Crimetime 1076 – Titelfoto © SWF, Wolfgang Pankoke
Floh Ed Wood von Hollywood nach Mainz?
Der gelbe Unterrock ist eine Folge der ARD-Krimireihe Tatort. Die vom Südwestfunk (SWF) produzierte Episode wurde als 109. Tatort-Folge am 10. Februar 1980 in der ARD ausgestrahlt. Es ist der dritte und letzte Fall mit Kommissarin Buchmüller.
Sie haben es tatsächlich getan. Der SWR hat den Tatort Nr. 109 ausgestrahlt. Jenen Film, dem seit seiner Premiere im Februar 1980 konsequent jede weitere Bildschirmzeit verweigert wurde. Für eingefleischte Tatort-Fans war der Abend des 16. Januar 2016 ein besonderer.
Aus qualitativen Gründen und wegen seiner Darstellung von Gewaltphantasien gegenüber Frauen wurde „Der gelbe Unterrock“ also knapp 36 Jahre lang unter Verschluss gehalten. Er gilt als einer der „Giftschrank“-Tatorte, die von ihrem produzierenden Sender bzw. von der ARD mit einem Sperrvermerk versehen wurden. Es kommt wahrlich selten vor, dass diesbezüglich eine Neubewertung erfolgt. Ganz so geheimnisvoll sind leider selbst diese sechs oder sieben Filme nicht, die es bisher getroffen hat, weil sich Youtube als Ersatzbeschaffungsplattform für Filme anbietet, wenn die Zensur uns Filme vorenthalten will. (1) Wir haben aber brav gewartet, bis „Der gelbe Unterrock“ wirklich vom Nachfolger des damals zuständigen Südwestfunks wieder gezeigt wurde. Und wie war’s, mit 100 Minuten bunter Unterwäsche?
Kurzbeschreibung der Handlung
Harry wird während des Mainzer Karnevals verdächtigt, die hübsche Marianne Klefisch ermordet zu haben. Ein Beweis ist der gelbe Unterrock der Frau, der bei dem Kleiderfetischisten gefunden wird. Kommissarin Buchmüller wird bei ihren Ermittlungen vom Vater der Toten behindert, der in den Wirren des Karnevals den vermeintlichen Täter selber richten will. Bei ihren Nachforschungen findet Kommissarin Buchmüller heraus, dass die frühere Freundin des Tatverdächtigen mehr weiß, als sie zugibt. (Handlungsangabe: ARD)
Vollständiger Handlungsüberblick mit Auflösung
Harry Wagner ist ein Kleiderfetischist und psychisch gestört. Ein Anruf veranlasst ihn, zum Hause der Familie Klefisch zu gehen. Er überwältigt die Tochter des Hauses, Marianne, die alleine zu Hause ist. Als ihr Vater in die Wohnung zurück kommt, will Harry sein Opfer zur Ruhe bringen und drückt ihr deshalb ein Kissen ins Gesicht. Marianne liegt leblos im Bett, und Harry flieht. Ihr Vater findet sie kurz darauf tot auf und alarmiert die Polizei.
Bei der Suche nach dem Täter kommt Kommissarin Buchmüller sehr schnell auf Harry Wagner. Auch Mariannes Vater und ihr Freund sind auf der Suche nach Harry, doch er kann im Getümmel des Mainzer Karnevals untertauchen.
Der Polizei gelingt es, Zusammenhänge herzustellen zwischen Harry Wagner und seiner Exfreundin Molly Friedler, die mit Marianne Klefisch sehr gut befreundet war. Tonbandaufnahmen zeigen, dass sie Harry den Auftrag erteilt hat, Marianne aufzusuchen. Beide Frauen hatten in einer Apotheke gearbeitet und sind in Drogengeschäfte verwickelt; Molly wollte Marianne aus dem Weg räumen. Da sie sich auf Harry nicht verlassen wollte, hat sie nachgeholfen und ihren Freund Dorian Specht mit dem Mord beauftragt. (Wikipedia, dort gibt es auch eine sehr ausführliche Beschreibung der Handlung zu lesen.)
Rezension
Wenn ein Tatort wesentlich von anderen abweicht, dann suchen wir immer erst einmal in den Personalien. Wer war für ihn verantwortlich? Bei den NDR-Tatorten der 1970er mit Kommissar Finke als Ermittler hat dieses Suchen nach den Urhebern eines besonderen „Touchs“ dazu geführt, dass wir Fans von Wolfgang Petersen geworden sind.
Der „Gelbe Unterrock“ hat in der Tat auch eine besondere Anmutung. Er wirkt, als habe man im Austausch für deutsche Hollywood-Exporte wie Wolfgang Petersen, Ed Wood nach Deutschland geschickt, um einen Tatort zu machen. Samuel Fuller hat es getan und den Zollinspektor Kressin dabei ins Abseits gestellt, warum also nicht? Leider passt es bezüglich der Zeitschiene nicht ganz. Ein Jahr vor dem Dreh des 3. Buchmüller-Falls ist der „schlechteste Regisseur aller Zeiten“ verstorben.
So weit, so schlecht? Immerhin gibt es Parallelen, auch wenn ED Woods bekanntester Film „Plan 9 From Outer Space“ ein SF war und kein Krimi. Aber auch er hat nach seinen Reinfällen weiterhin zumindest fürs Fernsehen geschrieben. Das tat auch der Autor und Regisseur von „Der gelbe Unterrock“, Kristian Kühn bis etwa 1987, obwohl ihm das Produkt „Der gelbe Unterrock“ vollumfänglich anzulasten ist. Alle drei Tatorte mit Marianne Buchmüller als mit dem hiesigen Opfer vornamensgleicher Kommissarin haben wir mittlerweile gesehen und sie gelten alle nicht als Highlights der Tatort-Reihe, auch nicht der 1970er. Die erste weibliche Person, die am Fernseh-Tatort ermitteln durfte, hatte kein großes Glück mit den Büchern und Inszenierungen, die man für sie erdachte. Es wirkt dadurch, als habe man dieser Pionierin des heute zum Mainstream gewordenen Krimi-Feminismus nicht den Gefallen tun wollen, sie mit Topregisseuren und –autoren stark herauszubringen.
Verantwortlich für die Produktion war beim SWF aber bereits eine Frau, kein Mann, der vielleicht auf Sendergeheiß etwas hätte machen müssen, was ihm nicht lag. Wir glauben eher, dass es an grundsätzlicher Krimikompetenz gemangelt hat und deren Opfer mehr zufällig die Kommissarin Buchmüller wurde. Spuren für diese These finden sich nicht nur in „Der gelbe Unterrock“, wenngleich dieser von den anderen beiden Buchmüller-Filmen „Hochsitz“ und „Mitternach, oder kurz danach“ absticht.
„Der gelbe Unterroc“ ist auch nicht deswegen ein typischer 1970er-Tatort, weil recht langsam gefilmt und in deprimierenden Brauntönen gehalten. Richtig ist lediglich, beides war damals ein Kennzeichen vieler Filme der Reihe. Gerade um 1980 herum hatte das Triste, das dieser Film ausstrahlt, wohl seinen Höhe- oder Tiefpunkt erreicht, und wenn es so weitergegangen wäre, dann würden wir nicht auf mittlerweile 46 Jahre Tatortgeschichte blicken. Wir würden nicht so viel Lebenszeit mit dieser Reihe von Fernseh-Krimis verbringen. Der „Tatort“, der sich immer wieder erneuert hat und wie er heute ist, hat es verdient, Fans zu haben, die sich intensiv mit ihm als Krimi, aber auch als Zeitbild auseinandersetzen.
Nur, welches Zeitbild vermittelt „Der gelbe Unterrock“? Vorsicht ist angebracht, wenn man das analysieren will. Wir gehen eher davon aus, dass er weniger Zeitgeist vermittelt als ein „im Rahmen liegender“ Film der Reihe.
Einige seiner Merkmale entsprechen gerade nicht dem, was damals in der Reihe üblich war. Zum einen ist hier ein Overacting zu bestaunen, das alle Darsteller nicht nur an der Rand der Lächerlichkeit treibt, sondern einige mitten hinein, sodass wir uns richtiggehend fremdgeschämt haben. Der einzige, der sich nicht beirren lässt, ist der coole Rolf Zacher, der gerade in diesem schauspielerischen Umfeld wie ein leider allzu kurzer Lichtblick daherkommt.
Wir kritisieren die Leute vor der Kamera nur, wenn es gar nicht anders geht, weil wir immer zunächst die Verantwortlichen im Blick haben, die Schauspieler eben so führen sollten, dass dabei mindestens etwas Annehmbares herauskommt. Mit ARD-Vertragsschauspielern der Tatort-Klasse, die häufig auch in Einzel-Fernsehfilmen tragende Rollen spielen oder gar fürs Kino tätig sind, kann man das normalerweise auch. Wenn diese wirken, als stünden sie neben sich, liegt es also daran, dass sie der Regie nicht vertrauen, die Erfahreneren unter ihnen oft auch nicht den Drehbüchern. Wir haben das eine oder andere Mal beobachtet, dass langgediente Top-Darsteller der Reihe erkennen lassen, dass sie zwar Profis sind und die Arbeit nicht verweigern wollen, aber auch nicht jede schwache Szene mit der gleichen Lust abdrehen wie eine, in der sie sich mehr repräsentiert fühlen.
Schauspieler wissen sehr wohl, ob sie gute, glaubwürdige Dialoge sprechen, von denen sie wissen, dass sie damit beim Publikum gut ankommen werden. Gerade bei den Dialogen zeigen viele Tatorte und überhaupt deutsche Fernsehfilme Schwächen. Und die Darsteller in „Der gelbe Unterrock“ wirken so, dass man sie entweder als irritiert bezeichnen muss oder sie wollten schnell durch die Sache durch und haben dem Regisseur und Autor den Gefallen getan, zu machen, was er von ihnen verlangte und dabei gehofft, dass sie sich die Karriere nicht beschädigen. Apropos Karriere: Barbara Sukowa war’s also doch, in einer kleinen Nebenrolle, hatten wir das also richtig gesehen. Viele der Schauspieler waren uns allerdings sogar namentlich unbekannt. Ein Tatort mit aktuellen oder angehenden Stars, und sowas gab es in den 1970ern durchaus schon, als Götz George oder Jürgen Prochnow in einzelnen Filmen mitwirkten, ist „Der gelbe Unterrock“ also nicht. Barbara Sukowa natürlich ausgenommen, aber ihre Rolle ist wirklich klein und sie hat nur einen oder zwei Sätze zu sprechen.
Dass wir mit den Handlungen so manchen Tatorts Probleme haben, ist unseren regelmäßigen Lesern auch bekannt, aber heute reißen es Regie und Darsteller oft noch bis auf ein gewisses mittleres Niveau nach oben. Schwierig wird das natürlich, wenn die erste Kontrollinstanz fehlt, weil Regie und Autorenschaft in Personalunion vereint sind. Das kann super funktionieren, manche großen Filmkünstler als „Autorenfilmer“ gehören zum Besten, was das Kino hervorgebracht hat. Jedoch, wenn das Talent nicht einmal vorhanden ist, auch nur eine von beiden Positionen zu stemmen, ist das Desaster größer, als wenn es einen Ausgleich und wechselseitige Kontrolle durch Verantwortungsteilung gibt.
Und das Buch von „Der gelbe Unterrock“ ist mit das Schlimmste, was wir bisher überhaupt gesehen haben, nicht nur tatortseitig. Dabei kommt sicher zum Tragen, dass wir uns nicht jeden actionmäßig aufgemotzten Trash ansehen, aber es ist schon bemerkenswert, wie völlig losgelöst von psychologischer, emotionaler, handlungstechnischer Glaubwürdigkeit hier gefilmt wurde. Nicht alle Tatorte der 1970er waren so sorgfältig gearbeitet wie z. B. die Finke-Filme es sind, und selbst die sind plotseitig nicht perfekt, aber wie man jede Sorgfalt dermaßen außer Acht lassen, Szenen nicht durchdenken und inhaltlich-optisch so unglaublich rudimentär gestalten kann; dies auf Basis eines Plots, bei dem wir eher nach stimmigen Elementen als nach Fehlern suchen müssen, das wird uns bei allen Versuchen, mehr zu spekulieren als zu analysieren, warum hier so viel Negatives zusammenkam, ein Rätsel bleiben. Man hat die falschen Leute rangelassen, ist ein ebenso simples wie offensichtliches Ergebnis der Betrachtung.
Es geht schon damit los, dass in einem düster-tristen Zweipersonen-Haushalt von Mutter und Sohn Letzterer so mit sich selbst spricht, dass wir Mühe hatten, ihn zu verstehen. Das Genuschel am Tatort ist also auch keine neue Erfindung, aber damals war es sicher kein Stilmittel, das den Zuschauer ein wenig fordern soll, wie es einige Tatortschienen heute für opportun halten. Es ist ein technischer Mangel. Wir sehen im Weiteren, wie sich ein Täter und ein Opfer auf eine schon beinahe lustig-absurde Weise miteinander abgeben, wobei der titelgebende gelbe Unterrock als Fetisch letztlich nicht ausgespielt wird. Gelb ist in der Regel keine Fetischfarbe, aber es gibt ja immer Ausnahmen von der Regel. Aber zudem ist ein gelber, langer Rock, also ein Oberbekleidungsstück, wie wir es später sehen an der Frau sehen, die Harry im Karnevalstreiben oder daneben anmacht, keine Unterwäsche, auch wenn die Farbe seinem Muster entspricht. Gelb ist vielleicht das neue Schwarz oder Rot. Wir haben uns beinahe gewundert, dass Harry nicht die Telefonzelle als Lustobjekt auserkoren hat, an welcher er mit seinem möglichen zweiten Opfer vorbeikommt.
Von Frau Buchmüllers Sternzeichenkunde anhand eines dummerweise vom einzigen Todesopfer verschluckten Anhängers bis zu ihrem mehr als zweifelhaften Rückschluss auf den Freund der Wahrsagerin und besonders auf dessen Motiv, inklusive der Beschaffung von Rauchgift für 3000 Euro, nur, um ein Motiv sozusagen aus den Nägeln saugen zu können, ist alles mindestens so verdreht, wie wir es hier wiedergeben müssen. Die lange Handlungsbeschreibung der Wikipedia lässt das gar nicht so rüberkommen, weil sie schön Szene für Szene abhandelt und nicht die Stimmigkeit der Zusammenhänge kommentiert.
Ein Highlight haben wir aber gefunden. Die prototypische Zusammenarbeit zwischen Mordkommission und Drogenfahndung. Jene Jungs vom BTM-Dezernat helfen Frau Buchmüller, indem sie ihr einen Super-Acht-Film zur Verfügung stellen, den sie heimlich von einer Drogenbande gemacht haben – ohne Richtmikrofon und überhaupt ohne Ton. Klasse, wie hier der Top-Thriller „Der Dialog“ aus 1973 mit dem fantastischen Gene Hackman als Schnüffler offenbar zur Vorlage genommen wurde. Natürlich sind im Tatort die Mittel einfacher. So einfach, dass sie parodistisch anmuten. Als der Film der Kommissarin erstmalig vorgeführt wird, dachten wir: Jetzt könnte man doch einen Lippenleser zum Einsatz bringen. So geschieht es tatsächlich. Eine erfüllte Erwartung, die erst mitten in einem Tatort aufkam, an den wir zu dem Zeitpunkt keinerlei Erwartungen mehr hatten. Die betreffende Szene ist sogar recht gut gelungen und schafft etwas Spionage-Atmosphäre.
Einen Grund kann man heute als entfallen ansehen, warum man diesen Tatort nicht mehr ausstrahlen sollte: Die sexuelle „Abnormität“ des Täters, wie Frau Buchmüller es benennt. Wir halten dem Film zugute, dass man damals noch kaum Erfahrung mit Menschen mit besonderen sexuellen Fantasien und mit sexual intendierter Gewalt an Frauen hatte, zumindest nicht im deutschen Fernsehfilm und schon gar nicht mit der Täterperspektive, die „Der gelbe Unterrock“ einnimmt, bis Oberkommissarin Buchmüller übernimmt.
Damit es nicht zu schlimm wird oder ausschaut wie in „Frenzy“ von Alfred Hitchcock, hat man auch den wirklichen Täter und denjenigen, der mit seinem Fetisch unterwegs ist, in zwei Personen aufgeteilt und den Mord im Off geschehen lassen. Heute würde man Ersteres nicht mehr tun. Einige Tatortschienen haben sich geradezu auf Typen spezialisiert, die nicht wegen des guten alten Geldes, aus Eifersucht oder einfach aus Brutalität morden, sondern man kriecht regelrecht in Ausnahmepersönlichkeiten hinein, um böse Thrilleratmosphäre zu schaffen.
Finale
Die anspruchsvolle Plotanlage, die man in „Der gelbe Unterrock“ versucht hat und die Top-Autoren bewältigen, ging leider auch ausführungsseitig schief: Eine Mischung aus Howcatchem und Whodunit. Man sieht Harry von Beginn an agieren und soll denken, er wird der Mörder, aber es ist jemand anderes. Dieser Moment, in dem eine zweite Person in der Wohnung tätig wird und Marianne mit einem stoff-ummantelten Verlängerungskabel erdrosselt, wird aber so verhuscht gefilmt, dass man merkt, die ausführenden Kräfte hatten es nicht im Griff, das Publikum anständig und mit Geschick zu täuschen. Dass jemand, der mit Mordabsichten schon in die Wohnung kommt, sich dort eines Zufallsfundes wie dieses Kabels als Ausführungsinstrument bedient, ist wiederum eines der vielen „Kabinettstückchen“ des Tatorts Nr. 109.
Nun sind wir ein wenig in der Klemme. Wir haben vor wenigen Wochen erstmalig einem neuen Tatort und überhaupt einem Tatort eine 3/10 verpasst, nämlich Nick Tschillers bzw. Til Schweigers krudem HH-Reißer „Fegefeuer“. Wenn wir noch niedriger gehen, verraten wir dann noch mehr unseren ursprünglichen Ansatz, Tatorte prinzipiell als mindestens gut produziert und recht ambitioniert anzusehen und daher nicht weniger als 5/10 zu vergeben? Wir haben dieses Schema erstmalig aus politischen Gründen durchbrochen, weil wir uns über einen NDR-Tatort („Schwarzes Herz“) richtig geärgert haben (4/10). Und bei Tschiller waren wir einfach ratlos, wie wir unsere Einstellung zu diesem Pseudo-Actionthriller anders ausdrücken sollten (3/10). Ist „Der gelbe Unterrock“ dieselbe Klasse von Tatort-Sündenfall der frühen 1980er, wenn auch vollkommen anders gefilmt? Nein, dem ist nicht so. Das wäre selbst gegen Tschiller ungerecht.
Wir analysieren nicht, ob soziologisch-psychologisch mehr hinter diesem Film steckt als die simple Tatsache, dass es sich um ein verunglücktes Einzelstück handelt, dazu fehlen uns Hintergrundfakten, sondern steuern langsam aufs Ende dieser für einen so schlechten Film recht umfangreichen Kritik zu.
Wir müssen leider noch einmal um einen Punkt runter. Je ein Punkt für Horst Zacher und für den Lippenleser: 2/10.
So kommt es zufällig, dass wir kurz hintereinander die bisherige Bestnote und die bisher niedrigste Punktzahl vergeben und über die Empfänger jeweils überdurchschnittlich lange Rezensionen verfasst haben. Und beide betroffenen Tatorte stammen aus den 1970ern (10/10 nach Zweitrezension für „Reifezeugnis“). Wir nehmen also mit: Nicht nur die Varianz bei den Plots war innerhalb der Tatort-Reihe immer schon groß; die Qualitätsunterschiede waren sogar gewaltig. Tendenziell größer als heute, nach allem, was wir in etwa 480 Rezensionen angeschaut haben (veröffentlicht sind davon aktuell 416).(2)
Wir betonen aber ausdrücklich, dass wir dem SWR für seinen Mut danken möchten, den Film wieder zu zeigen. Die Entscheidung war richtig, gerade für Zuschauer wie uns, die es sich vorgenommen haben, ein Gesamtbild der Tatort-Reihe zu gewinnen.
Anlässlich der Wiederveröffentlichung der Rezension in der Rubrik „Crimetime“ des „neuen“ Wahlberliners müssen wir eine weiter Anmerkung beifügen. Die missglückte Art, wie damals Sexualmörder oder Sexualtäter dargestellt werden, belegt auch, dass die Reihe „Tatort“ in den 1980ern vielfach auf der Stelle trat und ihren Anfangsvorsprung gegenüber dem ostdeutschen Pendant „Polizeiruf“ verlor, das wir seit 2019 analysieren. Gegenüber den ernsthaften Bemühungen, das Wesen von Triebtätern zu erkunden, die es damals schon in Polizeirufen zu besichtigen gab, wirken die ersten Versuche im Westen, zu denen „Der gelbe Unterrock“ zählt, unbeholfen und retardiert.
(1) Das gilt selbstredend nicht für „Vorbehaltsfilme“ aus der NS-Zeit und ähnlich brisantes Material, diese Werke sind in Deutschland nicht frei erhältlich.
(2) Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung dieses Textes im Jahr 2016, bezogen auf die „TatortAnthologie“ des „ersten“ Wahlberliner-Blogs.
© 2021, 2016 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
Oberkommissarin Buchmüller – Nicole Heesters
Lamm – Dieter Ohlendiek
Mewes – Henry van Lyck
Kohlmann – Jörg Holm
Harry – Michael Prelle
Marianne Klefisch – Esther Christinat
Frau Klefisch – Maria Emo
Herr Klefisch – Udo Thomer
Tommy Schmitz – Thomas Heitkamp
Molly Friedler – Anna Kligge
Dorian Specht – Rolf Zacher
Mutter Elfriede – Henny Schneider-Wenzel
Onkel Theo – Werner Schwuchow
Hermann – Martin Halm
Babsi – Barbara Sukowa
Apotheker – Hermann Lause
Drehbuch – Kristian Kühn
Regie – Kristian Kühn