Good Night, Nurse! (USA 1918) #Filmfest 1290 #Keaton #BusterKeaton #DGR

Filmfest 1290 Cinema – Werkschau Buster Keaton (11) – Die große Rezension

Gute Nacht, Schwester! ist eine US-amerikanische Stummfilmkomödie aus dem Jahr 1918, die von Roscoe „Fatty“ Arbuckle geschrieben und inszeniert wurde und in der Buster Keaton die Hauptrolle spielt. Die Frau von Roscoes Figur erreicht mit seinem Alkoholkonsum das Fass zum Überlaufen und weist ihn in das No Hope Sanatorium ein, das verspricht, alle Fälle von Alkoholismus zu heilen.

„No Hope Sanatorium” kann man freilich auf zwei Arten interpretieren. Es ist die letzte Anlaufstelle für eigentlich hoffnungslose Fälle von Alkoholismus – oder: wer dort eingeliefert wird, darf jede Hoffnung fahren lassen. Der Inhalt des Films legt eher Letzteres nah. Alkoholismus war allerdings in der Zeit ein großes Thema, als der Film entstand, und führt alsbald zur Prohibition, die wiederum ein heute noch spannendes Subgenre des Gangsterfilms schuf, die Alkoholschmuggler-Biografie. Wie steht es nun aber mit dem weniger ernsten und tödlichen Slapstick-Kino, für das Roscoe Arbuckle und Buster Keaton verantwortlich zeichneten? Immerhin war im  Jahr 1918 bereits ein deutlicher Aufschwung in Form der Filme „Out West“, „The Bell Boy“ und „Moonshine“ zu bemerken, nachdem die Zusammenarbeit der beiden Komiker 1917 mit dem für die damalige Zeit üblichen Slapstick-Chaos gestartet war.

Handlung: Ein betrunkener Abenteurer im Sanatorium

Der Film beginnt mit einer atmosphärisch dichten Sequenz: In einer deprimierend regnerischen Nacht torkelt ein völlig betrunkener Roscoe Arbuckle durch die Straßen, zu betrunken, um zu bemerken, dass er vom Regen durchnässt wird5. Diese Eröffnungssequenz wird von modernen Kritikern als „fantastisch“ und als „eine der besten komischen Darstellungen von Trunkenheit“ gelobt7. Besonders komisch sind Arbuckles wiederholte Versuche, im strömenden Regen eine Zigarette anzuzünden3.

Nach einigen absurden Begegnungen – darunter der Versuch, einen Mittrunkenbold nach Hause zu „schicken“, indem er dessen Adresse auf sein Hemd schreibt und sein Gesicht mit Briefmarken beklebt – lädt Arbuckle Straßenmusiker mit ihrem Affen zu sich nach Hause ein. Seine Frau (Alice Lake) wirft die ungebetenen Gäste hinaus und beschließt, dass ihr Mann ins Sanatorium muss, nachdem sie eine Zeitungsanzeige über eine Operation gelesen hat, die angeblich Alkoholismus heilen kann5.

Im „No Hope Sanitarium“ wird Arbuckle von einem blutverschmierten Arzt (Keaton) mit einem Fleischerbeil in der Hand empfangen – eine Szene, die sofort den makabren Ton des Films etabliert5. Er und eine spärlich bekleidete Patientin (ebenfalls Alice Lake) versuchen zu fliehen, werden aber schnell gefasst. Nach einigen chaotischen Szenen im Krankenhaus isst Arbuckle versehentlich ein Thermometer und muss operiert werden1.

Um zu entkommen, stiehlt Arbuckle die Kleidung einer Krankenschwester und verkleidet sich. In dieser Verkleidung begegnet er Dr. Keaton, und es entwickelt sich eine der denkwürdigsten Szenen des Films – ein schüchterner Flirt zwischen den beiden3./[39]

Rezension[40]

„Good Night, Nurse!“ (1918): Eine surreale Perle des frühen Slapstick-Kinos

Der 1918 erschienene Kurzfilm „Good Night, Nurse!“ repräsentiert einen bemerkenswerten Moment in der Geschichte des amerikanischen Stummfilms und ein Highlight in der Zusammenarbeit zweier Komiklegenden: Roscoe „Fatty“ Arbuckle und Buster Keaton. Der 26-minütige Film unter Arbuckles Regie zeigt beide Künstler auf dem Höhepunkt ihrer kreativen Synergie und bietet eine faszinierende Mischung aus traditionellem Slapstick und überraschend modernem, surrealem Humor.

TH: Die von mir gesehene Version lief 23 Minuten – eine längere habe ich nicht gefunden. Gut möglich, dass eine auf 26 Minuten gehende Variante einige Szenen enthält, die einen Unterschied bei der Bewertung ergeben würden. Allerdings fand ich die Handlung insgesamt schlüssig und nicht ergänzungsbedürftig.

Die kreative Partnerschaft: Arbuckle und Keaton

„Good Night, Nurse!“ entstand während einer produktiven Phase in der Zusammenarbeit von Arbuckle und Keaton. Arbuckle war zu diesem Zeitpunkt bereits ein etablierter Star, während Keaton, der 1917 seine Filmkarriere begonnen hatte, noch am Anfang stand, aber bereits sein enormes komisches Talent zeigte7. In seiner Autobiografie beschreibt Keaton die elaborierten Scherze, die er und sein guter Freund Arbuckle sich ausdachten, als sie auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs waren und voller jugendlicher Energie steckten. „Good Night, Nurse!“ fängt genau diese Energie und Spielfreude wie kaum ein anderer ihrer gemeinsamen Filme ein3.

Die Produktion der Comique Film Company wurde teilweise im Arrowhead Hot Springs Resort gedreht, einem bei Hollywood-Stars beliebten Erholungsort etwa 75 Meilen östlich des Long Beach Studios. Dieser Luxusort mit seinen natürlichen Heilquellen bildete die passende Kulisse für das fiktive „No Hope Sanitarium“ des Films. Interessanterweise macht der Film erstaunlich wenig aus dieser beeindruckenden Location – nur wenige kurze Einstellungen zeigen Teile des Hotelkomplexes11.

TH: In „Out West” und in “Moonshine” hat man die Vorzüge der Landschaft voll ausgespielt, und ich hatte angemerkt, dass dies wie eine Befreiung wirkt, angesichts der kammerspielartigen Sets der vorherigen Arbuckle-Keaton-Komödien, aber sie war auch in die Handlung vollständig integriert. Entweder hat man sich mit den Gebäuden des Hotelkomplexes nicht abgegeben, weil der Film nicht länger als 30 Minuten (zwei Rollen) sein durfte und die Bauten hier eben nicht so leicht mit dem Slapstick zu verknüpfen waren (außer in der Teich-Szene, die ein Standard ist, aber hier eine witzige Begründung hat). Oder es war seitens der Betreiber der Anlage nicht erwünscht, dass man sie in einer Satire wiedererkennt.

Dass Keaton und Arbuckle eine aufsteigende Tendenz zu vermelden hatten, entspricht auch meinen Beobachtungen aus den eingangs erwähnten drei Filmen, die gegenüber den 1917er Produktionen deutlich mehr Ideenreichtum und neuartige Action aufweisen, wobei ein möglicher Link zwischen beiden Qualitätsstufen, „A Country Hero“ verloren ist (als einziger Film der Arbuckle-Keaton-Kooperation).

Visuelle Gestaltung und Komik: Zwischen Slapstick und Surrealismus

„Good Night, Nurse!“ zeichnet sich durch eine bemerkenswerte visuelle Gestaltung aus, die zwischen konventionellem Slapstick und überraschend surrealen Elementen wechselt. Der Film nutzt verschiedene filmische Techniken, darunter bemerkenswerte frühe Spezialeffekte. In einer Szene wirft ein geheilter Patient (gespielt von Joe Keaton, Busters Vater) seine Krücken, die er perfekt auffängt – ein Effekt, der durch Rückwärtsabspielen des Films erzielt wurde7.

Die Slapstick-Elemente sind zwar vorhanden, aber „Good Night, Nurse!“ funktioniert eher als schwarze Komödie7. Ein Rezensent beschreibt den Film als „nicht so sehr Slapstick, sondern eher als dunkle Komödie“3. Der makabre Humor wird besonders in den Krankenhaus-Szenen deutlich, wo Keaton als blutverschmierter Arzt mit einem überdimensionierten Messer auftritt, das er schärft, als wolle er einen Feiertagsbraten zerlegen7.

TH: Die surrealen Szenen sind hauptsächlich in Arbuckles Traum integriert, den er hat, während er vom Äther betäubt ist. Was die Frage aufwirft, ob man während einer Operation tatsächlich träum. Ansonsten wäre auch die Idee des Traums an sich surrealistisch.

Die berühmte Flirtszene: Keaton lächelt!

Die wohl berühmteste Sequenz des Films ist die lange Flirtszene zwischen dem als Krankenschwester verkleideten Arbuckle und Dr. Keaton. Mehrere Kritiker heben diese Szene besonders hervor: „Eine interessante Szene ist, wenn Arbuckle sich als weibliche Krankenschwester verkleidet und dann mit Buster Keatons Arzt zu flirten beginnt. Szenen, in denen Buster so lange lächelt, sind wirklich selten“13.

Die Szene ist tatsächlich bemerkenswert, da Keaton später für sein unbewegliches „Stone Face“ berühmt werden sollte. In „Good Night, Nurse!“ zeigt er jedoch eine überraschend ausdrucksstarke Seite: „In diesem Film sehen wir kein bisschen von Keatons üblichem steinernen Gesicht – er ist nachdenklich oder lächelt während des ganzen Films“13.

In dieser Szene stehen Arbuckle und Keaton auf gegenüberliegenden Seiten eines Flurs und machen sich „Goo-Goo-Augen“, streichen schüchtern mit den Zeigefingern über ihre eigenen Lippen und zeichnen in extremer Verlegenheit süße Nichtigkeiten an die Wände, an denen sie jeweils stehen3. Es ist interessant, Keaton als verliebten Mann zu sehen, da seine berühmte Stone-Face-Figur in späteren Solofilmen Frauen bekanntlich nur als notwendige Ärgernisse betrachtete3.

Noch schockierender ist, dass Keaton am Ende der Flirtszene tatsächlich lacht – etwas, das wir in seinen eigenen Filmen nie sehen werden3. Diese seltenen Momente machen den Film zu einem besonderen Dokument in Keatons Karriere.

TH: Ich finde es sehr interessant, dass diese Szene so herausgehoben wird. Ich fand sie gar nicht so exorbitant, und vor allem konnte ich nicht darüber lachen. Womit wir bei einem zentralen Thema wären, aus meiner Sicht: Nachdem ich in „Out West“ tatsächlich zum Lachen gefunden hatte, bis die „Bullet Dance“-Szene kam und es mir im Hals stecken blieb (für den Rest des Films), und ich in „The Belly Boy“ und „Moonshine“ auch einige Szenen gefunden hatte, die Lachen oder starkes Schmunzeln auslöste, ging es mir in „Good Night, Nurse!“ wieder anders, nämlich eher wie bei den 1917er Arbuckle-Keaton-Filmen. Ein bisschen das Gesicht verziehen war das Maximale, was meine Stimmung hergab, und sie war nicht durch außerhalb des Films liegende Umstände negativ beeinflusst (abgesehen von der miesen Grundstimmung, die jeder anständige Mensch in diesen Zeiten immer häufiger verspürt).

Woran lag es? Ich glaube, der satirische Teil war mir etwas zu grob, um darüber lachen zu können, und der Slapstick ist zwar teilweise erstaunlich, unter anderem in der Regen-Eingangsszene, in der Menschen vom Schauersturm von rechts nach links quer durchs Bild bewegt werden, was eine wirklich gute Tricktechnik darstellt und was wir in Keatons Filmen noch häufiger sehen werden. Aber so richtig zum Brüllen fand ich sie nicht. Vermutlich auch, weil ich fortgeschrittenen Alkoholismus nicht für witzig halte.

Mir sind Menschen, die Betrunkene spielen und darauf Gags aufbauen, eher peinlich. Im Grunde könnte ich deswegen Diskriminierungspunkte abziehen, aber wenn wir so vorgehen, kriegen wir keine dieser frühen Komödien mehr ohne Sonderabzüge durch, denn irgendwelche Plumpheiten sind fast immer darin (anders als bei Chaplin übrigens, zumindest in seinen Filmen ab 1915). Es gibt sowieso schon genug davon, vor allem wegen Rassismus. Leider auch in Arbuckle-Keaton-Filmen wie „Out West“. Wenn ich es richtig im Kopf habe, werden Keatons Solo-Komödien allerdings subtiler werden.

Wenn Sie jetzt der Ansicht sind, dieser Mensch sollte keine Komödien rezensieren und auf keinen Fall noch einmal „Dinner for One“ anschauen: Einige Komödien rechnen zu meinen absoluten Lieblingsfilmen (etwa „The Court Jester“ und „Some Like It Hot“ oder „A Night at the Opera“ von den Marx Brothers, „Das Leben des Brian“; es gibt weitere). Es kommt auf so vieles an, was manche Filme haben und andere eben nicht. Und das geht in der Tat bei Komödien weiter auseinander als bei Dramen und anderen Genres.  Und wir sind im Jahr 1918, nicht Mitte der 1930er, in den 1950ern oder gar in den 1970ern. Die Arbuckle-Keaton-Komödien zeigen viel mehr über die Gesellschaft der damaligen Zeit als spätere, wesentlich elaboriertere Filme und auch als das, was Chaplin zur selben  Zeit bereits im Veredelungsmodus produziert hat. Allein, worüber gelacht wurde und wie heutige Rezensenten dazu teilweise noch stehen, als sei – sic! – die Zeit stehen geblieben, ist sehr aufschlussreich.

Das Lächeln von Keaton ist natürlich eine Sensation gewesen, das kann ich mir gut vorstellen. Er hat in den vorherigen Filmen mit Arbuckle durchaus eine intensive Mimik gezeigt, sogar mehr als in „Good Night, Nurse!“. Vor allem in „Oh Doctor!“ war er als der Teenager, den er spielt, mehr oder weniger zum Grimassen schneiden verurteilt, was dazu geführt hat, dass Rezensenten schreiben, dass Keaton hier gegen den Strich gebürstet wird und sein Potenzial nicht genutzt wird. Vielleicht war es aber auch so, dass die beiden Komiker damals verschiedene Varianten durchspielten, um herauszufinden, was am besten ankommt – oder dass Keaton Arbuckle auch mal einen Gefallen tun wollte, weil dieser seine Karriere relativ vorbehaltlos förderte.

Rezeption: Damals und heute

Leider sind kaum zeitgenössische Kritiken aus der Entstehungszeit des Films erhalten oder in den verfügbaren Quellen dokumentiert. Für eine umfassende Einschätzung der damaligen Rezeption fehlen daher die Belege.

Moderne Kritiker betrachten „Good Night, Nurse!“ allgemein als einen unterhaltsamen, wenn auch nicht perfekten frühen Stummfilm. Auf IMDb erhält der Film eine Bewertung von 6,0/101. Eine deutschsprachige Kritik auf filmbooster.de beschreibt den Film als „das bisher beste Werk, das am Anfang der Zusammenarbeit von Fatty Arbuckle und Buster Keaton entstanden ist“ und betont den „Schwung“ des Films sowie den „sehr originellen“ verregneten Anfang und den „schön schwarzhumorigen“ Beginn im Sanatorium4.

Viele Rezensenten heben die kreative Energie und das Zusammenspiel zwischen Arbuckle und Keaton hervor, kritisieren aber die lose Handlungsstruktur. Ein Kritiker schreibt: „Der Film ist ziemlich lose in der Handlung (wie Arbuckles Filme normalerweise), aber dieser hier ist einer der inkohärentesten. Das bedeutet nicht, dass er nicht lustig oder unterhaltsam ist“3. Die verstreute Natur der Handlung und der etwas unbefriedigende Abschluss werden als Schwächen genannt, aber die physische Komik und die einzelnen Szenen werden weitgehend gelobt.

Eine interessante Beobachtung macht ein Rezensent bezüglich des strukturellen Aufbaus: „Jetzt, da der Film aus besseren Komponenten für seine DVD-Veröffentlichung restauriert wurde, erkenne ich, dass es von Anfang an ein bizarres Werk war, eine dunkle Komödie mit einer sehr losen Handlung, die sich wie ein zusammenhangloser Traum entfaltet“3.

TH: In der Tat sind Teile des Films eine Traumhandlung, und da muss es nicht so logisch und kohärent zugehen. Das kam der Arbeitsweise früher Komiker generell entgegen und war 1918 schon ein bekannter Trick, um freier experimentieren zu können. Erstmals habe ich eine solche Sequenz in „Dream of a Rarebit Fiend“ (1906) rezensiert, in dem die surrealistischen Elemente erheblich ausgeprägter sind als in „Good Night, Nurse“. Es kommt nun für die Bewertung innerhalb des bis dahin angesammelten Arbuckle-Keaton-Werks darauf an, ob man die Satire gut findet – denn der Slapstick fällt eindeutig hinter die zuvor benannten früheren Filme des Jahres 1918 zurück.

Ich habe schon angemerkt, dass ich den hier gezeigten Umgang mit Alkoholismus schwierig finde, auch, wenn die Satire ja gerade darauf hindeutet, dass man damals wohl keinen angemessenen Umgang mit dieser Krankheit gefunden hatte und deshalb lieber zum Verbot griff – ausgerechnet während der wilden 1920er. Es hätte besser in die New-Deal-Ära gepasst. Aber, siehe oben, dieser missglückte Versuch der Prohibition hat Legenden der Unterwelt und deren filmischer Aufbereitung geschaffen.

Hätte „Out West“ nicht das Rassismus-Problem, wäre er für mich ganz klar die bessere Parodie auf einen Ort, eine Zeit, auch ein Filmgenre, das es damals schon gab. So actionreich und schnell, so feuerwerkhaft ist „Good Night, Nurse!“ bei weitem nicht. Ich sehe ihn eher auf einer Stufe mit dem Nachfolger von „Out West“, „The Bell Boy“ und knapp hinter „Moonshine“, der eine hübsche Räuberpistole darstellt, ebenfalls mit mindestens einem surrealistischen Element, und sehr herzhaft ist, ohne wieder in erhebliche soziale Untiefen hineinzuwaten.

Historische Bedeutung und kulturelles Erbe

„Good Night, Nurse!“ hat in mehrfacher Hinsicht kulturelle Bedeutung erlangt. Der Film dokumentiert die kreative Partnerschaft zwischen zwei der wichtigsten Figuren der Stummfilmkomödie und zeigt beide in einem interessanten Moment ihrer jeweiligen Karrieren.

Der Ausdruck „Good night, nurse!“ soll durch diesen Film als Redewendung populär geworden sein. Laut einer Rezension bedeutete dieser Ausdruck in den 1920er Jahren „ein katastrophales oder überraschendes Ende“ und stammte aus der Verkleidungsszene in Arbuckles Film7.

Für Keaton markiert dieser Film eine wichtige Phase seiner frühen Karriere. Nach seiner ehrenhaften Entlassung aus der Armee kehrte er zu Arbuckle zurück und erschien in mehreren Filmen, bevor er schließlich seine eigene Produktionseinheit unter dem Filmproduzenten Joseph Schenck erhielt7. Die Erfahrungen und Techniken, die er während seiner Zusammenarbeit mit Arbuckle erwarb, bildeten das Fundament für seine spätere Solo-Karriere.

Ein besonderer Aspekt der Zusammenarbeit zwischen Arbuckle und Keaton, der in „Good Night, Nurse!“ deutlich wird, ist die Synergie, die beide schufen, wenn sie stundenlang Ideen austauschten und diese Witze zu einer kohärenten, aber denkwürdigen Abfolge visueller Kompositionen auf Film erweiterten7. Diese kreative Methode würde Keaton in seinen späteren Meisterwerken perfektionieren.

TH: Der dritte Absatz liest sich, als sei der Film nach Keatons Zeit in der Armee entstanden, das stimmt aber nicht, es war der letzte vor seinem Einsatz. Darauf weist das Premierendatum 7. Juli 1918 hin, im selben Monat ging Keaton zur Armee und nach Übersee. Ich finde aber auch, dass die Zusammenarbeit der beiden immer besser wird, ohne dass Arbuckle bereits seinen Nummer-eins-Status in Gefahr sehen muss. Keatons Figur des blutigen Arztes hätte vielleicht ein anderer Komiker ähnlich spielen können, Arbuckles affektierte Crossdressing-Nummern hingegen sind auf ihre Art sehr besonders, wie sein gesamtes Gepräge, auch dann, wenn er Männerkleidung trägt. Nach meiner Ansicht hätte sein Erfolg auch ohne den berühmten Skandal von 1921 um den Tod einer Schauspielerin namens Virginia Rappe in den 1920ern nachgelassen, wenn er seinen Typ nicht verändert hätte.

Themen und sozialer Kontext

„Good Night, Nurse!“ behandelt mehrere Themen, die sowohl für die damalige Zeit relevant waren als auch heute noch Resonanz finden. Der Film parodiert medizinische Einrichtungen und die damaligen Behandlungsmethoden für Alkoholismus8. Die Darstellung des „No Hope Sanitarium“ mit seinem blutverschmierten Arzt und den fragwürdigen Praktiken ist eine deutliche Satire auf die medizinischen Einrichtungen der Zeit.

Das Cross-Dressing als komisches Element – Arbuckle in Frauenkleidern – war ein wiederkehrendes Motiv in den Filmen dieser Ära und speziell in Arbuckles Werk. Ein Kritiker bemerkt: „Das muss das vierte Mal innerhalb eines Jahres sein, dass Fatty eine Frauenperücke und ein Kleid angezogen hat und mit einem rotwangigen jungen Herrn flirtet“7.

Die surrealen und traumähnlichen Qualitäten des Films reflektieren möglicherweise auch den psychologischen Zustand des Protagonisten, der zwischen Trunkenheit, medizinischer Sedierung und Realitätsflucht schwankt.

TH: Ich habe ebenfalls vier Einsätze von Arbuckle mit Crossdressing gezählt. Mein Favorit ist immer noch die zweite Hälfte seines ersten Films mit Buster Keaton, „The Butcher Boy“, wo er die Schülerin eines Mädchenpensionats spielt.

Ein unterschätztes Kleinod des frühen Slapstick

„Good Night, Nurse!“ ist ein bemerkenswertes Zeugnis früher amerikanischer Filmkomik, das trotz seiner losen Handlungsstruktur und einiger unausgereifter Elemente durch seine kreative Energie, seine schwarzhumorigen Einfälle und das einzigartige Zusammenspiel seiner Stars besticht. Als Gemeinschaftswerk zweier Giganten der Stummfilmkomödie bietet der Film sowohl die Befriedigung eines historischen Interesses als auch genuine Unterhaltung für heutige Zuschauer.

Die bemerkenswerte Mischung aus konventionellem Slapstick und surrealeren, psychologischeren Elementen deutet bereits auf spätere Entwicklungen in Keatons Solo-Karriere hin. Die fantasievolle Traumsequenz wird von Kritikern als sehr gelungen beschrieben und zeigt Keatons wachsenden Einfluss auf die künstlerische Gestaltung der Filme3.

Trotz seiner narrativen Schwächen bietet „Good Night, Nurse!“ zahlreiche denkwürdige Momente, die den Film zu einem lohnenden Erlebnis machen. Die physische Komik landet mit Konstanz, und letztendlich ist das der eigentliche Grund, warum wir uns diesen Film ansehen7.

In der Geschichte des Stummfilms verdient „Good Night, Nurse!“ einen besonderen Platz – nicht als perfektes Meisterwerk, sondern als kreative Kollaboration zweier unvergleichlicher komischer Talente, deren Einfluss auf die Filmkomödie bis heute spürbar ist. Für Liebhaber von Arbuckle und Keaton bietet dieser Film mehr als genug humorvolles und energiegeladenes Material, um ein vergnügliches Filmerlebnis zu garantieren3.

TH: Jeder Arbuckle-Keaton-Film ist ein historisches Dokument, weil es a.) nicht so viele von diesen Filmen gibt wie bei anderen Komikern, die anspruchslose Filmchen schon ab den frühen 1910ern quasi im Wochenrhythmus abdrehten. Das war 1917 schon nicht mehr ganz so üblich, wie auch die von Jahr zu Jahr rückläufige Filmproduktion von Charles Chaplin bezeugt. Es ging bereits um das Perfektionieren und darum, durch Neuigkeiten und Steigerungen ein Publikum bei der Stange zu halten, das langsam verwöhnter wurde.

Ob „Good Night, Nurse!“ für heutige Zuschauer ein genuines Vergnügen beinhaltet, ist Ansichtssache. Da es Kritiker gibt, denen jede Sublimierung aus 100 Jahren, in denen wir gelernt haben sollte, über andere nicht an der falschen Stelle zu lachen und keine Gags zu machen, die auf Diskriminierung aufbauen, fremd ist, wird es auch ein Publikum geben, das so tickt – bei mir überwog das historische Interesse deutlich. 

Die Wiederentdeckung

Der Film wurde 2018 in die „Buster Keaton: The Shorts Collection“ Blu-ray-Box aufgenommen1, was seine anhaltende Bedeutung für Filmhistoriker und -enthusiasten unterstreicht. Diese Restaurierung hat dazu beigetragen, dass moderne Zuschauer den Film in besserer Qualität erleben können als frühere Generationen, die oft mit unvollständigen oder beschädigten Kopien vorlieb nehmen mussten3.

Für heutige Zuschauer bietet „Good Night, Nurse!“ nicht nur einen nostalgischen Blick in die Frühzeit des amerikanischen Kinos, sondern auch ein überraschend zeitloses komisches Erlebnis. Der Film steht als Zeugnis dafür, dass wahre Komik – ob in der physischen Brillanz von Arbuckles Betrunkenen-Darstellung oder in Keatons seltenem Lächeln – die Jahrzehnte überdauern kann.

Finale

TH: Um „Good Night, Nurse” ein wenig besser einschätzen zu können, muss man über das Werk von Arbuckle und Keaton hinausblicken, und da trifft man unweigerlich auf Charles Chaplin. Dieser drehte1918 schon Filme wie „A Dog’s Life“, der zwar nur unwesentlich länger ist als die üblichen Arbuckle-Keaton-Filme, aber ihnen gegenüber handlungsseitig wie ein kompletter Spielfilm wirkt. Der Film erhält zu Recht 7,6/10 von den Nutzer:innen der IMDb und liegt damit um Meilen, kann man sagen, vor „Good Night, Nurse“. Deswegen wollen wir die filmhistorische Bedeutung von Letzterem nicht marginalisieren, obwohl dieses Mal kein Gag enthalten ist, den Chaplin später adaptiert hat, zumindest fiel mir keiner auf. Eher schon wirkt die „Verliebtes-Schäkern-Szene“ zwischen Keaton und Arbuckle, als wolle man Chaplins bereits etablierten Stil der charmant-kindlichen Verlegenheit neben der untauglichen Alkoholismus-Behandlung gleich mitparodieren. Das ist auch erlaubt, denn Chaplins Tramp hatte zu der Zeit einen Hang ins Kitschige entwickelt, auch wenn es auf allerhöchstem, eben doch berührendem Niveau ausgeführt war.

Wir gehen aber etwas höher als die IMDb-Nutzer:innen.

65/100

2025 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Quellen

  1. https://www.imdb.com/de/title/tt0009123/
  2. https://www.youtube.com/watch?v=h14WtHjQlTE
  3. https://www.imdb.com/title/tt0009123/reviews/
  4. https://www.filmbooster.de/film/24763-good-night-nurse/kritik/
  5. https://en.wikipedia.org/wiki/Good_Night,_Nurse!
  6. https://www.imdb.com/de/title/tt0008961/
  7. https://www.imdb.com/de/title/tt0009123/reviews/
  8. https://derwahlberliner.com/2025/02/28/out-west-usa-1918-filmfest-1271-keaton-busterkeaton-dgr/
  9. https://www.videobuster.de/trailer/48586/buster-keaton-alle-kurzfilme-1917-1923-trailer
  10. https://mubi.com/de/us/films/good-night-nurse
  11. https://silentlocations.com/2017/07/29/arbuckle-keaton-the-good-night-nurse-hot-springs/
  12. https://aurorasginjoint.com/2013/03/24/good-night-nurse-1918/
  13. https://www.youtube.com/watch?v=xwyoAsmlbJE
  14. https://www.imdb.com/title/tt0009123/
  15. https://silentfilm.org/fatty-buster-the-comique-world-of-fatty-arbuckle-and-buster-keaton/
  16. https://letterboxd.com/film/good-night-nurse/
  17. https://silentology.wordpress.com/2017/07/25/thoughts-on-moonshine-and-good-night-nurse/
  18. http://www.threemoviebuffs.com/review/good-night-nurse.html
  19. https://www.film.at/keaton_arbuckle_2
  20. https://www.cineamo.com/de/filme/good-night-nurse
  21. https://silentlocations.com/category/roscoe-arbuckle/
  22. https://www.rottentomatoes.com/m/good-night-nurse
  23. https://de.wikipedia.org/wiki/Roscoe_Arbuckle
  24. https://de.wikipedia.org/wiki/Buster_Keaton
  25. https://www.wikiwand.com/de/articles/Buster_Keaton
  26. https://www.film.at/good_night_nurse
  27. https://salesonfilm.blogspot.com/2010/06/buster-fatty-good-night-nurse-1918.html
  28. https://www.youtube.com/watch?v=mXWl3kL3h4E
  29. http://discover.khm.de/discovery/fulldisplay?docid=alma990000521580106473&context=L&vid=49HBZ_KHM%3AVU1&lang=de&search_scope=MyInstitution&adaptor=Local+Search+Engine&tab=LibraryCatalog&query=creator%2Cexact%2CArbuckle%2C+Roscoe%2CAND&facet=creator%2Cexact%2CArbuckle%2C+Roscoe&mode=advanced&offset=0
  30. https://archive.org/details/GoodNightNurse1918
  31. https://www.videobuster.de/trailer/48586/buster-keaton-alle-kurzfilme-1917-1923-trailer
  32. https://mubi.com/de/at/films/good-night-nurse
  33. http://www.alewand.de/inter/dvd09.htm
  34. https://en.wikipedia.org/wiki/Good_Night,_Nurse!
  35. https://www.imdb.com/de/title/tt0009123/
  36. https://www.youtube.com/watch?v=h14WtHjQlTE
  37. https://www.youtube.com/watch?v=Dr_JA261umQ

[39] Die Handlung gemäß Gute Nacht, Schwester! – Wikipedia: Ein betrunkener Arbuckle läuft in einer deprimierenden, regnerischen Nacht durch die Straßen, zu betrunken, um zu merken, dass er vom Regen durchnässt wird. Wiederholt wird ihm aufgrund seines betrunkenen Zustands der Zutritt zu einer Drogerie verweigert und er ist gezwungen, im Regen zu bleiben. Er freundet sich mit einem Betrunkenen an, den er nach Hause schicken will, indem er seine Adresse auf sein Hemd schreibt, sein Gesicht mit Briefmarken bedeckt und ihn auf einen Briefkasten legt. Er freundet sich mit zwei Straßenkünstlern an, die ihm trotz des strömenden Regens die Nationalhymne vorspielen, und lädt sie zur Belohnung ein, in seinem Haus Schutz vor dem Regen zu suchen. Als Arbuckle mit seinen neu gefundenen Freunden im Wohnzimmer feiert, wird seine Frau von dem Affen des Paares geweckt. Wütend wirft seine Frau die Straßenkünstler raus und verkündet, dass sie Arbuckles betrunkenes Verhalten satt hat. Als sie von einer Operation liest, die angeblich Alkoholismus heilen soll, befiehlt sie Arbuckle, sich der Operation zu unterziehen oder aus dem Haus geworfen zu werden.

Das Krankenhaus entpuppt sich als Sanatorium. Arbuckle ist entsetzt, als der Arzt, der seine Operation durchführen soll (Keaton), mit blutverschmierter Schürze auftaucht. Arbuckle und eine Patientin (Alice Lake) versuchen zu fliehen, werden aber schnell gefasst. Die Ärzte raten Arbuckle, sich dem Mädchen nicht mehr zu nähern, da sie für verrückt gehalten wird. Arbuckle wird in den Operationssaal 13 gebracht. Als sich die Ärzte auf die Operation vorbereiten und nachdem Arbuckles Versuch, die Operation zu verschieben, indem er eine Uhr in sein Hemd steckt, um die Ärzte glauben zu lassen, dass er einen unregelmäßigen Herzschlag hat, fehlschlägt, erhält Arbuckle ein Narkosemittel und wird bewusstlos.

Einige Zeit später erwacht Arbuckle und beschließt, aus dem Sanatorium zu fliehen und stößt auf die Patientin von seinem früheren Fluchtversuch. Sie versucht, Arbuckle davon zu überzeugen, dass sie nicht verrückt ist und dass sie sich irrtümlich eingewiesen hat. Sie werden von Ärzten in die Gemeinschaftsstation verfolgt und es kommt zu einer massiven Kissenschlacht zwischen den Insassen und den Wärtern, bei der Arbuckle und das Mädchen entkommen können. Als er sich sicher ist, fragt Arbuckle das Mädchen, ob er noch etwas für sie tun kann. Sie bittet ihn, ihr zu helfen, wieder ins Sanatorium zu kommen. Als Arbuckle erkennt, dass das Mädchen wirklich verrückt ist, lässt er sie fallen, indem er in einen nahegelegenen Teich springt und so tut, als würde er ertrinken, was das Mädchen zwingt, um Hilfe zu holen. Die Ärzte nehmen die Verfolgung auf und bei einem Fluchtversuch findet sich Arbuckle wieder im Sanatorium wieder. Erneut versucht er zu fliehen, diesmal indem er sich als Krankenpfleger verkleidet. Die Freiheit in Sichtweite trifft Arbuckle auf Keaton, der glaubt, dass Arbuckle eine echte Frau ist, und beginnt, mit ihm zu flirten. Arbuckle lässt sich darauf ein, um seine Tarnung nicht auffliegen zu lassen. Bald darauf trifft die Krankenschwester ein, deren Uniform Arbuckle trägt, und lässt seine Tarnung auffliegen. Arbuckle macht sich auf den Weg und wird von Keaton über eine Farm auf eine Strecke verfolgt, auf der ein gesponsertes Rennen stattfindet. Arbuckle schafft es, die anderen Läufer bis zur Ziellinie zu schlagen und wird zum Sieger erklärt. Er erhält das Preisgeld, mit dem er sich Alkohol kaufen kann, doch die Ärzte spüren ihn erneut auf. Arbuckle versucht ein letztes Mal wegzulaufen, wird aber von den Ärzten zu Boden gerungen. Die Szene wechselt plötzlich zurück ins Krankenhausbett, als die Ärzte Arbuckle nach seiner Operation wachrütteln und enthüllen, dass der ganze Fluchtversuch nicht mehr als ein Traum war.

[40] In einer Hinsicht ist Buster Keaton ein Bruder im Geiste: Er hat viel getan, um das Komödienkino zu innovieren, besonder im Bereich anspruchsvoller Slapsticks und Sketche mit viel Akrobatik und einigen filmischen Tricks. Wir implementieren bereits seit einige Zeit KI-gestützte Abschnitte in unsere Rezensionen, um vor allem zusätzliche Informationen schnell und sicher zu recherchieren und für Sie, unsere Leser aufzubereiten. In der vorliegenden Rezension gehen wir erstmals so vor, dass wir eine DeepSeek-Anfrage zum Ausgangspunkt machen und unsere Eindrücke damit abgleichen. Bisher haben wir zunächst aufgeschrieben, was uns aufgefallen war und wie wir einen Film einschätzen, und dann im Discovery-Modus nach weiteren Informationen gesucht, die dann unsere Ansichten bestätigten – oder auch nicht, was wir wiederum besprochen haben. Mit diesem Vorgehen zählen wir sicher zu den innovativeren Kritikern, wobei wir diese Formatinnovation nicht immer anwenden werden. Die von uns geschriebenen Abschnitte des Rezensionsteils sind mit (TH) gekennzeichnet.

 


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