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Kann man direkt über unseren Jahresrückblick noch einmal ein Thema wie das Böllerverbot setzen? Ja, man kann. Und man muss, wenn man konsequent bleiben will. Just am 31. Dezember, also nach Auffassung der Meinungsforscher gewiss zum besten Zeitpunkt, hat Civey eine Umfrage dazu gestartet:
Wie sollte mit Feuerwerk und Böllern an Silvester umgegangen werden?
Der Civey-Begleittext dazu:
Trotz anhaltender Verbotsdebatten wächst der Markt für privates Feuerwerk weiter. Zum Verkaufsstart am Montag meldeten große Hersteller wie Weco ein rund zehn Prozent größeres Sortiment als im Vorjahr, auch Comet verzeichnet eine gestiegene Nachfrage. Geböllert werden darf in Deutschland am 31. Dezember und 1. Januar – vielerorts jedoch auch mit Einschränkungen. In einigen Gemeinden ist das Zünden von Pyrotechnik nur zwischen 18 und 6 Uhr erlaubt. Bundesweit verboten bleibt das Abbrennen in der Nähe von Kirchen, Kliniken, Altenheimen, Reet- oder Fachwerkhäusern sowie an Orten mit größeren Menschenansammlungen.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, fordert ein Verbot privater Feuerwerke. Gegenüber dem RND appellierte er jüngst an Bund und Ländern, endlich zu handeln. Die „ungeregelte Knallerei“ sorge jedes Jahr für volle Notaufnahmen, verursache schwere Verletzungen – oft auch bei Unbeteiligten – und belaste Mensch, Tier und Umwelt massiv. Organisierte Feuerwerke an zentralen Plätzen seien dagegen akzeptabel, so Reinhardt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat gemeinsam mit knapp 60 Organisationen – darunter die Gewerkschaft der Polizei – eine Petition gestartet, die ein bundesweites Böllerverbot fordert. Die DUH verweist auf Todesfälle, Angriffe auf Einsatzkräfte, tausende Tonnen Böller-Müll und Panik bei Tieren. Bis Montag hatten über 800.000 Menschen unterzeichnet.
Dagegen mahnen andere zur Besonnenheit. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) sprach sich in der Funke Mediengruppe gegen ein pauschales Verbot aus: „Man muss auch nicht immer alles verbieten“, so Schnieder. Zwar sei er persönlich kein Freund des Böllerns, doch Silvester sei auch ein Ausdruck gewachsener Tradition. Ähnlich äußerte sich NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in der Neue Rhein Zeitung. Er plädierte für „mehr Flexibilität und Differenzierung“ statt pauschaler Verbote und schlägt vor, Kommunen selbst entscheiden zu lassen, wo Feuerwerk erlaubt sein soll. Zugleich zeigte sich Reul zuversichtlich, dass Polizei und Einsatzkräfte in diesem Jahr gut vorbereitet seien.
Kommentar
Auch der neue SPD-Spitzenkandidat für die kommende Berliner Abgeordnetenhauswahl, Steffan Krach, hat sich ähnlich wie Herr Reul geäußert und eine kommunal differenzierte Handhabe empfohlen. Dies ergänzen wir, damit nicht nur CDU-Politiker erwähnt werden, welche den Kriegszsutand in den Städten in der Nacht vom 31.12. auf den 01.01. immer noch als Tradition beschönigen. Gewachsen sind in Wirklichkeit nur Rücksichtslosigkeit und Gefahr.
Wir bleiben bei unserer Forderung nach einem bundesweiten Verbot der privaten Böllerei. Es darf nicht davon abhängen, wo Menschen wohnen, ob sie geschützt werden oder nicht. Vielmehr müsste eine Erlaubnis der Ausnahmetatbestand sein, dessen Einrichtung zu begründen ist, sofern ein bundesweites Anti-Böller-Gesetz endlich kommt, nicht die Regel.
Und was sagen die Menschen, die bei Civey (wie wir) schon abgestimmt haben? Es gibt eine absolute Mehrheit für ein absolutes Böllerverbot, weitere knapp 28 Prozent sprechen sich aktuell für ein differenziertes Verbot oder eine differenzierte Erlaubnis aus, nur 21 Prozent haben es noch nicht verstanden. Das sind diejenigen, die Befürworter eines Verbots trotz aller Argumente, die für ein solches sprechen, als dämlich bezeichnen usw. und unbedingt meinen, diese Haltung, verbunden mit hinreichend Protzgehabe, sogar in sozialen Netzwerken ausstellen zu müssen. Diese Ignoranten gibt es bei jeder gesellschaftlichen Frage. Eine Gesellschaft, die endlich wieder einen kleinen Schritt in Richtung mehr Zivilisierung machen will, darf aber nicht vom Verhalten dieses Typus dominiert werden.
Uns ist klar, dass das Böllerthema mittlerweile ein Teil des Kulturkampfs ist und dass wir eine kämpferische Position einnehmen. Für uns war es aber vor Jahren, als wir anfingen, uns dafür einzusetzen, nur das, was es ist, nämlich der Wunsch nach der Verbesserung der Lebensumstände vieler Menschen, inklusive unserer eigenen, denn damals gab es, wo wir wohnen, noch keine Böllerverbotszone. Dass unser Wohnort dieses Jahr erstmals von ihrer Ausdehnung umfasst sind, macht uns Mut. Wir wissen jedoch, dass Rückschritte auf anderen gesellschaftlichen Gebieten nicht durch ein Böllerverbot kompensiert werden können. Für sich genommen, ist es eine Notwendigkeit, die endlich von der Politik durch eine entsprechende Normierung anerkannt werden muss.
Sie müssen nicht klicken, den Ausgangsartikel zur Petition für ein Böllerverbot von vorgestern haben wir unten angehängt. Und bevor wir es vergessen. Die Petition ist gegenüber der Umfrage sicher mit einem deutlicheren Ausrufezeichen versehen, aber geben Sie bitte Ihre Meinung noch einmal ab, auch, wenn sie gegen ein Verbot sind. Es gibt keine bessere Möglichkeit, am Stimmungsbild mitzuwirken:
Wie sollte mit Feuerwerk und Böllern an Silvester umgegangen werden?
TH
29.12.2025
Liebe Leser:innen, das Jahr geht zu Ende und jetzt wird es wirklich ernst. Seit Jahren engagieren wir uns für ein Böllerverbot, und heute möchten wir (auch nicht zum ersten Mal) darum bitten, dass Sie eine Petition unterzeichnen. Wir haben das gerade getan. Unterhalb der Petition kommentieren wir noch einmal.
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Bundesweites Böllerverbot, JETZT!
Hallo Thomas,
Silvester ist für viele Einsatzkräfte kein Fest, sondern ein Ausnahmezustand. Jedes Jahr werden unsere Kolleg*innen von Polizei, Feuerwehr und den Rettungsdiensten gezielt beschossen. Böller, Raketen und Batterien werden als Waffen gegen sie eingesetzt!
Die Feuerwerkskörper von heute sind gefährlicher als noch vor 10, 20 Jahren. Dazu kommen selbst gebaute Sprengsätze und Kugelbomben!
An einem bundesweiten Böllerverbot führt deshalb kein Weg mehr vorbei! Die Eskalation der letzten Jahre sprengt jeden Rahmen. Das sinnlose Böllern hat mit Tradition nichts mehr zu tun und muss endlich aufhören!
Unsere Antwort ist klar: Wir fordern ein umfassendes Böllerverbot im Privatbereich, so wie es das in vielen Ländern bereits gibt. Dazu gehört auch ein entsprechendes Verkaufsverbot an all jene, die damit nicht beruflich zu tun haben. Statt völligem Chaos auf unseren Straßen bedarf es organisierter Veranstaltungen.
Jetzt geht es um alles! Thomas, unterschreibst auch du die größte Petition Deutschlands, damit Innenminister Alexander Dobrindt uns nicht mehr ignorieren kann? Wir planen, die Petition Anfang Januar an Dobrindt zu übergeben.
✍️ Ja, jetzt die 2,5 Mio. Unterschriften knacken!
Danke für deine Unterstützung!
Benjamin Jendro
Gewerkschaft der Polizei Berlin
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Kommentar
Herr Jendro ist der Vorsitzende der GdP (Gewerkschaft der Polizei) in Berlin. Wir sind politisch in unterschiedlichen Lagern verortet, wir haben die Polizei hier vielfach kritisiert, vor allem für ihr Verhalten bei sozialen Protesten und den auffälligen Unterschied zum Verhalten bei rechten Aufmärschen. Aber in diesem Fall haben wir ein gemeinsames Interesse – und wir wollten bewusst eine andere Perspektive einnehmen, die uns persönlich nicht betrifft: die der Einsatzkräfte in der Nacht des Wahnsinns. Nicht nur die Einsatzkräfte der Polizei, sondern auch der Feuerwehr, die Notärzte und Krankenwagenbesatzungen. Sie alle werden in Berlin Opfer des an Silvester randalierenden Pöbels.
Außerdem ist diese Petition die größte zum Thema, die wir finden konnten, und drückt eine sehr breite Unterstützung aus (aktuell ca. 2,5 Millionen Unterschriften). Die Mehrheit im Land ist gegen diese Böllerei, das sagen Umfragen eindeutig aus.
Und es nützt etwas, solche Petitionen zu unterzeichnen, das ist vielleicht das Erfreulichste daran.
Bei uns ist es derzeit so ruhig wie noch nie, seit wir mitten in Berlin leben. Weil eine Böllerverbotszone, die vor ein paar Jahren ein paar Straßenzüge von unserem Wohnort entfernt ihren Anfang nahm, mittlerweile so ausgedehnt wurde, dass wir endlich auch geschützt sind. Die Kommunen sind schon einsichtig, sie müssen ja den riesigen Dreck beseitigen.
Aber es braucht eine allgemeine Regelung für Deutschland, und dafür müssen wir weiter kämpfen. Mit der Polizei, mit der Zivilgesellschaft, den Einsatzkräften aller Berufszweige, den Menschen, die den Schutz der Umwelt betonen, die Haustiere haben oder gesundheitlich angeschlagen sind und diesen Lärm schlicht nicht aushalten. Neuerdings auch mit Hausbesitzern, wie der Kugelbombenfall Ecke Vorbergstraße / Hauptstraße in Schöneberg im vergangenen Jahr zeigt, der bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat. Bei diesem Thema entstehen Koalitionen, die verbindender sind als fast alles andere derzeit.
Es ist eine Koalition der Vernunft. Sie ist nicht an Milieus oder Weltanschauungen gebunden, sondern rein daran orientiert, dass hier ein gesellschaftlicher Tatbestand komplett aus dem Ruder gelaufen ist. Warum das so ist? Dieses Thema können wir hier nicht diskutieren, obwohl wir dazu selbstverständlich eine Ansicht haben. Jetzt geht es um Lösungen. Um Einsichten, aus denen Regeln erwachsen müssen, um die Mehrheit zu schützen.
Hier noch einmal der Link zur Unterschrift: Jetzt unterschreiben!
Wir haben schon viele Artikel zum Thema geschrieben, zuletzt vor wenigen Tagen: Die Stadt, der Knall und der Tod. Willkommen, 2026! (Statista + Kommentar). Lesen Sie rein! Es geht in diesem Fall nicht nur ums Böllern, sondern um die gesamte Silvesterkultur in Deutschland.
TH
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