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Liebe Leser:innen, der Samstag ist bei  uns der Tag des Rechts – wir hoffen, dass Sie die Zeit finden, etwas mehr in die Tiefe zu lesen, wenn es um heiße Themen geht und haben selbst auch die Zeit dazu, die passenden Artikel zu finden.

Heute geht es um Friedrich Merz und seine Ideen zu einer neuen Form von Selektion, die es ermöglichen soll, Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen (und sie somit ausweisen zu können), wenn sie straffällig werden.

Wie immer kommentieren wir den Text unterhalb, er ist dieses Mal nicht sehr lang, für die Verhältnisse des Verfassungsblogs, bei dem wir wieder einmal fündig geworden sind, als wir eine rechtliche Einordnung gesucht haben.

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„Das sägt am Gleichheitsversprechen“ von EVA MARIA BREDLER

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz fordert, Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsbürgerschaft abzuerkennen, wenn diese straffällig geworden sind. Seine Forderungen werden nicht nur als „Dammbruch“, sondern auch als verfassungswidrig kritisiert. Wir haben Dana Schmalz dazu befragt. Sie ist Referentin am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg.

  1. Gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG darf die deutsche Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden. Ein Verlust der Staatsangehörigkeit ist nach Satz 2 jedoch auf Grund eines Gesetzes möglich, wenn die betroffene Person dadurch nicht staatenlos wird. Wie wird verfassungsrechtlich zwischen verbotenem Entzug und erlaubtem Verlust unterschieden?

Es ist die Regel, dass Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden darf. Ausnahmsweise kann ein Verlust auf Grund eines Gesetzes erfolgen. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 GG, aus dem klaren ersten Satz. Die genaue Abgrenzung von verbotenem Entzug und erlaubtem Verlust ist umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hat sich 2006 ausführlich mit der Abgrenzung befasst, es betont den Zweck und historischen Hintergrund der Regelung (BVerfGE 116, 24, Rn. 35 ff.). Das Grundgesetz will politisch und rassistisch motivierte Ausbürgerungen verhindern, wie sie unter den Nationalsozialisten stattfanden. Das BVerfG betont, es solle keine „Aufspaltung in Zugehörigkeitsverhältnisse besserer und minderer Güte“ geben und keine „Wegnahmen der Staatsangehörigkeit nach Maßgabe unterschiedlicher Kriterien der Würdigkeit“. Eine verbotene Entziehung liege vor, wenn Personen ihre Staatsangehörigkeit auf eine Weise verlieren, die die „Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit beeinträchtigt“ (BVerfGE 116, 24, 49).

  1. Die Debatte ist nicht neu – erst im Juni 2024 trat die von der Ampelkoalition beschlossene Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes in Kraft. Unter welchen Voraussetzungen ist der Verlust der Staatsangehörigkeit nach geltendem Recht bereits möglich?

Zulässige Fälle des Verlustes der Staatsangehörigkeit sind die Rücknahme einer Einbürgerung, wenn über die Voraussetzungen getäuscht wurde, sowie die Fälle des § 28 StAG, d.h. der Verlust bei Eintritt in ausländische Streitkräfte oder durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland. Die zweite Alternative wurde bei der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Jahr 2019 hinzugefügt, die Ergänzung war sehr umstritten. Der Verlust bei Eintritt in ausländische Streitkräfte soll Loyalitätskonflikte vermeiden, die Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz wurde gewissermaßen als Parallele dazu aufgenommen.

Merz‘ Forderung hat aber eine völlig andere Dimension: Die Aberkennung der Staatsangehörigkeit bei Straffälligkeit, gewissermaßen als Sanktion. Das ist mit der Idee von Staatsangehörigkeit als verlässlicher Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit nicht vereinbar.  

  1. Wie reiht sich Deutschland mit diesen Vorgaben in seine europäischen Nachbarn ein?

In den letzten 10 Jahren sind in vielen europäischen Staaten Regelungen eingeführt oder erweitert worden, die einen Verlust der Staatsangehörigkeit vor allem im Zusammenhang mit Terrorismus vorsehen. Eine sehr gute Dissertation von Sara Maria Collorio ist gerade erschienen, die Regelungen zum Verlust der Staatsangehörigkeit im Lichte der EMRK untersucht und dabei diese Entwicklung skizziert. Teilweise bestehen Vorschriften, die eine Ausbürgerung bei schweren Straftaten vorsehen, beispielsweise in den Niederlanden oder in Österreich. Mit dem Europäischen Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit sind diese Vorschriften schwerlich vereinbar. Dieses listet abschließend zulässige Gründe des Verlustes von Staatsangehörigkeit, dazu gehören jedenfalls nicht allgemeine Straftaten. Insgesamt ist es ein problematischer Trend, Ausbürgerung als Sanktionsinstrument verwenden zu wollen.

  1. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte inzwischen, dass ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit allein wegen Verstoßes gegen Strafvorschriften „mit verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar“ wäre. Das dürfte Merz (und seinen Berater*innen) bewusst gewesen sein. Inwieweit geht es in Wahlkampfzeiten kaum noch um den Inhalt politischer Forderungen, sondern um deren Wirkung?

Es ist gut, dass das aus dem BMI klargestellt wurde. Natürlich muss es Friedrich Merz bewusst gewesen sein. Er scheint zu glauben, dass solche Äußerungen ihm im Wahlkampf nützen. Ich könnte mir vorstellen, dass das eine falsche Kalkulation ist. Wir sprechen über 2,9 Millionen Deutsche, die auch eine weitere Staatsangehörigkeit haben. Sie, ihre Freunde und Kolleginnen sind wahlberechtigt und haben vermutlich wenig Lust auf derartige Stimmungsmache, die zwischen stabiler und instabiler Staatsangehörigkeit unterscheidet. Jedenfalls scheint mir die Forderung Gift für das gesellschaftliche Miteinander. Eine Umsetzung würde am Grundgesetz scheitern, aber der Schaden entsteht dennoch. Da signalisiert der Kanzlerkandidat der umfragestärksten Partei einem erheblichen Anteil der Bevölkerung: Ihr mögt zwar die Staatsbürgerschaft haben, aber wir suchen Wege, euch rechtlich anders zu behandeln. Das sägt am Gleichheitsversprechen, das der Staat seinen Bürger*innen gibt.

  1. Migrationspolitik wird jedenfalls ein zentrales Wahlkampfthema. Welche (diskursive) Funktion hat dabei die Staatsbürgerschaft?

Einbürgerung ist gewissermaßen der letzte Schritt der Einwanderung. Beim ersten Zugang zum Territorium, beim Recht zu längerfristigem Aufenthalt und bei der Einbürgerung – immer geht es um Grenzen, um eine Kontrolle, wer drinnen und wer draußen ist. Dass die Staatsangehörigkeit von Eingebürgerten bzw. Menschen mit Doppelpass nun unterschiedlich stabil sein soll, versucht – zumindest rhetorisch, umsetzbar ist es nicht – eine weitere Grenze von „ganz drinnen“ und „ein bisschen drinnen“ zu ziehen.

Unsere Gegenwart ist von großer Unsicherheit geprägt. Da ist es leicht, Menschen damit anzusprechen, dass sie „drinnen“ seien und man den Eingang härter kontrollieren wolle, ob nun die erste Einwanderung oder den Erwerb der Staatsangehörigkeit. Doch gegen das Gefühl der Unsicherheit im Leben vieler Menschen richtet diese Illusion der Kontrolle wenig aus. Die Bedrohung der Rechte von Minderheiten ist sehr real, aber die angebliche Erhöhung der Sicherheit durch „härtere Grenzen“ ist hilflose Scheinpolitik.

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Die Frage muss zuerst sein: Hilft diese neue Idee von Friedrich Merz der CDU wirklich in den Umfragen?

Bisher nicht. Die Union verliert im Sammeltrend, den Dawum darstellt, zuletzt sogar: Bundestagswahl: Neueste Wahlumfragen im Wahltrend | Sonntagsfrage #btwahl. Und das ist nur gerecht.

Kommt die Idee bei den Menschen in Deutschland also nicht gut an?

Da bin ich gar nicht sicher. Aber Merz macht mit seinen immer neuen Spins, die gesellschaftliche Spaltung fördern sollen, lupenreine AfD-Politik, und die kommt in erster Linie natürlich der AfD zugute. Die AfD ist die einzige Partei, die nach dem oben verlinkten Trend zuletzt deutlich zugelegt hat. Diesen Fehler machte die Union, seit Merz am Werk ist, verstärkt, seit er sich den kleinen Merz namens Linnemann hinzugeholt hat, der überhaupt keine Hemmungen vor rechten Parolen hat.

Aber trotzdem wird Merz Kanzler werden.

Weil noch genügend Wähler:innen anständig genug sind, nicht die AfD zu wählen. Wenn seine Spaltungsideen nicht funktionieren und seine „Agenda 2030“, die ja teilweise mit diesen verknüpft ist, ebenfalls nicht fruchtet, dürfen wir uns 2029 auf eine AfD als stärkste Kraft einrichten. Dann wird sich zeigen, wie destruktiv Merz‘ Ideen von Ausgrenzung, weiterer Umverteilung nach oben usw. sind.

Geht Merz vabanque?

Merz ist ein Zockertyp, das ist mein Eindruck. Er setzt alles darauf, das Kapital noch mehr zu pampern und glaubt möglicherweise tatsächlich, dass dieses dann die deutsche Wirtschaft urplötzlich wieder flott bekommt. Wenn es zum Handelskrieg mit China und den USA kommt, kann er das knicken, aber auch ohne ein Worst Case Scenario dieser Art wird sich so die Innovationsschwäche der deutschen Wirtschaft nicht überwinden lassen. Aber das kommt davon, wenn bei uns Ökonom:innen als Wirtschaftsweise angesehen werden, die nach dem Gießkannenprinzip vor allem die Superreichen fördern wollen, nicht etwa Unternehmen, die wenigstens Innovation vielversprechend darstellen können. Die CDU und ihre Ideologie sind komplett von vorgestern, Merz hat überhaupt keine Antwort darauf, was passiert, wenn das alte Freihandelsmodell Schwierigkeiten bekommt und die Innovationsschwäche nicht überwunden werde kann. Das versucht er mit Populismus zu kaschieren.

War die Agenda 2010 gut, an der Merz sich nicht nur dem Namen nach orientiert?

Nein. Da widerspreche ich auch klar den neoliberalen Ökonomen. Sie hat durch den Billiglohnsektor dazu geführt, dass vor allem konservative Branchen Riesengewinne machen konnten, per se aber nichts zur Innovation beigetragen. Der Niedergang der deutschen Industriekultur begann ja nicht erst mit Angela Merkel. Dafür hat sie Millionen in die Armut getrieben und damit auch den Konsum als Konjunkturstütze geschwächt. Und jetzt stehen wir mit einer nach wie vor überragend exportlastigen Wirtschaft da und sind komplett davon abhängig, ob sich die wirklich Mächtigen dieser Welt irgendwie besänftigen lassen, und das ist aus der Position des Schwächeren, die auch Friedrich Merz innhaben wird, nicht so einfach. Wohlstand für alle hat das deutsche Wirtschaftsmodell übrigens schon lange nicht mehr erbracht, aber dazu jetzt keine Vertiefung.

Dann in medias res: Ist die Idee mit der Ausbürgerung für sich genommen, ohne den wahlkampftaktischen Hintergrund, gut oder schlecht?

Diese Idee ist Mist, wie ihn die Union mittlerweile in großen Haufen produziert. Ich bin dafür, dass Straftaten verfolgt und geahndet werden, aber natürlich nicht auf diese Art. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es eine gute Idee war, die doppelte Staatsbürgerschaft einzuführen, aber sie jetzt, als wichtiger gesellschaftlicher Fakt im Land, auf diese Weise zu einem Hebel für rechtes, ausgrenzendes Gedankengut zu machen, geht gar nicht und ginge für mich auch nicht, wenn es rechtlich möglich, also nicht wieder eine Merz’sche Nebelkerze wäre. Wir müssen uns dafür einsetzen, alles zu vermeiden, was das Grundgesetz weiter aushöhlt. Auch wenn andere Länder in Europa, die immer mehr nach rechts treiben, noch alles Mögliche beschließen werden. Dass dem so ist oder zu erwarten ist, weist übrigens darauf hin, dass nicht nur bestimmte Länder im Osten der Union an Grundpfeilern der Demokratie sägen. Das wird bei Gründungsmitgliedern der einstigen EWG, die immer noch als liberal gelten, gerne mal übersehen, wenn man sich zu sehr Ungarn konzentriert. Es ist nicht dasselbe Niveau des  Zerfalls der Rechtsstaatlichkeit wie dort, aber es wird auch in den Ländern schlechter, die einmal die Stützen des demokratischen Europas waren.

Woher kommt es, dass Merz und die anderen mit rechten Parolen so viel Erfolg haben?

Europa wird relativ gesehen immer unbedeutender und generiert mehr Wohlstand nur noch für die Reichen und Superreichen. Das schafft eine immense Unzufriedenheit, außerdem war Europa nie eine reine Ansammlung von Freunden, es gab immer eigene Interessen und Animositäten. Die brechen im Zeichen des Niedergangs natürlich stärker hervor. Damit kann man einen Brexit organisieren und einen Dexit propagieren. Außerdem, das gehört dazu, wenn man den Diskurs komplett halten will, es sind auch Dinge schiefgelaufen, die Immigration betreffend. Die werden jetzt ausgeschlachtet ohne Ende, nicht ganz unerwartet natürlich. Trotzdem sind Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit nicht das richtige Mittel zur Bekämpfung individueller Probleme. Merz und die anderen Rechten betreiben da ein ganz perfides Spiel.

Worum geht es dabei?

Sie nehmen ganze gesellschaftliche Gruppen als Prügelknaben her, wo Einzelfallbetrachtung angesagt ist, auch bei Straftaten. Zwar bleibt natürlich die individuelle Beurteilung einer Tat bestehen, aber eine Gruppe wird ausgesondert und unter Generalverdacht gestellt und ihr wird signalisiert, dass eben doch nicht die gleichen Rechte hat wie autochthone Deutsche.

Andererseits werden Einzelfälle herausgegriffen, um ebenjene Gruppen diskriminieren zu können, wie bei den Bürgergeldempfänger:innen. 16.000 Totalverweigerer werden mit Millionen von Menschen gleichgesetzt, die aus ganz unterschiedlichen Gründen BG beziehen.

Das alles ist nur bösartige Manipulation, und ich kann nur davor warnen, dieser auf den Leim zu gehen. Wir werden uns schon die Mühe machen müssen, individuelles Fehlverhalten auch individuell im Rahmen des geltenden Rechts zu bewerten und nicht 3 Millionen Menschen einfach mal zu drohen, wenn sie was auch immer Illegales tun, werden sie abgeschoben. Genau so ist es mit den Einfachrezepten zur Wirtschaftsbelebung. Selbst, wenn man die Agenda 2010 als Erfolg ansieht, was ich nicht tue: Die heutige Zeit ist ganz anders. Mit internen Maßnahmen lässt sich in kurzer Zeit nicht viel bewegen, wenn die geopolitische Lage es nicht zulässt. Damals gab es nicht die Tendenz, die bisherige Vereinbarung in der Weltwirtschaft zu kündigen. Das fing übrigens in den USA ausgerechnet mit Barack Obama an und seinem Management der Bankenkrise an, aber die Warnzeichen wurden hierzulande nicht gesehen.

Aber Menschen, die rechts sind, haben ja oft auch einen Machbarkeitswahn oder täuschen anderen etwas vor, die diesem Wahn erliegen, der nur mit gehöriger Abspaltung funktioniert, sowohl im eigenen Leben wie im Allgemeinen: Folgen und Zusammenhänge sind viel zu kompliziert, um darauf mal ernsthaft einzusteigen. Das gilt auch für weitere gesellschaftliche Spaltungsansätze wie den Entzug der Staatsbürgerschaft wegen Falschparkens.

Na, so doch nicht. Das ist ja auch keine Straftat.

Die Pointierung war schon Absicht. Denn fängt man erst einmal damit an, die Demokratie, die schon genug Probleme hat, auch noch auf diese Art zu beschädigen, muss man im Grunde immer weitermachen, wenn man sonst nicht viel vorzuweisen hat, und Handlungsfähigkeit auf Kosten immer weiterer Gruppen vortäuschen, die Entgrenzung immer weitertreiben. Leider haben die Menschen offenbar alle vergessen, was dabei herauskommen kann.

Die Anspielung ist klar. Die Mitläufer von damals sind aber in dem System auch klargekommen.

Bis sie ihre Söhne im Krieg und die Angehörigen im Bombenhagel verloren haben. Solange in etwa sind sie klargekommen. Aber dass diese massiven Verlust Gründe hatten, das wird heute nicht mehr gesehen, und das ist äußerst bedenklich.

Eine restriktive Innenpolitik muss ja nicht mit außenpoltischem Größenwahn einhergehen.

Sie befördert aber Konflikte, und wie wir wissen, sind Kriege wieder im Kommen, als Mittel der Politik. Es sind immer äußerst rechte Kräfte an den aktuellen Kriegen beteiligt, die uns in Europa in Atem halten. Die Logik des Nationalismus, den auch Merz mit seiner Staatsangehörigkeits-Klassengesellschaft bedienen möchte, ist auf zwingende Weise konfliktfördernd, vor allem, wenn es im Inneren nicht so gut läuft, wie man es den Leuten versprochen hat. Dann geht die Saat des Nationalismus auf und Länder machen außenpolitische Kraftmeierei.

Die Merkel-Zeiten waren doch gut, weil die damalige Kanzlerin so unpräentiös war.

Wenn dieser Mangel an sich aufplustern mit einem neuen, gestalterischen, mitnehmenden Narrativ für Deutschland einhergegangen wäre, wären sie gut gewesen. Jetzt wirkt es eher, als ob Merkel sich durch Untätigkeit ihre lange Kanzlerschaft erkauft hat, weil sie es den Leuten erspart hat, in einen Innovationsrhythmus einzutreten, einen neuen Takt zu erarbeiten, der nicht von Beginn an ganz harmonisch sein kann. Jetzt haben wir Leute wie Merz. Den hat uns Angela Merkel im Grunde auch eingebrockt, auch wenn sie ihn seinerzeit kaltgestellt hat. Die Union hätte nie in einen Zustand geraten dürfen, der ihn als Parteivorsitzenden möglich macht.

Vielleicht wird ja alles nicht so schlimm.

Ich glaube nicht, dass es besser werden wird. Der ganze Firlefanz, den sich die Union gerade abhält, ist nur ein Beispiel und weist darauf hin, dass wir es in allen Parteien mit Politikern zu tun haben, die es nie nötig hatten, erwachsen und verantwortungsbewusst aufzutreten. Wenn das Merkel-Modell, das danach aussah, nicht so fassadenhaft gewesen wäre, dass es sich selbst nachträglich diskreditiert hat, hätte alles anders kommen können. Jetzt ist es erst einmal, wie es ist. 

TH

 


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