Schulden aufnehmen, um die Wirtschaft anzukurbeln? (Umfrage + Zusatzinfos + Leitkommentar)

Briefing Wirtschaft, Gesellschaft, Schuldenbremse, Aussetzung der Schuldenbremse, Aufhebung der Schuldenbremse, Investitionsfonds, Robert Habeck, Christian Lindner, strategische Wirtschaftspolitik

Die Ampelregierung hat die Idee hervorgebracht, durch einen Investitionsfonds die Wirtschaft anzukurbeln, dafür müsste aber die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse (erneut) ausgesetzt werden. Dazu hat Civey eine Umfrage erstellt, die wir Ihnen zum Mitmachen empfehlen:

Civey-Umfrage: Sollte die Bundesregierung Ihrer Meinung nach die Schuldenbremse aufheben, um die deutsche Wirtschaft mittels neuer Schulden ankurbeln zu können? – Civey

Begleittext der Meinungsforscher

Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage wird erneut darüber debattiert, ob die heimische Industrie durch schuldenfinanzierte Subventionen gestärkt werden könne. Die Schuldenbremse wurde 2009 im Grundgesetz eingeführt, um langfristig finanzielle Stabilität zu sichern und die Handlungsfähigkeit des Staates nicht durch hohe Schulden zu gefährden. Daher dürfen Bund und Länder ihre Haushalte nur in außergewöhnlichen Notsituationen mit Schulden ausgleichen, wie zuletzt etwa zur Pandemie. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat kürzlich laut ntv ein Impulspapier mit einer Modernisierungsagenda vorgestellt, um die Wachstumsschwäche zu bekämpfen. 
Konkret schlägt Habeck vor, staatliche Mittel in Form eines Investitionsfonds bereitzustellen. Damit sollen Unternehmen und Handwerksbetriebe gefördert werden. Diese gezielten Investitionen sollen das Wirtschaftswachstum ankurbeln, neue Arbeitsplätze schaffen und den Standort Deutschland attraktiver machen. Durch gesteigerte Steuereinnahmen würde sich die Verschuldung langfristig nur moderat erhöhen. Er betonte laut ntv zudem, dass der Fonds zeitlich befristet eingesetzt würde, um die Schuldenbremse nicht dauerhaft auszusetzen. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch nannte den Vorschlag in der Rheinischen Post ein geeignetes Mittel, um dringend notwendige Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz zu ermöglichen. 
Finanzminister Christian Lindner (FDP), der ein bekannter Verfechter der Schuldenbremse ist, hinterfragt die Umsetzbarkeit der Fonds-Idee. Dabei verwies er laut Tagesspiegel auf europäisches Beihilferecht und Fiskalregeln, die zu überprüfen seien. Der Vorschlag sei ein starkes Stück, da es der Forderung nach einer fundamental anderen Wirtschaftspolitik gleichkäme. Auch Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, äußerte Zweifel bei t-online. Statt zusätzlicher Schulden plädierte er dafür, Steuern und Lohnzusatzkosten zu senken, um die Wirtschaft zu entlasten und langfristige Stabilität zu gewährleisten.

Zusatzinfos

Robert Habeck hat einen Investitionsfonds vorgeschlagen, um die Wirtschaft anzukurbeln, Christian Lindner will die Schuldenbremse einhalten. Bitte benennen Sie den Inhalt des Investitionsfonds so konkret und umfassend wie möglich und was für und was gegen die Aussetzung der Schuldenbremse spricht.

Robert Habeck, der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, hat einen Investitionsfonds vorgeschlagen, um die deutsche Wirtschaft anzukurbeln. Dieser Vorschlag steht im Kontrast zur Position von Finanzminister Christian Lindner, der an der Einhaltung der Schuldenbremse festhalten möchte. Lassen Sie uns den Inhalt des vorgeschlagenen Investitionsfonds und die Argumente für und gegen eine Aussetzung der Schuldenbremse näher betrachten.

## Habecks Investitionsfonds

Obwohl die genauen Details des von Robert Habeck vorgeschlagenen Investitionsfonds nicht in den Suchergebnissen enthalten sind, lässt sich aus dem Kontext und ähnlichen Vorschlägen ableiten, dass ein solcher Fonds wahrscheinlich folgende Schwerpunkte hätte:

  1. Klimaschutz und Energiewende
  2. Digitalisierung und Infrastrukturmodernisierung
  3. Förderung von Innovationen und Zukunftstechnologien
  4. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen

Der Fonds würde vermutlich darauf abzielen, massive finanzielle Ressourcen für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft bereitzustellen und staatliche Investitionen zu ermöglichen, die dann private Investitionen anregen sollen[3].

## Argumente für die Aussetzung der Schuldenbremse

  1. **Investitionsbedarf:** Deutschland steht vor multiplen Krisen und Herausforderungen, die dringende öffentliche Investitionen in Innovation, Sicherheit, Infrastruktur und Bildung erfordern[1].
  2. **Zukunftsfähigkeit:** Die Schuldenbremse wird als Bedrohung für Deutschlands Zukunftschancen und Wohlstand gesehen, da sie notwendige Investitionen behindert[1].
  3. **Internationale Wettbewerbsfähigkeit:** Es besteht die Sorge, dass Deutschland im globalen Wettbewerb abgehängt werden könnte, wenn nicht ausreichend in Zukunftsbereiche investiert wird[2].
  4. **Wirtschaftliche Stimulierung:** In Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums könnte eine gelockerte Fiskalpolitik zur Ankurbelung der Wirtschaft beitragen[3].
  5. **Reformbedarf:** Viele Ökonomen, darunter der Sachverständigenrat, argumentieren, dass die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form zu starr ist und reformiert werden sollte[2][3].

## Argumente gegen die Aussetzung der Schuldenbremse

  1. **Generationengerechtigkeit:** Befürworter argumentieren, dass die Schuldenbremse künftige Generationen vor übermäßiger Verschuldung schützt[2].
  2. **Haushaltsdisziplin:** Die Schuldenbremse zwingt zu einer disziplinierten Haushaltspolitik und verhindert übermäßige Staatsverschuldung[2].
  3. **Verfassungsrechtliche Hürden:** Eine Änderung der Schuldenbremse würde eine Verfassungsänderung erfordern, was politisch schwierig umzusetzen ist[2].
  4. **Wirtschaftliche Stabilität:** Einige Ökonomen argumentieren, dass eine solide Finanzpolitik mit begrenzter Verschuldung langfristig zu wirtschaftlicher Stabilität beiträgt[2].
  5. **Internationale Verpflichtungen:** Die Schuldenbremse hilft Deutschland, EU-Fiskalregeln einzuhalten[2].

## Reformvorschläge

Anstatt die Schuldenbremse komplett auszusetzen, schlagen einige Experten Reformen vor:

  1. Erhöhung der Verschuldungsgrenze von 0,35% auf bis zu 1% des BIP[2].
  2. Einführung einer „goldenen Regel“, die kreditfinanzierte Investitionen erlaubt[2].
  3. Staffelung der Defizitgrenzen nach der Höhe des gesamtstaatlichen Schuldenstands[3].
  4. Ergänzung der Ausnahmeklausel durch eine Übergangsregel für die Jahre nach einer Krise[3].

Diese Vorschläge zielen darauf ab, die fiskalischen Spielräume zu erweitern, ohne die grundsätzliche Idee der Schuldenbegrenzung aufzugeben.[1]

Kommentar

Manchmal sind die Quellen etwas eklektisch, welche die KI unserer Wahl heraussucht, deswegen hat sie auch die konkreten Punkte nicht gefunden, bei dem, was wahrscheinlich im Investitionsfonds enthalten sein dürftet, aber recht gut gelegen:

„Deutschlandfonds“: Habeck wünscht sich Milliarden für die Wirtschaft | tagesschau.de

Habecks „Deutschlandfonds“ spaltet Politik und Wirtschaft | tagesschau.de

Alles, was wir bisher aufgeschrieben haben, sollten Sie gelesen haben, bevor Sie abstimmen. Für besonders wichtig halten wir die Informationen über die konkreten Ideen, wie sie sowohl von Habeck als auch von den Kritikern des Investitionsfonds kommen.

Wir äußern uns aber auch hier selten so häufig zu einem Thema wie zur Schuldenbremse und haben im August des Jahres sogar eine Petition für deren Aufhebung unterzeichnet:

Die genannten Artikel sind nur diejenigen der Jahre 2022 bis 2024, die sich zentral mit dem Gegenstand befassen, es gibt ältere und solche, in denen wir in anderen Zusammenhängen auf die Schuldenbremse eingegangen sind.

Wenn Sie uns häufiger lesen, kennen Sie unsere Meinung. In der bisherigen Form darf die Schuldenbremse keinesfalls weiterbestehen. So, wie sie jetzt gehandhabt wird, erinnert sie an die Sparpolitik mitten in der Weltwirtschaftskrise der frühen 1930er, welche die Krise damals weiter verschärfte und den Nazis beim Aufstieg half. Wir haben den Verdacht, dass die FDP gar nichts dagegen hat, wenn der Rechtsruck in Deutschland sich durch das Kaputtsparen des Landes verstärkt, außerdem ist der FDP nicht wirklich an einem handlungsfähigen Staat gelegen, obwohl dessen Erhaltung eine Begründung für die Schuldenbremse war, als sie während der Bankenkrise eingerichtet wurde, um zu signalisieren, dass in dieser Krise die Schulden steigen müssen, danach aber konsequent und solide gespart wird. Darauf folgte dann die Schwarze-Null-Politik des damaligen Finanzministers Wolfgang Schäuble.

Leider stand dieser Sparpolitik eine Innovationskraft gegenüber, die Wirtschaftspolitik der CDU-SPD-Regierungen der 2010er war quasi ein Adäquat zur rein defensiven Sparpolitik, nur muss Wirtschaftspolitik anders ausgerichtete sein, damit langfristig in einem Land gespart werden kann, das hohe Standards erhalten will. Sprich, die Wirtschaft muss innovativ, produktiv und bereit für den Wandel sein. Das ganze Land war aber damals nicht bereit für einen Wandel, jetzt wird es dazu gezwungen und es ist richtig, über den richtigen Weg zu streiten, aber falsch, jede Vorwärtsbewegung zu blockieren.

Es gibt gemäß dem aktuellen Stand der Umfrage immer noch eine Mehrheit für die Einhaltung der Schuldenbremse, sie ist aber nicht mehr so groß wie bei früheren Befragungen zum Thema. Das mag an der konkreten Idee liegen, für welche die Schuldenbremse ausgesetzt werden soll, aber auch daran, dass immer mehr Menschen dämmert, dass ein Staat auf eine Weise zwar schon funktioniert wie in privater Haushalt, aber in vielen Dingen auch nicht. Zum Beispiel muss ein Staat, der den Wohlstand eines Landes in einem  hoch kompetitiven Umfeld erhalten will, eine Zukunftsstrategie haben, die auch Geld kosten kann, das aber hilft, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Die FDP hingegen plädiert für pauschale Steuersenken, um die Reichen noch reicher zu machen, nicht etwa die Innovativen noch innovativer. Sie will auch Unternehmungen entlasten, die überhaupt nichts zur Zukunftsfähigkeit des Landes beitragen und ganz konservativen Branchen angehören. Das ist zu durchsichtig, Herr Finanzminister.

Vielmehr muss gezielt investiert und, ja, insofern auch umverteilt werden, damit Unternehmen gefördert werden, die wirklich etwas für die Transformation der Wirtschaft tun wollen oder sonst erfindungsreich sind. Dass nicht alle Investitionen am Ende erfolgreich sein werden, ist evident, aber es reicht, wenn es zu einer hinreichend großen Zahl von Erfolgen kommt. Das ist im Grunde amerikanisches Denken, nicht das, was Lindner vorschlägt. Deutschlands Verharren in der ängstlichen Bewahrung zeigt sich nirgendwo besser als in Lindners Vorschlag.

Und von welchen Sozialabgaben sollen die Unternehmer bitte entlastet werden? Das geht bei steigenden Beiträgen zu den Sozialkassen nur, indem alles den tatsächlich und ohnehin steuerlich stark Belasteten, den Arbeitnehmer:innen übergehäuft wird, während die tatsächliche Steuerlast der Unternehmen aufgrund unzähliger Abschreibungsmöglichkeiten gar nicht so hoch ist, wie die FDP es den Menschen gerne vorträgt. Besonders dann nicht übrigens, wenn sie tatsächlich investieren, denn dadurch entstehen die meisten dieser Abschreibungstatbestände, zumindest bei produzierenden Unternehmen ergibt das auch Sinn, wenn dadurch tatsächlich mehr investiert wird.

Natürlich muss die Energie wieder günstiger werden, auf dem Sektor hat Deutschland bei energieintensiven und exportorientierten Industrien mittlerweile einen echten Standortnachteil.

Witzig fanden wir bei den Kritikern die Meinung, dass Deutschland nicht in einen Investitions-Subventionswettlauf eintreten darf und das in der EU übel vermerkt werden könnte. Aber in einen Steuersenkungswettlauf darf es schon eintreten? Diese Abwärtsspirale ist hochgefährlich für ebenjene Handlungsfähigkeit des Staates, die durch die Schuldenbremse gesichert werden sollte, und es geht seit Jahren per Saldo immer abwärts. Ein Land fängt an, sich durch niedrigere Steuern für Unternehmern Standortvorteile zu verschaffen, anderen bleibt nichts anderes übrig, als nachzuziehen. In der EU läuft dieser Wettbewerb seit vielen Jahren und aktuell wäre Deutschland wieder an der Reihe. Das geht so lange, bis Unternehmen faktisch gar keine Steuern mehr zahlen.

Was das für die Ungleichheit im Land bedeutet, dürfte wohl klar sein und deswegen ging ausgerechnet von den USA eine Initiative aus, wenigstens 15 Prozent Mindeststeuern auf Unternehmensgewinne weltweit zu vereinbaren und sogar diejenigen Länder zu sanktionieren, die sich nicht daran halten wollen. Die Politik in den USA ist viel weniger dogmatisch und engstirnig als bei uns und kann sich besser an die Lage anpassen. Die Staatsschulden sind zwar hoch, aber in Deutschland sind sie, relativ zum Volksvermögen, nicht zum jährlichen BIP, sogar höher, weil das Medianvermögen hierzulande so niedrig ist. Das System dient schon lange nicht mehr dem Wohlstandsaufbau der Mehrheit, aber der FDP wird das immer noch geglaubt. Damit das so bleibt, argumentiert sie mit dem tückischen Begriff der Generationengerechtigkeit.

Wenn die FDP es plötzlich  mit der Gerechtigkeit hat, ist ohnehin Vorsicht geboten. Aber hier besonders: In Wirklichkeit wird die kommende Verantwortungsgeneration die Zeche dafür  zahlen, dass das Land kaputtgespart wurde. Entweder sie gewöhnt sich daran, dass es immer weiter abwärts geht, oder sie muss dann investieren und wird uns nicht für  zu viele Schulden, sondern dafür verfluchen, dass wir alles haben schleifen lassen. Dann wird sich nämlich herausgestellt haben, dass auch die niedrigeren Schulden kaum noch zu bewältigen sind, weil die Wirtschaft nachhaltig beschädigt wurde und die wichtigste aller Steuern, die Einkommensteuer in ihrer Unterform der Lohnsteuer, zurückgeht, weil allerorten hochwertige Jobs fehlen, die ein hohes Steueraufkommen generieren.

Wenn man die Schuldenbremse unbedingt behalten möchte, um zum Bespiel das AAA-Rating Deutschlands nicht zu gefährden, das neue Schulden zu niedrigen Zinsen erlaubt, wofür eine hohe Bonität der Staatsanleihen notwendig ist, dann muss sie wenigstens flexibel gestaltet werden.

Erstaunt hat uns, dass es sich bei dem Investitionsfonds um ein Sondervermögen handeln soll. Damit wurde die Schuldenbremse schon für Anforderungen der Bundeswehr ausgehebelt, in den Ländern sind solche Sonderschuldenberge auch üblich, um die wahren Schulden zu verschleiern und dringend notwendige Investitionen an der Schuldenbremse vorbeizumanövrieren. Berlin ist geradezu spezialisiert auf diese Methode.

Insofern stünde die Schuldenbremse gar nicht zur Debatte, aber vermutlich wird das Bundesverfassungsgericht irgendwann einmal die Umgehung der Schuldenbremse durch solche Sondervermögen verbieten, zumal es sich hier um einen Subventionsberg handelt, der vier- bis fünfmal so hoch sein würde wie das bisherige Sondervermögen Bundeswehr, das 100 Milliarden Euro umfasst. Das wäre der gesamte Bundeshaushalt eines Jahres (ca. 500 Milliarden Euro), natürlich verteilt über mehrere Jahre, das Sondervermögen wird nicht auf einmal abgerufen werden.

Die Größenordnung stimmt aber, wir halten den Investitionsstau in Deutschland sogar für noch größer und schätzen, dass eine Billionensmme notwendig wäre, um das Land wieder auf Vordermann zu bringen. Und wer soll das bezahlen?

Wieder einmal die Arbeitnehmer? Oder alles läuft über mehr Staatsschulden? Oder wäre es doch endlich mal angezeigt, sich mit dem Kapital anzulegen und diejenigen mehr in die Verantwortung zu nehmen, die über viele Jahre hinweg auf verschiedene Art und Weise von der Sparpolitik am meisten profitieret haben? Jene, welche die Nachteile nicht in Kauf nehmen müssen, weil sie alles privatisieren können, was an Qualität im öffentlichen Sektor verlorengeht. Am Ende kommen wir also wieder einmal dabei heraus, dass endlich die Superreichen mehr zum Erhalt des Ganzen beitragen müssen. Ob man die regulären Steuersätze anhebt oder viele Privilegien, die sachfremd sind und das Steuerrecht kompliziert machen, ein Ende bereitet und / oder endlich die Steuerflucht bekämpft oder ob man mit hohem Symbolwert einen Soli Zukunftsinvestitionen ähnlich dem Solidaritätszuschlag Ost einführt, ist eine Ausgestaltungsfrage, über die man diskutieren kann.

Dass sich aber etwas tun muss und dass es nicht wieder nach dem  üblichen FDP-Gießkannenprinzip laufen kann, das übrigens ebenfalls zu mehr Staatsschulden führen wird, das in Bezug auf die Innovationskraft des Landes wirklich naiv oder Fehlentwicklungen bewusst weiter fördernd ist (dumm oder schlecht, ist ja immer die Alternative, also absichtlich die Gesellschaft schädigend) laufen kann, sollte jedem klar sein, der, wie wir, findet, dem Land und der Politik, die uns vertreten soll, mangelt es an einer zusammenhängenden Zukunftsstrategie. Eine Strategie beinhaltet aber immer eine Zielrichtung, und die kann nicht sein, lediglich die enorme Ungleichheit in Deutschland noch weiter zu steigern.

Die vielen Artikel zum Thema haben wir verfasst, weil wir nicht aufhören werden, gegen eine falsche oder nicht vorhandene Investitionsstrategie deutscher Regierungen anzuschreiben. Auch vor dem Start der Ampelkoalition haben wir uns dazu schon geäußert und markierten Angela Merkels Wirtschaftspolitik schon in den 2010ern als der Zukunft abgewandt, als viele sie noch für erfolgreich hielten. Wir sind immer wieder erstaunt, wie wenig offenbar bestimmte Zahlen wie die Entwicklung der Produktivität, die in Deutschland seit der Bankenkrise kaum noch vorankam, dann stagnierte, jetzt sogar negativ ist, nicht dazu geführt hat, dass Fachleute darauf hinwiesen, dass es sich bei der Niedrigzinsprivilegierung stockkonservativer Branchen möglicherweise um eine Scheinblüte handelte, die den Blick auf die sich permanent verschlechternde Zukunftsfähigkeit des Landes verstellt.

Das fällt der Ampel jetzt auf den Kopf, wo die Krisen da sind, die Krisenfestigkeit aber nicht. Deswegen ist es gerade von der Union schon eine ziemliche Frechheit, jetzt alles auseinandernehmen zu wollen, was in der Ampel versucht wird, um den Karren irgendwie aus dem Dreck zu bekommen. Eigentlich müsste man endlich mal die Klappe halten oder sagen: Nicht perfekt, wir haben dieses und jenes auszusetzen, aber immer noch besser als das, was wir seinerzeit getan haben, nämlich gar nichts. Im Gegenteil, durch eine erratische Energiepolitik hat man sogar dafür gesorgt, dass neue Hoffnungsbranchen einen Schlag wegbekamen, von dem sie sich nie wieder erholen werden. Die 2010er Jahre waren im Grunde elegische, ja verlorene Jahre. Immer mehr wird dies nun auch erkannt und Angela Merkels Erbe kritisch gesehen. Nicht nur aus Gründen der Wirtschaftspolitik, aber auch deshalb.

Die Wende beginnt aber an der Basis. Solange immer noch eine Mehrheit glaubt, die Lindner-Politik sei das Richtige, wird das Land einen Mentalitätswandel zu mehr Optimismus und Bereitschaft zum Wandel, der selbstverständlich Investitionen erfordert, nicht hinbekommen. Deswegen haben wir auch größte Bedenken in Richtung auf die Bundestagswahl 2025, wenn danach vielleicht eine CDU-FDP Regierung oder bestenfalls eine neue GroKo entstehen wird. Wir hatten das alles so lange, und wohin hat es geführt? In eine Sackgasse, und dieses Ampelmobil, das darauf als Regierungsvehikel folgte ist zu sperrig konstruiert, um darin so rasch wenden zu können, wie es erforderlich wäre, weil es zu breit geraten ist, sprich, es gibt zu viele wirklich weit auseinandergehende Meinungen, die darin Platz finden müssen.

Die Mentalitätswende müsste dringend politisch propagiert werden, aber von wem? Robert Habeck ist für viele eine Reizfigur geworden, der Kanzler kann keine Propaganda, auch nicht für gute Zwecke, Lindner ist schon wegen seiner Positionen untragbar. Wie wäre es mit dem Bundespräsidenten? Erinnern Sie sich noch an die Ruck-Rede von Roman Herzog, als in der Kohl-Ära auch schon einmal alles so dahindümpelte? Nun ja, eigentlich tut es das seit der unseligen Demission von Willy Brandt 1974. Und obwohl der aktuelle Bundespräsident aus derselben Partei stammt wie der letzte und vielleicht einzige Kanzler mit einer progressiven Zukunftsstrategie im Kopf, wirkt er eher wie die verschmitzt lächelnde Version des Scholz-Apparats. Was bleibt also?

Eine große Chance. Nämlich, dass wir unser Denken ändern und damit auch die Politik verändern, es zulassen, dass sie sich wieder auf die Zukunft richtet und sie dabei unterstützen, denn das Funktionieren einer echten Zeitenwende im Kleinen, das ist eine Aufgabe von uns allen. Wir haben ja noch das Privileg, dass wir seit vielen Jahren schreiben, dieser Merkelimsus wird böse enden und uns jetzt auf die Schultern klopfen können. Wir sind aber genauso in den Folgen gefangen wie die anderen im Land, die sich der Mehrheit derer zurechnen und nicht jeden Mangel, der neu entsteht, durch private Mehrausgaben ausgleichen können, wie etwa den dramatischen Niedergang des Bildungssystems, der die Zukunft mehr belastet als alles andere.

Das ideologische Festhalten an der Schuldenbremse wird dieses angeschlagene Land endgültig zerstören, wenn sie nicht an die Rahmenbedingungen angepasst wird. Keine Bremse für irgendetwas zu haben, bedeutet, dass man ungebremst gegen die Wand fährt, aber eine fehlkonstruierte Bremse bedeutet bei dem Stillstand, den wir aktuell sehen, dass alles blockiert und man gar kein Tempo mehr aufnehmen, keine Dynmaik mehr erzeugen kann.

Bitte nehmen Sie unsere Sorgen diesbezüglich ernst und stimmen Sie dementsprechend gegen eine Beibehaltung der jetzigen, minddestens veralteten, wenn nicht sogar grundsätzlich fehlerhaften Konstrution dieser Bremse.

TH

[1] [1] https://www.diw.de/de/diw_01.c.884411.de/schuldenbremse_nicht_nur_2024_aussetzen__sondern_grundlegend_reformieren.html
[2] https://www.deutschlandfunk.de/schuldenbremse-kritik-debatte-abschaffung-100.html
[3] https://www.sozialismus.de/kommentare_analysen/detail/artikel/argumente-gegen-die-schuldenbremse/
[4] https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2024/heft/1/beitrag/das-klima-und-eine-marode-infrastruktur-richten-sich-nicht-nach-der-schuldenbremse.html
[5] https://www.fdp.de/sechs-gruende-fuer-die-schuldenbremse
[6] https://www.fluter.de/streit-abschaffung-schuldenbremse

 

 


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