Wir haben noch mehr in Köcher, was belegt, dass die Demokratie in Gefahr ist, durch eine Lobbykratie ersetzt zu werden – aber erst einmal das Folgende, aus dem aktuellen Newsletter von Abgeordnetenwatch, an uns gesendet am 31.05.2020:
Ein kurzer Kommentar von uns findet sich im Anschluss:
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Die CDU hat erneut eine Großspende aus der Immobilienbranche erhalten. Der Kölner Unternehmer Wolfgang von Moers, Inhaber einer Immobilien- und Projektentwicklungsfirma, überwies der Partei Anfang Mai 70.000 Euro. In der Vergangenheit hatte von Moers auch SPD und AfD finanziell unterstützt. Seine AfD-Spenden von 2016 und 2017 begründete er gegenüber einer Zeitung damit, durch Druck von außen eine Kurskorrektur bei der CDU erzielen zu wollen. So gut wie alle Großspenden an Bundestagsparteien im laufenden Jahr weisen einen Bezug zur Immobilienindustrie auf. Auf der Internetseite des Bundestags werden insgesamt sechs Zahlungen aufgelistet – fünf davon stammen von Immobilienunternehmern, die insgesamt 624.000 Euro spendeten. Viermal profitierte die CDU, eine Spende ging an die AfD. Großspenden von mehr als 50.000 Euro müssen unverzüglich im Internet veröffentlicht werden. Spenden unterhalb dieser Schwelle erscheinen erst mit großer Verzögerung in den Rechenschaftsberichten der Parteien. |
Kommentar
Es gibt auch innerhalb der CDU-Bundestagsfraktion durchaus verschiedene Ansichten zum Thema Mieterschutz, aber leider kommen ausgerechnet aus Berlin die besonders neoliberalen Stimmen, z. B. in Person von Dr. Jan-Marco Luczak, dem Abgeordneten aus unserem Bezirk Tempelhof-Schöneberg.
Auf den ersten Blick verwunderlich: Dass Großspender so offen vorgehen. Man könnte z. B. zwei Spenden von jeweils 35.000 Euro vornehmen. Aber vielleicht ist die Idee einiger Spender tatsächlich, öffentlich Druck zu erzeugen, wie es der Herr von Moers aus Köln vorhatte, indem er der CDU seine Spendenliebe (teilweise) entzog und sie der AfD zukommen ließ. Aus Berliner Sicht ist das ohnehin ein Investment in dieselbe Richtung. Auf Bezirksebene gibt es schon Kollaborationen zwischen FDP, CDU und AfD und wenn es die Mehrheitsverhältnisse hergeben würden, da sind wir ziemlich sicher, könnte lediglich ein Machtwort der Kanzlerin verhindern, dass ausgerechnet Berlin, der Sitz der Bundesregierung und derzeit als Bundesland fest in der Hand einer Mitte-Links-Koalition, blau-schwarz-gelb regiert wird oder irgendeine Tolerierungsform zustande käme, nur, um R2G abzulösen.
Wer in Berlin CDU oder FDP wählt, wählt die AfD, das muss den Menschen in dieser Stadt klar sein.
Irgendwann, irgendwo wird diese Melange in die Dose gefüllt werden, die in Thüringen an jenem verhängnisvollen 5. Februar 2020 geöffnet wurde. Dieses Datum werden wir wohl für immer aus dem Gedächtnis abrufen können.
Die Immobilienindustrie, die ein besonders rechtskonservatives Gepräge hat, wird diesen Wechsel fördern und später freundlichst begleiten.
Die großen, publikationspflichtigen Spenden sind also möglicherweise auch Markierungen oder gewollte Statements, an die Bedachten und gleichermaßen ans interessierte Publikum gerichtet: Wir unerstützen diese oder jene rechtsliberalkonservative Kraft, dafür erwarten wir selbstverständlich etwas und wir legen diese Erwartung auch offen. Jeder darf sehen, worauf dann bestimmte politische Entscheidungen gegen die Mehrheit zurückzuführen sind.
Genau das tut Herr von Moers aus seinem kapitalistischen Selbstverständnis heraus, wenn er sich als jenseits der demokratischen Modaliäten wirkender Influcener mit Einwirkungsmöglichkeit auf die CDU sieht. Etwas riskant ist das schon, so plump vorzugehen – sollte man denken. Aber funktionieren tut’s bisher prächtig.
TH
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