Wir setzen wieder alles auf Null und fangen von vorne an. Bei einigen Kämpfen, die geführt wurden, kennen wir noch nicht die Ergebnisse, aber wir müssen heute einen neuen Verdrängungsfall in Friedrichshain melden.
Es handelt sich um die Holteistraße 19 und 19a. Das Haus liegt im Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz und ganz in der Nähe haben wir bereits zwei kämpfende Häuser mit unseren Berichten begleitet: Die Boxhagener Straße 32 und die Krossener Straße 36, die wir deshalb auch im Titel adressieren und um Unterstützung und Weiterleitung bitten.
Die kämpfende Gemeinschaft der Holteistraße hat gerade ihre Internetpräsenzen eröffnet, am 1. Juli die Webseite und kürzlich den Twitter-Account, über den wir nun verbunden sind.
Auf der Webseite steht alles etwas ausführlicher, wir fassen hier für unsere Leser*innen zusammen:
- 21 Mietparteien und
- 1 Kita (Infos zu dieser Kita sind hier zu finden)
- wohnen in der Holtstraße 19 und 19a
- im Milieuschutzgebiet Boxhagener Platz und
- bitten dringend den Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt,
- das bezirkliche Vorkaufsrecht
- zugunsten einer städtischen Wohnbaugesellschaft auszuüben,
- denn der neue Eigentümer, von dem die Hausgemeinschaft vor zwei Wochen vollkommen überrascht wurde,
- macht den Eindruck, als ob er die Umwandlung der Miethäuser in Eigentumswohnungen vornehmen will.
Leider stimmt es, dass Milieuschutz nicht vor Umwandlung bewahrt. Deshalb ist es wichtig, diese Gesetzeslücke endlich zu schließen, unter anderem, damit der hoffentlich kommende Mietendeckel nicht dazu führt, dass die Umwandlungstätigkeit sich weiter beschleunigt, die ohnehin in Milieuschutzgebieten auffällig rege ist. In Neukölln wurde kürzlich erstmals eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnet, die auch Gewerbe umfasst, aber wir sind der Meinung, der Vorkauf muss vorrangig angestrebt werden. Wer sich über dieses Instrument informieren möchte, die Hausgemeinschaft der Schöneweider Straße 20 in Neukölln hat ein sehr schönes Tutorial dazu erstellt.
Die Mieter_innen der Holteistraße 19, 19a sind bereits gut informiert, wie man auf ihrer Internetpräsenz nachlesen kann, und haben die Gründe dafür benannt, warum die Ausübung des bezirklichen Vorkaufsrechts immer schwieriger wird: Der spekulative Preisauftrieb bei den Immobilien hält weiter an, Wohnungsbaugesellschaften des Landes Berlin können bei diesen Preisen häufig nicht mehr mitgehen, weil das Wohnen bei ihnen günstiger sein soll als bei privaten Vermietern.
Insofern begrüßen wir jedes Instrument, das diesen Auftrieb bremsen kann, und sei es dadurch, dass der Immobilienmarkt durch den Mietendeckel oder / und das laufende Volksbegehren zur Enteignung eine Korrektur erfährt. Auch die harte Nuss, dass Vorkaufsrechte unterhalb des derzeitigen spekulativen Marktpreises ausgeübt werden können, ist noch zu knacken.
Dies alles macht die derzeitigen Häuserkämpfe so schwierig für die Betroffenen, der Ausgang stets ungewiss. Die Lage, wie sie von der Regierungspolitik im Bund leider geschaffen wurde und im Wesentlichen aufrecht erhalten wird, ist nach wie vor unerbittlich den Mieter_innen gegenüber. Sie ist jedoch umso verlockender für spekulative, mietentreibende, umwandelnde, herausmodernisierende Investoren aus aller Welt, die den Menschen in Berlin das Recht auf Wohnen streitig machen wollen.
Die häufigen Verkaufsfälle im Milieuschutz, die jedes Mal Stress und Existenzängste bei den Bewohner_innen hervorraufen, sind zudem der klare Beweis dafür, dass „bauen, bauen, bauen“ ein grob verkürzender, wenn nicht scheinheilliger Ansatz zur Lösung der Wohnungskrise ist.
Es geht ums Bleiben und darum, Kieze, soziale Netzwerke und gewachsene Infrastrukturen zu erhalten. Das ist schließlich der Zweck des Milieuschutzes. Wird das Milieu der Holteistraße geschützt werden? Wir hoffen das Allerbeste für die neue Kampfgemeinschaft in den Zeiten des Berliner Mietenwahnsinns.
Heute unsere Solidarität mit der Holteistraße 19, 19a!
TH
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