoffes noch in der Urzeit des Kinos entstanden waren.

Das heißt, auf „Thomas Crown“ von 1999 trifft das gegenüber der 1968er Version nicht zu?

Ich mag Pierce Brosnan recht gerne, der die Steve McQueen-Rolle in der Neuverfilmung spielt, schätze seine vergleichsweise sachliche und ernsthafte Interpretation der Figur James Bond, die ihren guten Platz neben den berühmten Vorgängern und dem Nachfolger hat, aber kurioserweise ähnelt er in „Thomas Crown“ der machomäßigen Art, wie Bond von anderen Darstellern verkörpert wurde mehr, als in seinen Bond-Darstellungen. Sei‘s drum, das muss nicht negativ sein. Ich finde auch nicht, dass er seine Sache wesentlich schlechter macht als Steve McQueen, der mir für diesen elaborierten Kunstliebhaber und Lifestyle-Protagonisten Thomas Crown ein wenig zu proletarisch war, zu sehr wie ein Aufsteiger mit Attitüde als wie ein Conaisseur mit Tradition gewirkt hat. Obwohl auch Brosnan einen eher einfachen Hintergrund hat, finde ich, er kann den Weltmann besser geben.

Aber da ist etwas anderes?

Etwas erheblich anderes. Sicher, der Film entstand noch während der fluffigen Clinton-Ära, aber dieses Spiel mit dem Geld und der Macht ohne jede Kritik an diesem Spiel wirkt heute mehr outdated als die 1968er Version, welche die Swinging Sixties mit ihrer allgemeinen Wohlstandsmehrung so deutlich rüberbringt. Die Art, wie das Original gefilmt ist, die Splitscreens von mondänen Leben ebenso wie die Atmosphäre der intimeren Szenen sind sehr besonders, haben etwas Poetisch-Stylisches und Suggestives. Davon ist in der Neuverfilmung gar nichts übrig, und plötzlich merkt man genau deshalb, wie banal die Handlung ist. Vor allem zu Beginn hatte ich das Gefühl, in einem wirklich schlechten Film zu sein. Im Verlauf steigert sich das Ganze dann doch mit einigen gelungenen Einfällen und einem schönen Finale, das originell gestaltet ist und  einen ironischen Touch aufweist. Der ist mir aber im gesamten Film zu schwach ausgefallen und auch schwächer als im Original. Leider trägt dazu auch die Abwandlung der Originalhandlung bei.

Was wurde gegenüber dem Original handlungsseitig verändert?

Das Original beginnt mit der geradezu ikonischen Szene, in der ein nicht sichtbarer Auftraggeber einen Dieb beauftragt, ein Gemälde zu stehlen. Dann kommt der Coup, und man weiß natürlich schon, wer dahinter steckt. Das Remake spart sich die Anfangsszene, weil sie vielleicht auch etwas überdrüber ist, heute ein wenig lächerlich wirken würde. Das verstehe ich. Aber warum man es am Ende so spielt, dass Crown gar kein Gemälde gestohlen hat, ist, als habe man 30 Jahre nach dem Original tatsächlich Angst, einen Dieb aus Übermut eben genauso wirken zu lassen: übermütig, eitel, nur am Spaß am Nasführen anderer interessiert. Aber wer stiftet schon ein Gemälde und klaut es dann wieder, einfach so?

Auf gewisse Weise passt auch das abweichende Ende. Crown und Banning kriegen einander, während Crown im Original als Spieler, er er ist, eine Karte gezogen hat und eine andere dafür nicht mehr ausspielen kann. Er muss das Land verlassen, das gelingt ihm und sein Vermögen kann er mitnehmen, aber die Frau verliert er; während er in der Neuverfilmung gar nichts getan hat, was eine Flucht auslösen müsste. Diese Spielernatur beider, die sich auch in der Leidenschaft Crowns wie Bannings für Schach äußert, kommt in der Neuverfilmung wesentlich weniger hervor. Diesem „Two-of-a-Kind-Feeling“, das der ältere Film doch gut vermittelt, fehlt im Neueren ein Teil seiner Grundlage.

Gibt es in der Neuverfilmung einen besonderen Umgang mit den Gemälden, haben sie oder hat jedes einzelne von ihnen eine Bedeutung?

Das gibt mir die Gelegenheit, einen Ausschnitt aus einer anderen Rezension zu zitieren, erst einmal ohne Kommentar:

Regine Welsch schrieb auf artechock.de: „Jede Einstellung bei McTiernan gleicht einem Gemälde, ist eine Studie in Farben und Licht. Seine Thomas Crown Affair ist ein Studiofilm und besonders spannend wird das, wenn man die Gemälde betrachtet, die Thomas Crown sammelt, die Maler, die er schätzt. Ein Monet ist das Objekt seiner Begierde und für die Impressionisten hatte es ähnlich wie für McTiernan eine besondere Bewandtnis mit den geschlossenen Räumen, den Studios. […] Film macht, gleichsam surrealistisch, das Unsichtbare sichtbar, deswegen kommt dann im grossen Finale bei McTiernan noch sehr schön ein Bild von Magritte ins Spiel als wäre es lebendig geworden, ein wahrhaft bewegtes Bild also.“[3]

Nun aber doch der Kommentar?

Die Rezension klingt, als sei der Film für Kunstkenner inszeniert worden und für diese ein Fest. Ich will mich gerade im Bereich BK nicht als solcher bezeichnen, aber allein die Szene, in der die Sprinkleranlage losgeht und den Raum aufdampfen lässt, in dem sich alles abspielt, ist horribel und zerstört dieses subtile Gespinst von wahrhaft bildhafter und sinnbildlicher Kunstverwendung, falls es denn zuvor bestanden hat. Und wie dann die alte Ölfarbe unter der neuen Wasserfarbe durchkommt, die vom fließenden Nass natürlich abgewaschen wird – wie realistisch das ist, ohne dass das Original stark beschädigt wird, auch wenn es in Öl gemalt ist, darauf kann sich jeder selbst einen Reim machen.

Über Pierce Brosnan als Thomas Crown haben wir gesprochen, wie ist es mit den übrigen Rollenfiguren?

Der Film ist ein wenig expliziter als das Original, man sieht also mehr von Rene Russo als einst von Faye Dunaway, die hier in einer Nebenrolle wieder auftaucht und so als ein Bindeglied zwischen den beiden Filmen fungiert – im Original hatte Crown übrigens keine Psychiaterin nötig und im neuen Film wirkt ihre Rolle hineinkonstruiert, um eben diese Verbindung über 30 Jahre hinweg zu schaffen, zudem sind die Dialoge zwischen ihr und Crown so banal, sie haben nicht einmal gutes Fernsehfilmniveau. Schade um Faye Dunaway, ich fand ihren Einsatz mehr peinlich als gelungen. Rene Russo hat, wenn man den Typ mag, schon die richtige Ausstrahlung zwischen dezidiert und erotisch, aber am sympathischsten fand ich den Detective McCann (Michael Leary), der mir in diesem Spiel überdrehter Kapitalisten leid tat, von dem am Ende rein gar nichts übrig bleibt als die Erkenntnis, dass man es auch hätte sein lassen können, wenn es nicht darum gegangen wäre, dass ein Liebesverhältnis auf eine ziemlich künstlich wirkende Art entsteht.

Finale

Während das Original von 1968 in seiner Zeit hip war und die andere Seite der 1968er-Bewegung gut gespiegelt hat, weil er so amoralisch war, wie man es wenige Jahre zuvor unter der Ägide des Hays-Code noch nicht zeigen konnte, weil er stylisch und verwegen daherkam, ist er ein Klassiker. Ein solcher wird der Nachfolgefilm nie werden, weil er nicht nur die Stimmung verloren hat und sie nicht durch eine neue ersetzen konnte, wie es die Romantik-Komödien der 1990er sehr wohl vermochten, die heute auch wunderbare Zeitgeist-Dokumente sind, sondern weil auch noch die Handlung geglättet und entschärft wurde, obwohl 1999 nun wirklich alles gefilmt werden konnte, was man sich vorstellen kann – abgesehen von manchen Dingen, die aus Gründen der PoC nicht mehr möglich waren. Es ist aber wohl nicht die PoC, die es angeraten sein lässt, von einem Diebstahl auf einen Scheindiebstahl zurückzugehen, denn die spielt dabei nach meiner Ansicht keine Rolle, aber es ist vor allem dieser Fakt, der das Remake irgendwie zahnlos wirken lässt.

Ergänzung anlässlich der Veröffentlichung der Rezension im Jahr 2024: Vielleicht ein Satz zu Regisseur John McTiernan. Der Name war mir noch kein Begriff, als ich den Film 2016 rezensiert habe, mittlerweile weiß ich, dass er für Bruce Willis die gleiche Funktion hatte wie Richard Donner für Mel Gibson. Diese beiden Regisseusre machcten die beiden Schauspieler jeweils zu Superstars, mit den Action-Reihen „Die Hard“ und „Lethal Weapon“. Nun ist aber „Die Thomas-Crown-Affäre“, wie der Titel im Deutschen grammatikalisch korrekt geschrieben werden müsste, kein Actionfilm. Und John McTiernan hat nicht viele weitere bekannte Filme gemacht, neben den beiden ersten „Die Hard“-Streifen. Mit „Rollerball“ hat er sich kurz nach „The Thomas Crown Affair“ noch einmal an einem Remake versucht. Offenbar war er nicht flexibel genug, auch Nicht-Action-Stoffe, die subtiler angelegt werden müssen, so zu erfühlen und dabei von einem engen Konzept abzuweichen, dass dabei so überzeugende Ergebnisse herausgekommen wären wie bei Willis in den „Stirb langsam“-Filmen. Da hat etwas ganz Bestimmtes genau gepasst, das war ansonsten nicht der Fall – außer einmal  zuvor bei Arnold Schwarzenegger mit dem Film „Predator“, der vom Typ die „Die Hard“-Masche vorwegnahm. Wir wollen aber nicht verschweigen, dass „The Thomas Crown Affair“ an der Kinokasse erfolgreich war. Vermutlich wegen Pierce Brosnan als damals aktuellem Bond-Darsteller als Zugpferd und natürlich wegen des Rufs, den Tiernan wegen der Filme mit Bruce Willis hatte.  Ob die Zuschauer nach dem Anschauen von „The Thomas Crown Affair“ zufrieden waren, weiß ich nicht, in der IMDb ist die Nutzerwertung mit 6,8/10 nicht schrecklich, aber für ein solches Projekt auch nicht überdurchschnittlich. Wir sind dieses Mal skeptischer.

60/100

© 2024  Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2016)

(1), kursiv, tabellarisch: Wikpedia

Regie John McTiernan
Drehbuch Leslie Dixon
Kurt Wimmer
Produktion Beau St. Clair
Pierce Brosnan
Musik Bill Conti
Kamera Tom Priestley junior
Schnitt John Wright
Besetzung

 

 


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