Russland – das am meisten sanktionierte Land der Welt | Frontpage | Geopolitik | Grafik, Statista

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Schon seit dem Krimkrieg von 2014 zählt Russland zu den am stärksten sanktionierten Ländern weltweit, gemäß der folgenden Grafik lag es vor dem 22.03.2022 auf Rang 2 hinter dem Iran. Ob Sanktionen politisch wirken, hängt selbstverständlich von ihrem Umfang und ihrer Art ab, aber wenn es nicht zu einem heißen Krieg kommen soll, sind sie die einzige Möglichkeit, Aggressoren und Brecher internationaler Abkommen und des Völkerrechts zu treffen. Einige Länder, wie etwa Kuba, leben schon eine halbe Ewigkeit mit Sanktionen, andere, wie der Iran, seit einer geraumen Zeit.

Es dürfte klar sein, dass die Sanktionen die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes behindern, erreichen sie aber auch den üblichen Zweck, einen Regime Change? Eher selten, wie man an den genannten Beispielen sieht. Denn immer können die Machthaber darauf verweisen, dass Missstände im eigenen Land durch feindselige Handlungen von außen verursacht werden, nicht durch eigene Fehler. Auch nicht durch solche, welche die Sanktionen erst hervorgerufen haben. Eher stärken Sanktionen das Nationalgefühl und den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Außerdem wird nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass diejenigen, die Sanktionen provozieren, von ihnen selten so sehr getroffen werden wie die allgemeine Bevölkerung.

Gegenwärtig steht in Rede, dass die EU ihre Energieträgerbezüge aus Russland einstellen soll. Das ist für die EU aber nicht so einfach wie für die USA, deren Bezüge aus Russland nur einen geringen Teil der Gesamtmenge ausmachen. Man kann viel über Hintergründe, Sinn, Zweck, wen es trifft und ob es die Richtigen sind, spekulieren und vielleicht auch frieren, das tun wir aber nicht hier, sondern belassen es bei der Information:

Diese Statista-Grafik ist unter einer Lizenz CC-BY-ND erstellt worden und wir geben sie so weiter, hier der Begleittext von Statista dazu:

Durch die Invasion der Ukraine ist Russland mit derzeit 5.581 Sanktionen zum am stärksten sanktionierte Land der Welt geworden. Im Zeitraum zwischen der Anerkennung der Regionen Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten am 22. Februar und dem 8. März hat sich die Zahl der von den USA, der EU und Ländern wie der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und Japan gegen russische Personen und Einrichtungen verhängten Sanktionen im Vergleich zum vorherigen Zeitraum mehr als verdoppelt. Wie unsere Grafik auf Basis von durch Castellum.AI zusammengestellten Daten zeigt, hat Putins Angriff Russland an einem der größten Widersacher der Vereinigten Staaten in Vorderasien vorbeigeschoben.

Vor dem Einmarsch in der Ukraine war der Iran mit 3.616 aktiven Sanktionen der USA, der UNO, der EU und Ländern wie Australien, Kanada, Indien und Israel der mit Abstand am meisten sanktionierte Staat. Die Beziehungen zwischen Israel und der Islamischen Republik sind besonders angespannt, da die Streitigkeiten um das iranische Atomwaffenarsenal und die allgemein feindselige Haltung des Landes gegenüber Israel regelmäßig zu eskalieren drohen. Ein Großteil der Sanktionen gegen Syrien, das auf der Liste von Castellum.AI an dritter Stelle steht, geht auf die Ereignisse rund um den syrischen Bürgerkrieg ab 2011 zurück. Nach zivilen Unruhen im Zusammenhang mit der Bewegung des Arabischen Frühlings führten die Zusammenstöße zwischen den Truppen von Präsident Bashar al-Assad und einer ungleichen Koalition aus- und inländischer Akteur:innen zu einer humanitären Krise und der Vertreibung von mehr als der Hälfte der damals etwa 22 Millionen Einwohner Syriens ins In- und Ausland.

An der Spitze der aktuellen Sanktionsrunde gegen Russland stehen die Schweiz, die EU und Frankreich mit 568, 516 beziehungsweise 512 Embargos. Die überwiegende Mehrheit dieser Sanktionen zielt auf Einzelpersonen ab, nur 366 der 2.827 Sanktionen richten sich gegen juristische Personen. In diesen Zahlen nicht enthalten sind sektorale Sanktionen wie allgemeine Handelsembargos für Gas oder Öl. Zusätzlich zu den Sanktionen, die von Nationalstaaten und internationalen Zusammenschlüssen verhängt wurden, haben sich nach Angaben von Forschern der Yale School of Management über 300 Unternehmen ganz oder teilweise aus dem russischen Markt zurückgezogen, darunter Adidas, Google, Disney, Exxon oder Volkswagen.

Was immer man in einer Lage wie der aktuellen macht, wenn man sie nicht einfach laufen lassen will, kann negative Folgen haben, die den positiven Effekt, hier einen Frieden in der Ukraine, nicht herbeiführen und gleichzeitig viele Menschen leiden lassen. Die Zwickmühle der hiesigen Politik ist besonders erheblich: Sanktioniert sie noch mehr, dreht sich also selbst den russischen Gas- und Ölhahn ab, sind wir ziemlich sicher, dass sich keine Mehrheit für „Frieren für die Demokratie“ finden wird, wie Ex-Bundespräsident Joachim Gauck eine solche Maßnahme gestern genannt hat. Was uns immer daran so stört: Diejenigen, die solche Forderungen aufstellen, haben allemal Geld genug für Alternativen und werden persönlich nicht in der Kälte sitzen. Ausbaden ohne Ausweichmöglichkeiten müssen es wieder diejenigen, die Gauck & Co. nie so besonders im Blick hatten, nämlich die Normalbürger:innen. Trotzdem sind wir übrigens gegen eine Spritpreisbremse, solange es keine Mietpreisbremse gibt. Da hat sich ein Politiker ja gestern wieder mal was geleistet … ach ja. Was soll man  noch schreiben?

Im Grunde hilft nur eines: Endlich die erneuerbaren Energien so voranbringen, dass keine Abhängigkeiten mehr von Ländern wie Russland oder Regimen im Vorderen Orient etc. vorhanden sind. Langfristig wird das eine große Dividende bringen, auch wenn jetzt dafür ein „Sondervermögen“ ähnlich dem fürs Militär das Mindeste wäre, um den Wandel schnell anzuschieben. Nach unserer Ansicht auch gerne ein solches für den Energiewandel anstatt einer Aufrüstung, die ganz sicher nicht zu mehr Frieden und Sicherheit führen wird, wenn die bisherige militärische Überlegenheit der Nato es nicht getan hat. Russland nicht sanktionieren, ist derzeit keine Option, es ist aber auch keine langfristige Lösung, Länder wirtschaftlich gerade mal so unter Druck zu setzen, dass sie genug Möglichkeiten finden, trotzdem nicht in die Knie zu gehen.

Selbst ein russischer Staatsbankrott, welcher derzeit diskutiert wird, würde nicht viel ändern. Wie viele Male war z. B. Argentinien schon pleite? Manchmal haben wir den Eindruck, Pleitegeier-Ländern und den Menschen dort geht es besser als der Normalbevölkerung in Schwarze-Null-Deutschland, die seit Jahren ganz ohne Sanktionen durch das Ausland an finanzieller Substanz verliert.

TH

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