#FridaysForFuture vs. #MondaysForEconomy – das wird man doch noch sagen dürfen. Kommentar. / #247ForEconomy #FDP @fdp #BPT19

2019-01-05 kommentar aktuelles formatEines hat die FDP heute geschafft. Mit #MondaysForEonomay hat sie sich an die Spitze der trendenden oder trendigen Twitter-Hashtags gesetzt. 

Die Reaktionen auf die neueste Idee von dem Mann, der am liebsten das Grundgesetz verstümmeln lassen würde, damit bloß niemand der Immobilienwirtschaft in die fette Renditesuppe spucken kann, sind enorm, von entrüstet bis amüsiert. Wir gehen das hier nicht alles durch, binden nur ein nettes Beispiel ein, das auf viele andere verweist, weil es bereits diesen „Gegen-Account“ gibt.

Als erstes fordern wir natürlch, dass wir von der FDP entweder eine Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber bekommen, die erklärt, dass demonstrieren für die Ökonomie als Arbeitszeit zu gelten hat, wahlweise etwas aus der MFE-Streikkasse, die aus den Schwarzen Kassen gewisser wirtschaftsfreundlicher Parteien herausgelöst wurde. Jetzt ohne Quatsch, wenn man diese FDP-Idee als Spiegelung der FFF-Bewegung ansehen würde, würde zunächst einmal die Volkswirtschaft leiden, vor allem an Montagen.

Nun wollen wir aber doch noch ein paar ernst gemeinte Zeilen schreiben, die waren schon geplant, bevor wir den neuesten FDP-Gag entdeckt haben, lassen sich damit aber hervorragend verbinden. Was macht eigentlich die Priorität einer Form von Ökonomie, die doch mal Wohlstand für alle schaffen sollte, vielen Menschen mittlerweile suspekt?

Das hier zum Beispiel.

Stellen wir heute also mal nicht das Klima in den Vordergrund, obwohl natürlich auch die Abholzung der Regenwälder ihre Auswirkungen auf das Klima hat, das kann man auch in dem kurzen ZEIT-Artikel nachlesen.

Ist es vorstellbar, dass angesichts der schon prekären ökologischen Situation jedes Jahr eine Regenwald-Fläche in der Größe von Bayern und Niedersachsen zusammen weltweit gerodet wird und auf Nimmerwiedersehen verschwindet? Selbst ein panische Wiederaufforstung, nachdem alle erkannt haben, dass die FDP nicht richtig liegt mit ihrem ewigen Mantra vom Wachstum am freien Markt auf Kosten aller Ressourcen, würde die gewachsenen Ökosysteme nicht restituieren können.

Die FDP und einige andere arbeiten daran, weiterhin den Planeten auf Kosten der Zukunft auszubeuten, die von #FridaysForFuture in den Blick genommen wird. Das Ganze ist auch deshalb eine lächerliche Gegenkampagne, weil die Ökonomie zur Zeit tausendmal mächtiger ist als alle diese nervigen NGOen und Aktivist_innen, von denen man oft den Eindruck hat, sie bewirken alle zusammen nicht einmal das, was Greenpeace in Zeiten erreichen konnte, als die Ausbeutungsökonomie noch nicht ganz so  unter Druck stand wie heute. Vor allem relativ gesehen zum vorherigen Zustand, in dem ökologisches Bewusstsein noch gar keine Bedeutung hatte.

Jetzt dämmert es aber durch diese Grundlagenarbeit einigen Menschen. Anstatt, dass die FDP uns eine #EconomyForFuture anbietet, auf die wir uns mit einigermaßen gutem Gewissen vereinbaren könnte, blödelt sie ihr bekanntes Mantra herunter. Sie soll ja auch nicht die Grünen kopieren, das Klientel zeigt ohnehin immer deutlichere Ähnlichkeiten.

Wir haben mehrfach geschrieben, wir sehen durchaus die Vorteile einer Partei wie der FDP, weil sie als Gegner sehr greifbar ist, da gibt es keine zwei Meinungen, man weiß, mit wem und mit welchen falschen Ansichten man es zu tun hat. Man kann sie und ihre Positionen, die von Jahr zu Jahr mehr ihre Schwächen offenbaren, auseinandernehmen, aber man ekelt sich dabei nicht so wie bei der SPD, die einen Verrat an ihren treuen Wähler_innen nach dem anderen begeht.

Denn es ist ja auch fair und demokratisch, dass es eine Gegenposition zur Vernunft gibt und man erwartet im Grunde von der FDP auch, dass sie etwas wie #MondaysForEconomy erfindet. Für diese Polarisierung und Klarstellung möchten wir der FPD danken. Aber das war es noch nicht ganz.

Es gibt etwas, das wir nicht verschweigen dürfen: Die etwa 8 Prozent Stammwählerpotenzial, welche die Liberalen in Deutschland etwa versammeln können, haben einen weit überproportionalen Einfluss auf das Land, weil sie wirtschaftlich weitaus stärker als der Bevölkerungsdurchschnitt sind. Daher kann man die Ideen der Gelben, so klamaukig sie manchmal wirken, nicht ernst genug nehmen. Und so, wie heute die Einflussreichen über die Mehrheit dominieren, wird es vielleicht zu einer Situation kommen, in der wir dieses Schema nicht mehr tolerieren dürfen. Denn unsere Form der Demokratie geht davon aus, dass jede Stimme gleich viel wiegt. Das ist aber nicht so.

Das Kapital stellt hinter jede Stimme, die sich bei Wahlen darin ausdrückt, dass die FDP regelmäßig in den Bundestag einzieht und natürlich auch hinter viele Stimmen, welche die Union erhält, unzählige Vermögensmilliarden, mit denen das Land an der Bevölkerung vorbei weiter kopflos vorangetrieben wird. Es würde auch gar nichts ausmachen, wenn es eine Partei, die Hashtags wie #MondaysForEconomy erfindet, gar nicht gäbe. Das Kapital hat ja noch die Union und es hat die SPD zerbröselt, die Grünen gut durchmischt und schiebt sich immer mehr in die LINKE hinein, auch wenn diese offiziell keine Industriespenden (sehr wohl aber solche von Privaten) annehmen sollte.

Aus diesem Grund ist #MondaysForEconomy ein hochgradig gefährlicher Begriff. Denn in diesem Land, gleich, welche der Mainstream-Parteien man wählt, ist jeden Tag und nicht nur montags ein Tag der Ökonomie und an jedem dieser Tage arbeitet das Kapital daran, seine Übermacht zu verstärken. Deshalb gibt es für viele auch kein Wochenende und keine auf Arbeitnehmerorganisation aufbauende Stundenbegrenzung mehr. Deshalb haben viele Erwachsene gar nicht die Kraft, die Substanz und trauen sich auch nicht, sich bei FFF einzureihen. So wird aus etwas, das satirische Überlegungen auslöst, je langer wir darüber schreiben, etwas, das eine immer mehr bedrohliche und düstere Form annimmt. Der Witz oder Nicht-Witz ist ja gerade, dass hier suggeriert wird, die Ökonomie hätte auch mal einen Tag nötig, an dem ihrer gedacht wird. In Wirklichkeit gibt es keinen Tag, an dem sie sich nicht in den Köpfen der Mehrheit befindet und diese Mehrheit ihr folgen muss, weil die Welt weit überwiegend nach FDP-Logik und nicht solidarisch organisiert ist.

Ihr habt doch alles, ihr gelben Herrscher der Welt und des Marketings fürs Kapital. Ihr habt #247ForEconomy, was wollt ihr noch von uns? Was könnten wir  uns erholen, wenn wir künftig montags für die Wirtschaft demonstrieren gingen, anstatt ihr zu dienen.

© 2019 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

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