Briefing PPP Politik Personen Parteien, Geopolitik, USA, Trump, Demokratie in Gefahr, Democracy, Autokratie, Diktatur, Freiheit, Minderheitenschutz, Washington D.C., Nationalgarde, National Guard, Militäreinsatz im Inneren, Unterdrückung, Meinungsfreiheit, Deutschland 1933, Nationalsozialismus
Wir sehen immer wieder, dass in Deutschland die Trump-Regierung vor allem als außenpolitischer Akteur wahrgenommen wird. Und dass in gewissen Kreisen damit sogar Hoffnungen verbunden werden, zum Beispiel auf die Fähigkeit Trumps zur Stiftung von Frieden. Ist es naiv oder manipulativ, diese Ansicht zu verbreiten? Jedenfalls ist es an der Zeit, wieder einmal einen Blick auf das Land zu werfen, das bald 250 Jahre Unabhängigkeit feiern wird.
Wir haben das schon häufiger getan, unter anderem mit Artikeln des Verfassungsblogs als Grundlage zur Schärfung dieses Blicks, dort kommen häufig Jurist:innen zu Wort, die in dem Land leben und wissen, worüber sie schreiben. Ein anderer Weg ist, ein kritisches Medium von dort zu lesen, denn noch können diese Medien publizieren. An jene, die von großen Geldgebern und staatlichen Zuwendungen unabhängig sind, kommt die MAGA-Furie nicht heran. Noch nicht. Wir sind beinahe sicher, dass sich auch ein Weg finden lässt, diese Kritik zum Schweigen zu bringen. Wenn Sie die nachfolgende Analyse gelesen haben, werden Sie verstehen, warum wir das denken – obwohl sie sich mit einem auch für Europäer viel plakativeren Thema befasst, der Besetzung der Hauptstadt Washington durch Truppen der Nationalgarde. Hier zeigt sich ein Faschismus in Umrissen auch physisch. Wir analysieren eine Stimme, die diesen Vorgang als Kipp-Punkt zwischen Demokratie und Autokratie ansieht: Slouching Into Fascism – Mother Jones (Garrett Graff).
Die Faschismus-These von Garrett Graff: Eine Analyse der amerikanischen Demokratiekrise
Die zentrale These: Amerika hat die Schwelle zum Faschismus überschritten
Garrett Graff, Autor des Mother Jones-Artikels „Slouching Into Fascism“, argumentiert, dass die Vereinigten Staaten mit der militärischen Besetzung Washingtons durch die Nationalgarde im August 2025 eine entscheidende Schwelle vom demokratischen System zur Autokratie überschritten haben. Graff sieht in Trumps Vorgehen – der Federalisierung der Hauptstadtpolizei, der Stationierung bewaffneter Truppen und der Drohung, dies auf andere Städte auszuweiten – Parallelen zu den autoritären Machtergreifungen in Deutschland 1933.motherjones
Die militärische Besetzung Washingtons: Fakten und Umstände
Der Umfang der Militarisierung
Am 11. August 2025 erklärte Trump den „Kriminalitätsnotstand“ in Washington D.C. und übernahm die Kontrolle über die städtische Polizei. Bis zu 2.300 Nationalgarde-Soldaten aus Washington und sechs republikanischen Bundesstaaten wurden entsandt. Die Truppen führen mittlerweile Waffen (M17-Pistolen und M4-Gewehre) und haben Befugnisse zur Strafverfolgung.aljazeera+6
Militärfahrzeuge im Stadtbild
Besonders alarmierend ist der Einsatz schwerer Militärfahrzeuge in zivilen Gebieten. Mine Resistant Ambush Protected All-Terrain Vehicles (M-ATVs) mit einem Gewicht von bis zu 14 Tonnen patrouillieren die Straßen der Hauptstadt. Diese für Kampfgebiete konzipierten Fahrzeuge kollidierten bereits mehrfach mit Zivilfahrzeugen, was die Ungeeignetheit solcher Militärtechnik für städtische Polizeiarbeit verdeutlicht.npr+2
Widerspruch zu den Kriminalitätsdaten
Trumps Begründung des „Kriminalitätsnotstands“ steht im Widerspruch zu offiziellen Statistiken. Die Gewaltkriminalität in Washington erreichte 2024 ein 30-Jahres-Tief und ging 2025 um weitere 26% zurück. Nach der militärischen Übernahme zeigen die Daten keinen dramatischen weiteren Rückgang, der die Militärintervention rechtfertigen würde.bbc+1
Historische Parallelen: Deutschland 1933 als Vergleichsmaßstab
Das deutsche Ermächtigungsgesetz vom 23. März 1933
Das von Graff erwähnte „Ermächtigungsgesetz“ wurde am 23. März 1933 verabschiedet. Der 30. Januar markiert Hitlers Ernennung zum Reichskanzler. Das Gesetz ermöglichte es Hitler, Gesetze ohne Zustimmung des Reichstags oder Präsidenten zu erlassen und verwandelte Deutschland faktisch in eine Diktatur.wikipedia+3
Systematische Machtkonzentration
Wie deutsche Historiker betonen, war der Übergang zur Diktatur ein schrittweiser Prozess, der mit der Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 begann und mit dem Ermächtigungsgesetz vollendet wurde. Ähnlich sehen amerikanische Verfassungsexperten in Trumps Vorgehen eine systematische Aushöhlung demokratischer Institutionen.carnegieendowment+3
*Der Übergang zur Diktatur dauerte insgesamt natürlich länger, man kann ihn ebenso gut als mit den Nürnberger Rassegesetzen von 1935 abgeschlossen ansehen – aber es ging schnell, und wenn man bedenkt, wie stark die demokratischen Institutionen der USA im Vergleich zu den wackeligen demokratischen Verhältnissen der Weimarer Republik sein sollten, geht es auch heute sehr schnell.*
Die Rolle paramilitärischer Kräfte
Die deutschen SA-Truppen („Braunhemden“) dienten ab 1933 als Hilfspolizei und terrorisierten politische Gegner. Während die amerikanische Nationalgarde eine verfassungsmäßige Institution ist, beunruhigt Kritiker deren Einsatz zur politischen Einschüchterung und Kontrolle oppositioneller Städte.verfassungsblog+3
Verfassungsrechtliche Bedenken und institutioneller Widerstand
Präsidentielle Machtausdehnung
Das Carnegie Endowment dokumentiert drei Ebenen von Trumps Machtkonzentration: die Kontrolle der Exekutive, die Dominanz über andere Regierungszweige und die Schwächung gesellschaftlicher Opposition. Diese systematische Machtergreifung überschreitet traditionelle verfassungsrechtliche Grenzen.cnn+1
Schwache demokratische Opposition
Graff kritisiert die schwache Reaktion der Demokraten auf Trumps autoritäre Maßnahmen. Führende Demokraten wie Hakeem Jeffries und Chuck Schumer haben keine konzertierte Opposition gegen die militärische Besetzung organisiert. Nur einzelne Gouverneure wie Gavin Newsom und J.B. Pritzker leisten aktiven Widerstand.aljazeera+1
Der historische Kontext: 250 Jahre amerikanische Unabhängigkeit
Die Ironie des Zeitpunkts
Besonders bitter ist, dass diese autoritäre Wende nur Monate vor dem 250. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 2026 stattfindet. Die Vereinigten Staaten planen umfangreiche Feiern ihrer demokratischen Tradition, während gleichzeitig grundlegende demokratische Prinzipien ausgehöhlt werden.whitehouse+3
Parallelen zur Unabhängigkeitserklärung
Graff zieht eine direkte Verbindung zwischen Trumps Aktionen und den in der Unabhängigkeitserklärung aufgelisteten Beschwerden gegen englischen König Georg III., dem damaligen Herrscher über die amerikanischen Kolonien. Viele der benannten Missstände – stehende Heere in Friedenszeiten, willkürliche Verhaftungen, Besteuerung ohne Zustimmung – finden sich in Trumps autoritärem Vorgehen wieder.archives+1
Internationale Einschätzungen und Vergleiche
Warnungen von Demokratie-Experten
Europäische Verfassungsrechtler sehen beunruhigende Parallelen zwischen Trumps „hergestellten Notständen“ und historischen autoritären Machtübernahmen. Der systematische Missbrauch von Notstandsbefugnissen zur Machterweiterung folgt einem erkennbaren autokratischen Muster.verfassungsblog
Öffentliche Meinung
Umfragen zeigen, dass 56% der amerikanischen Wähler die Nationalgarde-Entsendung nach Washington ablehnen. Selbst unter Republikanern gibt es Risse, während Unabhängige die Maßnahmen mit 61% zu 34% ablehnen. Dies deutet darauf hin, dass Trumps autoritäre Wende nicht von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird.poll.qu
*Wir haben es nicht aufschlüsseln lassen, vielleicht ist das auch nicht möglich, aber eine überwiegende Zustimmung dürfte sich vor allem unter MAGA-Anhängern auf dem Land finden, die Washington als Zentrale der größten vollständigen Demokratie der Welt nie wertgeschätzt haben.*
Fazit: Die Schwelle zur Autokratie
Graff hat Recht, dass Amerika eine kritische Schwelle überschritten hat. Die Militarisierung der Hauptstadt, der Einsatz von Kampffahrzeugen gegen die eigene Bevölkerung und die systematische Umgehung demokratischer Kontrollen markieren einen Wendepunkt in der amerikanischen Geschichte. Während das genaue Datum diskutabel ist, zeigen die Ereignisse vom August 2025 – die bewaffnete Besetzung Washingtons trotz niedriger Kriminalitätsraten – deutliche Merkmale autoritärer Machtausübung.
Anders als Deutschland 1933 verfügen die USA noch über funktionierende föderale Strukturen, eine kritische Zivilgesellschaft und rechtliche Institutionen, die Widerstand leisten können. Die Frage ist, ob diese Kräfte stark genug sind, um die demokratische Ordnung zu retten, oder ob Amerika wie Graff befürchtet unaufhaltsam in Richtung Autokratie driftet.
Kommentar
Lesen Sie bitte unbedingt den Artikel von Mother Jones, den wir als Ausgangspunkt für die Analyse genommen haben. Stellen Sie sich die Zustände, die jetzt in Washington herrschen, aber auch überall in den USA, in Deutschland vor. Es gibt viel mehr Zusammenhänge, als man auf den ersten Blick meinen sollte.
- Die USA sind eine sogenannte Hegemonialmacht, sie dominiert den gesamten Westen und ist weltweit immer noch die Nummer eins im Machtgefüge. Was dort passiert, hat gerade in den Ländern, die sich die USA zum Vorbild genommen haben, besonders in Deutschland, dessen Westteil sich ganz eng an die Amerikaner angelehnt hatte, erhebliche Auswirkungen.
- Eine dieser Auswirkungen ist, dass die amerikanische Politik die EU zu bedrohen begonnen hat. Wirtschaftlich sowieso, und jetzt wird auch noch eine vorgebliche Freiheitsideologie zum Anlass für weitere Drohungen genommen. Das heißt, die Begründungen entwickeln sich fort von angeblich (nicht wirklich) unfairen Handelspraktiken hin zu einem Druck, Europa den USA anzugleichen. Was das im Moment bedeuten, müssen wir hier nicht noch einmal erklären. Wirtschaftliche Macht wird benutzt, um Europa auch als letzten überwiegend demokratischen Staatenverbund auf der Welt gegen die Wand zu drücken.
- Manchmal fällt die Unterstützung auch sehr direkt aus: Führende US-Politiker wie Vance, aber auch Elon Musk, greifen offen in die deutsche Politik ein und promoten die AfD. So etwas gibt es erstmals in 80 Jahren transatlantischer Nachkriegsbeziehungen. Wir winken gleich ab, wenn es nun heißt, die Amerikaner und ihr „Deep State“ haben immer schon Einfluss genommen. Ja, natürlich, wie die Sowjetunion in den osteuropäischen Staaten während des Kalten Krieges, aber nicht in dieser brutalen und für alle sichtbaren Form, die Europa wirtschaftlich massive Schäden zufügen kann.
- Die deutsche Regierung, die am weitesten rechtsstehende, die das Land nach dem zweiten Weltkrieg bisher hatte, schaut sich erkennbar ab, was in den USA schon geht und bereitet mit ihrer amoralischen Spaltungsrhetorik vor, was in ein paar Jahren, vielleicht sogar früher, Tat werden wird. Auch andere europäische Staaten sind schon nach rechts gerückt oder werden es tun. Vor allem die Entwicklung in Frankreich kann die gesamte EU zum Kippen bringen und damit die einzelnen Länder schutzlos den übermächtigen USA ausliefern. Schon jetzt besteht kein Gleichgewicht, obwohl die EU potenziell mehr leisten kann, das haben die letzten Verhandlungen z. B. zur Zollpolitik gezeigt.
- Es ist im Grunde nicht unsere Sache, den Amerikanern zu sagen, dass sie sich verwählt haben, wenn sie wirklich für Freiheit und Demokratie stehen. Es könnte uns auch egal sein. Aber nach rechts tendierende Imperien haben die ganz unangenehme Eigenschaft, ihren Stil auch anderen Ländern überzustülpen. Vielleicht war das im Sinne der römischen Zivilisation sogar einmal ein Fortschritt, aber heute ist es dies im Sinne der Demokratie eindeutig nicht mehr. Die meisten europäischen Länder stehen in allen Indizes, die Freiheit und Demokratie betreffen, höher als die USA – festgestellt von Institutionen, die überwiegend in den USA ihren Sitz haben. Zahlen, die bereits die dramatischen Veränderungen der letzten Monate berücksichtigen, gibt es noch gar nicht, die Studien von 2026 werden, sofern deren Ersteller nicht in Angst davor erstarren, dass sie von Trumps Demokratievernichtern nicht mehr finanziert werden, dramatische Veränderungen zum Negativen zeigen.
- Der Kulturkampf in den USA führt dazu, dass die USA keine Alternative mehr zu den harten Diktaturen wie der russischen oder chinesischen sind. Es geht nur noch um geopolitische Ansprüche, um Machtpositionen, nicht mehr darum, etwas Besseres gegen etwas zu verteidigen, das Menschen nie frei sein lässt. Doch wie wichtig ist uns die Freiheit überhaupt? Die letzten Wahlergebnisse und jüngsten Umfragen in Deutschland zeigen, dass die Demokratien auch von innen heraus schwächeln. Das heißt, sie sind viel anfälliger für Angriffe von außen, wie Russland, China und nun auch die USA sie auf unterschiedliche, manchmal sogar ähnliche Weise führen. Dass Europa diesen massiven Angriffen von mehreren Seiten wird standhalten können, wagen wir stark zu bezweifeln.
- Dies wiederum bedeutet, wir müssen uns darauf einrichten, in einem Land zu leben, das sich stark unterscheidet von dem Land, in das wir hineingeboren wurden und dessen Möglichkeiten und Freiheiten wir schätzen gelernt haben, dessen Demokratie wir verteidigen möchten und dessen Zukunft wir mit mehr Solidarität und weniger Hass, Hetze, rigider Staatsmacht und Ungleichheit mitgestalten wollten. Daraus wird nichts werden. Wir können froh sein, wenn wir in ein paar Jahren noch ein Blog wie dieses schreiben können, ohne dafür belangt und bedrängt zu werden. Vielleicht schützt uns unsere Kleinheit noch ein wenig, da werden zunächst andere im Fokus stehen. Aber spätestens, wenn auf Äußerungen aller Bürger zugegriffen wird, sind wir auch dran.
- Wer das für zu dramatisch hält, schaut nicht hin, was sich bezüglich der Medienlandschaft gerade in den USA tut und wie kritische Journalisten, die die Wahrheit schreiben wollen, auf verschiedene Weise eingeschüchtert werden. Stattdessen herrschen Trumps alternative Wahrheiten, die sogar beinhalten, dass Statistiker, die diese alternativen Wahrheiten infrage stellen, einfach gefeuert werden. Wie in den Diktaturen dieser Welt macht der Staat die Wahrheit. Das hatte einmal, im Kalten Krieg, dazu geführt, dass der Westen den Osten vollkommen überschätzt hatte, vor allem wirtschaftlich gesehen, die manipulierten Daten wurden für bare Münze genommen. Heute weiß man es besser, aber wenn die Wahrheit abgeschafft wird, gibt es keine korrekten Zahlen und Fakten mehr, an denen man sich orientieren kann. Man kann nur vermuten, dass etwas nicht stimmt, dass die Propaganda nicht mit dem übereinstimmt, was man sieht. Im Grunde sind diese Tricks alt und wurden auch in Deutschland gerne angewendet, um Statistiken „anzupassen“ und politisch genehm zu machen.
Wir haben, offen geschrieben, auch keine Idee, wie man mit dieser Situation umgehen kann. Die Zivilgesellschaft kann auch heute in Deutschland nicht ernsthaft dagegenhalten, wenn eine Autokratisierung eingeleitet wird, zumal, wie bei Trump, die Legitimation dafür zunächst durch eine Mehrheit zustande kommt, die die Demokratie abwählen wollte. Die Demokratie in Deutschland ist so angelegt, dass sie sich gegen eine Mehrheit, die Minderheiten zerstören möchte, wehrhaft stellen kann. Aber es müssen mutige Menschen dafür sorgen, dass diese Wehrhaftigkeit tatsächlich entsteht, und da sehen wir derzeit rabenschwarz. Es müsste längst eine Bewegung sichtbar sein, die sich gegen die erkennbaren Spins, Manipulationen und auch Fake News der Merz-Regierung aufstellt. Wir sehen nichts davon. Und wir glauben, dass dazu auch die Krisen der letzten Jahre beigetragen haben. Die Entsolidarisierung erfolgte in drei Stufen: Durch die Krise der Geflüchteten 2015-2016, durch die Corona-Pandemie und durch den Ukrainekrieg. Alle diese Vorgänge haben die Spaltung in der Gesellschaft erheblich vertieft, gleich, wie man die Ergebnisse aus heutiger Sicht bewertet. Da geht nichts mehr richtig zusammen und außerdem werden alte Gräben wir der zwischen Ost und West wieder in ganzer Breite sichtbar. Es gibt kein gemeinsames Narrativ, das die Kluft zwischen den Regionen, zwischen den Klassen und zwischen den Weltanschauungen überbrücken kann.
Das haben Analysten auch schon zu den Zeiten von Obama und Biden in den USA festgestellt – und es hat nach einer an der Oberfläche progressiven Zeit zu einem Vorgang geführt, für den der Begriff Rollback zu schwach ist. Es gab aber auch in den USA immer schon große Schwankungen in der demokratischen Ausfassung: Dem New Deal, der Zeit, in der die USA ethisch am höchsten standen, dem Krieg, in den der New Deal überging, folgte die Zeit der Hetze gegen sogenannte Kommunisten, also Andersdenkende, eine erzkonservative Phase. Deutschland hat sich von den Höhen der Brandt-Ära schrittweise zurückentwickelt. Die Ampel-Regierung war nicht von einer Mitte-Links-Mehrheit getragen, sondern nur möglich, weil die rechte FDP als Fremdkörper mitgemacht und bewusst die Spaltung herbeigeführt hat. Aber sowohl in den USA als auch hier hätte vor wenigen Jahren kaum jemand geglaubt, dass es so laufen könnte, wie es dort jetzt läuft und sich bei uns bereits abzeichnet.
Nein, das ist nicht dramatisiert. Niemand kann eine Politik aufhalten, die es mit den Menschen nicht gut meint, und das ist bei der aktuellen Regierung eindeutig der Fall. Sowohl hüben wie drüben. Eine Revolution ist heute nicht mehr denkbar, dafür hat die Macht eine zu gute Technik auf ihrer Seite und zu viele mächtige Lobbys hinter sich. Wir erinnern noch einmal an unsere Erkenntnisse aus dem Jahr 2020, als wir die Artikelserie „Diskursverschiebung nach rechts“ geschrieben haben, zu einem Zeitpunkt, als der Aufstieg der AfD erst einmal gestoppt schien. Wir waren skeptisch, und wir hatten Recht behalten. Heute sind wir skeptisch, dass die Demokratie überhaupt standhält, zumindest, wenn man sie als Chance für alle begreift. Möglicherweise müssen wir nicht einmal bis 2029, zur nächsten Bundestagswahl, warten, bis es passiert. Es könnte zum Beispiel sein, dass an den anhaltenden Reibereien, die wir derzeit sehen, die Berliner Regierungskoalition zerbricht. Dann kann die Union nur noch mit der AfD zusammengehen, und da sie selbst immer weiter nach rechts rückt, passt das auch ideologisch. Die Höhe einer Zivilisation zeigt sich daran, wie eine Gesellschaft mit ihren Schwächsten umgeht (und mit Minderheiten). Wir werden das Ende der Zivilisation vermutlich schneller erleben, als wir dachten, als wir auch die Ampelpolitik kritisiert haben. Hätten wir das also nicht tun sollen? Kleinheit, siehe oben, Wirkung begrenzt. Aber es war trotzdem richtig. Wir haben den Ton nun der neuen Lage angepasst. Mehr können wir im Moment nicht tun, um darauf hinzuweisen, dass die Lage viel gefährlicher geworden ist als während der Zeit, in der Olaf Scholz Kanzler war. Leider trägt auch er eine Mitschuld daran, dass es gekommen ist, wie es kam. Doch wählen, das tun die Menschen immer noch selbst, und was sie wählen, lässt darauf schließen, dass bald sehr viele Angst um ihre schiere Existenz haben müssen. Sei es aus ökonomischen oder ideologischen Gründen oder durch eine Kombination von beidem.
Schauen Sie mit uns in die USA, wir werden das nun wieder häufiger tun. Alles, was dort passiert, ist für die Rechten in Europa eine Blaupause für das eigene Vorgehen. Einige, die Trump gewählt haben, sind mit seinem Vorgehen nicht mehr einverstanden. Aber es ist zu spät. Das Spiel ist für die Demokratie erst einmal verloren. Und wer in Deutschland Trump auf irgendeine Weise gut findet, der findet meist auch die Langzeitdiktatoren großer Länder gut, die die Welt undemokratisch unter sich aufteilen wollen, und derjenige ist kein Demokrat und wir haben nichts mit ihm gemein. Auch für uns hat sich einiges geändert. Wir müssen uns mehr abgrenzen. Die Spaltung ist eben überall, aber wir haben sie nicht verursacht. Im Gegenteil, wir wollten zum Beispiel eine inklusive Linke, die kraftvoll für die einfachen Menschen arbeiten kann. Das ist uns zwar immer noch ein Anliegen, aber in erster Linie geht es darum, sich zu rüsten für Zeiten, in denen uns keine Politik gegen die Rückkehr der Barbarei und des ausschließlichen, nicht, wie bisher, nur teilweise durchgesetzten Rechts des Stärkeren. Die Zukunft verliert dadurch auch, weil progressive Ideen aus dem Blickfeld geraten. Vielleicht kriegen wir die Wende hin und werden gerade deshalb aktivistischer, weil es schwierig geworden ist. Vorerst dokumentieren wir, dass es schwieriger wird und wohin es führen kann.
Und kein Land geht einen so rasanten Veränderungsweg wie die USA, schon deswegen und wegen ihres großen Einflusses sind sie das beste Beispiel für fast alles.
Der Vergleich zu Deutschland 1933 hingegen ist etwas kurz abgehandelt worden, dazu lässt sich gewiss mehr sagen. Im Moment können wir nur hoffen, dass die Geschichte sich nicht doch wiederholt.
TH / Analyseteil von KI unterstützt, redigiert, zwei manuelle Einschübe mit *am Anfang und Ende gekennzeichnet.
- https://www.motherjones.com/politics/2025/08/slouching-into-fascism/
- https://www.aljazeera.com/news/2025/8/25/when-and-why-has-the-national-guard-been-deployed-in-the-us-before
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- https://www.nytimes.com/2025/08/25/us/politics/trump-national-guard.html
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- https://www.reuters.com/world/us/us-national-guard-troops-washington-begin-carrying-weapons-officials-say-2025-08-24/
- https://www.aljazeera.com/news/2025/8/25/us-national-guard-troops-begin-carrying-weapons-in-washington-dc
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- https://www.cnn.com/2025/08/13/politics/national-guard-washington-dc-police
- https://www.aljazeera.com/news/2025/8/22/on-edge-trumps-military-deployment-in-us-capital-sparks-fear-confusion
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