Filmfest 1186 Cinema
Der schreckliche Teddy, der Grizzlykönig ist ein US-amerikanischer Stummfilm aus dem Jahr 1901 unter der Regie von Edwin S. Porter. Produziert von der Edison Manufacturing Company, ist es die früheste bekannte politische Satire im amerikanischen Film. [2] In den Hauptrollen sind drei Schauspieler zu sehen, die alle unbekannt sind.[1]
Also haben wir wieder ein „First“ zu vermelden, die erste politische Filmsatire. Sie ist gemünzt auf den damaligen Vizepräsidenten Theodore Roosevelt, der nach einem tragischen Ereignis bald das Amt des Präsidenten übernehmen würde. Lanciert wurde der Film im Stil und vermutlich auf Betreiben des Medienmoguls George Randolph Hearst, einem ausgewiesenen Roosevelt-Gegner. Und damit war im Grunde auch die Propaganda mit laufenden Bildern geboren. Wegen dieser Sonderstellung geben wir dem Film in der US-Chronologie den Vorrang vor anderen Produktionen, wenn es um das Jahr 1901 geht. Wir werden aber innerhalb der dritten US-Chronologie noch einen zweiten Film vorstellen, Sie werden eine witzige Überraschung erleben, denn hier haben wir das Vorbild für eine der besonders ikonischen Szenen der Filmgeschichte. Diese Szene stammt übrigens aus dem Jahr 1955 und Filmfans werden ahnen, worum es sich handelt. Zunächst aber zur Roosevelt-Satire. Sie wurde übrigens gefilmt von Edwin S. Porter, der im Jahr 1901 die Leitung der Edison-Filmstudios übernommen hatte. Gleichzeitig wurde das allererste reine Studiogebäude, das im Jahr 1893 eröffnete „Black Maria“ zugunsten eines stylischen Dachgartenstudios geschlossen.
Handlung
(…) Der Schauspieler, der den damaligen Vizepräsidenten Theodore Roosevelt darstellt, eilt enthusiastisch einen Hang hinunter zu einem Baum im Vordergrund. Er stürzt einmal, richtet sich aber auf und spannt sein Gewehr. Zwei weitere Männer, die Schilder mit der Aufschrift „Sein Fotograf“ bzw. „Sein Presseagent“ tragen, folgen ihm in die Aufnahme; Der Fotograf richtet seine Kamera ein. „Teddy“ zielt mit seinem Gewehr nach oben auf den Baum und herunter fällt etwas, das wie eine gewöhnliche Hauskatze aussieht, auf die er dann einsticht. „Teddy“ hält seine Beute in die Höhe, und der Presseagent macht sich Notizen. Die zweite Aufnahme wurde in einem etwas anderen Teil des Waldes auf einem Weg gemacht. „Teddy“ reitet auf seinem Pferd den Weg auf die Kamera zu und links neben der Aufnahme hinaus, dicht gefolgt von dem Presseagenten und dem Fotografen, die immer noch pflichtbewusst ihre Schilder halten.
Hintergrund des Films
Der schreckliche Teddy, der Grizzlykönig wurde von politischen Karikaturen inspiriert, die ursprünglich im New York Journal von William Randolph Hearst erschienen waren. Diese Karikaturen zeigten Roosevelt als Macho-Jagdbegeisterten mit einer ausgeprägten Vorliebe für Publicity, der in Colorado einen Berglöwen tötete, während die Presse über das Ereignis berichtete. Der Film basiert auf Comic-Panels des New York Journal aus dem Jahr 1901, die am 4. Februar (erste Einstellung) und am 18. Februar (zweite Einstellung) liefen. [3] Da die Edison Company am 23. Februar ein Urheberrecht für den fertigen Film eingereicht hat, muss Terrible Teddy, the Grizzly King in der Tat sehr schnell gedreht worden sein. Ein Papierabzug (LC 1887) wurde zum Zeitpunkt des Urheberrechts bei der Library of Congress eingereicht; Später wurde es auf flexiblem Film neu fotografiert, um das Motiv zu konservieren. [4]
Politischer Hintergrund
Im selben Jahr filmten die Edison-Studios zwei Dokumentationen über die Amtseinführung von Präsident William McKinley. Es waren die ersten Filmaufnahmen von einem solchen Ereignis. Im Februar, kurz nach dieser Amtseinführung, kam „Teddy“ heraus, im September wurde Präsident McKinley erschossen. Damit wurde der in „Teddy“ porträtierte oder parodierte Roosevelt Präsident der Vereinigten Staaten. Interessanterweise wurde sein Bild im Laufe der Zeit unter Historikern eher positiver als negativer, was eine Ausnahme darstellt, und er gilt heute als einer der größten Präsidenten, die das Land bisher hatte. Natürlich blieb mir nichts anderes übrig, als mich einzulesen und ich war beeindruckt davon, was der Mann alles angeschoben hatte, um die USA zu modernisieren und von einem korrupten Pfründesystem weg in einen besseren Rechtsstaat zu überführen. Von diesem Geist hat das Land trotz seiner weiterbestehenden Begünstigung des Kapitals lange Zeit profitiert, auch unter Roosevelts Nachfolgern Taft und Wilson. In den 1920ern wurde es, wie wir wissen, erst einmal wieder wild, aber im Grunde setzte der Namensvetter von Roosevelt, Franklin D., der auch dessen entfernter Cousin war, in einer schwierigen Zeit die progressive Politik von Theodore verstärkt fort, konnte sich der ideologischen Grundlagen der ersten Roosevelt-Ära von mehr Ethik im System bedienen.
George Randoph Hearst hingegen ist bis heute eine sehr umstrittene Figur des US-Unternehmertums und speziell der Medienbranche, weil er Miterfinder der „Yellow Press“ war, die im Grunde heute in der Form weiterwirkt, als sie reißerisch und teilweise auch lügnerisch erzkonservative Positionen ausbreitet. Er wurde seinerseits künstlerisch anspruchsvoll unter der Regie von Orson Welles in dessen erstem Film „Citizen Kane“ von Welles selbst porträtiert.
Wenn man so will, führt dieser kleine 1:15-Minuten-Film aus dem Jahr 1901 mitten hinein in die großen Karrieren und Meilensteine eines großen und damals vielschichtiger als heute wirkenden Landes. Natürlich ist es heute auch noch vielschichtig, aber wir sind eben mit Medien konfrontiert, die darüber eher im Stile von Hearsts Publikationen als in Form hochwertiger Analysen berichten.
Wie kam man aber darauf, diesen Film zu drehen? Theodore Roosevelt war wohl auch deshalb ein Antipode von Hearst, weil er ein richtiger Tatmensch und Showman war, während Hearst die anderen für sich schreiben und manipulieren ließ. Roosevelt hatte persönlich mit den „Rough Riders“ und an deren Spitze am spanisch-amerikanischen Krieg teilgenommen und sich dabei der üblichen Gefahr solchen Tuns ausgesetzt, während Hearst seine Journalisten einpeitschende und kriegsfördernde Artikel schreiben ließ. Es stimmt nach neueren Forschungen zwar nicht, dass Hearst den Krieg quasi ausgelöst hat, aber er hatte die Stimmung dafür mit vorbereitet, die eine Wende in der amerikanischen Ausßenpolitik festigte: Weg vom Isolationismus hin zu einem ersten Ansatz der Weltpolizistenrolle, die den USA aufgrund des Zweiten Weltkrieges sozusagen auf natürliche Weise zuwuchs. Roosevelt war auch ein gewiefter Diplomat, der versuchte, im Pulverfass Europa immer wieder den Frieden zu bewahren. Eine Zeitlang mit Erfolg, 1914 war kein Einvernehmen mehr möglich.
Muss man das mitdenken, wenn man sich einen solchen kleinen Film anschaut? Natürlich, unbedingt sogar. Denn hier wird speziell Roosevelts Aktionismus als Schaumschlägerei porträtiert, die sie überwiegend nicht war. Sicher, der Großwildjäger, den gab es, aber auch den Naturschützer, der riesige Flächen in den USA zu bis heute bestehenden Nationalparks machte, eine seiner typischen Handlungen, mit denen er das Land wirklich gestaltete. Gewissermaßen wird ihm in dem Film unterstellt, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Damals konnte man noch nicht wissen, was er als Präsident leisten würde, er war einer von mehreren aufstrebenden Politikern, aber eben einer, der sich besonders gut in Szene zu setzen wusste und sehr modern war, sehr medial, wenn man es so bezeichnen mag, und dadurch auch Gegenstand der ersten Parodie wurde, die das neue Medium Film hervorbrachte. Er richtete als erster Präsident feste, sogar tägliche Pressekonferenzen im Weißen Haus ein und steuerte damit seine Mediendarstellung weitgehend selbst. Es gab ja noch keine sozialen Netzwerke, in denen zu kurz gekommene Journalisten und Amateure trotzdem hetzen konnten.
In einem können sich der Film und Roosevelt also die Hand geben: Sie waren aus diesem neuen Jahrhundert, ganz modern, nach vorne orientiert, mit großen Erwartungen in dieses Jahrhundert gestartet, das ohnehin das erwartungsvollste aller Zeiten gewesen sein dürfte. Die Dynamik dieses Politikers und die Dynamik technischer und institutioneller Entwicklungen, auch der Entwicklung des Films, das passte zusammen.
Von Roosevelts Amtseinführung gibt es natürlich keinen Film, denn sie fand in der üblichen Form nicht statt, weil er die Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger McKinley übernahm, ohne dass er zuvor zum Präsidenten gewählt worden wäre. Er wurde aber 1904 in seinem Amt bestätigt und trat 1908 nicht mehr an, unter anderem, weil er die ebenfalls sehr moderne Ansicht vertrat, dass zu lange Amtszeiten die Tendenz zum Nepotismus und zu Verkrustungen bis hin zur Diktatur fördern.
Finale
Der Film dürfte auch einer der ersten gewesen sein, der Außenaufnahmen in einem verschneiten Wald zeigt, die im Winter 1900 / 1901 gedreht worden waren, und: er hat einen Schnitt. Die erste Szene endet an dem Baum, von dem die Katze fällt, nach dem Schnitt reitet der Jäger der kleinen Tiere auf die Kamera zu und hinter ihm gehen brav die beiden Presseleute, die aus heutiger Sicht ein weiteres Symbol für moderne Selbstdarstellung sind und für den Wunsch, die Dinge unter Kontrolle zu behalten und sich so zu präsentieren, wie man es selbst für richtig hält. Roosevelt war zweifelsohne eines der größten politischen Talente in der Geschichte eines reich mit politischen Talenten gesegneten Landes und es macht durchaus Spaß, zu sehen, dass er genau zur richtigen Zeit aktiv war, um Gegenstand der ersten politischen Satire zu werden. Auch wenn der Film nicht länger ist als der für das Jahr 1899 vorgstellte „The Enchanted Drawing“, sondern sogar etwas kürzer, man merkt deutlich, das Kino wird größer, fängt an, mehr zu wollen und zu wissen und bald sollte es Edwin S. Porter vergönnt sein, einen weiteren Meilenstein zu setzen. Es kommt nichts aus dem Nichts, als er „The Great Train Robbery“ im Jahr 1903 filmte, war er bereits ein erfahrener Regisseur, der Dutzende von Kurzfilmen realisiert hatte. Das Jahr 1903 betreffen, werden wir um diesen Film auch nicht herumkommen. Bestimmte hatte Theodore Roosevelt sich diesen 14-Minüter angeschaut, zumindest trauen wir ihm das zu.
Bezüglich der politischen Einschätzung des späteren Präsidenten ist der Film natürlich als Abwertung zu verstehen, aber so ist Satire, sie betet die Personen nicht an, die sie aufs Korn nimmt, also kann man diesem Film höchstens vorwerfen, dass Satire gefälligst progressiv zu sein hat. Das war aber Roosevelt selbst schon, also konnte man ihn nur aus konservativer Sicht kritisieren, außerdem ist diese Prämisse auch heute nicht mehr so klar festgeschrieben wie zum Beispiel im Vorwende-Westdeutschland. Wir berücksichtigen also die Tendenz des Films nicht wesentlich, zumal er sich ganz auf die eine Zielperson konzentriert und nicht allgemein diskriminierend oder rassistisch ist.
Die Nutzer:innen der IMDb sehen das wohl etwas anders, sie geben nur 4/10, und es ist sehr selten, dass wir einen Film rezensieren, der dort so schlecht abschneidet, denn auch wir müssen uns ja bei begrenzter Lebenszeit Gedanken darüber machen, wo wir die Untergrenze setzen. Die liegt derzeit, sofern es nicht um die Komplettierung von Werksichtungen geht, bei etwa 65-67/100. Wir gehen auch hier erheblich höher, weil wir wieder die Innovation hervorheben möchten, die dem Film vor allem inhaltlich mitgegeben wurde.
68/100
© 2024 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia
|
Regie: |
|
|
Vertrieben von |
|
|
Erscheinungsdatum |
|
|
Land |
USA |
|
Sprache |
Englisch |
[1] Der schreckliche Teddy, der Grizzlykönig – Wikipedia
Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

