Filmfest 1251 Cinema
Where is the World Coming To? ist eine US-amerikanische Stummfilmkomödie aus dem Jahr 1926 unter der Regie von Richard Wallace mit Clyde Cook in der Hauptrolle. [1][2][3][4] Der Arbeitstitel des Films lautete Furious Future. [5] Eine Restaurierung des Films wurde im September 2015 in Zusammenarbeit zwischen der Carleton University, der New York University und dem San Francisco Silent Film Festival abgeschlossen. [6]
Einige der Filme, die in der Arte-Reihe „Female Comedies“ gezeigt werden, lassen mich durchaus ein wenig ratlos zurück. Wenn die Filme von Frauen inszeniert wurden, was insbesondere bei den gezeigten Komödien der Pionierin Alice Guy der Fall ist, erschließt sich das Feministische aus dieser Position, manche der Filme sind auch wirklich interessant, wie zum Beispiel „Die Folgen des Feminismus“, der thematisch „Wohin kommt die Welt“ innerhalb der Reihe am nächsten steht. Bei anderen Filmen macht es etwas mehr Mühe, den weiblich-progressiven Dreh zu entdecken und zu würdigen. Außerdem gibt es zumindest bei mir ein Problem, das man, wenn man über Komödien schreibt, als nicht unerheblich bezeichnen darf. Mehr dazu und zu „Wohin steuert die Welt“, wie der Titel bei Arte übersetzt wurde, in der Rezension.
Wir veröffentlichen Die Rezension im Rahmen der dritten US-Filmchronologie, „Ein Jahr, ein Film, von Beginn an“.
Handlung[1]
100 Jahre in der Zukunft dominieren Frauen die Gesellschaft und Männer sind das „schwache“ Geschlecht, das die stereotypen Rollen der verwöhnten Frauen einnimmt. Billie, der Ehemann einer wohlhabenden, erfolgreichen Geschäftsfrau, betrügt sie. Eine andere dominante Frau versucht, Cook zu verführen, aber es bricht ein Tumult aus, als Billie nach Hause kommt und die beiden flirtend vorfindet.
Handlung[2]
Ein Kurzfilm, der die Geschlechterrollen in einer komödiantischen Utopie auf den Kopf stellt. Cross-Dressing-Komödie (1926) von F. Richard Jones und Richard Wallace. – Musik: Zeynep Gedizlioglu
„What’s the World Coming To?” aus dem Jahr 1926 wirft einen Blick in die Zukunft und fragt, wie wohl die Welt funktioniert, wenn Frauen das Sagen haben und Männer das „schwache“ Geschlecht sind, indem sie die stereotype Rolle der verwöhnten Frau einnehmen. Die Cross-Dressing-Komödie spielt in der amerikanischen Oberschicht: Ein Hausmann ist mit der erfolgreichen Geschäftsfrau Billie verheiratet – aber sie betrügt ihn. Eine andere dominante Frau versucht, den Hausmann zu verführen, doch als Billie nach Hause kommt und die beiden beim Flirten ertappt, bricht ein Tumult aus.
Rezension
Es geht schlicht und einfach ums Lachen. Das will mir bei den meisten dieser Filme nicht gelingen. Ein Schmunzeln, aber meist eher angeregtes bis angestrengtes Zuschauen aus filmhistorischen Gründen. Zugegebenermaßen: Ähnlich ergeht es mir auch mit den frühen Chaplin-Komödien, deren Aufbereitung ich für diese Arte-Reihe unterbrochen habe. Allerdings ist auch in dieser Kompilation ein Chaplin-Film enthalten, weil Mabel Normand, eine der frühesten amerikanischen Komödiantinnen im Film, darin mitspielt und die Filme entweder inszeniert oder doch großen Einfluss auf sie nimmt. Sie macht ihre Sache sehr gut, in den Werken, die ich bisher gesehen habe und in denen sie mit Chaplin zusammenspielt. Außerdem zeigt Arte in der Reihe auch zwei Komödien, in denen sie ohne den weltberühmten Star zu sehen ist, der damals gerade anfing, ein solcher zu werden.
Warum dieser Ausflug? Zum Beispiel, weil der gezeigte „Wohin steuert die Welt?“ aus dem Jahr1926 stammt, und da hatte Chaplin gerade den ikonischen „Der Goldrausch“ gedreht, obwohl auch er sich nicht so leicht zu Langfilmen entschloss und erst nach und nach, Rolle für Rolle, auf das abendfüllende Format zusteuerte.
„Wohn steuert die Welt“ stammt aber von einem der größten Konkurrenten Chaplins, obwohl er sich wohl nie so gesehen hat: Ja, das Drehbuch schrieb niemand Geringerer als Stan Laurel, der kreative Kopf von Laurel & Hardy. Das hat mich verblüfft, denn nicht nur spielt er selbst nicht mit – ich hätte ihm einen solchen Ulk auch nicht zugetraut, weil er ganz anders aufgebaut ist als seine eigenen Komödien, die vor allem mit grandiosem Slapstik à deux und dem Slow-Burn hantieren. Es gibt einen Anknüpfungspunkt: Wenn sie Frauen haben, werden Laurel und Hardy von ihnen ganz gerne mal ziemlich dominiert. Und es gibt weitere Verbindungen: Hal Roach, der Stan und Ollie produzierte, ist auch der Produzent dieser Komödie und wir sehen in einer Nebenrolle James Finlayson, der oft auch der Gegenspieler von Laurel und Hardy in deren Langspielfilmen war. Seine Grimassen sind auch mit das Beste an diesem Film, während mir der Hauptdarsteller Clyde Cook nicht bekannt war. Da es möglich ist, dass es den Leser:innen dieses Artikels ebenso geht, hier etwas zu ihm:
1925 wurde er von Hal Roach für eine Reihe von Kurzkomödien unter Vertrag genommen. Einige davon wurden von Stan Laurel inszeniert und enthielten lächerliche visuelle Gags, die Cook mit Fingerspitzengefühl inszenierte. In einer dieser Vignetten, in Wandering Papas (1926), überquert Cook einen Bach zu Fuß, indem er seine Schuhe auf die Knie hebt und über das Wasser schreitet. Neben seiner Akrobatik machte sich Cook auch seine Gesichtsreaktionen zunutze, die von Freundlichkeit über Entschlossenheit bis hin zu blanker Verwirrung reichten. Diese Komödien machten Clyde Cook zum Comedy-Star.
1927 wurde er von Warner Bros. unter Vertrag genommen. [4] Er wechselte zu Nebenrollen in Tonfilmen, die seine australische Sprechstimme offenbarten. Dies prägte ihn bald in Cockney-Rollen, wie in den Filmreihen Bulldog Drummond und Mr. Moto.
Für einen Film der ganz frühen Kinozeit wäre „Wohin steuert die Welt“ sicher interessant gewesen, aber für 1926 wirkt er schon etwas antiquiert. Sicher muss man sich vor Augen halten, dass Meisterwerke wie „Goldrausch“ und Buster Keatons „Der General“, der etwa zeitgleich mit dem hier zu besprechenden Kurzfilm entstand, Ausnahmen waren, die Komödie war zu der Zeit immer noch überwiegend kurz und die späteren größten Stars von Hal Roach, Laurel und Hardy, filmten erst nach dem Übergang zum Tonfilm in abendfüllender Länge. Die Kürze ist für mich aber nicht das eigentliche Problem, sondern, dass die Handlung schlichtweg nicht sehr lustig ist. Die Frauen verhalten sich wie Männer, dominieren Männer, Männer und Frauen sind jeweils etwas seltsam angezogen und man geht mit moderner Technik wie dem Lufttaxi, recht verspielt um. Sicher sollte man einem solchen Film nicht den Vorwurf machen, dem schon „Metropolis“ augesetzt war, nämlich, dass manches darin doch auf die Entstehungszeit des Films festgeklemmt war, also kein echter Science-Fiction, in dem alles gleichermaßen futuristisch designt ist. Das würde ich einem so kleinen Film aber auch nicht nachtragen.
Was ihn durchaus besonders machen könnte: Ob Pre-Code hin oder her, der Ehebruch durch eine Frau wird offen gezeigt und vielleicht war die Einkleidung in eine Zukunfts-Farce notwendig, um das so drehen zu können. In einem großen Film, ob Komödie oder Drama, war man da nicht so offen.
Finale
Leider war dieses Werk auch der letzte Film von Katherine Grant, der man eine große Karriere voraussagte, die dann aber erkrankte. Hal Roach hielt große Stück auf sie als Komödiantin, und ganz sicher konnten alle Beteiligten in „normalen“ Slapstick-Komödien einiges zum Amüsement des Publikums beitragen. Ob „Wohin steuert die Welt?“ erfolgreich war, entzieht sich meiner Kenntnis, ich kann nur referieren, was die Nutzer-Community der IMDb aktuell denkt: 5,8/10. Das liegt auf dem Niveau der besseren unter den ganz frühen Chaplin-Filmen bei Keystone bis hin zu just jenem Werk, das ich oben erwähnt habe, es heißt „His Trysting Places“ und gilt als einer seiner besten Versuche bis dahin, geht schon über 6/10.
Das Thema ist für die damalige Zeit recht originell, da es darum geht, die Geschlechter zu vertauschen und gleichzeitig die gleichen Stereotypen beizubehalten: Männer verhalten sich nach Klischees und Vorurteilen über Frauen, was damals zweifellos für Heiterkeit sorgte. Tatsächlich wird diese Umkehrung nur geringfügig ausgenutzt, die Gags bleiben sehr klassisch und wirken heute sehr dürftig (ich habe allerdings zweimal gelächelt). Zumindest kann man sich mit der Vision der Zukunft mit ihren Flugzeugen amüsieren, Szenen, die ein wenig Georges Méliès-Duft haben.[3]
Diese Einschätzung betätigt in etwa das, was ich oben beschrieben habe. Da steckt trotz der Beteiligung von Stan Laurel zu wenig Stan Laurel drin, so, als habe man geglaubt, das, was Arte als „Cross-Dressing“ bezeichnet hat, reiche aus, um eine extravagante kleine Komödie auf die Leinwand zu bringen. Meine Bewertung ist auch deshalb nicht sehr hoch, weil wir nicht mehr im Jahr 1906 sind, als Alice Guy ihre Komödien-Etüden filmte, sondern 20 Jahre seitdem vergangen sind, in denen sich die Filmkomödie in vieler Hinsicht erheblich weiterenwickelt hatte. Eine andere Sache macht mit Kopfzerbrechen: Soll ich die neue Musik in die Bewertung einfließen lassen, die im Wege der Restauration geschrieben wurde? Der Film kann schließlich nichts dafür, wie so viele andere, dass es aktuell den Restauratoren gefällt, diese Werke aus einer anderen Kinozeit durch lautmalierische, schrille, ganz und gar von den vermutlichen Originalmusiken abweichende Kompositionen zu verfremden. Mich hat die Musik so irritiert, dass der Spaß durch sie eher noch geringer war, als hätte man simples Klaviergeklimper im Stil der Entstehungszeit des Films verwendet. Das Problem ist die Dominanz dieser schrillen Verfremdungsmusik über das Visuelle. Das ist ein richtiger Hype geworden, in den letzten Jahren, sodass man das Gegenteil, nämlich das Gesehene unterstützende, nicht launisch Kommentierende, geradezu herausheben muss.
Diese Position mag konservativ sein, aber nach etwa 12 Female Comedies bin ich ziemlich durch mit dieser Art von Beeinflussung uralter Filme durch eine Musik, die für sie viel zu abstrakt wirkt. Das ist für mich auch etwas anderes als die moderne Inszenierung klassischer Stücke am Theater, die man als Konzept mögen kann oder nicht. Zwar können die Autoren da auch nicht mehr mitreden, aber wenigstens handelt es sich um ein ganzheitliches Interpretationskonzept. Hingegen altes Filmmaterial komplett gegen den Strich unterlegen, hat eben auch etwas Verfälschendes, lässt solche kleinen Komödien manchmal geradezu unheimlich wirken. Die Figuren waren für mich dadurch nicht witzig, sondern, als sei alles psychisch aus den Fugen geraten. Ich empfinde das allerdings nicht bei allen dieser Filme gleichermaßen stark, was wiederum darauf hindeutet, dass ich „Wohin steuert die Welt?“ ganz ohne Musik nicht als komödiantische Offenbarung empfunden hätte. Bei einem deutschen Film der 1920er, dem ein Jahr zuvor entstandenen Meisterwerk „Varieté“, den ich vor einiger Zeit auf dem Filmfest vorgestellt habe, ich es wirklich so gemacht, die Musik ausgeschaltet, um nicht schon die Nerven zu verlieren, bevor das nervenzerfetzende Finale unter Trapez-Artisten stattfindet.
Aber lasse ich die Musik nun Einfluss nehmen oder nicht? Gar nicht so leicht abzuschichten, wenn man sie eben doch mitgehört hat. Wie auch immer:
54/100
© 2025 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2024)
| Regie: | Richard Wallace |
|---|---|
| Drehbuch: | Stan Laurel Frank Terry Hal Yates |
| Produzent: | Hal Roach |
- Clyde Cook als Claudia Catwalloper, der errötende Bräutigam / Das Baby
- Katherine Grant als Billie, die Braut
- James Finlayson als Vater des Bräutigams
- Laura De Cardi als Lieutenant Penelope, der Bösewicht
- Martha Sleeper als Butler
- Helen Gilmore als Nachbarin (im Abspann nicht aufgeführt)
- Frank Terry als Mann im Fenster (im Abspann nicht aufgeführt)
[1] What’s the World Coming To? – Wikipedia
[2] Female Comedies – Freche Mädchen, komische Frauen – Wohin steuert die Welt? (What’s the World Coming To?) – Film in voller Länge | ARTE
[3] What’s the World Coming To (1926) von Richard Wallace und F. Richard Jones – Das Auge auf der Leinwand (oeil-ecran.com)
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