Briefing PPP Politik Personen Parteien, AfD, gesichert rechtextremistisch, Parteiverbot, BVerfG, BfV, Verfassungsschutz, Bundesverfassungsgericht
Was lange währt, wird endlich – schlecht. Das Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (im Folgenden BfV abgekürzt) hat nun sein Gutachten zur AfD herausgerückt. Das Ergebnis haben viele erwartet: Die AfD ist gesichert rechtsextremistisch, und zwar im Ganzen, nicht nur einzelne Landesverbände, wie bereits seit Längerem feststeht. Dass die Bekanntmachung des Ergebnisses so lange gedauert hat, war in erster Linie der vorgezogenen Bundestagswahl vom 23.02.2025 zu verdanken, damals sollte dieses brisante Ergebnis noch nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Wie dem auch sei, hier die Analyse (unsere Kommentierung ist mit „TH“ gekennzeichnet).
Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) markiert einen zentralen Wendepunkt im Umgang mit der Partei. Die folgenden Analysen beleuchten die Hintergründe, rechtlichen Konsequenzen und politischen Implikationen dieser Entscheidung.
- Verzögerung des Gutachtens und Einbezug neuer Erkenntnisse
Das Gutachten zur AfD wurde trotz früherer Ankündigungen erst nach erheblichen Verzögerungen vorgelegt. Ursächlich hierfür waren laut BfV die „aktuellsten Entwicklungen innerhalb der Partei“, darunter die zunehmende Radikalisierung im Kontext ostdeutscher Landtagswahlen und die öffentliche Unterstützung durch Elon Musk12. Kritiker wie der ehemalige CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz sehen in der Verzögerung jedoch „Ausflüchte“ und ein politisches Kalkül, turbulente Phasen abzuwarten, in denen die AfD von Krisen profitiert1. Anna Biselli von Netzpolitik.org betont, dass die Dynamik einer Partei wie der AfD ständig neue Entwicklungen mit sich bringe – eine vollständige Aktualität des Gutachtens sei daher illusorisch1. Die Überarbeitung des Dokuments umfasste auch jüngste Äußerungen führender AfD-Politiker, die ein ethnisch-exklusives Volksverständnis propagieren, sowie die Einbindung von Analysen zur „Jungen Alternative“, die bereits in mehreren Bundesländern als rechtsextrem eingestuft wurde3.
TH: Wir sind ganz der Meinung von „Netzpolitik“ – die Hinauszögerung war politisches Kalkül. Natürlich hätte es sein können, dass die AfD sogar von der Veröffentlichung profitiert, aber dann hätte man wenigstens gewusst, wie viele Menschen bereit sind, eine gesichert rechtsextremistische Partei zu wählen. So bleibt immer noch der Spin möglich, dass einige noch nicht recht wussten, wem sie bisher ihre Stimme gegeben haben.
- Folgen für ein mögliches Verbotsverfahren
Die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch stärkt die Grundlage für ein Verbotsverfahren nach Art. 21 GG, da sie belastbare Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Bestrebungen liefert. Zuvor hatten Gerichte in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern bereits die Verfassungsfeindlichkeit einzelner Landesverbände festgestellt3. Ein Parteiverbot setzt jedoch voraus, dass die AfD aktiv auf die „Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ hinarbeitet – ein Nachweis, der nur durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erbracht werden kann3. Die BfV-Einstufung allein reicht hierfür nicht aus, bietet aber entscheidende Indizien, etwa die Dokumentation rassistischer Agitation und der systematischen Unterwanderung demokratischer Institutionen3.
TH: Nicht weniger als vier Petitionen für ein Verbotsverfahren haben wir bisher unterzeichnet, zusammen mit weit über einer Million anderer Menschen. Genützt hat es nichts. Kaum ist das Gutachten raus, warnt ausgerechnet Olaf Scholz schon vor einem Verbotsverfahren:
Bundeskanzler Olaf Scholz warnt trotz der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch vor einem voreiligen Verbotsverfahren. „Ich finde, das ist eine Sache, die man nicht übers Knie brechen darf“, sagte der scheidende Bundeskanzler beim Kirchentag in Hannover. Das Bundesverfassungsgericht habe alle Verbotsanträge der letzten Zeit abgelehnt. „Ich bin gegen einen Schnellschuss und werde deshalb auch nicht sagen, so sollten wir es machen.“ (Verbotsverfahren? AfD-Einstufung als gesichert rechtsextrem – doch Scholz warnt | WEB.DE)
Wenn Scholz das bewusst exakt so gesagt hat, hat er mindestens bewusst getrickst. Es gab nämlich bisher keinen Antrag auf ein Verbotsverfahren gegen die AfD, sondern nur die gesellschaftliche Diskussion darüber, die sich auch in den Petitionen ausdrückt. Natürlich kann man seine Worte so auslegen, dass damit andere Verfahren gemeint sind, wie die gescheiterten NPD-Verbotsverfahren. Allerdings gab es dabei einen ganz wesentlichen Unterschied. Leider hat das BVerfG, um die NPD nicht verbieten zu müssen, eine neue Rechtsprechungslinie eingeführt: Eine Partei muss nicht nur verfassungsfeindliche Ziele haben, sondern auch die Möglichkeit, sie umzusetzen.
Ersteres hatte das BVerfG im Fall NPD bejaht, Letzteres aber verneint, weil die NPD zu dem Zeitpunkt, als entschieden werden musste, nach Ansicht des BVerfG keine politische Relevanz mehr besaß. Bei der AfD aber ist es genau umgekehrt. Sie wird nicht nur immer rechtslastiger, sondern bekommt gleichzeitig immer mehr Möglichkeiten an die Hand, die Demokratie zu beschädigen, wie man gerade in Thüringen sehen kann (wo dies übrigens mit Ansage passiert, schon vor den Ostwahlen im September 2024 wurde vor einer AfD-Sperrminorität gewarnt).
Das ist wieder ein typischer Scholz, hier wird verschleiert, anstatt erklärt. Und in einem Moment auffälig einer der ersten ist, die sich zu Wort melden, obwohl er im Grunde nichts mehr zu sagen hat. Auch ein solcher Mann gehört auch zu den Totengräbern der Demokratie und wir sind froh, ihn im Februar nicht gewählt zu haben (zwischenzeitlich hatten wir überlegt, der SPD aus taktischen Gründen unsere Stimmen zu geben, es gibt noch mehr Gründe, warum wir nun wissen, dass es richtig war, das nicht zu tun).
- Wahlchancen: Helfer oder Hindernis?
Die Einstufung könnte kurzfristig polarisieren: Einerseits mobilisiert sie Protestwähler, die in der AfD eine „Opferrolle“ sehen4, andererseits bestätigt sie Bedenken gemäßigter Wähler. Historisch profitierte die AfD von Krisen und Skandalen1, doch die offizielle Klassifizierung als rechtsextrem erschwert es ihr, sich als bürgerliche Alternative zu inszenieren. Langfristig dürfte die Transparenz über ihre verfassungsfeindlichen Ziele – etwa die Infragestellung des Gleichheitsprinzips – ihre gesellschaftliche Akzeptanz beschneiden3. In ostdeutschen Bundesländern, wo die AfD strukturell stärker verankert ist, könnte der Effekt jedoch geringer ausfallen.
TH: Sagen wir’s doch offen, wie es ist. Im Osten leben so viele Verfassungsfeinde, dass die Einstufung seitens des BfV die AfD sogar weiter beflügeln könnte. Das ist aber kein Grund, ein Verbotsverfahren nicht anzugehen. Denn es wird imemr dasselbe sein: Es wird behauptet, die Behörde oder später das höchste deutsche Gericht haben einfach die Opposition aus dem Weg räumen wollen. Bei dem Demokratie- und Verfassungsverständnis, das dort in weiten Teilen der Bevölkerung herrscht, halten wir eine solche Tendenz für eher wahrscheinlich, als dass eine Art von Besinnung eintritt. Im Westen könnte es umgekehrt sein, aber auch das ist nicht sicher, denn, wenn auch eher verdeckt, sind auch hier viele Menschen nicht wirklich auf dem Boden des Grundgesetzes angesiedelt.
Trotzdem oder gerade deswegen muss die Demokratie gegen die AfD geschützt werden – wenn die Bürger:innen es nicht tun, muss das Gericht als Institution der wehrhaften Demokratie eingreifen. Dazu am Ende der Analyse noch einmal mehr.
- Normalisierungsbestrebungen anderer Politiker
Politiker, die trotz der BfV-Einstufung eine Annäherung an die AfD propagieren, handeln konträr zum Grundprinzip der wehrhaften Demokratie. Die Forderung nach „Normalisierung“ ignoriert, dass die AfD zentrale Werte des Grundgesetzes wie die Menschenwürde und das Diskriminierungsverbot aktiv bekämpft3. Solche Positionen sind wahlstrategisch motiviert, gefährden aber die demokratische Konsenskultur. Parteien wie CDU/CSU, die in der Vergangenheit Kooperationssignale sendeten, stehen vor einem Dilemma: Kurzfristige Machtoptionen kollidieren mit der langfristigen Verantwortung, Verfassungsfeinde zu isolieren.
TH: Spahn & Co. könnten im Grunde auch gleich zur AfD gehen, vielleicht warten sie auch nur den richtigen Zeitpunkt ab, um entweder Merz zu stürzen oder genau dies zu tun, nämlich dann, wenn ein Eintritt in die AfD die besseren Karrierechancen bietet als ein Weitermachen in der Union. Beobachten Sie bitte künftig genau alle Politiker, nicht nur die der Union, die weiterhin eine „Normalisierung“ der AfD propagieren. In der FDP, im rechten Spektrum der SPD, fast im gesamten BSW dürfte die Einschätzung des BfV kaum etwas ändern, so fundiert und erwartbar sie auch sein mag.
Selbstverständlich hat Meinungsfreiheit in einer Demokratie Grenzen. Nämlich dort, wo das Hetzen gegen andere diese zu gefährden droht. Es ist erschreckend, dass das Demokratieverständnis vieler Menschen in Deutschland sich einzig auf ein einziges Grundrecht stützt, das man gut gegen die Demokratie einsetzen kann, nämlich die Meinungsfreiheit. Unwichtig hingegen: Menschenwürde, Schutz vor Verfolgung, Gleichheit, Sicherheitsanspruch aller in einem Rechtsstaat. In Wahrheit sind die Art. 1 bis 19 des Grundgesetzes (der Grundrechtskatalog) eine Ansammlung von konkurrierenden Rechtsgütern. Und das allerhöchste Rechtsgut ist immer noch das menschliche Leben, das zweithöchste die Menschenwürde, deswegen steht sie auch in Art. 1 und gehört zu den „ewigen Verfassungsbestandteilen“, anders als die Meinungsfreiheit.
- Legitimität eines Verbotsverfahrens
Die Einleitung eines Verbotsverfahrens durch den Bundestag, Bundesrat oder die Bundesregierung ist nicht nur legitim, sondern geboten, sobald hinreichende Verdachtsmomente vorliegen. Die BfV-Einstufung liefert hierfür eine fundierte Grundlage, da sie auf eine systematische Verfassungsfeindlichkeit schließen lässt3. Ein Nichtstun würde das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Rechtsstaats untergraben. Allerdings ist ein Verfahren risikobehaftet: Scheitert es, könnte dies der AfD zusätzlichen Zulauf bescheren. Das BVerfG muss daher streng prüfen, ob die AfD nicht nur extremistisch agiert, sondern auch eine „aktiv kämpferische Haltung“ gegen die Demokratie einnimmt3.
TH: Natürlich ist es risikobehaftet, die Demokratie aktiv zu schützen, wie jede mutige Gegenwehr gegen teilweise gewaltbereite Autokratieverfechter mit einem Risiko verbunden ist. Wir glauben nicht, dass die Prüfung des BVerfG ergeben wird, dass die AfD keine aktiv kämpferische Haltung gegen die Demokratie einnimmt. Je mehr sie in den Institutionen wirkt, desto offener zeigt sich diese Absicht nämlich. Grundsätzlich wäre das sogar ein Argument fürs Zuwarten, was noch alles von ihr kommen wird, aber wir meinen, das geht nicht an. Denn spätestens jetzt, durch das Gutachten des BfV, ist eine Markierung erreicht, welche die Einleitung des Verbotsverfahrens endgültigzur Pflicht für alle Demokrat:innen werden lässt.
Das BVerfG kann nicht aus eigenem Antrieb ein Verbotsverfahren anstreben, sich quasi selbst ermächtigen. Vermutlicher Grund: Die Gewaltenteilungs-Balance. Die Justiz hält sich zurück mit Eigeninitiativen, sondern überlässt sie der Exekutive oder dem Parlament. Deshalb beziehen sich die meisten Verfahren auf Aktionen der Legislative oder der Justiz selbst (Gerichtsurteile, die „vor dem BVerfG landen“ und Normen, die die Legislative beschlossen hat und die von einer antragsberechtigten Seite für nicht verfassungsmäßig gehalten werden). Antragsgründe, Verfahren, mögliche Anstragsteller sind geregelt in Art. 21 II GG, Art. 93 GG, § 43 BVerfGG.
Wie gravierend es ist, dass man die AfD jahrelang einfach hat machen lassen, sieht man daran, dass der Bundestag als wichtiger möglicher Antragsteller für ein Verbotsverfahren nach der Wahl vom 23.02. kaum noch infrage kommt: Er kann nur mit absoluter Mehrheit einen Antrag stellen. Die AfD-Fraktion hat sich gegenüber der letzten Wahlperiode mehr als verdoppelt: 24,13 Prozent der Parlamentarier gehören der AfD an, zuvor waren es 11,29 Prozent. Dass die Abgeordnetenzahl relativ größer ist, als es dem Wahlergebnis der AfD (20,8 Prozent) entspricht, liegt daran, dass es mehrere Parteien (vorerst) nicht ins Parlament geschafft haben, die relativ viele Stimmen auf sich vereint haben (u. a. das BSW mit aktuell 4,982 Prozent).
Zudem lehnen bis weit in die Union und die SPD hinein viele Parlamentarier ein Verbotsverfahren ab, ignorieren entweder die besondere Pflicht, die Abgeordnete hinsichtlich des Demokratieschutzes haben oder geben ganz offen zu erkennen, dass sie Angst vor den Konsequenzen haben, der Rache derer, denen man ihr nunmehr gesichert rechtsextremistisches politisches Sprachrohr wegnimmt. Einigen darf man sogar unterstellen, dass sie unverdrossen mit der AfD als künftigem Partner planen, gleich, ob diese auf dem Boden der Verfassungs steht oder nicht.
- Rechtsextremismus als Indiz für Verfassungsfeindlichkeit
Die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch ist ein starkes Indiz für Verfassungsfeindlichkeit, da Rechtsextremismus per Definition auf die Abschaffung demokratischer Prinzipien abzielt. Das BfV begründet seine Entscheidung mit dem Nachweis eines „ethnisch-abstammungsmäßigen Volksverständnisses“, das mit dem GG unvereinbar ist3. Dennoch bleibt Verfassungsfeindlichkeit ein eigenständiger juristischer Tatbestand, der vom BVerfG unabhängig bewertet werden muss. Die bisherigen Gerichtsurteile zu Landesverbänden deuten jedoch auf eine klare Tendenz hin3.
TH: Ein Problem ist sicher, dass die menschenverachtenden Äußerungen einzelner Politiker:innen der AfD nicht sogleich als Beleg für die Verfassungswidrigkeit der Partei gelten. So jedenfalls liest sich für uns häufig das, was Gerichte dazu äußern. Wir würden uns in der Hinsicht mehr Mut wünschen, denn selbstverständlich repräsentieren diese Menschen die Partei, für die sie Politik machen. Diese Funktion haben sie auch im Kopf, wenn sie sich äußern, und dies muss der Partei zugerechnet werden. Freilich könnte man mittlerweile auch über ein Unionsverbot nachdenken, wenn man alles, was deren Repräsentanten von sich geben und was nicht auf dem Boden der Verfassung steht, der gesamten Partei zurechnen würde. Deshalb muss in Betracht gezogen werden, wie sich solche Stimmen im Rahmen des gesamten Meinungsspektrums in einer Partei und in Relation zu ihrer offiziellen Programmatik verhalten. Aber nicht nur für die AfD gilt: rechtsextremistisch ist rechtsextremistisch, und wenn „Traditionsparteien“ immer mehr in diese Richtung driften, dann sind auch sie zunächst als Verdachtsfälle einzustufen.
Hierzu eine Anmerkung: Es wurde durch die Einschätzung des BfV nun möglich, die Beobachtung der AfD auszuweiten, und das ist zweifelsohne ein Vorteil für die Demokratie gegenüber der reduzierten Beobachtung unter dem Label „Verdachtsfall“. Uns fällt es generell nicht leicht, die Observierung von Menschen und Organisationen richtig zu finden – aber der Schutz der Demokratie ist wichtiger, wenn es als erwiesen gilt, dass eine Partei aktiv gegen sie arbeitet oder dafür noch letzte Beweise nach einer Einstufung wie der gerade vorgenommenen benötigt werden.
- Handlungsempfehlungen für die wehrhafte Demokratie
- Transparenz und Aufklärung: Das BfV-Gutachten sollte – entgegen der aktuellen Praxis – veröffentlicht werden, um eine demokratische Debatte zu ermöglichen1.
- Konsequente Isolierung: Alle demokratischen Parteien müssen Koalitions- und Kooperationsangebote mit der AfD ausschließen.
- Finanzielle Sanktionen: Die Streichung staatlicher Parteienfinanzierung für die AfD wäre ein wirksames Mittel, sofern rechtlich haltbar.
- Zivilgesellschaft stärken: Initiativen gegen Rechtsextremismus benötigen verstärkte Unterstützung, um der AfD auf lokaler Ebene entgegenzutreten.
- Verbotsverfahren prüfen: Der Gesetzgeber sollte das BVerfG mit einer umfassenden Prüfung beauftragen, um rechtliche Klarheit zu schaffen3.
Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch unterstreicht die Dringlichkeit, verfassungsfeindliche Bestrebungen konsequent zu bekämpfen. Während ein Parteiverbot komplex bleibt, muss die demokratische Gesellschaft die AfD durch politische, rechtliche und zivilgesellschaftliche Mittel eindämmen – nicht zuletzt, um das Vertrauen in die Wehrhaftigkeit der Verfassung zu wahren.
TH, Schlusskommentar
Man kann gegen eine Veröffentlichung des Gutachtens einwenden, dass damit die künftige Beobachtung der AfD erschwert wird. Wenn die Rechtsextremen genau wissen, was gegen sie vorgebracht wird, können sie besser Camouflage betreiben. Das tun sie nach unserer Ansicht aber sowieso, da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Hinter den Kulissen wird ganz sicher genau besprochen, wie man vor den Kulissen provozieren, Grenzen verschieben, das Sagbare ausdehnen kann, immer genau an der Grenze zur Strafbarkeit entlang. Die Diskursverschiebung nach rechts ist in vollem Gange und kann letztlich auch die Entscheidung des BVerfG beeinflussen, das nicht frei ist vom Einflluss gesellschaftlicher Strömungen. Die Verfassung wird zum Beispiel überwiegend konservativ ausgelegt, nicht progressiv, und diese Tendenz kommt der AfD ohnehin zugute.
Trotzdem führt an einem Prüfverfahren nichts vorbei, wenn man die Demokratie ernstnimmt. Dass die AfD keine Relevanz hat, wird das Bundesverfassungsgericht dieses Mal wohl kaum behaupten. Mit dieser falschen Wendung in der Rechtsprechung hat man sich selbst in die Bredouille gebracht, wiewohl die AfD zum Zeitpunkt des NPD-II-Urteils schon bestand. Unlösbar ist der Knoten aber nicht. Ein Demokratieschaden wird eintreten, gleich, wie das BVerfG urteilt. Aber selbst, wenn es ein Verbot jetzt ablehnt, könnte das in ein paar Jahren anders sein. Auch deswegen muss endlich Klarheit herbeigeführt werden. Darüber, wie das BVerfG die AfD aktuell einschätzt. Wenn es dem BfV-Bericht folgt, wird es die AfD verbieten müssen.
Natürlich darf auch heute der Hinweis nicht fehlen: Bessere Politik würde die AfD sicher einige Stimmen kosten. Aber haben diejenigen, die sich benachteiligt fühlen und die AfD wählen wollen, mal deren Programm gelesen und überlegt, ob sie mit AfD-Promotion wirklich ihren eigenen Interessen dienen? Vielleicht, wenn man sich sozial diskriminiert oder mit seiner Arbeit nicht genug wertgeschätzt fühlt, zu wenig Geld, zu viel Inflation beklagt, lieber linke Angebote in den Blick nehmen. Unser Eindruck ist, auch wenn wir die Art der Kommentierung anschauen, die AfD-Wähler:innen in den sozialen Medien drauf haben, dass sich hier ganz schlicht und ohne sozialen Katzenjammer alle Rassisten und Faschisten der Republik versammeln. Genau das darf eine starke, demokratische Politik nicht tun: das Freidrehen dieses Mobs unterstützen.
Nachtrag: Wir haben im Nachgang bemerkt, dass das Gutachten doch einsehbar ist, „Netzpolitik“ hat es veröffentlicht, siehe Quelle 27.
Quellen
- https://www.tagesspiegel.de/politik/unfertiges-afd-gutachten-scharfe-kritik-an-verzogerung-durch-den-verfassungsschutz-13462564.html
- https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/verfassungsschutz-afd-gutachten-neu
- https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/afd-einstufung-rechtsextremistisch-bfv-verfassungsschutz
- https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-afd-verfassungsschutz-100.html
- https://www.rbb24.de/politik/wahl/Landtagswahl/2024/brandenburg-ueberzeugung-protest-waehler-afd-rechtsextremismus.html
- https://www.dgb.de/presse/pressemitteilungen/agenturzitat/einstufung-der-afd-als-rechtsextremistische-partei-bestaetigt-position-des-dgb/
- https://www.dvpw.de/blog/koennen-die-unionsparteien-von-einer-annaeherung-an-die-afd-profitieren-die-antwort-der-politikwissenschaft-ist-unklar-ein-beitrag-von-nico-sonntag
- https://www.deutschlandfunk.de/afd-verbot-102.html
- https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/verfassungsschutz-stuft-afd-als-gesichert-rechtsextremistisch-ein-110451418.html
- https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/verfassungsschutz-afd-102.html
- https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/afd-einstufung-rechtsextremistisch-ticker-100.html
- https://www.lpb-bw.de/wehrhafte-demokratie
- https://www.tagesspiegel.de/politik/warum-das-afd-gutachten-immer-noch-nicht-vorliegt-der-verfassungsschutz-ist-nicht-allein-schuld-13528069.html
- https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-verfassungsschutz-gesichert-rechtsextrem-li.3245694
- https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/DasBundesverfassungsgericht/Verfahrensarten/Parteiverbotsverfahren/parteiverbotsverfahren_node.html
- https://www.focus.de/politik/deutschland/experten-ueber-verfassungsschutz-einstufung-gesichert-rechtsextremistisch-das-sind-die-folgen-fuer-die-afd-und-deutschland_21104243-0ccd-4fa3-a480-01cfa15df14f.html
- https://grafkerssenbrock.com/gesichert-rechtsextremistisch-bedeutung
- https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-debatte-verbot-100.html
- https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/vorgezogene-neuwahl-afd-gutachten-verfassungsschutz-haldenwang-battis
- https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/rechtsextremismus-was-tun-gegen-normalisierung-111297/
- https://verfassungsblog.de/stellungnahme-parteiverbotsverfahren-afd/
- https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/verfassungsschutz-beobachtung-102.html
- https://www.juedische-allgemeine.de/politik/was-bedeutet-die-neue-einstufung-fuer-die-afd/
- https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/darum-verzoegert-der-verfassungsschutz-das-afd-gutachten/
- https://taz.de/AfD-Verbot-kann-kommen/!6081990/
- https://www.n-tv.de/politik/Druck-fuer-AfD-Verbotsverfahren-waechst-doch-Scholz-warnt-vor-Schnellschuss-article25741307.html
- https://netzpolitik.org/2019/wir-veroeffentlichen-das-verfassungsschutz-gutachten-zur-afd/
- https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/afd-gutachten-verfassungsschutz-einstufung-100.html
- https://www.deutschlandfunk.de/afd-verbot-102.html
- https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100702998/afd-rechtsextrem-eingestuft-droht-jetzt-ein-parteiverbot-.html
- https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/verfassungsschutz-stuft-afd-als-gesichert-rechtsextremistisch-ein-110451418.html
- https://www.welt.de/politik/deutschland/article256050674/Verfassungsschutz-stuft-gesamte-AfD-als-gesichert-rechtsextremistisch-ein.html
- https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-verfassungsschutz-gesichert-rechtsextrem-li.3245694
- https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-11/verfassungsschutz-bewertet-afd-erst-nach-neuwahl
- https://www.campact.de/presse/mitteilung/20250502-pm-afd-einstufung/
- https://www.stern.de/politik/deutschland/afd-will-sich-juristisch-gegen-rechtsextremismus-einstufung-wehren-35688120.html
- https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-05/afd-bundespartei-laut-verfassungsschutz-gesichert-rechtsextremistisch
- https://taz.de/Studie-zu-Wahlerfolgen-rechter-Parteien/!5849870/
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- https://www.tagesschau.de/inland/afd-verbot-100.html
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- https://verfassungsblog.de/kein-verfassungsschutz-im-wahlkampf/
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- https://www.n-tv.de/politik/Welche-Folgen-hat-die-neue-Einstufung-fuer-die-AfD-article25741238.html
- https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-verfassungsschutz-li.3245694
- https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2024/heft/12/beitrag/parteienpositionen-annaeherung-in-der-mitte-und-zunehmende-distanz-zur-afd.html
- https://www.tagesspiegel.de/politik/unfertiges-afd-gutachten-scharfe-kritik-an-verzogerung-durch-den-verfassungsschutz-13462564.html
- https://www.deutschlandfunkkultur.de/afd-verbot-kommentar-100.html
- https://verfassungsblog.de/afd-verbotsverfahren-als-demokratische-pflicht/
- https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1029764
- https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw05-de-afd-1042014
- https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb2023-BMI24018.pdf?__blob=publicationFile&v=10
- https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/afd-sachsen-rechtsextremistisch-verfassungsschutz-100.html
- https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/verfassungsschutzberichte/2023-06-20-verfassungsschutzbericht-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=9
- https://mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz/aktuelles-vom-verfassungsschutz/fachtagung-des-verfassungsschutzes-zu-den-herausforderungen-der-wehrhaften-demokratie
- https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100702916/afd-als-rechtsextrem-eingestuft-politiker-fordern-verbotsverfahren.html
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